Serie rechter Gewalt geht weiter

Am 28. Januar demonstrierten viele Bürger in der Hufeisensiedlung gegen Rechts.                 Foto: rr

Brandstiftungen, eingeschlagene Scheiben und Schmierereien

Die Serie rechter Gewalt in Neukölln reißt nicht ab. In der Nacht auf den 23. Januar wurde das Auto des Rudower Buchhändlers Heinz Ostermann bis zum Totalschaden niedergebrannt. In derselben Nacht brannte auch das Auto des IG-Metall-Gewerkschafters und Antifaschisten Detlef Fendt, und nur ein paar Tage zuvor, am 14. Januar, wurde ein Brandsatz im Auto von Mirjam Blumenthal, für die SPD in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und Gruppenleiterin der Falken, gelegt.
Das sind nur die neuesten Anschläge, nachdem bereits im Oktober das Auto der Geschäftsführerin des »Anton-Schmaus-Hauses« brannte und der Dezember ein Monat der Brandanschläge und Schmierereien war. Im linkspolitisch aktiven Café »k-fetisch« wurde ein Brandsatz gelegt, die Fenster von Privatwohnungen, in denen linke Aktivisten vermutet wurden, wurden eingeworfen, Antirassistische Plakate der evangelischen Kirche wurden zerstört, und an sechs Häusern in Neukölln wurden mit roter Sprühfarbe die Namen darin wohnender linker Aktivisten und Beleidigungen geschmiert. Serie rechter Gewalt geht weiter weiterlesen

Pro Dialog

Rechte Gewalt gegen politisch anders Denkende ist nichts Neues und nichts Schönes. Ebenso verhält es sich mit der linken Gewalt. Beide Seiten bedienen sich der gleichen Instrumente und begehen Sachbeschädigungen oder greifen gar Personen an. Hier nutzt keiner den Dialog, da soll nur noch zerstört und beleidigt werden. Zeichen setzen, so heißt das wohl in diesen Kreisen.
Eigentlich sollen Demokraten Zeichen setzen. Das tun sie in Form von Demonstrationen und Diskussionen. Die Extremen sind da nicht dabei und wenn doch, dann bestimmt nicht, um zu diskutieren, sondern um zu blockieren.
Durch ihr Verhalten ändern die Gewalttäter rein gar nichts, außer dass sie bei dem Einen Angst und Entsetzen und bei dem Anderen Schadenfreude hervorrufen. Ändern können sie so nichts und es ist die Aufgabe der Demokraten, sich weiterhin angstfrei zu engagieren.

Petra Roß

Neuköllner Bezirksamt ist komplett

AfD-Stadtrat wurde mit knapper Mehrheit gewählt

Das Neuköllner Bezirksamt. v.l.:Eberenz, Liecke, Giffey, Rrämer, Biedermann.                           Foto:mr

Seit dem 25. Januar stellt die AfD auch in Neukölln einen Stadtrat. Nach zwei gescheiterten Durchgängen wählte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im dritten Wahlgang Bernward Eberenz zum Stadtrat für die Abteilung Umwelt und Natur. Er erhielt 17 Ja-Stimmen und 16 Nein-Stimmen bei 13 Enthaltungen und sechs ungültigen Stimmen. Damit ist das Bezirksamt komplett.
Zwischenzeitlich hatte Jörg Kapitän, Fraktionsvorsitzender der AfD für Unmut gesorgt. Nach dem zweiten Wahlgang bot er an, man könne über die Konsensliste reden, sobald der Kandidat gewählt sei. Politik sei schließlich ein Geben und Nehmen. Neuköllner Bezirksamt ist komplett weiterlesen

Grob gefährlich

Die Feinstaubbelastung in Neukölln ist gesunken, aber immer noch zu hoch

»Die dreckigste Straße Deutschlands« — so wurde die Silbersteinstraße in den letzten Jahren wenig rühmlich von überregionalen Medien betitelt. Im letzten Jahr wurde dort der Grenzwert für Feinstaub an 14 Tagen überschritten, was unter den zulässigen 35 Tagen liegt und eine Verbesserung zu den Vorjahren darstellt. Auch die Karl-Marx-Straße landet regelmäßig unter den Top Ten der schmutzigsten Straßen Berlins. Dort kam es 2016 zu 18 Grenzwertüberschreitungen. Dass sich die Werte verbessert haben, liege laut der Senatsverwaltung für Umwelt, Klima und Verkehrsschutz auch an günstigen Wetterbedingungen. Es bleibe also weiterhin Handlungsbedarf. Grob gefährlich weiterlesen

Erweiterung des Milieuschutzes im Bezirk Neukölln

Voruntersuchungen für neue Gebiete sind im Gange

In Neukölln wurden im vergangenen Jahr fünf Milieuschutzgebiete festgesetzt. In diesen Gebieten besteht ein besonderer Genehmigungsvorbehalt für Modernisierungsmaßnahmen an Wohngebäuden, um sogenannte Luxusmodernisierungen zu verhindern und kostengünstigen Wohnraum zu erhalten.
Um ein solches Gebiet rechtssicher festlegen zu können, müssen Voruntersuchungen erfolgen, ob die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Voruntersuchungen haben nun für zwei weitere Gebiete, Hertzbergplatz/Treptower Straße und Silbersteinstraße/Glasower Straße, begonnen. Erweiterung des Milieuschutzes im Bezirk Neukölln weiterlesen

Wer wählt, wer kann gewählt werden?

Die Parteien ermitteln ihre Wahlkreiskandidaten für die Bundestagswahl 2017

Nicht nur die Kiez und Kneipe bereitet sich auf die Bundestagswahl im September vor, auch die Parteien müssen sich Gedanken machen, wer für sie ins Rennen gehen soll. Aber wie wird ein Bundestagskandidat eigentlich zum Bundestagskandidaten? Wenn alle nur auf die eigentliche Bundestagswahl schauen, bleibt diese wichtige Frage weithin unbeachtet. Die Sprecher der größeren in Neukölln vertretenen Parteien erklären, wie in ihrer eigenen Partei die Wahlkreiskandidaten ermittelt werden. Wer wählt, wer kann gewählt werden? weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 31 – Mittwoch, 7. Februar
»Keine Ereignisse von Bedeutung.« Wenn von den verschiedenen Kriegsschauplätzen in den letzten Tagen gemeldet wurde »Keine Ereignisse von Bedeutung«, so hat indessen doch nirgends der Kampf auch nur eine Sekunde gestockt. Auf der gesamten 2000 Kilometer langen Front in Belgien, Frankreich, Rußland, Rumänien und Mazedonien stehen in den Gräben=Labyrinthen die Truppen zu jeder Stunde des Tages und der Nacht am Gewehr, stets bereit, jeden Versuch des belagerten Feindes, den Gürtel der Belagerer zu sprengen, zurückzuweisen. Die Beobachter der Artillerie und Minenwerfer stehen Tag und Nacht auf ihren Posten. Die Batterien, verborgen in Wäldern, in Schnee und Eis versunken, sind jede Minute feuerbereit. An Hunderten von Abschnitten kommt es zu Artilleriekämpfen, Feuerüberfällen und heftigen Kanonaden, die Zähigkeit und Pflichttreue verlangen, auch blutige Opfer fordern. In der Nacht schieben sich Patrouillen vor die Drahtverhaue, kauern die Horchposten in Sappenköpfen und Granattrichtern und vollbringen stille Heldentaten, die nieman kennt. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Ayla bleibt

Neuer Innensenator entscheidet für das Neuköllner Mädchen

Ayla ist sieben Jahre alt, wurde in Neukölln geboren, besucht eine Neuköllner Grundschule und ist dort Klassensprecherin und Klassenbeste. Ihr Vater hatte bei seiner Einreise aus Aserbeidschan nach Deutschland vor 17 Jahren aus Angst vor Abschiebung falsche Angaben gemacht. Mitte 2016 flog die Schwindelei auf und die Familie sollte abgeschoben werden.
Neuköllner Stadträte, Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey und die Schule setzten sich für die Aufhebung der Abschiebung ein, jedoch lehnte die Berliner Härtefallkommission unter Leitung des früheren Innensenators Frank Henkel (CDU) zweimal ab.
Der neue Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat den Fall wieder aufgegriffen und entschieden, dass die Familie hier bleiben darf.

pr

Die Retter von Rudow

Einsatzbereit in vier Minuten

Wenn es in ländlichen Gebieten oder kleinen Gemeinden brennt, hilft dort immer die Freiwillige Feuerwehr. Was nur wenige wissen, auch in der Millionenstadt Berlin gibt es neben der Berufsfeuerwehr gut organisierte Freiwillige Feuerwehren in allen Bezirken. Ihre rund 1.400 ehrenamtlichen, gut ausgebildeten Mitglieder sind ständig dienstbereit. Die Freiwilligen unterstehen der Berufsfeuerwehr, sind daher gleich gekleidet und ebenso ausgerüstet. Was unterscheidet sie also von den hauptberuflichen Helfern?

Tatü-Tata, wir sind gleich da!                                                                                                                                                Foto: pr

Das erklären Wehrleiter Björn Zirkel von der Freiwilligen Feuerwehr Rudow und Gudrun Nägeler, die Vorsitzende des Fördervereins, der die Wehr unterstützt.
Rudow hat eine lange Ortsgeschichte als märkisches Dorf. Die Eingemeindung in die Großgemeinde Berlin 1920 hat zwar baulich das Dorf Rudow fast verschwinden lassen, verändern konnte das aber den bis heute lebendigen Dorfgemeinschaftscharakter kaum. Wohl deshalb gibt es noch immer die 1904 gegründete Freiwillige Feuerwehr Rudow. In Zeiten der Teilung Deutschlands sollten ursprünglich alle im ehemaligen Westteil Berlins etablierten Freiwilligen Feuerwehren abgewickelt werden. Doch schnell wurde erkannt, dass die Berufsfeuerwehr die an sie gestellten Anforderungen nicht immer ausreichend erfüllen konnte. Die Retter von Rudow weiterlesen

Start-up-Szene Neukölln: bloßer Hype oder große Chance?

Teil 2: Förderfreude weit und breit

Im ersten Teil der Serie ging es um den Eindruck, den die Neuköllner Start-up-Szene auf den ersten Blick vermittelt. Aber welche Fördermöglichkeiten gibt es von Land und Bezirk?
Wie bunt und jung die Neuköllner Gründerszene auch wirken mag, ohne Geld geht auch hier nichts voran. Das weiß auch Clemens Mücke von der Abteilung Wirtschaftsförderung des Bezirksamts Neukölln. Um Start-ups nach Berlin zu holen wird eine Menge getan: Nach dem »Brexit« gab es sogar eine Initiative des Landes Berlin, bei der gezielt Start-ups aus London auf den Wirtschaftsstandort Berlin aufmerksam gemacht werden sollten. Fünf Unternehmen sind dem Ruf schon gefolgt.

Gemeinsam arbeiten für eigene Projekte.Foto: pr

Unterstützt werden die Unternehmensgründer in Neukölln vor allem mit Beratungshilfen, es gibt aber auch die Möglichkeit, Zuschüsse für die Beschaffung von Hardware und Produktionsmitteln, oder auch für Immobilienkäufe zu bekommen. Je nach Einzelfall werden hier bis zu 30 Prozent der Kosten übernommen. Start-up-Szene Neukölln: bloßer Hype oder große Chance? weiterlesen

Goldenes Wohnen

Sinnliche Accessoires fürs Zuhause

Jeder sucht ab und zu nach etwas neuem für seine vier Wände – sei es eine Inspiration, ein Farbwechsel oder einfach ein neues Blümchen für den Balkon. Farbe im herkömmlichen Sinne gibt es im »Golden« zwar nicht, dafür gibt es unter anderem schöne Wohnaccessoires und Pflanzen.

Wohlfühlen in der Sonnenallee.                                                                                                                                          Foto: pr

Margret und Gisa Schleef sind Mutter und Tochter, die das Projekt »Golden« in der Sonnenallee 64 im November 2016 gestartet haben. Für Margret Schleef, die das Pflanzengeschäft »Blattgold« in der Weserstraße leitet, ist es quasi der zweite Laden. Im Vordergrund des »Golden« steht jedoch zum großen Teil ihre Tochter. Goldenes Wohnen weiterlesen

Die kleinen Kneipen in unseren Straßen

Klatsch und Kippen bei Molle und Schnäpperken

Sie trotzen gelassen den gastronomischen Trends und Experimenten: die Alt-Berliner Kneipen, wo noch ohne schlechtes Gewissen geraucht und gesoffen und auch mal lautstarker Lebensfreude wie Sentimentalität Ausdruck verliehen und dem Klatschbedürfnis wie der Spiel- und Sportleidenschaft gefrönt werden darf. Zum Glück halten sich auch im Reuterkiez einige dieser Institutionen wacker.

KIEZKULTURERBE »Herthaner«.                                                                                                                                    Foto: hlb

Im »Wesereck«, den »Lenau-Stuben« oder der »Oase« zählen Ehrlichkeit, Echtheit und gepflegte, günstige Getränke statt Hipness und Hype.
»Die Oase macht den Kiez aus«, meint Mittsech­zigerin Bärbel, die gern für ihre blonde Chefin Rosi Höpfner am Tresen einspringt – »Hier kennen sich alle.« Und wer hier noch keinen kennt, wird beim Bedienen der Jukebox, beim Billardspielen oder an einem der Bierfasstische schnell eingemeindet. Natürlich hilft man sich auch untereinander, mit Rat sowieso, beim Umziehen auch mit Tat. Gute Nachbarschaft eben. Bei DAB und Warsteiner erfreuen sich spätabends auch zunehmend jüngere Leute am speziellen, über Jahrzehnte gereiften Flair. Die kleinen Kneipen in unseren Straßen weiterlesen

Tante Poppi kocht im KINDL

Griechisches Kafenion »König Otto« überzeugt fleischlos

Griechische Spezialitäten zwischen Sudpfannen.                                                                                                 Foto: pr

Die Geschichte des bay­erischen Königs Otto I. ist in Griechenland bekannter als in Deutschland. Hierzulande kennt kaum einer den Sohn von König Ludwig I., der von seinem Vater, einem glühenden Verehrer der antiken griechischen Kultur und Dichtkunst, 1832 nach Griechenland geschickt wurde, um das griechische Volk, das kurz vorher seine Unabhängigkeit erlangt hatte, zu regieren. Er brachte den Griechen einige der prachtvollsten Bauwerke in Athen – und das Bier, gebraut nach dem bayerischen Reinheitsgebot.
»Also ein perfekter Name für dieses Café«, meint Nikoletta Bousdoukou, die Wirtin des »König Otto«. »Er passt zu dem Monumentalen des Sudhauses wie zum Ambiente der ehemaligen Brauerei.« Sie ist froh, dass es nun endlich losgegangen ist. Tante Poppi kocht im KINDL weiterlesen

Doppelt warme Herzen

Lesung und Anekdoten in der Aussegnungshalle

Mit den Räumlichkeiten des Bestattungs- und Fuhrunternehmens »Gustav Schöne OHG«, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Buchhandlung »Die gute Seite« befinden, haben die beiden Betreiberinnen einen idealen Platz für ihre Veranstaltungen gefunden. Die große Feierhalle »Rixdorf« wird normalerweise für Trauerfeiern genutzt. Zuletzt wurde Roman Herzog hier verabschiedet, bevor seine sterblichen Überreste an seine letzte Ruhestätte nach Westdeutschland überführt wurden.

Zwei Autoren und eine Buchhändlerin.                                                                                                                         Foto: rb

Der bestuhlte Raum, der Platz für 80 Personen bietet, verfügt über eine so gute Raumakkustik, dass die Vortragenden auf ein Mikrofon verzichten können, ohne ihre Stimmen übermäßig strapazieren zu müssen. So bleibt auch bei einer gut besuchten Lesung eine gewisse Nähe zwischen Vorlesern und Zuhörern erhalten, die eine zwanglose und spontane Interaktion zu jeder Zeit ermöglicht. Doppelt warme Herzen weiterlesen

Eisladies gegen Berliner Bären

Eishockey für einen guten Zweck

Frauen erobern zunehmend männliche Domänen. Auch in einer etwas härteren Sportart wie Eishockey können sie sich mittlerweile behaupten.
Beim Benefiz-Eishockeyspiel am 7. Januar im Eisstadion Neukölln trafen die Eisladies Berlin des seit 1890 bestehenden Mehrspartenclubs OSC (Olympischer Sport-Club) Berlin auf die Herrenmannschaft des ERSC Berliner Bären.

Jan-Christopher Rämer bei seiner alten Leidenschaft.                                                                         Foto: pr

Laut Reglement dürfen Frauen nur in der Halle spielen. Das gilt allerdings nicht bei Benefizspielen. Bei heftigem Schneetreiben, eisiger Kälte und unter freiem Himmel lieferten sich die OSC Eisladies Berlin mit ihren Kontrahenten packende Spielszenen, mussten sich aber schließlich 2:10 gegen die Berliner Bären geschlagen geben. Der 6:1-Rückstand im ersten Drittel war nicht mehr aufzuholen. Eisladies gegen Berliner Bären weiterlesen

Frivole Fledermaus

In der Neuköllner Oper wird belogen und betrogen

Ein lustvoller Ball.                                                                                                                                                                          Foto: pr

Schon bei der Ouvertüre wird ausgiebig und lustvoll gestöhnt, und damit wird vom ersten Moment an klar, worum es an diesem Abend in der Neuköllner Oper geht – um Sex und um Lügen. In der »Fledermaus«, einem musikalischen Lustspiel nach Johann Strauß, das am 26. Januar Premiere hatte, belügt und betrügt jeder jeden.
Die Geschichte dreht sich um einen Mann, der ins Gefängnis muss, sich aber vorher ohne seine Frau auf der Orgie eines Prinzen austoben will. Derweil vergnügt sich die Gattin zuhause mit ihrem Liebhaber. Auch sie erscheint schließlich auf dem Fest, wo sie ihren Mann erkennt, der sie aber nicht. Sogar die Kammerzofe darf unter einem schlechten Vorwand mit. Und so erfährt jeder, dass er dem anderen nicht trauen kann. »Dein Mann gibt dem Begriff Lüge eine ganz neue Bedeutung«, heißt es an einer Stelle. Frivole Fledermaus weiterlesen

Timo, der Gedichtemann

Lyrik macht das Leben schöner

Timo rezitiert.                                                                      Foto: jt

Seit fast 20 Jahren bereichert Timo den Alltag von Menschen in ganz Berlin mit seinen Gedichten. Er lebt in Neukölln, weil das seiner Meinung nach die beste Wohnlage ist, und macht jeden Tag die gleiche Runde durch Berlin, weil er »eine wissenschaftliche Affinität zum Immergleichen« pflegt. Er spricht Menschen an, fragt sie, ob sie nicht gerne »eine kleine Alltagsbereicherung« hätten und rezitiert selbstverfasste Gedichte, die Momentaufnahmen von Sinneseindrücken sind. Farbe und alles was die Sinne stimuliert ist für Timo von Bedeutung. Er wünscht, die Menschen würden erkennen, wie viele Möglichkeiten die Erde bietet, um die Sinne zu anzuregen. Seine Gedichte sollen dabei helfen und als »Alltagsunterhaltungssymphonie« die Menschen dazu anregen, sich frei zu entfalten.
Fast jeder, der in Neukölln wohnt, ist Timo schon einmal über den Weg gelaufen, doch fast keiner weiß, dass hinter dem ungezwungenen Mann mit seinen Gedichten ein ganzes philosophisches Konzept steckt. Mit Kiez und Kneipe spricht Timo über seine Gedichte, seine Lebensphilosophie und seinen Wunsch nach mehr Sinnesunterhaltung im Alltag.

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Draußen trist – drinnen bunt

Galerie im Körnerpark lädt zum »Lustwandeln«

Arabeske.                                                                                                                                                                                           Foto: mr

Draußen ist es eher trist und grau. In der Galerie im Körnerpark dagegen explodieren die Farben. Sattes Gelb, leuchtendes Rot oder knalliges Pink springen den Besucher geradezu an. Draußen trist – drinnen bunt weiterlesen

Guter Geschmack im »Peppi Guggenheim«

Heimstatt für den Jazznachwuchs

Sie nennen sich »Otollo4«, haben sich in Basel kennen gelernt und touren gerade durch Europa. Am 7. Januar machten die vier jungen Jazzmusiker aus Australien, Frank­reich und Deutschland Station im »Peppi Guggenheim« in der Neuköllner Weichselstraße.

Die Band »Otollo4«                                                                                                                                                                      Foto: pr

Was die Zuhörer geboten bekamen, war mitreißender Jazz vom Feinsten. Eigene originelle Kompositionen mit packenden Rhythmen begeisterten das Publikum. Stilistisch war die Musik nicht leicht einzuordnen, blieb dadurch aber immer spannend. Jedes Stück hatte seinen eigenen Charakter, trotzdem war das Programm homogen. Sogar Punkmusik war beim Stück »Knup« zu hören. Guter Geschmack im »Peppi Guggenheim« weiterlesen

Grenzüberschreitungen

Kaum eine Musikrichtung ist so vielfältig wie die Jazzmusik. Eigene Spielarten, von Dixieland bis zur freien Improvisation, aber auch Einflüsse aus Klassik, Soul, Latin, Pop und Rock bestimmen das weite Feld des Jazz.

»Vorwärts/Rückwärts«.                                                                                                                                    Foto: Verena Eidel

Das Konzert des Trios »Vorwärts/Rückwärts« am 5. Februar nähert sich der klassischen Kammermusik an. Auch die Besetzung – Cello, Kontrabass und Posaune – zeugt davon. Doch im Gegensatz zur Klassik, bei der die Musik auf Noten vorgegeben ist, improvisieren die drei Instrumentalisten – Maike Hilbig am Kontrabass, Johannes Fink am Cello und Gerhard Gschlößl an der Posaune – und sind somit Komponisten und Ausführende zugleich. Dynamik und Klang, das Zuhören und spontane Reagieren auf die Mitmusiker sind die Parameter dieses ungewöhnlichen Ensembles. Grenzüberschreitungen weiterlesen

Rache als Roman

Eine schlaflose Nacht der übelsten Sorte

Der Film »Nocturnal Animals« feierte seine Premiere im September letzten Jahres auf dem Filmfestival in Venedig. Tom Ford, der Regisseur und Drehbuchautor des Films, hat nach seinem Debütfilm »A Single Man« aus dem Jahr 2005 mit »Nocturnal Animals« einen Neo-Noir-Film geschaffen, der in stilistisch bestechenden Bildern eine wunderschöne Fantasie des Grauens schafft. Genauso verstörend wie betörend.

Ford, der eigentlich Mode-Designer ist, schrieb auch das Drehbuch, das auf dem Roman »Tony und Susan« des Schriftstellers Austin Wright basiert. Im Zentrum der Handlung steht Susan, eine unglücklich verheiratete Galeriebesitzerin, die ein ernsthaftes Schlafproblem hat. Richtig düster wird es, als sie per Post das Manuskript für einen Roman ihres Ex-Mannes erhält. Der Roman ist nicht nur ihr gewidmet, sondern scheint auch metaphorisch Parallelen zu ihrer gemeinsamen Vergangenheit aufzuweisen. Edward, der Ex-Mann, bittet Susan, den Roman zu lesen. In einer schlaflosen Nacht beginnt Susan mit der Lektüre, und der Albtraum nimmt seinen Lauf. Rache als Roman weiterlesen

Vermählung statt Vermehlung

Die Windmühlen auf den Bergen Neuköllns

Die zurückweichenden Gletschermassen der letzten Eiszeit ließen »Berge« aus Geschiebemergel und Sand in Berlin und Umgebung zurück. Darauf drehten sich um 1860 noch etwa 150 Windmühlen. Die aufkommende Konkurrenz windunabhängiger Antriebe zwang später fast alle Windmühlenbetriebe zur Aufgabe. So erstaunt, dass noch heute acht Windmühlen in Berlin existieren. Zwei von denen befinden sich an historischer Stelle in Neukölln.

Jungfernmühle.                                                                                                                                                                                Foto: rr

Die Jungfernmühle in der Gropiusstadt, eine achteckige Galerie-Holländer-Kornmühle, ist die älteste noch erhaltene Mühle Berlins. Korn wurde hier noch bis zum Frühjahr 1980 gemahlen, wenn zum Schluss auch nur noch elektrisch. Sie war die letzte Mühle der Stadt, die aus wirtschaftlichen und nicht aus musealen Gründen noch arbeitete. Ihre imposanten Jalousieflügel und das Flügelrad sind leider nur Attrappen. Die Mühle selbst ist nun ein Restaurant und steht, wie alle anderen Mühlen Berlins, unter Denkmalschutz. Vermählung statt Vermehlung weiterlesen

Die Brennnessel

Nach dem Winter kommt die Blutreinigung

Bald wird sie wieder wachsen an Straßenrändern oder in unseren Parks: die Brennnessel (Urtica dioica). Sie ist eine unscheinbare Alleskönnerin. Seit ewigen Zeiten wächst sie schon bei uns, und ihre Brennhaare haben sie vor Ausrottung geschützt.

Alleskönnerin.                                                                                                                                                  Historische Zeichung

Sie wirkt blutreinigend, entwässernd, putzt den gesamten Verdauungstrakt durch und aktiviert die Abwehrkräfte. Sie ist sehr siliziumhaltig, reich an Eisen, Magnesium, Kalium und Kalzium, enthält die Vitamine C (doppelt so viel wie Zitronen), A, B und K. Die Brennnessel weiterlesen

Basteln mit Rolf

Kronkorkenkrabbler

Der Januar hatte schon ein paar recht kalte Tage. Ob diese nur kurze Kältezeit ausreicht, um die Population der Mücken merklich zu reduzieren, darf angezweifelt werden. Ich hoffe dagegen, dass alle Nützlinge gut überwintern können. Meinen »Kronkorkenkäfern« sind die jahreszeitlichen Temperaturschwankungen ohnehin egal.
Die Beine, Fühler und Mundwerkzeuge sind aus normalem Blumendraht gedreht. Die einzig benötig­ten Werkzeuge sind eine Flachzange, ein Seitenschneider, eine feine Ahle und eine Heißklebepistole. Alle sechs Beine habe ich aus einem Stück Draht gedreht. Wem das zu schwierig ist, kann sie auch einzeln herstellen, da später alles sowieso mit Heißkleber unterm Korken verankert wird.
Die Enden des Fühlerpaars sowie die der zwei Mundwerkzeuge werden durch vier kleine, mit einer Ahle gestochene Löcher an der Kopfpartie zur Kronkorkenunterseite hin gesteckt. Auch sie werden mit Kleber fixiert. Die Augen sind Punkte des Heißklebers. Wer keinen schwarzen Klebestick hat, kann ebenso die allgemein gängigen farblosen nehmen. Jeder Kronkorken eignet sich als Käfer-Körper. Wie auf meinem Bild zu sehen ist, unterstützt die Art des Firmenaufdrucks die Illusion von Kopf und Rumpf.

rr

Petras Tagebuch

Das Paket

Die Post oder auch die Firma DHL sind immer wieder eine Quelle des Suchens. Diesmal kann ich noch nicht einmal sagen, welche der beiden Firmen ihren Job nicht richtig gemacht hat.
Am 22. Dezember des vergangenen Jahres lag eine Benachrichtigung über eine Briefsendung in meinem Briefkasten. Der Aufforderung, die Sendung in der Postfiliale in den Neuköllner Arcaden abzuholen, folgte ich. Nach über einer Stunde vorweihnachtlicher Wartezeit erklärte mir die Mitarbeiterin, dass für mich keine Briefsendung eingetroffen sei, sie mich aber anriefe, sobald diese ankomme. Natürlich rief sie mich nicht an. Ich hatte es auch nicht erwartet und habe gut verstanden, dass sie mich ohne Krawallszene loswerden wollte. Petras Tagebuch weiterlesen