Temporäre Heimat im Wohnmodul

Containertristesse.                                                                                                                                                                     Foto: mr

Flüchtlingsunterkunft in der Gerlinger Straße wird bezogen

In langen Reihen stehen die grauen Container an der Gerlinger Straße in Buckow am südlichsten Rand des Bezirkes. Seit Mitte Februar leben in diesen sogenannten »Tempohomes« Flüchtlinge, die zuvor in den Turnhallen Lobeckstaße (Friedrichshain-Kreuzberg), Buckower Damm und Efeuweg (Neukölln) sowie Glienicker Weg (Treptow-Köpenick) untergebracht waren. Die 126 Wohneinheiten bieten bei Vollbelegung Platz für 504 Personen.
Aber bevor die ersten Bewohner einzogen, hatten Anwohner aus der Nachbarschaft die Gelegenheit, sich im Rahmen eines Tages der offenen Tür am 11. Februar einen Überblick zu verschaffen. 8000 Einladungsbriefe seien losgeschickt worden, sagte Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey bei der Eröffnung, und die Besucher kamen in Scharen. Temporäre Heimat im Wohnmodul weiterlesen

Seltsame Koalitionen

Wenn es um die Menschen geht, denen ein Problem unter den Nägeln brennt, sollte Politik reagieren. Hat sie in Neukölln auch. Mit dem Dringlichkeitsantrag von SPD, Grüne und Linke zur Entwicklung eines Verkehrskonzepts für den Süden Buckows wollten sie den Prozess beschleunigen. Durch die Eröffnung des Flüchtlingsheims sind die Busse dort völlig überlastet. Die Buckower wollen dafür eine Lösung. Das ist verständlich und notwendig.
Da kam dem Bezirk allerdings der Schulterschluss von AfD, CDU und FDP in die Quere. Der Antrag wurde von ihnen abgelehnt. Das ist schwer verständlich, weil doch alle drei Parteien versprachen, im Interesse ihrer Wähler zu handeln. Vielleicht aber wollten sie nur den politischen Betrieb blockieren. Aber auf Kosten ihrer Wähler?
Wie schön, dass Neukölln eine beherzte Bürgermeisterin hat, die sich persönlich der Sache annehmen wird, auch ohne expliziten Auftrag aus der Bezirksverordnetenversammlung. 

Petra Roß

Young Newköllner Abgeordnete

Derya Çağlar, Anne Helm und Georg Kössler im Gespräch

Die Kiez und Kneipe traf sich mit den drei frisch gebackenen Abgeordneten der Koalition Rot/Rot/Grün (R2G) in einem Neuköllner Café. Anne Helm (Die Linke), Jahrgang 1986, Derya Çağlar (SPD), Jahrgang 1982 und Georg Kössler (Grüne), Jahrgang 1984 leben Koalition wie sie sich jeder Wähler vorstellt. Da gibt es keine parteilichen Vorbehalte gegeneinander, sie haben gemeinsame Interessen, die gleichen Schwierigkeiten, arbeiten zusammen und mögen sich.

Georg Kössler, Anne Helm und Derya Çağlar.                                                                               Foto: Simon Straub

Die größte Schwierigkeit, die sie haben, ist, sich in den politischen Betrieb einzuarbeiten. Wie werden Anfragen im Parlament gestellt, wie ist der Verwaltungsvorgang, und wer muss das alles absegnen? Nun verstehen sie, warum Entscheidungen so lange brauchen. Alle drei haben noch eins gemeinsam: sie brennen für ihre Tätigkeit im Berliner Abgeordnetenhaus. Young Newköllner Abgeordnete weiterlesen

Haase, Igel und Giffey für U-Bahn zum BER

Der Süden von Neukölln benötigt ein neues Verkehrskonzept.

Bereits im letzten Jahr hatte sich Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey dafür eingesetzt, die U7 von Rudow nach Schönefeld zum Flughafen BER zu verlängern. In der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 22. Februar fragte Brigitte Gloeden (CDU) in etwas süffisantem Ton nach, was sie denn seitdem unternommen habe und warum dieses Projekt keinen Eingang in die Koalitionsvereinbarungen des Senates gefunden habe.
Die Anbindung des Flughafens an das U-Bahnnetz und die damit verbundene Verkehrsentlastung im Süden Neuköllns bleibe selbstverständlich auch unabhängig von Wahlterminen ein Schwerpunkt ihrer Arbeit, erklärte Giffey. »Ein Hauptstadtflughafen braucht auch eine Hauptstadtanbindung. Wir wollen unsere Gäste aus aller Welt gut empfangen und so einfach wie möglich in die Stadt bringen.« Darüber sei sie sich auch mit ihren Bürgermeisterkollegen Oliver Igel aus Treptow-Köpenick und Udo Haase aus Schönefeld einig. Haase, Igel und Giffey für U-Bahn zum BER weiterlesen

Die verschleierte Gefahr?

Frauen in der muslimischen Gesellschaft

Der »Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband e.V.« und der »Bürgerverein Britz« luden im Januar zum Vortrag: »Frauen in der muslimischen Gesellschaft«. Die Referentin Zana Ramadani hat muslimische Eltern, war Mitgründerin, Vorsitzende und Aktivistin von Femen Deutschland. Sie stand der Jungen Union Wilsdorf-Wilden (Siegerland) vor und ist nun Mitglied der CDU.

Ramadani Zana kämpft um die Köpfe.                                                                                                                           Foto: rr

In Skopje, Mazedonien, 1984 geboren, lebt sie seit ihrem siebten Lebensjahr in Deutschland. Hier, außerhalb der Familie, lernte sie ein anderes Frauenbild und westliche Werte kennen. Das wollten die Eltern weder dulden noch akzeptieren. Ihre vom Islam geprägte Vorstellung, wie eine anständige Muslima sich zu verhalten habe, versuchten sie mit Unterdrückung und körperlicher Gewalt bei ihr durchzusetzen. Die verschleierte Gefahr? weiterlesen

Wider den Vervolkungswahn

Neukölln zeigt sich solidarisch gegen Gewalt und rechtsextremes Gedankengut

Mehrere Hundert Menschen hatten sich am 18. Februar zu einer Solidaritätskundgebung unter dem Motto »Neukölln bleibt bunt – wider den rechten Terror« vor der Alten Dorfschule in Alt-Rudow versammelt. Die Teilnehmer zeigten ihre Solidarität mit den jüngsten Opfern rechter Brandanschläge in Rudow und Britz: Schriftstellerin Claudia von Gélieu, Peter Scharmberg und Mirjam Blumenthal von der SPD, Buchhändler Heinz Ostermann, Gewerkschafter Detlef Fendt und Christel Jachan von der Evangelischen Kirchengemeinde Rudow.

Demo für ein demokratisches Miteinander.                                                                      Foto: Stefanus P.armann

Gefährlich seien aber nicht nur diese Aktionen rechten Terrors, sondern auch Parteien wie die AfD, sagte Hubert Dünnemeier vom Aktionsbündnis Rudow, denn die würde »Nazis eine politische Heimat bieten«. Mit guten Argumenten müsse gegen rechtsextremes Denken vorgegangen werden, um eine Normalisierung solcher Ansichten zu verhindern. Wider den Vervolkungswahn weiterlesen

Wer wählt, wer kann gewählt werden? (Teil 2)

Die Parteien ermitteln ihre Wahlkreiskandidaten für die Bundestagswahl 2017

Die Kiez und Kneipe hat alle Parteien, die in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln vertreten sind, nach ihrem Verfahren zur Nominierung ihrer Bundestagskandidaten befragt. Es haben alle geantwortet. Lediglich die AfD scheint Opfer eines Datennirwanas geworden zu sein. Die Anfrage wurde zwar weitergeleitet, eine Antwort kam in der Redaktion aber nicht an.
Die Befragung ist nunmehr abgeschlossen, denn SPD, CDU und DIE LINKE haben sich in der Februarausgabe erklärt. Wer wählt, wer kann gewählt werden? (Teil 2) weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 50 – Donnerstag, 1. März 1917
Fleischliche Genüsse am goldenen Hochzeitstage. In letzter Zeit haben sich die Anträge auf Ueberweisung von Fleisch zu Festlichkeiten sehr vermehrt. Die Reichsfleischstelle ist aber nicht in der Lage, diese Anträge berücksichtigen zu können und wird in Zukunft Fleischzulagen nur für die Feier der goldenen Hochzeit bewilligen. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Ehrenamtliche Helfer in Blau

Unverzichtbar im Einsatz: das Technische Hilfswerk in Britz

In Britz, an der Haarlemerstraße, hat der Ortsverband des Technischen Hilfswerks Neukölln (THW), seit 1987 sein Domizil. Strategisch günstig befindet es sich in der Nähe der Stadtautobahn und nur wenige Meter vom Teltowkanal entfernt. Die Pressesprecherin Anja Villwock gewährte der Kiez und Kneipe einen interessanten Einblick. Es gibt hier 130 aktive, nur ehrenamtliche Helfer. Darunter sind 16 weiblich. Ebenfalls existiert eine gemischte Jugendgruppe. Jeder Donnerstagabend ist hier Trainingstag. Übende, auf die gerade herrschende klirrende Kälte angesprochen, antworteten gelassen, dass sie sich schließlich das Wetter bei realen Einsätzen auch nicht aussuchen könnten.

Hebekissen.                                                                                                                                                    Foto: Wolfgang Daube

Das THW wurde 1950 gegründet. Ein Jahr später entstand dieser Ortsverband, damals noch zusammen mit Kreuzberg. Er ist, wie alle anderen auch, eine Bevölkerungs- und Katastrophenschutzorganisation und untersteht dem Minister des Innern. Bundesweit ist die Farbe ultramarin Blau einheitlich für Mannschaftskleidung und Lackierung aller Fahrzeuge. Kurioserweise war diese durchgängige Kennfarbe damals auch eine Voraussetzung für eine Kfz-Steuerbefreiung aller Fahrzeuge. Ehrenamtliche Helfer in Blau weiterlesen

Kostenlose Mieterberatung in Milieuschutzgebieten

Mieter sollten auf ihre Rechte achten

Im vergangenen Jahr wurden im Norden Neuköllns bereits fünf Gebiete unter Milieuschutz gestellt, jetzt sollen zwei weitere dazu kommen. Dabei handelt es sich um die Gegend rund um den Hertzbergplatz und die Treptower Straße sowie um den Bereich zwischen Silberstein- und Glasower Straße. Damit wird die Schutzzone erstmals über den S-Bahn-Ring ausgedehnt.

Empfehlung ihres Hauses.                                                                                                                                                     Foto: mr

Am 7. Februar waren Bewohner des Kiezes Hertzbergplatz zu einer Informationsveranstaltung über Möglichkeiten und Grenzen des Milieuschutzes ins Rathaus Neukölln eingeladen. Dabei stellte sich heraus, das der Kiez zwischen Onckenstraße und der Bezirksgrenze zu Treptow-Köpenick bei den Untersuchungen übersehen wurde. Bezirksstadtrat Jochen Biedermann und der Leiter des Stadtentwicklungsamtes, Rolf Groth, versprachen zu prüfen, ob die Haushaltsbefragungen hier noch nachgeholt werden können. Kostenlose Mieterberatung in Milieuschutzgebieten weiterlesen

Start-up-Szene Neukölln: bloßer Hype oder große Chance?

Teil 3: Start-up ist nicht gleich Start-up und Neukölln macht sein Ding

In Teil 1 und 2 unserer Serie berichteten wir schon vom Bild, das gemeinhin von der Neuköllner Start-up-Szene besteht und von den konkreten Fördermöglichkeiten, die Land und Bezirk bereitstellen. Aber wie sieht die Neuköllner Start-up-Szene tatsächlich aus?

Nicht jedem gefällt die Entwicklung.                                                                                                                                Foto: jt

Egal ob die Start-up-Szene zum Heilsbringer auserkoren oder als heiße Luft abgetan wird, was genau mit dieser »Szene« gemeint ist, bleibt meist unklar. »Start-up ist ein Modebegriff, eigentlich geht es hier um Existenzgründung«, erklärt Clemens Mücke. Im Duden wird Start-up schlicht als »neu gegründetes Wirtschaftsunternehmen« definiert, während das Gabler Wirtschaftslexikon das geringe Startkapital der Neuunternehmer hervorhebt, die dann auf die Investition von Risikokapital angewiesen sind, um sich zu vergrößern. Folgt man dieser letzten Definition, müsste Neukölln ganz schnell von der Landkarte des »Berlin Valley« gestrichen werden. Start-up-Szene Neukölln: bloßer Hype oder große Chance? weiterlesen

In sieben Minuten zum Stammgast

Künstlerkollektiv bespielt den »Stammtisch«

Seit 17 Jahren betreibt das Berliner Ehepaar Norbert und Roswitha Rotter die Altberliner Eckkneipe »Stammtisch« in der Weser-/ Ecke Finowstraße. Im Laufe der Jahre kam aber immer weniger Stammkundschaft, und die beiden Wirtsleute dachten ans Aufgeben.

Der Urneuköllner Wirt Norbert Rotter, es war kurz vor sechs.                                                             Foto: pschl

Es war ein Glücksfall, dass das Künstlerkollektiv »dollytakesatrip« vor zwei Jahren im Rahmen des Kunstfestivals »48 Stunden Neukölln« unter dem Motto »Kunst rettet den Stammtisch« eine Crowdfunding-Aktion für die Kneipe startete. Mit dem gesammelten Geld wurde eine Bühne gebaut und eine Beleuchtungsanlage installiert. Die Aktion war aber nicht auf »48 Stunden Neukölln« begrenzt. Fortan konnten diverse Künstler – Musiker, Tänzer, Performer, Schauspieler – die Bühne im »Stammtisch« für ihre Aufführungen nutzen. In sieben Minuten zum Stammgast weiterlesen

Empanada-Pioniere

Chilenische Teigtaschen im Schillerkiez

Auf der ganzen Welt wickeln die Menschen ihre Lieblingszutaten in Teig ein und nennen sie dann Pirogge, Manti, Ravioli, Maultasche oder eben wie in Spanien und Lateinamerika: Empanada. Das »Colo Colo« in der Selchower Straße ist der erste Laden in Neukölln, der sich auf dieses klassische Streetfood spezialisiert hat — auf die chilenische Art. Den Namen »Colo Colo« haben sich Chefin Kristina und ihr Mann von einem Mapuche-Anführer geliehen. Damit sind sie nicht die Einzigen. In Chile tragen viele Straßen und der beliebteste Fußballverein diesen Namen und sogar ein Asteroid ist nach ihm benannt.

perfekte »Combo« Teigtaschen und Sandwiches.                                                                                                   Foto: jt

Kristinas Vater kommt aus Chile, und es sind seine Rezepte, die sie verwendet, leicht abgewandelt und dem Neuköllner Publikum angepasst. Die Salsa konnte nicht so scharf wie das chilenische Original sein, und der Teig ist ohne Ei, damit auch die Veganer ihre Empanada bekommen können. Dass in der typischen Beef & Onion Empanada außer dem charakteristischen Kumin auch Rosinen drin sind, verschweigen Kristina und ihr Mann mittlerweile lieber, weil viele Leute sich davon abschrecken lassen. Tatsächlich kommen die Rosinen aber nur sehr dezent durch und verfeinern den würzigen Geschmack mit einer leichten Süße. Außer den Empanadas stehen auch noch Burger und Sandwiches auf der Karte, damit auch Teigtaschen-Muffel etwas finden. Empanada-Pioniere weiterlesen

70 Jahre Nachbarschaft

Zeitzeugen gesucht

Was wäre ein Nachbarschaftsheim ohne die Nachbarn, die sich dort treffen, engagieren und vergnügen? Egal, ob als »Nachbarschaftsbaracke« oder „weißes Haus am Körnerpark« bezeichnet, es sind die Menschen, die das Nachbarschaftsheim Neukölln in über 70 Jahren geprägt haben. Und die Geschichten und Erinnerungen dieser Menschen sollen dieses Jahr, zum 70. Jubiläum des Heims, gesammelt und in einer Broschüre zusammengefasst werden. Dafür werden Zeitzeugen gesucht, die das Heim jetzt oder früher kannten, besucht haben und Fotos und Geschichten haben, die sie gerne teilen möchten. Neben einem Osterfeuer am 7. April ist dann für den 16. Dezember ein großes Jubiläumsfest geplant. Wer sich gerne an dem Projekt beteiligen will, alte Fotos besitzt und gerne von Erlebnissen berichten will, oder auch einfach nur zum Fest eingeladen werden will, kann sich direkt an das Nachbarschaftsheim Neukölln wenden: Barbara Schünke, Tel: 848 55 685. 

pm

Total soziale Elektronik

Uneigennützig und PC

Seit 2005 lebt Mustafa Makinist in Neukölln. Hier betreibt er in der Briesestraße 6, den »Sozialen Computerladen«. Bis zu seiner Arbeitslosigkeit wohnte er in Spandau und arbeitete von 1998 bis 2005 dort bei einer Großhandelsfirma als Werkstattleiter und Service-Techniker für Computer. In Neukölln angekommen, half er bei einem Projekt mit Arbeitslosen, Obdachlosen, Senioren und Jugendlichen, ausrangierte PCs wieder flott zu machen. Anschließend wurden die an Bedürftige verschenkt. Daraus entstand 2007 der viel beachtete, gemeinnützige und anfangs auch geförderte Verein »Bighelp«.

Makinist für alle Computerfälle.                                                                                                                                         Foto: rr

Viele Politiker, auch die Neuköllns, sahen das als gute Publicity, denn Mustafa Makinist hat türkische Wurzeln. Aber er sieht sich mehr als Macher und Schrauber, denn als Verwalter. Eine Vereinsleitung mit eigenem Laden bedeutete auch reichlich Bürokratie und viel Zeitaufwand zum Sichern von jeweils nur kurz befristeten Fördergeldern. Für seine eigene Altersabsicherung blieb dabei nichts übrig. Total soziale Elektronik weiterlesen

Fruchtig-feine Geister für die Seele

Fräulein Brösel brennt für den sanften Schwipsgenuss

Arbeit ist Arbeit und Schnaps ist Schnaps – und Schnaps macht Arbeit. Wenn man ihn ernst nimmt und liebt wie die österreichischen und fränkischen Brenner, die die Elixiere herstellen, die von Fräulein Brösel seit 2013 in der Laden- und guten Gastronomieszene inzwischen diverser deutscher Städte vertrieben werden. Das Hauptquartier ihres »Schnapserwachens« ist seit einer Weile in der Friedelstraße. Dort werden gerade mal fünf Brände in drei Flaschengrößen verkauft, alle natürlich vorkostbar.

Fünf Fräuleins sollt ihr sein.                                                                                                                                                 Foto: hlb

Haselnuss, Mandel, Marille, Johannis- und Vogelbeere werden sorgfältig mit Alkohol zu milden Tröpfchen vergoren und destilliert, die (nicht nur) damenkompatibel weniger Prozente und feinere Noten haben als manch in Hals und Gaumen brennender Fusel, der sich Brand nennt. Die Haselnuss aus fränkischen und türkischen Nüssen schmeckt satt nach Nugat, die Mandel (demnächst aus mallorcinischen Mandeln) ist ein marzipaniger Gruß, die Aprikose aus der Wachau ein dezent süßer Digestif, die Johannisbeere hat cassisfruchtigen Ausdruck, und die Vogelbeere aus ebenfalls in Franken geernteten Ebereschenfrüchten überzeugt mit kräuter- und tresterartiger (H)ehrlichkeit. Fruchtig-feine Geister für die Seele weiterlesen

In sicheren Gewässern und trockenen Tüchern

Niederschwellige Pflege der »MoRos« vom »LaGeSo« nun endlich anerkannt

Das Jahr 2017 steht für den »MoRo Seniorenwohnanlagen e.V.« unter einem guten Stern. Zuerst bekam die Geschäftsführerin Sylvia-Fee Wadehn die Trägerschaft für den Verein anerkannt, und dann kam für sie das Größte, für das sie seit zwei Jahren kämpft: die Anerkennung für die Durchführung von niederschwelliger Pflege vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo).
Mit tatkräftiger Unterstützung der Bundestagsabgeordneten Fritz Felgentreu und Mechthild Rawert (beide SPD) hat der »MoRo Seniorenwohnanlagen e.V.« nun als erster Berliner Verein die Möglichkeit, die entstandenen Kosten mit den Krankenkassen abzurechnen. Bisher hatten nur gewinnorientierte Pflegeunternehmen die Möglichkeit, diese Anerkennung zu erhalten.
Wadehn hat nun die Gewissheit, dass ihr Projekt in finanziell sicheren Gewässern angekommen ist. Sie hat es in den vergangenen zwei Jahren geschafft, einen Mitarbeiterstamm von 39 Arbeitskräften aufzubauen, mit denen sie niederschwellige Pflege in den drei Seniorenhäusern Rollbergstraße, Pflügerstraße und in der weißen Siedlung anbietet

ro

Schöne Bandwurmworte

Zauber unserer Muttersprache

Ständig gibt es einen Tag des Irgendwas. Vor Kurzem gab es den Tag der Muttersprache. Da finden wir zwei Worte mit 67 und 63 Buchstaben, die doch gewürdigt werden sollten:
»Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung« und »Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz«.

Diese Worte, nach dem fünften Bier in gemütlicher Runde als Sprachübung mit einem Korken im Mund vorgetragen, geben dem munteren Beisammensein einen ungeahnten Kick.
Für Anfänger empfehlen wir die Worte »Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft« mit 46, sowie »Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus» mit nur 40 Buchstaben.

bs

Jazz, Klassik, Klezmer und Country im Zitronencafé

Von der Wiener Salonmusik bis zu elektronischen Klängen

Ein weites Spektrum an Musik, von Klezmer und Country bis zu Jazz und Klassik erwartet die Zuhörer der »Salonmusik« im März.
Der US-Amerikaner Louis Durra zeigt am 5. März mit seinem Klaviertrio, wie Popsongs und Electro zu groovender Jazzmusik verwandelt werden. Seine Fingerfertigkeit, sein Rhythmusgefühl und seine Sensibilität machen jeden seiner Auftritte zu einem besonderen Erlebnis.

Sveta Kundish, Patrick Farrell.                                                                                                               Foto: Manuel Miete

Jiddische Musik und Klezmer gibt es am 12. März zu hören. Seit 2013 beschreiten der New Yorker Akkordeonist Patrick Farrell und die Sängerin Sveta Kundish neue kreative Pfade. Damit hauchen sie der mittlerweile etwas angestaubten Klezmer-Musik neues Leben ein und laden das Publikum zu einer Entdeckungsreise in ihre musikalische Gefühlswelt ein. Jazz, Klassik, Klezmer und Country im Zitronencafé weiterlesen

Zeitgenössische Avantgarde auf dem Rollberg

Spannendes Ausstellungsprogramm im »KINDL-Zentrum«

Mit dem Vortrag »Vom Risiko der Verknappung« des Kunstkritikers und Kurators Hans-Jürgen Hafner, der sich durchaus geistreich, manchmal aber auch etwas schwer nachvollziehbar um die Begriffe »Malerei«, »Kunst« und »Bild« und deren Verhältnis zueinander drehte, endeten die ersten beiden großen Ausstellungen im Maschinenhaus des »KINDL«.

Ausdauerndes Publikum – interessiert an Verknappung                                                                                 .Foto: rb

Beide Ausstellungen, sowohl die große Einzelausstellung »Inhalt« von Eberhard Havekost in den oberen beiden Räumen M1 und M2, als auch die Gruppenausstellung »How long is now« im unteren Raum M0 zeigten, dass der Umbau der Räume gelungen ist und die Räumlichkeiten für ihre Zwecke sehr gut funktionieren. Zeitgenössische Avantgarde auf dem Rollberg weiterlesen

Hello Kitty Harakiri

»Rette uns, Okichi!«

Opern von japanischen Komponisten sucht der Berliner Opernfreund in den Spielplänen der drei großen Berliner Opernhäuser in der Regel vergebens. Die Neuköllner Oper füllt mit ihrer neuesten Produktion diese Lücke.
Mit »Rette uns, Okichi!«, das am 18. Februar Premiere hatte, präsentiert sie die europäische Erstaufführung der japanischen Oper »Kurofune« (Schwarze Schiffe), frei nach der Komposition von Kosaku Yamada, dem ersten japanischen Opernkomponisten.

Showdown mit Shogun.                                                                                                                                                             Foto: pr

In der Bearbeitung des Originalwerks nahm sich Regisseur Tomo Sugao die Freiheit, das groß angelegte Opernwerk mit nur drei Gesangskünstlern, dem stimmgewaltigen Bassbariton Tobias Hagge, dem nicht minder gesanglich imposanten Tenor Edwin Cotton und der zierlichen, aber stimmlich ebenfalls beeindruckenden Mezzosopranistin Yuri Mizobuchi im intimen Rahmen der Studiobühne zu inszenieren. Auf das große Orchester musste in dem kleinen Saal verzichtet werden, und so bestand die Instrumentierung lediglich aus Klavier, Saxofon, Schlagwerk und der japanischen Mundorgel Shō. Hello Kitty Harakiri weiterlesen

»Flucht nach vorn«

Ausstellung zeigt Erfolgsgeschichten

»Flüchtling zu sein ist eine Situation, die hoffentlich ein gutes Ende nimmt. Niemals ist es ein Titel oder eine Bezeichnung für eine Person«, zitiert Hervé Tcheumeleu in seiner Rede zur Ausstellungseröffnung von »Flucht nach vorn« Ehrenamtskoordinator Mboya Ochieng aus Eberswalde. Tcheumeleu und Ochieng sind beide Vorbilder – für Migranten und Migrantinnen genauso wie für Menschen, die ihr Heimatland nie verlassen haben. Beide mussten auf ihrem Weg schwere Hürden nehmen, mehr opfern als andere, die das Glück einer leichteren Ausgangssituation hatten. Trotzdem haben sie es geschafft, haben studiert und helfen nun mit ihrer Arbeit anderen dabei, ihren Weg zu finden.

Porträts der Hoffnungen.                                                                                                                                                         Foto: pr

In dieser Ausstellung erzählt das »Afrika Medien Zentrum« viele solcher Erfolgsgeschichten. Die Portraits der unterschiedlichen Menschen lenken den Blick auf das Positive, auf das, was Hoffnung gibt und nicht auf die natürlich oft sehr beschwerlichen und grausamen Fluchterfahrungen. »Flucht nach vorn« weiterlesen

Wir müssen – aber wie?

»Gebrannte Kinder« im Heimathafen stellen Fragen einer Generation

Zehn junge Menschen sind in einem geschlossenen Raum isoliert und wollen etwas in Gang bringen, das die Welt »da draußen« verändert. Zehn junge Menschen agieren gegen Kapitalismus und Fremdenhass, gegen Grenzen und grenzenlose Finanzsysteme.

Wenn die Fetzen fliegen.                                                                                                                                                          Foto: pr

Was die Zuschauer beim Stück »Gebrannte Kinder« im Februar im Heimathafen zu sehen bekamen, waren die Anfänge einer Organisation von jungen Leuten, die alle das mehr oder weniger bestimmte Gefühl haben, dass etwas gewaltig schief läuft, dass es brennt in der Welt. Ohne Hierarchie und Anführer, ähnlich wie bei »Nuit Debout« in Paris, versuchen sie bei ihren teilweise sehr unterschiedlichen Vorstellungen von dem, was getan werden muss, einen Konsens zu finden. Dabei kommt es zu Streit genauso wie zu ausgelassenem Spaß, Gruppen bilden sich in der Gruppe, Grenzen werden überschritten und gezogen, Strukturen und Regeln aufgestellt und wieder verworfen. Wir müssen – aber wie? weiterlesen

»Einfach das Ende der Welt«

Ein Familienessen als Vorhof zur Hölle

Der Film »Einfach das Ende der Welt« ist der neueste Film von Regie-Wunderkind Xavier Dolan, dem frankokanadischen Filmemacher, der schon mit seinem Debüt »I killed my mother« die Filmwelt ausnahmslos begeisterte. Ganz so liebevoll wurde sein aktuelles Werk nicht aufgenommen, beim Screening der Premiere auf dem Filmfestival in Cannes begleiteten Buh-Rufe die Vorstellung, den Jury-Preis gewann er trotzdem.

»Einfach das Ende der Welt« erzählt die Geschichte von Louis, einem Theaterautor aus der Großtadt, der in einem schwülen Sommer heimkehrt zu seiner Familie. Sein unangekündigter Besuch ist eine ebenso große Überraschung wie sein unangekündigter Abgang vor 12 Jahren, als er sang- und klanglos einfach ging. Das hat selbstverständlich Spuren hinterlassen, und es dauert nicht allzu lang, bis sich sämtliche Emotionen der Familienangehörigen Bahn brechen. »Einfach das Ende der Welt« weiterlesen

Das Gänseblümchen

Heilpflanze des Jahres 2017

Es ist unscheinbar, anspruchslos und wird sich bald wieder auf unseren Wiesen zeigen. Das Gänseblümchen, eine mehrjährige Pflanze, wird bis zu maximal 15 Zentimeter hoch und blüht von März bis fast November.

Für Liebesspiele.  Historische Zeichung

Aber es ist auch teuer und ziert inzwischen diverse Gerichte in Nobelrestaurants. Dort werden für 100 Gramm frisch geerntete Blüten 16 Euro bezahlt.Auch die jungen Blättchen aus dem Inneren der Rosette schmecken köstlich, die Blüten und Knospen haben einen nussigen Geschmack. Es passt zu Salaten, in den Kräuterquark oder zu einer Wildkräuterbutter. Bald können die Blumen von den Spaziergängern gepflückt werden. Das Gänseblümchen weiterlesen

Basteln mit Rolf

Kronkorkenmarienkäfer

Noch schlummern die heimischen Insekten in ihren Winterquartieren. Im Januar stellte ich einen Phantasiekäfer aus einem Kronkorken vor. Marienkäfer sind weltweit verbreitet.

Angriff der Coca-Cola-Käfer.                                                                                                                                                 Foto: rr

Meine Exemplare entstanden aus je einem schwarzen und roten Kronkorken einer koffeinhaltigen Brause. Benötigt wird nur ein Seitenschneider, eine Heißklebepistole, eine Zange zum Biegen, für ein paar Löcher eine Ahle, eine stabile Schere und ein schwarzer Marker. Nicht zwingend notwendig sind ein Hammer und Werkzeuge zum Blechformen, aber immer ganz wichtig: Freude am Pfriemeln.
Der schwarze Kronkorken wird zum Körper, während der rote, mittig mit der Schere geteilt, zu den Flügeln wird. Mit Punzwerkzeugen wären plastische Verformungen des Metalls möglich, wie auf dem Bild links zu sehen ist. Aus dem Draht entstehen die sechs Gliedmaßen, zwei Fühler und zwei Mundwerkzeuge. Alle Drahtenden werden mit Heißkleber unterm schwarzen Deckel verankert. Ebenfalls mit Heißkleber werden die beiden roten Deckelhälften, etwas gespreizt, auf dem Körper befestigt. Punkte darauf, fertig!

rr

Petras Tagebuch

Der Omaschock

Seitdem ich erfahren habe, dass ich Oma werde, hat sich für mich die Sicht der Dinge geändert. Zu Beginn löste diese Tatsache eher Unsicherheit aus, denn meine Tochter hielt es nicht für notwendig, mich im Vorfeld zu befragen. Ich kann es nicht leiden, wenn ich vor vollendete Tatsachen gestellt werde, die mein Leben beeinflussen. Und Oma werden ist so etwas.
Immerhin habe ich mich inzwischen damit arrangiert. Seither sehe ich in Neukölln nur noch Schwangere und Mütter mit ihren Kindern. Auch meine Haltung zu dieser Gruppe ist milder geworden. Habe ich bis vor kurzem gerne die Straßenseite gewechselt, sobald Kinder und Mütter in Sicht waren, bin ich nun bereit, mich auf ein Gespräch mit ihnen einzulassen. Eigentlich entstehen nun ganz nette Situationen, und ich fühle mich daran erinnert, dass mir meine Tochter, insbesondere in den ersten Lebensjahren, viel Freude mit neuen Erlebnissen bereitet hat. Petras Tagebuch weiterlesen