Palast der »Kreativklasse« auf der Karl-Marx-Straße

 

Edelkalle. Foto: hlb

»Kalle Neukölln« codiert altes Warenhaus um

Quelle, SinnLeffers, Karstadt, Schnäppchen-Center – das passte zur gemäßigt pulsierenden Karl-Marx-Straßen-Meile. Nun wird das 1970 errichtete ehemalige Kaufhaus umgebaut und mit einem neuen Nutzungskonzept versehen. Samt der Hochgarage an der Donaustraße beim Stadtbad wird aus dem unspektakulären Kiezshoppingziel nach langem Leerstand seit 2019 ein imposantes Bauwerk »für zeitgemäße Nutzungen«, das für Aufsehen und wohl auch Aufregung sorgen wird.
Beim Alfred-Scholz-Platz wird die Umnutzung bisheriger Waren- und Parkhäuser generell neu gedacht und eine preiswürdige Stadt- und Projektentwicklung versucht. Neue Wohnungen werden hier nicht entstehen, dafür auf 26.000 Quadratmetern, verteilt auf fünf Etagen, von diversen Architekturbüros entworfene neuartige, mieterspezifisch-individuelle Bürostrukturen. Dazu 4.000 Quadratmeter Handelsfläche, 6.000 Quadratmeter »Foodmarket« und eine Liveevent-Location. Palast der »Kreativklasse« auf der Karl-Marx-Straße weiterlesen

Bewegung an der KMS

Insgesamt ist die Karl-Marx-Straße aus dem Baustellendasein noch nicht heraus und erweckt noch nicht den vollständigen Eindruck eines Boulevards mit einer Mischung aus Wohnen und Gewerbe. Mit der für 2024 geplanten Eröffnung des »Kalle« an der Karl-Marx-und Donaustraße scheint Bewegung in die Gewerbelandschaft zu kommen. Auf jeden Fall belegen Geschäfte das Erdgeschoss. Seit die Zukunft von Karstadt unklar ist, macht sich ein umgestaltetes Haus vielleicht gut.
Das ändert nichts daran, dass insgesamt die Gewerbemieten steigen und Geschäfte wegen drastischer Miet­erhöhung schließen müssen, wie es der »Pappelreihe« im Schillerkiez passiert ist. Diese Mieten unterliegen keinen Begrenzungen. So ist weiterhin mit dem Verschwinden von Geschäften und Fluktuationen in den Angeboten zu rechnen, insbesondere wenn Investoren Häuser aufkau­fen.

Thomas Hinrichsen

Alltag Zwangsräumungshorror

Demonstration gegen Mietenwahnsinn, Verdrängung und Wohnungsnot

Die Mieten sind zu hoch! Der Kauf von Häusern durch Spekulanten hält ungebremst an. In Sachen Wohnungspolitik ist gerade viel los in Berlin. In Neukölln kämpfen die Mieter der Innstraße 44/45 weiter um den Erhalt ihrer langjährigen Mietverträge.
In Tegel droht einem 84-Jährigen eine Zwangsräumung, weil die Siedlung, in der er geboren wurde und bis jetzt wohnte, 2010 vom Land Berlin an eine private Gesellschaft verkauft wurde. Er trat weinend vor die Kamera der Abendschau, unter starker Anteilnahme seiner Nachbarn, die alle fassungslos und nahezu ohnmächtig wirkten.

Demo am Alex.     Foto: Bündnis gegen Mietenwahnsinn

Erwiesen ist: Jedes Jahr werden über 3.000 Wohnungen zwangsgeräumt, Tendenz stark steigend. Das betrifft die Mietenden, die bis zuletzt ausharren und nicht schon vorher ihre eigenen vier Wände oder ihre Stadt verlassen müssen. Bei diesen liegt die Zahl wohl um ein Vielfaches höher.
Der laut Mieterverein häufigste Grund, warum Menschen aus ihrem Zuhause verdrängt werden, sind derzeit die Eigenbedarfsklagen.
Auch Indexmieten, Zweckentfremdung und Spekulation tragen zur Verdrängung bei. Alltag Zwangsräumungshorror weiterlesen

Zäune und halbe Stunden

BVV ändert ihre Geschäftsordnung

Wenn eine Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bisher kurzfristig ein aktuelles Thema besprechen wollte, musste sie einen Dringlichkeitsantrag stellen, dem durch Mehrheitsbeschluss stattgegeben werden musste. Andernfalls wurde es in die reguläre Tagesordnung einsortiert. Da die aber in der Regel nicht in einer Sitzung abgearbeitet wird, werden solche Drucksachen häufig so lange vertagt, bis sie nicht mehr gar so aktuell sind.
Mit großer Mehrheit hat die BVV am 17. April eine Änderung der Geschäftsordnung beschlossen. Zukünftig wird eine »aktuelle halbe Stunde« eingeführt, die jede Fraktion kurzfristig beantragen kann, um zu Beginn einer Sitzung ein »aktuelles, bezirklich relevantes Thema von allgemeinem Interesse« zu debattieren. Lediglich die AfD war dagegen. Zäune und halbe Stunden weiterlesen

Starke Strukturprobleme bei der Polizei

Untersuchungsausschuss zum rechtsextremen Neuköllkomplex deckt auf

Am 20. April, einem für Nazis symbolischen Tag, wurden am Haus der Eltern von Ferat Koçak wieder Nazisymbole geklebt. Er ist für DIE LINKE im Abgeordnetenhaus Sprecher für Antifaschistische Politik, Flucht- und Klimapolitik. »Ich habe Angst um meine Familie, dass sich ein Brandanschlag wiederholt. Offenbar dringen die Nazis weiter in die Privatsphäre von Antifaschisten ein. Die Nazis fühlen sich offenbar weiterhin sicher und kommen selbst dann, wenn quasi Polizei vor dem Haus steht.

Basta Britz vor dem Abgeordnetenhaus.    Foto: Basta Britz

 

Wir lassen uns davon nicht einschüchtern, auch meine Eltern sind aktiv. Doch wir haben Angst.« Der Linken Politiker spart nicht mit Kritik an der Polizei. »Ich greife die Polizei deswegen an, weil sie aktiver sein soll, weil sich das alles nicht wiederholen darf. Gegen den Naziterror hilft nur die Offensive in der Öffentlichkeit.«
Der Brandanschlag auf Koçaks Familie, ein weiterer auf ein linkspolitisches Café sowie die Zertrümmerung der Scheiben des engagierten Buchhändlers Heinz O. hat den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Neukölln II bereits mehrfach beschäftigt, das heißt vor allem die Frage, warum es mit der Aufklärung durch die Polizei und Staatsanwaltschaft nur schleppend voran gegangen ist. Starke Strukturprobleme bei der Polizei weiterlesen

Für mehr Lebensqualität und Sicherheit im Kiez

Verkehrskonzept zur Verkehrsberuhigung im Körnerkiez vorgestellt

Rund 56 Prozent der Autos, die im Körnerkiez unterwegs sind, nutzen die Straßen als Ausweichstrecken und Verbindungsstraßen zwischen der Hermannstraße und der Karl-Marx-Straße. Die Hauptrouten sind die Ilsestraße, die Thomasstraße, die zugleich eine der wichtigsten Verbindungsstraßen für Radfahrer zum Tempelhofer Feld ist, und die Hertabrücke.
Im Juni des letzten Jahres übergab die »Initiative Körner-Kiezblock« einen Einwohnerantrag mit rund 1.500 Unterschriften für ein Verkehrskonzept, das die Anwohner wieder ins Zentrum stellen und für mehr Verkehrssicherheit und weniger Verkehr sorgen soll, an die Bezirksverordnetenversammlung.

Modalfilter und Einbahnstraßen.

Seit Februar dieses Jahres ist nun ein Beteiligungsverfahren im Gange, um ein solches Konzept zu erarbeiten. Ziel ist es, den Durchgangsverkehr zu unterbinden und für weniger Lärm zu sorgen, die Verkehrssicherheit besonders für die Schulkinder zu erhöhen, die Bedingungen für den Fußverkehr zu verbessern, Infrastruktur für den Radverkehr zu schaffen und dadurch Konflikte mit dem Fußverkehr zu vermindern. Für mehr Lebensqualität und Sicherheit im Kiez weiterlesen

Simulierte Demokratie

Bürgerwerkstatt versus Volksentscheid über Zukunft des Tempelhofer Feldes

Nachdem der schwarzrote Berliner Senat am 18. April erneut Flächen (14,4 Hektar) aus dem »Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes« (ThFG) herausgeschnitten hat, soll über das Schicksal des Feldes jetzt von höchstens 500 aus 20.000 angeschriebenen- zufällig ausgelosten Berlinern gerichtet werden.An drei Wochenenden sollen sie Thesen für die zukünftige Entwicklung des Tempelhofer Feldes erarbeiten.

Saisonstart auf dem Feld.    Foto: bs

2014 stimmten 739.124 Berliner für den Volksentscheid. Im Anschluss wurde von mehreren Hundert Berlinern sowie Vertretern der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und der landeseigenen »Grün Berlin GmbH« die künftige Entwicklung des Feldes im »Entwicklungs- und Pflegeplan für das Tempelhofer Feld« (EPP) festgehalten und 2016 vom Abgeordnetenhaus beschlossen. Bei der Übergabe des EPP an den damaligen Staatssekretär Gaebler lobte dieser ihn als »besonderes Ergebnis einzigartiger Bürgerbeteiligung«.
Nun soll, nach seiner jetzigen Meinung als Senator, ein nicht legalisiertes Bürgerbeteiligungsverfahren die Entwicklung des Feldes in die Hände nehmen. Simulierte Demokratie weiterlesen

Europa wählt ein neues Parlament

Alle ab 16 können über die Zukunft unserer Union mitentscheiden

Vom 6. bis 9. Juni 2024 wählen die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union zum zehnten Mal das Europäische Parlament. In Deutschland findet die Wahl am Sonntag, den 9. Juni statt.
Mit ihrer Wahl entscheiden die Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedstaaten der EU über die Zusammensetzung des Parlaments, das für die europäische Gesetzgebung zuständig ist.
Das Europäische Parlament ist nicht nur das einzige direkt gewählte Organ der Europäischen Union, sondern die einzige direkt gewählte transnationale Versammlung der Welt. Seine Abgeordneten vertreten die Interessen der EU-Bürgerinnen und -Bürger auf europäischer Ebene.
Digitalisierung, Verbraucherschutz, die Regulierung des Binnenmarkts, die Zukunft der Asyl- und Migrationspolitik, die Energie- und Klimapolitik, Verkehr, Landwirtschaft, fast alle europäischen Richtlinien und Verordnungen, die den Alltag prägen, müssen vom Europaparlament beschlossen werden. Die Gesetzgebungsfunktion teilt es sich mit dem »Rat der Europäischen Union« – der Länderkammer, in der die Regierungen der Mitgliedsländer vertreten sind. Das Parlament übt die demokratische Kontrolle über alle EU-Organe einschließlich der Europäischen Kommission – der Exekutive – aus, deren Präsidenten es wählt, auch genehmigt es den Haushalt der Europäischen Union. Ohne das Parlament geht fast nichts in der EU. Europa wählt ein neues Parlament weiterlesen

Blühwiesen für Neukölln

Arbeiten am Wildenbruchplatz haben begonnen

Das Bezirksamt Neukölln hat im letzten Jahr an zahlreichen Stellen im Bezirk Blühwiesen angelegt. Dieser Tage haben nun auch die Maßnahmen auf dem Wildenbruchplatz begonnen, wo an den Randbereichen insektenfreundliche Blühmischungen ausgesät worden sind. Auf der Innenfläche wird in einem zweiten Schritt eine Aussaat mit trittfestem Rasen erfolgen. Die frisch angelegten Blühwiesen werden mit einem Zaun geschützt.

Hier soll es grüner werden.  Foto: mr

Damit die unterschiedlichen Pflanzen sich richtig etablieren können, werden die Blühflächen die nächsten Jahre eingezäunt bleiben. Die frisch ausgesäte Rasenfläche hingegen wird nur etwa sechs bis acht Wochen eingezäunt, bis der frische Rasen angewachsen ist. Danach wird dieser Teil des Parks wieder geöffnet. Blühwiesen für Neukölln weiterlesen

Umstrittene Straßennamen

Wilhelm Busch – Dichter, Zeichner, Kinderschreck

Fotografie von Edgar Hanfstaengl 1870 in München

Der Politikwissenschaftler Felix Sassmannshausen hat ein Dossier erstellt, in dem er Straßennamen mit antisemitischem Bezug in den Blick nimmt. In Neukölln hat er dabei 18 Straßen und Plätze identifiziert, deren Namensgeber antisemitische Verstrickungen haben.
Die Kiez und Kneipe stellt in den kommenden Ausgaben die Namensgeber vor.
Die Wilhelm-Busch- Straße, die ihren Namen seit 1914 trägt, verläuft parallel zur Sonnenallee zwischen Treptower Straße und Roseggerstraße.
Heinrich Christian Wilhelm Busch (* 14. April 1832 in Wiedensahl; † 9. Januar 1908 in Mechtshausen) war einer der einflussreichsten humoristischen Dichter und Zeichner Deutschlands. Der Schöpfer von »Max und Moritz« und vielen weiteren, bis heute populären Werken gilt als Pionier des Comics. In seinen Bildergeschichten griff er satirisch die Eigenschaften bestimmter Typen oder Gesellschaftsgruppen auf, etwa die Selbstzufriedenheit und Doppelmoral des Spießbürgers oder die Frömmelei von Geistlichen und Laien. Umstrittene Straßennamen weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus Neuköllner Zeitungen vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Neuköllnische Zeitung, Donnerstag, 1. 5. 1924
Ein Ungeheuer. Bei der Neuregelung der preußischen Amtsbezeichnungen sind wiederum einige Wortungeheuer entstanden; so führen jetzt die Lehrer der Schiffsingenieurschulen die Amtsbezeichnung »Schiffsingenieurschuloberlehrer«. Uff

Neuköllnische Zeitung, Freitag, 9.5.1924
Der Tod des alten Tigers im Zoo. Im Zoologischen Garten wurde heute der alte Tiger von seinem Wärter Olsen erschossen. Er ist einer der ältesten Freunde der Zoogäste. Er war einmal ein wunderschönes Tier, ein wahrer König des Dschungels. Im Kriege bekam er meist nur Mohrrüben – wahrlich kein Essen für einen Tiger – er magerte ab und schlich wütend in seinem viel zu weit gewordenen Fell=Paletot herum. Nach dem Krieg schien er sich zuerst rasch zu erholen, aber er hatte doch seinen Knacks weg. Seit ein paar Wochen ging es mit ihm zu Ende, er konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten, seine Augen schwollen zu. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Willy Schmidt und die Grabmale

Erinnerungen an Neuköllns letzten Steinmetz

Zum hohen Anteil an Grünflächen im Bezirk tragen auch die vielen Friedhofsanlagen bei, die insbesondere der Hermannstraße ihr ganz besonderes Gepräge geben. In den ersten Nachkriegsjahren siedelte sich hier zudem auf den damals günstig von den Kirchengemeinden anzumietenden Seitenstreifen entlang der Hermannstraße eine Reihe von Gewerbebetrieben an.

Steinmetz Damerau.     Foto: Lutz Roehrig

Und so kam es, dass auch Willy Schmidt, welcher bei den Spaziergängen mit seiner in der Nähe wohnenden späteren Ehefrau zufällig auf das Gelände eines alten Löschteiches an der Hermannstraße aufmerksam wurde, beschloss, dieses kurzerhand von der Kirchengemeinde anzumieten. 1947 begann er damit, den alten Teich zuzuschütten und ein Werkstattgebäude zu errichten. Kein leichtes Unterfangen in jener Zeit.
Doch der neue Betrieb lief gut, so dass man bald auch mit der Ausbildung von Lehrlingen beginnen konnte. Willy Schmidt und die Grabmale weiterlesen

Kunst im Klo

»Kunstbrücke am Wildenbruch«

Einer der außergewöhnlichsten Kulturorte in Neukölln hat nach der Winterpause wiedereröffnet. Die »Kunstbrücke am Wildenbruch« am Neuköllner Schifffahrtskanal befindet sich in einer ehemaligen öffentlichen Toilettenanlage. Da es keine Heizung in den Räumen gibt, ist sie nur im Sommer geöffnet.
Im April startete die neue Saison mit der Ausstellung »You are among us and we are among you« von Marcelina Wellmer in Zusammenarbeit mit dem »Leibniz-Institut für Gewässer« und der Stiftung »Naturschutz Berlin«.

Wasserleben.    Foto: mr

Die Künstlerin beschäftigt sich in ihrem Projekt mit dem Thema Stadtgewässer und den Einfluss der Menschen auf diesen Lebensraum. Indem sie Techniken wie Fotografie, Unterwasservideo, Tonaufnahmen und die Aufzeichnung von Wasserdaten einsetzt, bringt sie bewegte und eingefrorene Bilder von Tieren, Verschmutzung und Technologie in Zusammenhang. Vielfach vergrößerte Kleinstlebewesen schwimmen im Video gemeinsam mit Plastikteilen und erzeugen dabei einen Sog, dem der Betrachter sich kaum entziehen kann. Da bekommt sogar eine zerknautschte Plastiktüte eine gewisse Ästhetik. Besser wäre es allerdings, sie wäre gar nicht da.

mr
Geöffnet ist die kommunale Galerie mittwochs bis sonntags von 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es auf kunstbruecke-am-wildenbruch.de und unter Tel. 902 39 24 31

Süße Adern des Lebens

Entlang der Flüsse Kurdistans im »Spore« Neukölln

Zu ihrem einjährigen Bestehen hat die Neuköllner »Spore Initiative« die Ausstellung »Wasserspiegel – Water Bodies« eröffnet. Die Bedeutung der Flüsse für das Leben als »Wasseradern« wird anschaulich »entlang der Flüsse Kurdistans« gezeigt, einer kollaborativen Arbeit der Anthropologin Şermin Güven, ein vielschichtiges multimediales Projekt.
»Wasserspiegel – Water Bodies« beschäftigt sich mit den Erfahrungen vom Leben und Überleben im Angesicht der zunehmenden Wasserknappheit. Es sprechen Flüsse wie der Munzur und die Spree, sowie Bewohner und Wasserschützer entlang der einst schnellen, nun nur noch rinnenden Gebirgsbäche im Fließgewässernetzwerk von Firat/Euphrat und Dîcle/Tigris.

Im Mittelpunkt des Projekts stehen Techniken der Wasserpflege, die seit Generationen durch Lieder, Volksgeschichten, alte und neu erfundene Mythologien und Erfahrungsberichte weitergegeben werden. Süße Adern des Lebens weiterlesen

Moshe Zimmerman

Mit konstruktivem Pessimismus zur »Zwei Staaten Lösung«

Unter der Eindruck des Pogroms am 7. Oktober 2023 auf israelischem Boden und dem folgenden brutalen Krieg in Gaza schrieb der israelische Historiker Moshe Zimmermann sein aktuelles in diesem Jahr erschienenes Buch »Niemals Frieden? Israel am Scheideweg.«
Moshe Zimmermann ist ein engagierter Vertreter der »Zwei Staaten Lösung« eines unabhängigen Israels und Palästinas. Gleich im Vorwort betont er, dass er bei seiner historischen und aktuellen Analyse wieder zu einer Prognose kommen wird, wenn er auch eine zunehmend pessimistische Sicht hat; doch die darf den Blick nicht trüben. Die Greueltaten der Hamas am 7. Oktober erfolgten nicht im luftleeren Raum, sondern in einem historischen und politischen Zusammenhang. Moshe Zimmerman weiterlesen

Basteln mit Rolf

Seifenblasen

Um große, stabile Seifenblasen selbst zu erzeugen braucht es gutes Seifenblasenwasser, eine Bohrmaschine, ein Stück Ast, Draht, Wolle oder Schnur, ein Gefäß und Lust zum Pfriemeln.
Ich empfehle diese Seifenmischung: 500 ml Wasser, 200 ml Baby-Shampoo, 50 g Zucker (besser Puderzucker) und einen drei cm langen Streifen Zahnpasta.
Zuerst das Wasser, den Zucker und die Zahnpasta mischen, bis alles gelöst ist; dann erst das Shampoo dazugeben und ohne viel Schaum zu produzieren lösen.
Aus dem Draht formen wir den Blasring (Durchmesser ca. 3-4cm). Die Drahtenden drehen wir zusammen und stecken sie in das in den Ast gebohrte Loch. Es geht auch ohne Ast, dann sollten die Drahtenden länger sein und dick umwickelt werden. Der Ring wird mit der Schur oder, der Optik wegen, mit bunter Wolle eng umwickelt. Das erleichtert, eine Seifenwassermembran zu bilden. Auf die Ringmitte dosiert pusten, um die Seifenblase(n) zu bilden.
Fragen? rolf(at)kuk-nk.de

Romantische Abende im Stadion

»SV Tasmania« trägt seine Heimspiele erstmals unter Flutlicht aus

In diesem Monat beginnt für gewöhnlich die Saison der romantisch veranlagten Menschen – laue Abende im Mondenschein sorgen eben für das passende Ambiente. Der Untergattung der »Fußballromantiker« wiederum – es wird hier vielleicht manche geben, die die beiden Begriffe nicht unbedingt zusammenbringen – geht es ähnlich in Zeiten des Sonnenuntergangs. Am besten freitagabends im Stadion, und das Flutlicht wärmt die Seele an Stelle des Erdtrabanten.

Stadion unter Flutlicht.    Foto: Hagen Nickelé

Wie in den letzten Monaten hier immer mal wieder thematisiert, verfügt der »SV Tasmania« nun im »Werner-Seelenbinder-Sportpark« endlich auch über eine solche Anlage, die die Durchführung von »Pflichtspielen« erlaubt – denn auch in der fünften Liga gelten gänzlich unromantische Bestimmungen bezüglich der erforderlichen Beleuchtung. Romantische Abende im Stadion weiterlesen

Petras Tagebuch

Varianten der Verifizierung

Es gibt Banken mit unglaublich guten Konditionen. Eine solche hatte ich mir ausgesucht. Leider hat diese Bank den Nachteil, nahezu ohne Personal zu arbeiten, ist also eine Onlinebank.
Die Kontoeröffnung im Onlinemodus erschien mir zunächst einfach. Bis vor dem letzten Schritt, nämlich der Verifizierung, klappte alles.
Doch dann kam ich ganz schön ins Straucheln. Für die Verifizierung musste ich mich mit meinem Smartphone mit einer Mitarbeiterin der Bank verbinden, wobei mir bis heute nicht klar ist, ob das alles KI war oder eine lebendige Person, mit der ich es zu tun hatte. Sie oder es wollte meinen Personalausweis sehen und mein Gesicht abgleichen. Petras Tagebuch weiterlesen

Begegnungen mit Mehrwert

Das Feld wird aufgehübscht

Die größte Berliner Freifläche bietet laut der »Wertigkeitsstudie zum Tempelhofer Feld« des »Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung« (UfZ) einen enormen Mehrwert für die Stadt. Gleichzeitig wird in allen Arten gesportelt und gespielt, auf den Wiesen, die nicht den Feldlerchen und Schafen vorbehalten sind, verweilt, gerillt, gegärtelt. Menschen aus allen Stadtteilen und aller Welt begegnen sich friedlich. Natur- und Artenschutz sowie die bedeutungsvolle Geschichte des Feldes sind erlebbar und auf etlichen Info-Tafeln nachzulesen.
Für das Stadtklima leistet das Feld Unersetzliches als Kaltluft-Entstehungsgebiet und Versickerungsfläche. Begegnungen mit Mehrwert weiterlesen

Die soziale Frage brennt

Bundesweit stehen nach den entsetzlichen Enthüllungen über rechtsradikale Umsturzpläne und für die Deportation von 20 Prozent der deutschen Bevölkerung nach einer angestrebten »Machtergreifung« weiterhin starke Demonstrationen an. Ein klares Ja zur Demokratie, ein klares Ja zu kreativer Vielfalt, das gewinnt an Kraft. Es kommt jetzt darauf an, diese aus der Mitte der Gesellschaft kommende Gemeinsamkeit weiter zu tragen.
Ohne kritische Fragen geht das nicht, vor allem, wenn die brennende soziale Frage ausgeblendet wird. Diese Frage verlangt nach Gerechtigkeit, sie erwartet konkrete Antworten, auch nach sozialem Ausgleich. Und nach einer sozialen Antwort auf die Klimakrise. Und nach dem Wunsch friedlicher Sicherheit.
Alles auf einmal lässt sich allenfalls schrittweise verwirklichen, doch nur, wenn alle demokratischen Parteien es ernst nehmen mit ihren Versprechungen für eine bessere Zukunft. Die radikale Rechte beschwört Angst, das demokratische Spektrum kann positive Zuversicht wecken.

Thomas Hinrichsen

Protest gegen Rechts

Menschenkette in Rudow

Anlässlich des Tags gegen Rassismus rief die »Initiative Rudow empört sich« zu einer Menschenkette in Rudow auf. Am 23. März kamen, trotz nie­driger Temperatur und Dauerregens, 350 Menschen, um ihr demokratisches Engagement zu zeigen. Eine deutliche Willenskundgebung für den Erhalt und Ausbau kultureller Vielfalt, gesellschaftlicher Toleranz und sozialer Gerechtigkeit.

Menschenkette für Menschenwürde.     Foto:mr

Der Brandenburger Geschichtslehrer Norbert Krüßmann, erinnerte eindringlich daran, dass vor 1933 die Aktivitäten und Ankündigungen der Nationalsozialisten bedauerlicherweise niemand ernst nahm. Es sei besorgniserregend, dass sich rechter Autoritarismus zunehmend wieder in der Mitte der politischen Landschaft etabliere. Protest gegen Rechts weiterlesen

Neue Gedenktafel

Spenden machen es möglich

Am 9. März, nur einen Monat nach dem Raub der Gedenktafel, die an ein Zwangsarbeiterlager in der Onkel-Bräsig-Straße in Britz erinnerte, konnten die Initiatoren eine neue Tafel feierlich enthüllen. Möglich machten das zahlreiche Spenden, die unmittelbar nach Bekanntwerden des Diebstahls bei der Britzer Initiative »Hufeisern gegen Rechts« eingingen.

Großer Beifall für Engagement.    Foto: rr

Es erschienen über 150 Bürger, darunter auch die Vizepräsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses Bahar Haghanipour (Grüne) und Roland Borchers vom Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit. Alle Redner unterstrichen, dass eine kritische Aufarbeitung sowie die Erinnerung an die bestialischen Naziverbrechen Bestandteil Deutscher Geschichte seien und bleiben müssen und jeglichem Rückfall zu völkischer Gesinnung und rassistisch überhöhtem Nationalismus entschieden entgegengetreten werden müsse. Getreu dem Satz von P. Levi: »Es ist geschehen, folglich kann es wieder geschehen. Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.«
Die Gruppe »Querbeet« untermalte die Veranstaltung musikalisch mit fröhlichen, tanzbaren Klängen, die die Teilnehmer sichtlich begeisterten. Das animierte Jürgen Schulte zur Schlussbemerkung, dass auch am Tag der Befreiung die Britzer Zwangsarbeiter vor dem Lager auf der Straße getanzt haben.

rr

Kann C&A Bibliothek werden?

BVV diskutiert über bessere Versorgung mit Bibliothen im Bezirk

Nach einem jahrelangen Rechtsstreit konnte eine beschlagnahmte Villa des Remmo-Clans endlich an das Land Berlin übergeben werden. »Der Rechtsstaat hat gezeigt, dass er handlungsfähig ist«, sagt Bezirksbürgermeister Martin Hikel in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 20. März. »Demokratische Regeln gelten für alle, Regelverletzungen gehören geahndet.« Und dazu brauche es einen funktionierenden, konsequenten Rechtsstaat, der Geldströme verfolge und zuschlage, wenn er Beweise habe. In diesem Zusammenhang dankte er besonders den Finanzfahndern, die im Remmo-Imperium nach Indizien für versteckte Beute, Schwarzgeld und Geldwäsche-Objekten gesucht haben. Kann C&A Bibliothek werden? weiterlesen

Zwangsräumungen und Wohnungsleerstand

»Die Linke Neukölln« schlägt Lösungswege vor

202 Zwangsräumungen auf richterlichen Beschluss, bei denen das Sozialamt nicht mehr helfen konnte und die Spuren der betroffenen Menschen sich verlieren, mutmaßlich sogar auf der Straße in die Wohnungslosigkeit. Davon geht der sozialpolitische Sprecher der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Georg Frankl aus, und seiner Schlussfolgerung aus vorherigen Anfragen beim Sozialamt wurde bislang offiziell nicht widersprochen. Für die Neuköllner Linksfraktion ist das ein Grund, die BVV zu bitten, ein musterhaftes Vorgehen gegen Wohnungslosigkeit wegen Mietrückständen zu erwirken.

Schöner wohnen.     Foto:Website »St. Marien«

Am 24. April berät der Sozialausschuss über kurz gefasst dieses: »Das Bezirksamt wird gebeten, bei allen landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU), die in Neukölln Wohnungen vermieten, auf den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit einem Träger der Wohnungslosenhilfe oder der sozialen Wohnhilfe des Bezirks mit dem Ziel der Vermeidung von Wohnungsräumungen hinzuwirken.« Zwangsräumungen und Wohnungsleerstand weiterlesen

Das Mindeste war ihr nie genug

Mit Eva Willig haben die Armen ihre streitbare Anwältin verloren

Im Alter von 74 Jahren ist Eva Willig von uns gegangen. Über Neukölln und Berlin hinaus bleibt sie als streitbare Frau für soziale Gerechtigkeit in herzhafter Erinnerung.


Herzhaft kommt nicht allen leicht über die Lippen. Eva Willig war nicht nur streitbar, sie konnte an den Nerven sägen in ihrer fordernden Pointiertheit, und mit diesem Sägen an den Nerven der Politik blieb sie denen, die Verantwortung tragen für das, was unverändert ist, stets ein Dorn im Auge. Jenen wollte Eva Willig nicht gefallen, sie blieb eckig und kantig. Das traf auch diejenigen politisch Engagierten, die aus ihrer Sicht nicht konsequent genug waren auf dem Weg zu sozialer Gerechtigkeit.
Der sehr gängige Begriff der »Aktivistin« trifft Eva Willig nur unzureichend. Sie lebte ihre Aktivität, und das sehr konsequent. Das Mindeste war ihr nie genug weiterlesen

Pinseln gegen Gewalt

Neukölln macht Gewalt gegen Frauen sichtbar

Das Bezirksamt Neukölln macht Gewalt gegen Frauen sichtbar, indem Sitzbänke im öffentlichen Raum in grün-blau umlackiert werden. Die erste Bank versah Bezirksbürgermeister Martin Hikel gemeinsam mit der bezirklichen Gleichstellungsbeauftragten Sylvia Edler und engagierten Frauen am Karl-Marx-Platz mit dem Schriftzug »StoP: Hier ist kein Platz für Gewalt an Mädchen* und Frauen*«. »StoP« nimmt Bezug auf das neue Pilotprojekt »Stadtteile ohne Partnergewalt« in Neukölln, bei dem das Umfeld von Opfern und Tätern systematisch eingebunden wird.

Frauenpower.     Foto: mr

»Gewaltvorfälle gegen Frauen sind keine Einzelfälle, sondern sie sind tägliche Realität in unseren Kiezen, in unseren Straßen, in unseren Wohnhäusern. Gerade weil diese Gewalt oft hinter verschlossenen Türen stattfindet, will ich sie sichtbar machen im öffentlichen Raum – und den Tätern ein klares Stopp-Signal schicken«, sagte Martin Hikel.
Inzwischen ist eine zweite Bank im Park am Buschkrug umlackiert. Die Farbe für diese Bank spendete die Bezirksverordnete Gabriela Gebhardt (SPD).
Mit diesen Sitzbänken sollen Menschen im Kiez zu Zivilcourage ermuntert werden und betroffene Frauen nie­drigschwellig erreicht und ermutigt werden, Hilfe aufzusuchen.
Das Modellprojekt »Stadtteile ohne Partnergewalt« wird durch den Senat in drei Berliner Bezirken realisiert. Das Neuköllner Nachbarschaftsheim setzt das Projekt in Neukölln um.

mr
Für den Anstrich und das Aufsprühen des Schriftzuges kann auch gespendet werden. Wer Interesse hat kann sich per E-Mail bei dem Projekt »Stadtteile ohne Partnergewalt« melden: stop@nbh-neukoelln.de.

Umstrittene Straßennamen

Ulrich von Hassell – Nationalist und Widerstandskämpfer

Der Politikwissenschaftler Felix Sassmannshausen hat ein Dossier erstellt, in dem er Straßennamen mit antisemitischem Bezug in den Blick nimmt. 18 davon befinden sich in Neukölln. Die Kiez und Kneipe stellt die Namensgeber vor.
Der Ulrich-von-Hassell-Weg, der von der Lipschitzallee abgeht, ist ein Beispiel dafür, dass die Zuordnung nicht immer einfach ist, weil die Namensgeber sich zum Beispiel einerseits antisemitisch geäußert haben, andererseits aber auch am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt waren.

Ulrich von Hassell vor dem Volksgerichtshof, 1944.     Foto: Bundesarchiv

Christian August Ulrich von Hassell, geboren am 12. November 1881 in Anklam, entstammte einem alten Adelsgeschlecht. Nach einem Studium der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre trat er 1909 als Assessor in das Auswärtige Amt ein.
Im Ersten Weltkrieg wurde er schwer verwundet. Während der weiteren Dauer des Krieges fungierte er als Berater und Privatsekretär seines Schwiegervaters Alfred von Tirpitz, über den er nach dem Krieg eine Bio­graphie verfasste.
Im September 1917 war er Gründungsmitglied der Deutschen Vaterlandspartei, nach deren Auflösung trat er der Deutschnationalen Volkspartei bei, einer nationalkonservativen Partei, deren Programmatik Nationalismus, Antisemitismus, kaiserlich-monarchistischen Konservatismus sowie völkische Elemente enthielt. Umstrittene Straßennamen weiterlesen

Nach fünfjähriger Bauzeit

Jugendzentrum feiert Wiedereröffnung

»Wir sind wieder zu Hause« rief Birgül Sanal. Die Leiterin des Jugendzentrums »NW80« freute sich gemeinsam mit vielen Kindern, Jugendlichen und deren Eltern über die Wiedereröffnung des Hauses am 15. März. Fünf Jahre, in denen sie mit unterschiedlichen Ausweichquartieren vorlieb nehmen mussten, hatten die Kinder auf diesen Tag warten müssen.

Was lange währt, wird gut.    Foto: mr

Begeistert nahmen sie das Haus in Besitz, nachdem Bausenator Christian Gaebler, Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey, Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (alle SPD) und Jugendstadträtin Sarah Nagel (Linke) feierlich das rote Band durchschnitten hatten und den Neubau so für die Nutzung freigaben.
Das »NW80« dessen Name sich von der Adresse am Neudecker Weg 80 in Rudow ableitet, gibt es bereits seit 1985. Lange war es in einem einfachen Con­tainerbau untergebracht, der aber für die Vielzahl der Nutzungen zu klein wurde.
Ab 2018 starteten dann die Arbeiten an dem Neubau, der aus Fördermitteln des Investitionspakts »Soziale Integration im Quartier« finanziert wurde. Insgesamt wurden 5,3 Millionen Euro investiert. Nach fünfjähriger Bauzeit weiterlesen

Spielen mit Salvador Dali

Neueröffnung des Spielplatzes in der Kirchgasse

Giraffen und Nilpferde auf langen stelzenartigen Beinen – fantastische Figuren im Stil des spanischen Expressionisten Salvator Dali warten auf die spielenden Kinder. Auch die berühmten zerfließenden Uhren schmücken die Klettergerüste.
232.000 Euro hat sich das Bezirks­amt die Sanierung des Spielplatzes an der Kirchgasse kosten lassen und damit einen unverwechselbaren Platz geschaffen mit einem eigenen Gesicht.

Biedermann mit Spielplatztester.   Foto: mr

»Ich freue mich, dass der Spielplatz rechtzeitig zum Frühling mit ganz neuen und ausgesprochen schönen Spielgeräten eröffnet werden konnte«, sagte Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) bei der Wiedereröffnung am 22. März. Eigentlich hatte sich der Spielplatz zu diesem Zeitpunkt aber schon selbst eröffnet, denn eine Gruppe Kindergartenkinder hatte ihn bereits in Besitz genommen und turnte fröhlich auf den Geräten herum. Spielen mit Salvador Dali weiterlesen

Von Kabul bis Berlin

Wie ich lernte an meinen Träumen festzuhalten

Meine Geschichte beginnt damit, dass meine Mutter zu mir sagte, ich solle aufhören, zur Schule zu gehen, weil es nicht sicher für mich sei. An jenem Tag war ich voller Lehrbücher und Träume von der Universität Kabul, doch sie verschwanden vor meinen Augen. Wir begaben uns auf einen schwierigen Weg in den Iran, voller Albträume. Dort konnte ich nicht zur Schule gehen, weil ich keinen Aufenthaltstitel hatte. Ich entschied mich, mir selbst Englisch beizubringen.


Nach drei Jahren im Iran fühlte ich eine Leere, denn während meine Altersgenossen zur Schule gehen konnten, durfte ich dort nicht hin. Die Zukunft war für mich düster und ungewiss. Meine Mutter beschloss, nach Europa zu flüchten, damit ich studieren konnte. Aber wir wussten nicht, dass es zweieinhalb Jahre dauern würde, um unser Ziel zu erreichen. Die Reise war voller Angst und Unsicherheit. Wir durchquerten viele Länder, in der Dunkelheit der Nacht wanderten wir kilometerweit zu Fuß zwischen riesigen und dunklen Wäldern, fernab von menschlichen Augen. Die Angst, dass uns jemand sehen und die Polizei informieren würde, war jede Sekunde präsent. Als ich die Polizei sah, fühlte ich mich nicht mehr sicher. Ich hatte Angst. Von Kabul bis Berlin weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus Neuköllner Zeitungen vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Neuköllner Tageblatt, Donnerstag, 3.4.1924
Die mangelhafte Schulreinigung. Eine der ersten Aufgaben, die die Berliner städtischen Behörden zu lösen haben, nachdem infolge der wertbeständigen Währung auch die städtischen Finanzen einigermaßen festen Boden gewonnen haben, wird die Ausgestaltung der im letzten Jahre so überaus stark vernachlässigten Schulreinigung sein. Man kann geradezu von einer Verwahrlosung der Schulen sprechen. Die Kämpfe, die im vorigen Jahre in der Stadtverordnetenversammlung und den Bezirksversammlungen gegen die allzu weitgehende Einschränkung der Schulreinigung geführt wurden, sind wohl noch in frischer Erinnerung. Für den Rest des diesjährigen Haushalts hat der Magistrat noch keine Aufbesserung vorgenommen, sondern nur der Pauschbetrag von 30 M. je Klasse eingesetzt, während die Bezirke, um überhaupt auskommen zu können, wenigstens 50 M. gefordert hatten. Bleibt die Schulreinigung so mangelhaft wie jetzt, dann kann von irgend einer Schulgesundheitspflege oder gar von Maßnahmen gegen Krankheiten und Seuchen in den Schulen überhaupt nicht mehr gesprochen werden. Es wird daher Pflicht der Stadtverordneten sein, bei der bald nach Ostern beginnenden Haushaltsberatung in allererster Reihe ausreichende Mittel für die Schulreinigung in den Voranschlag einzustellen. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Rückkehr der Roulade

Neue solide Küchen im Reuterkiez

Burger, Pizza, Döner, Gyros, Shakshuka, Bibimbab, Ceviche, Austern, Sushi, Veganes aller Art und ach so vieles mehr – der Reuterkiez ist reich an weltweit bekannten und beliebten Spezialitäten und deren Rezepten, Zubereitungen und Darreichungen. Doch auch die traditionell deutsche Küche setzt wieder erfreuliche neue Zeichen.

RIND von Frieda.     Foto: hlb

Wer sich als Alteingesessener nostalgisch an das »Nansen« oder die erste »Kantina von Hugo« mit ihrer spannenden Kombi aus lokalen Klassikern und kreativer Kochneugier erinnert (in den Nullerjahren war‘s), dem kommt »Frieda Schlamassel« entgegen. Die Anfang Februar eröffnete Ablegerin und gewollte wie gefühlte Schwester des »Peter Schlehmil« am Kreuzberger Chamissoplatz serviert Rindscurrywurst, Käsespätzle, Serviettenknödel, bis hin zu Rinderroulade mit Kartoffelstampf (mit etwas Schale, das Beste sitzt unter der Haut!) und gebratenem Rotkohl – und mit schönen Soßen, Charme und Gastroleidenschaft. Abseits der festen Karte lassen sich auch mal Gulasch oder Lammragout erhaschen. Rückkehr der Roulade weiterlesen

Wie vor hundert Jahren

Käseklau als dauernde Mode

»Auf dem Wochenmarkt am Maybachufer kam es gestern mittag zu Streitigkeiten zwischen Käufer­innen und dem Besitzer eines Käsestandes. Der Standinhaber, der Plünderungen befürchtete, benachrichtigte sofort die Schutzpolizei.

Büffelgouda.

Bevor die Beamten jedoch erschienen, stürmten die über die hohen Preise erregten Frauen den Verkaufstisch des Händlers und raubten seinen gesamten Warenvorrat. Inzwischen

war die Schutzpolizei erschienen und sperrte den Markt ab. Die Beamten stellten nun eine sofortige Untersuchung nach dem gestohlenen Käse an. Um die Täter zu ermitteln, rochen sie unter allgemeinem Gelächter an allen Körben der Käuferinnen, die der Plünderung verdächtig erschienen. Auf diese Weise gelang es in ganz kurzer Zeit, die »duftende« Ware wieder abzunehmen. Verschiedene Frauen wurden polizeilich festgestellt.« So der Originalton der Neuköllnischen Zeitung vom 1.September 1922.

Trüffelgouda.

Damals litt Deutschland unter einer Inflation. Die Menschen holten körbeweise Geld von der Bank, das innerhalb weniger Stunden an Wert verlor.
Die Zeiten sind heute nicht so dramatisch wie damals, aber auch heute haben wir eine Inflation. Das Geld verliert an Wert, die Kriminalität nimmt zu. In der Nacht vom 19. auf den 20. März wurde bei Peppikäse in der Weichselstraße 65 eingebrochen. Die Beute bestand aus Käse.
Etwa 400 Kilogramm der Köstlichkeiten wechselten in der Nacht und Nebel Aktion den Besitzer.

Büffelgouda.

Nicht nur die Mitarbeiter rätseln über die unglaubliche Tat, selbst die Polizei staunte. So etwas sei ihnen in ihrer Laufbahn noch nie passiert, kommentierten sie den Vorfall.
Es ver­schwand eine Lieferung von speziellen Goudas, ganze Leiber, ganze Wagenräder von österreichischem Käse und Blauschimmelkäse. Wer etwas mitbekommen hat oder einen der Käse angeboten bekommt, melde sich bitte telefonisch: 0176 5030 7656.

ro

Katzenflüsterkreise

Zusammenkünfte für Katzenliebhaber

Bereits seit 2010 ist die Naturkosmetikpraxis »Anna Muni« eine fest etablierte Oase für Körper, Geist und Seele in Rixdorf. An diesem besonderen Ort bietet Anna Muni naturkosmetische Gesichtsbehandlungen, Fußreflexzonenmassagen und andere ganzheitliche Therapien an. Daneben finden regelmäßige Qi- Gong Übungsgruppen, Klangschalenmeditationen und Zeremonien für Frauen statt. Schon im Schaufenster sind die Katzen ein Blickfang und neuerdings auch ein weiteres Angebot: Der Katzenflüsterkreis.

Schmusen im Kreis.Foto: pm

Das Motto der beiden Initiatorinnen Anna Muni und Karen Jung »Mit Wissen, Herz und Seele für unsere Samtpfoten« wendet sich an alle Katzenliebhaber und solche, die es noch werden möchten. Zu jedem Veranstaltungsthema gib es einen einführenden Infoteil von Katzenflüsterin Karen Jung, an den sich ein gemeinsamer Austausch anschließt. Hier geht es um allgemeine und individuelle Fragen der Teilnehmer. Katzenflüsterkreise weiterlesen

Musik im Frühling

Saisonstart auf der Dicken Linda

Es ist wohl einer der schönsten Märkte in Berlin: Die Dicke Linda auf dem Kranoldplatz. Die Marktstände befinden sich zwischen Bäumen und aktuell den Frühlingsblühern wie Tulpen. Es ist ein Wochenmarkt, der zum Verweilen einlädt. Das nehmen auch die Besucher so wahr. Sie sitzen während der Marktzeit auf Bierbänken, frühstücken oder feiern Geburtstage oder Einschulungen, treffen Freunde. Gerne wird auch von Tisch zu Tisch kommuniziert. Da der Kranoldplatz zwischen Nord- und Südneukölln liegt, treffen sich die beiden Wohnwelten unweigerlich. Zuweilen entstehen dann neue Bekanntschaften.

Auftakt mit K-BAP.      Foto: Privat

Neben den lebensnotwendigen Produkten wie Brot, Käse, Pasten, Gemüse, Kaffee und Wein gibt es einige hochwertige Caterer, die für das leibliche Wohl sorgen. Ob es nun die besten Schnitzel Berlins sind, die ausgezeichnete Pizza, das asiatische Essen und der türkische Spezialitätenkoch, für jeden ist etwas dabei.
Während der Sommersaison ab 13. April bis September tritt monatlich eine Band auf. Auf dem Wochenmarkt spielt dann die Musike. Kinder und Erwachsene zuckt es dann in den Beinen. Jeden 2. Samstag eines Monats findet ein solches Event statt und lockt nicht nur mehr Besucher sondern auch Händler auf den Platz.

ro
Wochenmarkt jeden Samstag von10-16 Uhr, Musik immer am zweiten Samstag im Monat.

Ferne Welten im Schloss Britz

Jules Verne und Jens Hanke im Dialog

Er ist der meistübersetzte französische Autor, und seine Romane faszinieren nach wie vor: Jules Verne erschuf in seinen Romanen Welten in denen er Wirklichkeit und Fantasie auf hinreißende Weise vermischte.
Der französische Schrift­steller und Pionier der Science-Fiction-Literatur steht nun im Fokus der Ausstellung »Ferne Welten Jens Hanke – Jules Verne«, die bis zum 26. Mai im Schloss Britz zu sehen ist.

Raumschiff oder Mäusebunker?Foto: mr

Den Illustrationen seiner Bücher sind die Werke des zeitgenössischen Künstlers Jens Hanke zur Seite gestellt, eine »Versuchsanordnung«, die fantastische Literatur des 19. Jahrhunderts in Beziehung zu setzen in davon eigentlich nur mittelbar beeinflussten zeitgenössischen Kunstwerken. »Die Arbeiten Jens Hankes sind nicht als Kommentar oder Reflektion zu Jules Verne entstanden. Sie können aber als solche gelesen werden oder sind eventuell doch auch Resultate einer Jules-Verne-Rezeption – dies aber eigentlich absichtslos«, heißt es im Katalog zur Ausstellung. Ferne Welten im Schloss Britz weiterlesen

Die Erfindung der »Unterklasse«

Kaste, Klasse und Staat nicht unter den Tisch fallen lassen

Wie schnell sind wir mit Begriffen. Neukölln wird als »sozialer Brennpunkt« bezeichnet, auch von »guter Vielfalt« ist die Rede. Weitere Begriffe kommen auf dem Weg zu »Lösungen« ins Spiel, »Bildungsferne« und »gute Bildung und Chancen für alle«. Politisch leichter gesagt als getan. Für die Soziologie gilt das auch. Die »sozial Schwachen« tauchen auf.
Loïc Wacquant greift das alles zu kurz. Sein Buch »Die Erfindung der »Unterklasse«« ist eine fundierte Studie zu einer »Politik des Wissens«. Diesen Begriff allerdings hinterfragt Wacquant ebenfalls. Denn Wissen habe mit einem geprägten Blick zu tun.
Drei wissenschaftliche Ansätze führt Loïc Wacqant zusammen. Der Ansatz, dass es in der Politik grundsätzlich um die asymmetrischen Begriffe »Freund und Feind« gehe. Hier komme schnell ins Spiel, aus Unruhen, die sich 1977 in Harlem ereigneten, einen »rassisierten Volksteufel« als »Unterklasse« entstehen zu lassen. Die Erfindung der »Unterklasse« weiterlesen

von Neuköllnern für Neuköllner