Tango, Theater und Berliner Schnauze

»PianLOLA« feiert Premiere im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt

Der Name »PianLOLA« hat nichts mit einem Pianola zu tun, denn »die fesche Lola« steht auf richtige Männer am Klavier und nicht auf Musik­automaten. Mit dieser Klarstellung begann ein höchst unterhaltsamer Nachmittag im Gemeinschaftshaus in der Gropiusstadt mit dem Duo »PianLOLA« und ihrem Programm »Das Casting«, das hier Premiere feierte.

Der Pianist mit seiner Muse.      Foto: mr

In der Rahmenhandlung geht es darum, dass Lola ihrem Partner Alois versprochen hat, mit ihm auf Tournee zu gegen. Als sie dann kalte Füße bekommt, weil sie ihr Dasein als Portiersche nicht aufgeben will, organisiert sie flugs ein Casting, um Ersatz zu finden. Tango, Theater und Berliner Schnauze weiterlesen

Klare Formen, tiefer Kern

Lutz Anders‘ Brückenschlag zwischen Künstler und Betrachter

Betrachtet man Lutz Anders bei der künstlerischen Arbeit, zieht schnell die Idee eines soliden Handwerkers auf. An seiner Boston-Tigelpresse von Hönig steht er konzentriert mit hochgekrempelten Ärmeln. Es scheint nur ihn und das Entstehende zu geben. Hier entwickelt der Künstler sein neues Werk – den Linolschnitt. Zuvor braucht es allerdings die Idee.

Lutz Anders.Foto: sl

Seine Inspiration bekommt Anders meist von imposanten Bauwerken, die durch klare Formen bestechen. Gern arbeitet er ausschließlich in schwarz und weiß. Diese drücken das Wesentliche aus und geben seiner Kunst eine minimalistische Note, die auf Schnickschnack verzichtet. »Die Farbe denk ich mir einfach weg.« erklärt der Künstler lächelnd, »so wird das Auge auf die Kernaussage gelenkt.«
Der gebürtige Neuköllner verarbeitet seit 1976 seine Ideen autodidaktisch in Zeichnungen, Fotomontagen und Collagen. Seit 2015 kamen die Linolschnitte dazu. Klare Formen, tiefer Kern weiterlesen

Großstadt Neukölln

Austellung bekommt eine zweite Chance

Das Museum Neukölln zeigte die Ausstellung »1920-2020 Großstadt Neukölln« bereits 2020 aus Anlass des 100. Jubiläums der Eingemeindung Neuköllns nach Berlin. Pandemiebedingt war ihr nur eine kurze Laufzeit beschieden. Jetzt bekommt sie eine zweite Chance.
Anhand von acht markanten Schauplätzen wie der Karstadt-Filiale am Hermannplatz, dem Tempelhofer Feld, der Gropiusstadt, dem Guts­hof und der Hufeisensiedlung wird gezeigt, wie sich die Stadt in den letzten 100 Jahren verändert hat.

Stadtpuzzle.     Foto: mr

Große Holzregale enthalten Würfel mit Fotos dieser Schauplätze aus unterschiedlichen Epochen, aus denen sich die Besucher wie in einem Puzzle historische oder aktuelle Bilder dieser Orte zusammenstellen können. Touchscreens neben den Regalen bieten detaillierte Informationen zur bewegten Geschichte der Orte und ihrer Bewohner.
Foto-Bausteine mit Bildern von Passagieren der U8, porträtiert von Leon Kopplow, ergänzen die Ausstellung. Auch sie können frei zusammengepuzzelt werden Großstadt Neukölln weiterlesen

Singen als Akt der Freiheit

Interkultureller Kiezchor fördert das Wunder der Stimme«

Eine Stimme zu haben scheint selbstverständlich. Doch ist es das wirklich? Was bedeutet es, eine Stimme zu haben, sie einzusetzen, hörbar zu werden für sich selbst und andere? Auf welche Weise kommunizieren wir mit anderen Stimmen? Unsere Stimme stellt eine Verbindung zwischen der physischen und psychischen Welt her, wir gebrauchen sie, um Gefühle auszudrücken. Wir können mit ihr Trost spenden, Zorn, Liebe, Not und Schmerz ausdrücken, verstanden werden oder Verständnis zeigen. Sie begleitet uns ein Leben lang, vom ersten Schrei bis zu den letzten Worten, sie behält ihre Unverwechselbarkeit immer bei, und doch erscheint sie uns mitunter fremd. Der neugegründete interkulturelle Kiezchor von Tal Koch und Irene Aselmeier geht eben diesen Fragen nach.

Die ersten Chormitglieder.     Foto: privat

Wie können wir den für uns richtigen Klang finden? Das Singen in der Gemeinschaft gibt die Möglichkeit, unsere Stimme als Instrument einzusetzen, ihre Individualität zu erleben mit all ihren Reichweiten und Farben. Dass miteinander Musizieren erweitert unsere Wahrnehmung für die Anderen und uns selbst. Dass Singen die Gesundheit erhält, ist allgemein bekannt. Doch darüber hinaus ist es auch ein Akt der Freiheit. Singen als Akt der Freiheit weiterlesen

Großstadtmorgen

Eine starke Müdigkeit

Ich werde wach. Ein frischer Wind pfeift mir um die Nase. Der Geruch der noch schlafenden Großstadt stimmt mich friedlich und sentimental zugleich.

Ohne weitere Beachtung.        Foto: sl

Ich höre Schritte, die an mir vorbei gehen. Ich halte meine Augen geschlossen und stelle mich schlafend. Es ist noch zu früh für mitleidige Blicke. Halb dösend, halb wach überlege ich, was mir der Tag bringen könnte. Es wäre schön, einen Ruhetag zu haben. Mein knurrender Magen reißt mich aus der beginnenden Fantasie eines normalen Lebens.
Es nützt nichts. In meiner Tasche finde ich 28 Cent, das reicht gerade mal für ein trockenes Brötchen. Bei dem Gedanken merke ich, wie ausgetrocknet mein Mund ist. Ich greife nach der Wasserflasche in meinem Rucksack und trinke den Rest leer. Mit dem Pfandgeld komme ich auf zwei trockene Brötchen. Das ist ein Anfang.
Ich setze mich auf. Mein Kopf schwirrt. Ich reibe mir die Augen. Ich habe keine Lust.
Menschen gehen an mir vorbei. Die wenigsten nehmen Notiz von mir. Sie schauen auf ihr Smartphone oder drehen den Blick in eine ganz andere Richtung. Großstadtmorgen weiterlesen

Basteln mit Rolf

Hasenfensterbild

Ein luftig apartes Fensterbild in unserer Straße stimmt nicht nur die Vorübergehenden auf das kommende Osterfest ein. Es ist leicht realisierbar, und meine Nachbarin erlaubte mir, das hier auch zu veröffentlichen.
Hergestellt hat sie es aus verschiedenfarbigem Transparentpapier. Sie brauchte nur eine Schere, einen weißen Lackstift, transparenten Klebefilm zum Aufhängen und hatte natürlich Lust zum Pfriemeln.
Jeder Hasenkopf wurde erst mit dem Lackstift auf das Papier gemalt und anschließend ausgeschnitten. Auf einen extra Trägerrahmen aus Malkarton, wie bei Fensterbildern meist üblich, wurde hier bewusst verzichtet. Das erhöht deutlich die Lichtdurchlässigkeit. Jedes Konterfei ist mit transparentem Klebefilm an die Scheibe geklebt.

Bei Hilfe:
rolf@kuk-nk.de
rr

Petras Tagebuch

Termintreue

Mehrere Anläufe, beim Bezirksamt einen Termin zu erhalten, scheiterten. Im Internet habe ich nie einen freien Termin gefunden. Lange Zeit verbrachte ich am Telefon, aber auch das war erfolglos. Dabei wollte ich doch nur meiner Pflicht nachkommen, meinen alten grauen Führerschein gegen die Plastikkarte auszutauschen. Der Tag, an dem mein Führerschein keine Gültigkeit mehr haben sollte, rückte immer näher.
Eine Bekannte, die das Dilemma verfolgte, gab mir eines Tages den Tipp, eine Email an folgende Adresse zu schreiben: buergeramt@bezirks­amt-neukoelln.de. Petras Tagebuch weiterlesen

Sofort die Waffen nieder!

Menschenkette gegen den Krieg.    Foto:rr

Neuköllner demonstrieren gegen den russischen Überfall auf die Ukraine

Dem Aufruf von »Hufeisern gegen Rechts«, dem DGB und den Falken zum sofortigen Stopp aller Kriegshandlungen in der Ukraine folgten am Sonnabend, den 26. März, hunderte Menschen.
Ab 18 Uhr bildeten sie um den Hufeisen-Teich des UNESCO-Weltkulturerbes in Britz friedlich eine geschlossene Menschenkette. Dank vieler Taschenlampen blieb dieser Ring auch im Dunkeln weiter sichtbar.
Unter den Teilnehmern waren Bezirksbürgermeister Martin Hikel, Bezirksstadtrat Jochen Biedermann und die Bezirksstadträtinnen Karin Korte und Miriam Blumenthal.
In seiner so kurzen wie prägnanten Rede forderte Jürgen Schulte von »Hufeisern gegen Rechts« die sofortige Niederlegung aller Waffen und die Rückkehr zur Diplomatie, da militärische Mittel noch nie Konflikte gelöst hätten. Er verurteilte scharf den völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine. Es folgten erdrückende Schweigeminuten bis sich die Kette wieder auflöste.

rr

Zusammen für eine friedliche Welt

An jedem Morgen gibt es mittlerweile, zumindest bis jetzt, eine Nachricht von meinen Freunden aus Kiew. Sie sind kurz, sagen, dass alles OK ist. Es ist nichts OK in diesen Tagen.
Von einem Tag auf den anderen hat sich alles geändert. Das Schlafen im eigenen Bett hat sich zu einer Gefahr entwickelt, da ist der Flur sicherer. Oder es wird gleich der überfüllte U-Bahnschacht, der als Bunker dient, aufgesucht. Sirenengeheul im Hintergrund, das die Machtlosigkeit verdeutlicht. Das unbeschwerte Leben scheint zunächst vorbei zu sein.
Es bleibt aber auch die Möglichkeit, ins sichere Ausland zu fliehen. Der Preis dafür lässt zurückschrecken: Ist es in Ordnung, die Eltern und weitere Verwandte, die nicht so flexibel sind, zurückzulassen? Hier gibt es keine Antwort.Wichtig ist, dass alle friedliebenden Menschen zusammenhalten, um ein gemeinsames Zeichen gegen den Krieg zu setzen.

Josephine Raab und Petra Roß

Der 8. März – Mehr als nur ein Feiertag

Gastbeitrag von Anja Kofbinger (Grüne), ehemals Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus

Als das Abgeordnetenhaus von Berlin im Dezember 2018 beschloss, den 8. März zum Feiertag in Berlin zu machen, war die Freude in der Bevölkerung groß. Allerdings, dass muss man zugeben, ging es dem Großteil der Berlinerinnen und Berliner wohl weniger darum, ein Zeichen für mehr Feminismus in Politik und Gesellschaft zu setzen, sondern wohl eher um einen weiteren arbeitsfreien Tag. Aber wie genau kam es überhaupt dazu, dass es einen internationalen Frauentag gibt und wir uns bis heute in unterschiedlichster Art und Weise daran erinnern?
Das ganze wurde natürlich von Frauen angezettelt. Und hier spielten die deutschen Sozialistinnen ein führende Rolle, allen voran Clara Zetkin und Käte Duncker. Sie schlugen 1910 auf der »Zweiten Internationalen sozialistischen Frauenkonferenz« 1910 in Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vor. Ein bestimmtes Datum hatten sie dabei nicht im Sinn. Der 8. März – Mehr als nur ein Feiertag weiterlesen

Sturm, Verkehr, Straßennamen und ein Durchfall

Muntere Debatten in der BVV

Ein großer Teil der Arbeit in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wird in den Ausschüssen erledigt. Daran können auch so genannte Bürgerdeputierte als Vertreter der Zivilgesellschaft stimmberechtigt teilnehmen. Voraussetzung dafür ist eine besondere Sachkenntnis auf dem Gebiet des jeweiligen Ausschusses. Üblicherweise werden die von den Parteien vorgeschlagenen Kandidaten von der BVV akzeptiert, die Wahl ist reine Formsache.
Jetzt wollte die CDU Stephan Piehl, den ehemaligen Kreisvorsitzenden des Neuköllner AfD-Bezirksverbandes, der die Partei im September 2020 verlassen hatte, in den Sportausschuss schicken – und scheiterte.
Bei der Wahl in der BVV-Sitzung am 23. Februar stimmte lediglich die CDU für Piehl, SPD, Grüne, Linke und AfD lehnten ihn ab, die Verordneten der FDP enthielten sich. Er sei »erschreckt, dass die CDU ein ehemaliges AfD-Mitglied aufgestellt« habe, sagte Marko Preuß (SPD). Sturm, Verkehr, Straßennamen und ein Durchfall weiterlesen

Modellprojekt GesundheitsKollektiv

Alles unter einem Dach auf dem Rollberg

Das erste Stadtteil-Gesundheitszentrum Berlins wurde am 25. Februar von der Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung (WGPG), Ulrike Gote (Grüne) und Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) auf dem Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei in der Rollbergstraße 30, eröffnet.

Foto: Stefanus Parmann

Die Eröffnung des Zentrums in Neukölln ist ein Teil des politischen 100-Tage-Programms, das der neue Senat Anfang Januar beschlossen hatte, es sieht Integrierte Gesundheitszentren vor.
»Wir wollen, dass alle Menschen wohnortnah und unkompliziert beraten und umfassende und ganzheitliche Gesundheitsangebote wahrnehmen können. Dies leistet das Neuköllner Stadtteilgesundheitszentrum beispielhaft«, teilte Gote mit. Das Neuköllner Konzept soll evaluiert werden und Modellcharakter erhalten. Modellprojekt GesundheitsKollektiv weiterlesen

»Am liebsten wäre ich unsichtbar«

Die Situation obdachloser Frauen in Neukölln

Edith lebt hier in Neukölln seit drei Jahren auf der Straße. Sie verlor ihre Wohnung, als ihre Vermieterin Eigenbedarf anmeldete und sich keine bezahlbare Wohnung finden ließ. »Anfangs habe ich mich bei Hausverwaltungen auf Listen eintragen lassen und bin zu Beratungsstellen gegangen.« Später habe sie aufgeben erzählt Edith. Sie wirkt klein und verloren, und dass sie mit mir redet ist wohl nur Kaffee und dem Brötchen zu verdanken, das ich ihr gekauft habe. Sie verzehrt beides, als sei sie es mir schuldig. Ich versuche sie so wenig wie möglich mit meinen Fragen zu bedrängen. Wir sitzen beide auf den Bänken vorm ehemaligen C&A. »Am liebsten wäre ich unsichtbar«, sagt Edith leise. Und statistisch gesehen ist sie das tatsächlich.

Silly – frisch geduscht vom Duschmobil.Foto: sl

Wohnungs – und obdachlose Menschen werden statistisch nicht eindeutig erfasst. Notunterkünfte melden ihre belegten Plätze nicht alle und nicht monatlich. Während der Zählung bei der »Nacht der Solidarität«, die nicht unumstritten ist, wurden in Neukölln 37 Menschen gezählt. Daraus folgt, dass Unterbringungen, Beratung oder einfach nur geschützte Räume für Frauen viel zu wenig Beachtung finden, wenn es um die Finanzierung von Projekten geht. »Am liebsten wäre ich unsichtbar« weiterlesen

Tarifvertrag trotz Streik ohne Folgen

Gastbeitrag von Maria Glänzel

2021 war ein spektakuläres Jahr für viele Beschäftigten in den städtischen Berliner Krankenhäusern von Vivantes und Charité.
Verdi hatte mit den Beschäftigten im Frühjahr die Kampagne »100 Tage« gestartet.
100 Tage vor der Berliner Landtagswahl riefen die Beschäftigten für bessere Arbeitsbedingungen und Entlastung auf. Sie forderten die Geschäftsführungen und die Landespolitik dazu auf, mittels Tarifvertrag ein Zeichen von Wertschätzung den Beschäftigten gegenüber zu setzen und sie nicht weiter im Stich zu lassen.
Die Tage vergingen, die Reaktionen blieben größtenteils aus.
Es gab warme Worte von Politikern und ein mitleidiges Lächeln von den Arbeitgebern. Tarifvertrag trotz Streik ohne Folgen weiterlesen

»Wie ein Stück Dreck«

Der Paragraph 218 muss dem Paragraphen 219a folgen

Im hohen Alter erzählte mir meine Mutter von der Erfahrung, die sie in jungen Jahren 1954 mit einem Schwangerschaftsabbruch machen musste. »Beim Engelmacher ging es schief, ich hatte Angst um mein Leben. Vater und ich sind so schnell wie möglich zu einem regulären Frauenarzt gefahren. Die Praxis hat mir geholfen, aber gut behandelt wurde ich nicht. Ich fühlte mich wie ein Stück Dreck.« Meine Mutter war sichtlich gerührt, als sie mir das sagte. »Ich habe es verkraftet, aber vergessen kann ich das nicht.«

Demonstration gegen den § 218 zum Schwangerschaftsabbruch.      Foto: Bundesarchiv

Damals konnte meine Mutter nur einmal in der Woche in einer Wäscherei arbeiten, statt ihrem Beruf als Stenotypistin nachzugehen, da ihr erster Sohn gerade sieben geworden war. Immerhin war dieser eine Tag eine Unterstützung für das Familieneinkommen, das Gros erwarb mein Vater bei den Stadtwerken.
Als 1975 die Kampagne »Weg mit dem Paragraphen 218 – Volks­entscheid« lief, war sie von Anfang an dabei und sammelte Unterschriften. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine von der sozial-liberalen Koalition beschlossene Liberalisierung in Form der dreimonatigen »Fristenlösung« gekippt, da CDU/CSU geklagt hatten. »Wie ein Stück Dreck« weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus Neuköllner Zeitungen vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Neuköllnische Zeitung – Sonnabend, 4. 3. 1922
Protestversammlung gegen die industrielle Ausbeutung des Tempelhofer Feldes. In der am Mittwoch abgehaltenen Sitzung der Neuköllner Bezirksversammlung wurde, wie von uns ausführlich berichtet, bereits einmütig gegen den Plan Stellung genommen, das Tempelhofer Feld zu Industriezwecken aufzuteilen. Es besteht die Absicht, selbst den an Neukölln grenzenden grünen Streifen zu beseitigen. Dieser Plan muß vereitelt werden. Neukölln darf nicht ringsum von Industrien eingeschnürt werden, man muß seiner Einwohnerschaft wenigstens eine freie Stelle lassen, wo sie nach schwerer Wochenarbeit des Sonntags notdürftig Erholung finden kann. Um dem einstimmig gefaßten Widerspruch der Bezirksversammlung noch besonderen Nachdruck zu verleihen, ist es deshalb notwendig, daß auch von seiten der Bevölkerung ein flammender Protest gegen den Raub der Erholungsstätte erhoben wird. Alle Interessenten werden deshalb … aufgefordert, zu einer Protestversammlung zu kommen, die am Dienstag … stattfindet. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Beton bedroht Boden

Bedrohte Landwirtschaft nicht nur in Berlin

Nicht nur politisch ist Berlin Stadt und Land zugleich. Westberlin zählte 1960 circa 200 Bauern, die ein Viertel der Stadtfläche bewirtschafteten, noch von ihren Erträgen lebten und die geteilte Stadt versorgten. Das ist lange vorbei. Zu viele der innerstädtischen, landwirtschaftlich genutzten Flächen fielen überwiegend dem Wohnungsbau zum Opfer und zwang deshalb viele Berliner Bauern, aufzugeben.

Bauer Mette auf seinem Hof.     Foto: rr

Werner Mette, ein diplomierter Landwirtschaftsmeister aus dem Neuköllner Ortsteil Buckow, lebt dagegen heute noch nur von der Landwirtschaft und gehört zu den letzten fünf Berliner Bauern. Dieser echte »Dinosaurier«, wie der SPD Politiker Raed Saleh ihn erst kürzlich liebevoll nannte, wirtschaftet in fünfter Generation auf dem Hof am Buckower Damm 205, den Karl Rohrbeck, sein Ur-Ur-Ur-Großvater 1870 am Rande des Dorfes Buckow baute. Beton bedroht Boden weiterlesen

Lebendige Mietergenossenschaft

Gastautorin Gabriele Schmitz stellt vielfältige Angebote auf dem Kindl-Gelände vor

Vielleicht haben Sie sich auch schon gefragt, was für Menschen wohl in den fünfstöckigen Holzneubau oberhalb der Treppe am Ende der Neckarstraße eingezogen sind.
Auf dem Gelände dürfen, laut Baurecht, keine Wohnungen gebaut werden, zeitweiliges Wohnen ist jedoch erlaubt. So entstand die Idee zu einer Mietergenossenschaft, die Raum für betreutes Wohnen, soziale Beratung, Gesundheitsversorgung und dem Kiez verbundenes Gewerbe bietet. Zur Startergruppe – »Gesundheitskollektiv«, »Wildwasser e.V.«, »Schwulenberatung Berlin GmbH« und der »HotelPension Karibuni« – kamen seit 2016 weitere Mitglieder dazu: »Jakus« und »Jugendwohnen im Kiez« mit betreutem Wohnen für Familien, der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg KdÖR mit den drei Projekten »Pflegestützpunkt Neukölln«, »Seniorenberatung i.A. des Bezirks­amtes Neukölln« und »Drehscheibe Alter«, eine Ergotherapie-Praxis und ein Kollektiv für gewerkschaftliche und politische Kampagnen. Lebendige Mietergenossenschaft weiterlesen

Time-out im Kiez auf die britische Art

Fish & Chips, Currys, Cocktails, Pub Quiz and more gibt’s auch hier

Die Briten wollten ja nun weg von uns Nicht-Insel-Europäern – naja, zumindest raus aus der EU. Dann vergnügen wir uns halt hier bei uns auf ihre Art. Und dafür gibt es einige gute Gelegenheiten.

Session im »Gift«.    Foto: hlb

Die Manchester- und Dackel-Kneipe »Posh Teckel« ist ja bereits bekannt aus Presse, Funk und Fernsehen für seine Liebe zum Brit-Pop, für Partys, Konzerte, Pub Quizes, Dackelpommes oder spontane Aktionen und immer mal einen Besuch wert.
Die Misters O‘Reilly und Knight haben mit ihren »Crazy Bastard«-Chilisaucen zu Recht schon einige Preise eingeheimst. Ihr scharfer Shop in der Weserstraße ist mittlerweile zur Restaurantbar geworden und serviert als »Crazy Bastard Kitchen« wöchentlich wechselnde Menüs mit Typischem aus der ganzen Welt – zu denen sich frei und reichlich an den hauseigenen Zungenbrenner-Saucen bedienen lässt. In den Fish & Chip-Wochen kommt der englische Klassiker auf den Tisch: Kabeljaufilet im Bierteig mit Erbsenpüree, Remoulade und Pommes mit Salz und Malzessig – das Ganze auch vegan als Vish & Chips mit Bananenblüte. Time-out im Kiez auf die britische Art weiterlesen

180° mit Ausblick

Nicht nur Süßes am Tempelhofer Feld

Mitten in der Pandemie des vergangenen Juli wagte Sarah Klausen in der Oderstraße 52 ihr eigenes Café zu eröffnen. Es ist auch Bistro und Apero, da sie neben Spitzenpatisserien aus eigener Manufaktur auch täglich wechselnde, vegetarische »salzige Kleinigkeiten« im Stile »Mediterraner Tapas« als Tagesgerichte anbietet.
Das »180°« liegt am Tempelhofer Feld nahe des Haupteingangs Herrfurthstraße.

Sarah und die Mitstreiterin in ihrem Reich.    Foto: rr

Als ihr Vater die stark renovierungsbedürftigen Räume vom ehemaligen »Palsta« sah, riet er nur wegen dieser Lage ab. Er fürchtete, dass es die Mehrzahl der Besucher nur zum Feld zieht, ohne ihr Café zu beachten. Die eigenwillig resolute Tochter hörte nicht. Sie vertraute der hippen Lage sowie der Zugkraft ihres Angebots, das funktioniert. Sie nannte es »180°«, als Reminiszenz an ihre gängigste Backtemperatur und auch, weil hier ein 180° Blick aufs Tempelhofer Feld möglich ist. Bei schönem Wetter können beim Apero die Gäste zusätzlich eindrucksvolle Sonnenuntergänge genießen. 180° mit Ausblick weiterlesen

Neuköllner Kunstpreis 2022

Dachil Sado gewinnt den ersten Preis

Auch in diesem Jahr haben sich wieder rund 170 Neuköllner Künstler beworben, um den begehrten »Neuköllner Kunstpreis« zu ergattern. Sieben von ihnen wurden von einer fünfköpfigen Fachjury für den mit insgesamt 6.000 Euro dotierten Kunstpreis nominiert. Ihre Arbeiten sind noch bis zum 24. April in der »Galerie im Saalbau« zu sehen.

Siegerobjekt.     Foto: mr

Der Preis, der vom »Kulturnetzwerk Neukölln e.V.« und dem Fachbereich Kultur des Bezirks–amtes Neukölln ausgelobt und finanziell durch die »Stadt und Land Wohnbauten-Gesellschaft mbH« unterstützt wird, sei zu einem wichtigen Anerkennungspreis der Neuköllner Kunst­szene geworden, mit dem der Bezirk zeige, dass er die Arbeit der in Neukölln lebenden Künstler wertschätze, sagte Kulturstadträtin Karin Korte bei der Preisverleihung am 14. Februar im Heimathafen. Bevor die drei Preisträger bekannt gegeben wurden, gedachten die Anwesenden in einer Schweigeminute der kürzlich verstorbenen Kulturamtsleiterin Katharina Bieler, die den Preis vor sechs Jahren ins Leben gerufen hatte. Neuköllner Kunstpreis 2022 weiterlesen

Kunst in Hangars

Ausstellung führt zu Aufregungen

Im Januar wurde im RBB eine Kunstausstellung angekündigt. In einer großen Halle standen meterhohe Stahlsäulen hintereinander aufgereiht. Die letzte wurde angestoßen, und alle Säulen fielen nacheinander wie beim Domino mit viel Gepolter zu Boden. Faszinierend!
Die Ausstellung Bernar Venet findet bis zum 30. Mai in den Hangars 2 und 3 des ehemaligen Flughafens Tempelhof statt.

Foto: emp

Das Schaffen des inzwischen 80-jährigen Künstlers wird in einer Retrospektive gewürdigt. Insgesamt 150 Objekte wurden mit 50 LKWs nach Berlin transportiert. Kunst in Hangars weiterlesen

Professioneller Zerstörer des Status Quo

Anton Laiko im »Kunstraum Reuter«

Der russische Künstler Anton Laiko nutzt den kleinen Raum in der Reuterstraße 82 erstmals als politische Plattform für Aktionen und Interaktionen. Der »Kunstraum Reuter« wird zur offenen Begegnungsstätte mit zeitgenössischer Kunst, für Diskussionen um Fragen wie: WAS KANN KUNST? Inspiriert durch Künstler wie Damien Hirst, Marcel Duschamp oder Lucio Fontana arbeitet Laiko mit Installationen und Bilderserien, die ihresgleichen suchen.

Selbstporträt.      Foto: sl

Der ehemalige »Tacheles«-Künstler mischt helle, leuchtende Farben mit einer Düsternis, die jeden in einen magischen Bann zieht. Anton Laiko ist Jahrgang 1962 und wurde in Moskau geboren. Der Schüler von Maxim Kantor kam 1989 nach Berlin. Hier wurde er Teil der Künstlergruppe »Neue Moskauer Schule AG«. Von Berlin ging er zunächst nach Düsseldorf und studierte dort an der Kunstakademie als Schüler von Günther Uecker. Aus dieser Zeit stammt seine Installation »green fashism«, die, damals einen politischen Skandal zur Folge hatte und ein Verbot der Ausstellung nach sich zog. Die Werke Laikos provozieren. Professioneller Zerstörer des Status Quo weiterlesen

Rosa Luxenburg

Oder der Preis der Freiheit

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Jörn Schütrumpf hat bei »Dietz Berlin« unter diesem Titel ein 190 Seiten starkes Kompendium herausgegeben. Dabei entfallen sechzig Seiten auf zentrale ausgewählte Beiträge Rosa Luxemburgs, nachdem zuvor der geschichtliche Hintergrund, die Zusammenhänge in der Politik der Arbeiterbewegung und dem Wirken Rosa Luxemburgs hergestellt werden. Ein umfangreicher Kernpunkt ist die Analyse der revolutionären Situation, die in der zweiten Hälfte des Ersten Weltkrieges entsteht und in Russland zur erfolgreichen sozialistischen Oktoberrevolution und in Deutschland zur Weimarer Republik führt. Die lange Schrift Luxemburgs »Zur russischen Revolution« bildet den inhaltlichen Abschluss. Rosa Luxenburg weiterlesen

Unaufhaltsam abwärts?

Der »SV Tasmania« stößt in der Regionalliga an seine Grenzen

 

Der sportliche Abwärts­trend war in jeder Hinsicht erkennbar: Elf Spiele ohne Sieg, dabei nur zwei Unentschieden und nur in einer dieser Partien überhaupt ins Tor des Gegners getroffen. So rutschte der »SV Tasmania« nach dem rückblickend so noch viel sensationeller anmutenden 2:1-Sieg gegen »Energie Cottbus« Ende Oktober von Platz 14 der Regionalliga Nordost mit seither nur zwei geholten Zählern mittlerweile auf den 19. (und damit vorletzten) Rang ab – und ist aktuell wohl der heißeste Abstiegskandidat.

Widrige Umstände.          Foto: Hagen Nickelé

Von Beginn an war dabei zwar klar, dass der Klassenerhalt mit den »Feierabendfußballern« ganz schwierig werden würde: Trainer Abu Njie hatte dazu vor der Spielzeit den Vergleich des Schlauchboots auf dem Ozean gewählt. Unaufhaltsam abwärts? weiterlesen

Basteln mit Rolf

Stehaufmännchen

Die aktuelle Lage in Politik- und auch der Pandemie erheitert vielleicht ein Stehaufmännchen.
Das Material sollte sich in jedem Haushalt finden: ein Schraubdeckel einer Wein- oder Ölflasche, etwas weißer Malkarton, Buntstifte, oder anderes Malzeug, eine Schere, etwas Heißkleber, 1-2 Muttern mit 6-8mm Gewinde (oder ein anderes Gewicht) und natürlich auch etwas Lust zum Pfrie­meln.
Zentrales Element dieses Stehaufmännchens ist der Schraubdeckel. Mit ihm wird anfangs auf den Karton ein Kreis gemalt. Damit wird später die offenen Deckelseite geschlossen und ist gleichzeitig die Basis einer x-beliebigen Figur darüber, auch ein Tier. Das wird sorgfältig ausgeschnitten. Innen auf das Deckelgewinde wird mit Heißkleber (s. Bild re. unten) hochkant eine Mutter geklebt (bei zwei, die hintereinander). Der tiefe Schwerpunkt sorgt immer dafür, dass sich bei jeder Rollbewegung der Deckel stets mit dem Gewicht nach unten ausrichtet. Auf die offene Seite wird unsere bemalte Figur so geklebt, dass sie sich senkrecht über dem Gewicht befindet. Alles!

rolf@kuk-nk.de bei Hilfe.
rr

Petras Tagebuch

Vorsatz für das neue Jahr

Nach dem letzten doch recht anstrengenden Jahr habe ich mir für 2022 vorgenommen, einen richtigen Urlaub zu machen. Ausgeschlossen sollte der Besuch bei Verwandten sein. Solche Urlaube sind zwar auch schön, ich halte sie doch gerne kurz.
Die Idee war, in Helsinki mit dem Fahrrad zu starten und entlang dem Finnischen Meerbusen nach St. Petersburg zu fah­ren. Ich war noch nie in St. Petersburg und wollte diesen Ort in diesem Leben noch unbedingt sehen. Von dort sollte es bis in die Estnische Hauptstadt Tallin gehen, wo ich zwar schon war, die ich mir aber sehr gerne nochmal anschauen würde. weiterlesen