Rückkehr der Roulade

Neue solide Küchen im Reuterkiez

Burger, Pizza, Döner, Gyros, Shakshuka, Bibimbab, Ceviche, Austern, Sushi, Veganes aller Art und ach so vieles mehr – der Reuterkiez ist reich an weltweit bekannten und beliebten Spezialitäten und deren Rezepten, Zubereitungen und Darreichungen. Doch auch die traditionell deutsche Küche setzt wieder erfreuliche neue Zeichen.

RIND von Frieda.     Foto: hlb

Wer sich als Alteingesessener nostalgisch an das »Nansen« oder die erste »Kantina von Hugo« mit ihrer spannenden Kombi aus lokalen Klassikern und kreativer Kochneugier erinnert (in den Nullerjahren war‘s), dem kommt »Frieda Schlamassel« entgegen. Die Anfang Februar eröffnete Ablegerin und gewollte wie gefühlte Schwester des »Peter Schlehmil« am Kreuzberger Chamissoplatz serviert Rindscurrywurst, Käsespätzle, Serviettenknödel, bis hin zu Rinderroulade mit Kartoffelstampf (mit etwas Schale, das Beste sitzt unter der Haut!) und gebratenem Rotkohl – und mit schönen Soßen, Charme und Gastroleidenschaft. Abseits der festen Karte lassen sich auch mal Gulasch oder Lammragout erhaschen.
Bewahrt wurde die unaufgeregte, holzmöbelig-wirtshausige Atmosphäre des Stuck-Altbau-Raums in der oberen Friedelstraße, wo es sich mit Augustiner vom Fass oder 02er-Weinen schon ab spätem Nachmittag gut gutgehen lässt. Das »Vegan Wellington« (16 Euro) mit einer Rote-Beete-Karotten-Sellerie-Masse in Blätterteig steht für die trendsensibel offene Suche nach zukunftstauglichen europäischen Braten- und Stammmahlzeiten.
Frisch gebratene Hascheépflanzerl heißen im »Das Hoven« schlicht Frikadellen und kommen zu dritt mit muskatigem Kartoffelstampf und Gurkensalat mittags und abends auf den Tisch. Das lichte Caférestaurant im einstigen »Lagari« verbindet breites Frühstücks-, Mittags- und Abendangebot mit Qualitätsanspruch, offener Freundlichkeit und geschmackvoller Einrichtung. Selbst gebackenes Brot und Brioche, Eier gerührt oder im Glas, Croques und Pfannkuchen mit variantenreichen Extras sind solide Starter in den Tag. Pasta, etwa mit Walnusspesto oder veganer Bolognese, Risotto, Gerichte mit gebackenem Fenchel oder Chicoree, kohlgefüllte Paprika oder Stangenbrokkoli schmecken ab mittags unkompliziert und fleischlos. Doch auch Hähnchenschnitzel in Champignonrahmsoße, Kartoffelpüree und Apfel-Rote-Beete Salat (17,80 Euro) oder Schweinefilet an Maronensoße mit Kartoffelgratin und Bohnen werden hier als unvergängliche Carnivorenfavoriten zeitlos gut gemacht. Flüssig wird ein mehr als ausreichendes Kaffee-, Tee-, Saft-, Bubbles-, Wein- bis Schnaps­programm geboten, selbst Starnberger Helles kommt vom Bierhahn.
Dass der seit rund zehn Monaten durchwegs in die Ecke Pflüger-/Nansentraße leuch­tende »Queer and Friends«- Neonschriftzug über dem Tresen intolerante Mitmenschen schon mehrfach zu Gewalt gegen Lokal und Mitarbeitende provoziert hat, macht Nachbarn und Freunde ebenso wie den gastroerfahrenen Besitzer Danjel Zarte, der nebenan auch noch die Homobar »Kleine Freiheit« (zuletzt »Palermo Bar«) betreibt, ärgerlich und sauer. Das hat »Das Hoven«, das das ganze, klassisch durchmischte, Diskriminierungen überwindende Nordneukölln-Publikum nur gut bewirten will, nicht verdient.
Zwei kulinarisch herzlich willkommene Lokalitäten, die die hiesige Weltküche mit lustvoll bodenständiger kulinarischer Erdung bereichern.

hlb
Frieda Schlamassel, Friedelstr. 31, mi – so 17 – 23 Uhr, www.frieda-schlamassel.de
Das Hoven, Pflügerstr. 19, So/Mo 9 – 16, Di – Sa 9 – 22:30 Uhr, www.dashoven.de