Moshe Zimmerman

Mit konstruktivem Pessimismus zur »Zwei Staaten Lösung«

Unter der Eindruck des Pogroms am 7. Oktober 2023 auf israelischem Boden und dem folgenden brutalen Krieg in Gaza schrieb der israelische Historiker Moshe Zimmermann sein aktuelles in diesem Jahr erschienenes Buch »Niemals Frieden? Israel am Scheideweg.«
Moshe Zimmermann ist ein engagierter Vertreter der »Zwei Staaten Lösung« eines unabhängigen Israels und Palästinas. Gleich im Vorwort betont er, dass er bei seiner historischen und aktuellen Analyse wieder zu einer Prognose kommen wird, wenn er auch eine zunehmend pessimistische Sicht hat; doch die darf den Blick nicht trüben. Die Greueltaten der Hamas am 7. Oktober erfolgten nicht im luftleeren Raum, sondern in einem historischen und politischen Zusammenhang.
Er stützt sich in dieser Bestandsaufnahme auf seine langjährigen Forschungen und daraus entstandenen Arbeiten. Als emeritierter Professor der Hebräischen Universität Jerusalem und ehemaliger Direktor des dortigen »Koebner Zentrums für Deutsche Geschichte« genießt er internationale Anerkennung und wird zu Fachtagungen und politischen Veranstaltungen eingeladen, auch als Spezialist für Antisemitismus und Nationalismus. Die Entwicklung der zionistischen Bewegung und der seit 1977 aktiven israelischen Bewegung »Peace Now« wird analytisch geschildert.
Warum schwingt bei Zimmermann Pessimismus mit? Die Antwort ist so einfach wie erschreckend. Beide am Konflikt beteiligten Seiten haben kein Interesse an einer friedlichen Lösung im Rahmen von »Zwei Staaten«. Die radikale Hamas und ihre Verbündeten wollen die Vernichtung Israels, die rechtsradikale zionistische Regierung Netanjahu will »Ganz Israel«, also weitere Siedlungen im Westjordanland. Die Ursachen zeigt der Historiker auf.
Dabei widmet Moshe Zimmermann das ganze vierte Kapitel dem Thema »Israel als deutsche Staatsraison – Wohin mit dem Antisemitismus?«. Gleich zu Anfang zeigt er auf, dass diese »Staatsraison«, wenn sie richtig angewendet wird, auf konsequente diplomatische Lösungen zielen muss, statt zu immer weiteren Waffenlieferungen zu führen. Dabei müsse Deutschland, müsse die EU auch in einen kritischen Dialog mit der israelischen Regierung treten. Lippenbekenntnisse zu einer »Zwei Staaten Lösung« helfen nicht weiter. Doch gerade daran fehlt es immer wieder und diplomatische Verhandlungen kommen nur schwer und bislang ohne Ergebnis zustande.Dennoch macht Moshe Zimmermann erneut konstruktive Vorschläge.
Moshe Zimmermann hat sein aktuelles Buch auf Deutsch geschrieben und greift dadurch direkt in die hiesige Debatte ein. Das faktenreiche Buch hilft bei der Orientierung in einem Konflikt, der seit dem 7.Oktober 2023 »einem Vulkanausbruch« gleiche und ein regionales und weltweites Erdbeben ausgelöst habe.
Zum Schluss sagt der Historiker mit Blick auf friedliche Lösungen, für die er konsequent plädiert: »Es ist sicher leichter gesagt als getan. Es ist vielmehr eine Mammutaufgabe, aber die Alternative würde lauten: Freie Fahrt für weitere 7. Oktober, Afghanistan, Hiroshima. Was ich in diesem Buch anzubieten versuchte, bezeichne ich als konstruktiven Pessimismus.«
th
Moshe Zimmermann, Niemals Frieden? Israel am Scheideweg, Propyläen Berlin, 2024