Kahlschlag bei Jugendhilfe vorerst abgewendet

Mit Sprechchören und Transparenten wurden die Bezirksverordneten empfangen, als sie am Mittwoch zur außerordentlichen BBV Sitzung ins Rathaus kamen. Viele Jugendliche und ihre Betreuer waren gekommen, um lautstark gegen die Einsparungen bei Beratungsstellen, Schulstationen und anderen nicht gesetzlich vorgeschriebenen Angeboten für Jugendliche zu protestieren. Hier zeigte sich das bunte Neukölln. Kinder und Jugendliche mit migrantischem Background kämpften engagiert für ihre Sache, auch mit den Mitteln von Musik und Tanz und ließen sich auch vom Regen nicht abhalten.

Demo gegen Kürzungen bei der Jugendhilfe

Kürzt nicht uns, kürzt euch selbst“, skandierten sie, während im Rathaus über das weitere Schicksal der Jugendhilfe diskutiert wurde. Bezirksbürgermeister Buschkowsky hatte zu Ferienbeginn in Abwesenheit der Sozialstadträtin Gabriele Vonnekold 60 freien Trägern der Jugendhilfe die Kündigung zum 31. September ins Haus geschickt, weil der Etat der Hilfen zur Erziehung um 4,2 Millionen Euro überzogen wurde.

Die Demonstranten wiesen darauf hin, dass Einsparungen bei der Prävention den Bezirk auf Dauer teuer zu stehen kommen könnten, da Einsparungen hier Mehrausgaben bei der Hilfe zur Erziehung bedeuten. Darauf haben die Betroffenen aber einen gesetzlichen Anspruch.

Am Ende beschlossen die Bezirksverordneten, die Kündigungen vorerst wieder rückgängig zu machen, allerdings nur bis zum Jahresende. Das weitere Schicksal dieser Projekte liegt nach der Wahl in den Händen der neuen BVV. Außerdem dürfen 200.000 Euro nicht ausgegeben werden, die bereits fest im Haushalt für Honorarkräfte eingeplant waren. Weitere 1,6 Millionen Euro werden vom Bauamt beigesteuert, was auf Kosten der Sanierung maroder Schultoiletten gehen soll.Die Träger der Jugendprojekte haben damit weiterhin keine Planungssicherheit.

Der Fraktionschef der Grünen, Bernd Szczepanski ließ es sich nicht nehmen, noch mal darauf hinzuweisen, das die 900.000 Euro, die der Bau eines Parkplatzes und das Pflaster im Gutshof Britz verschlungen haben, bei der Jugendhilfe besser aufgehoben gewesen wären.

Same procedure as every year

Bereits im vergangenen Jahr hat der Bürgermeister und Finanzdezernent Heinz Buschkowsky wegen der Haushaltssperre die Verträge der freien Jugendträger gekündigt. Hinterher wurden diese wieder zurückgezogen und die Arbeit konnte fortgesetzt werden. Der Kollateralschaden waren entnervte Mitarbeiter, chaotische Planungen von jetzt auf gleich, eine Beschäftigungstherapie für die BVV, insgesamt viel verschleuderte Energie für nichts.
Obwohl unter der Jugendstadträtin Gabriele Vonnekold  von den Grünen 2010  Einsparungen in noch nie dagewesener Höhe gelangen, wiederholt sich diese Prozedur in diesem Jahr. Der Bürger fragt sich völlig zu Recht, was das soll und fängt an zu mutmaßen.  Vielleicht meint er es gar nicht so und will seine politischen Mitstreiter in Form halten, ein gutes Instrument gegen Langeweile. Oder aber er hat etwas gegen die Grünen, wogegen aber spricht, dass beide Parteien viele gemeinsamen Ziele haben oder gerade deshalb.  Petra Roß

Rasenmäher in der Jugendarbeit

Haushaltssperre verursacht Massenkündigungen bei freien Jugendträgern

Pünktlich zum Ferienstart kam  die Hiobsbotschaft für 60 freie Träger der Jugendhilfe in Neukölln. Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister in Neukölln und durchaus bekannt für seine Bürgernähe sah sich gezwungen, ihnen die Verträge vorerst zu kündigen. Das bedeutet, dass viele Projekte der Jugendarbeit wie Schülerhilfe, Mädchentreffs, Krisenunterstützung ab Oktober entweder gar nicht oder nur noch eingeschränkt weitergeführt werden können.

Heinz BuschkowskiY doziert vor Grundschülern. Foto: fh

Betroffen von dieser Maßnahme sind auch die Schulstationen, die 2001 ihre Arbeit aufgenommen haben. Damals erkannte man die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Sozialpädagogen und Sozialarbeitern, da dadurch Sozialarbeit direkt vor Ort in den Grundschulen stattfinden konnte. Die hohe Akzeptanz bewies, dass diese Maßnahme ein Erfolgsrezept für nachhaltige Jugendarbeit ist. Damit ist es womöglich zunächst vorbei.
Verantwortlich für die Spontankündigung soll die Jugendstadträtin der Grünen Gabriele Vonnekold sein, der zum Vorwurf gemacht wird, ein Defizit von über vier Millionen Euro verschwiegen zu haben. Vonnekold erfuhr von den Kündigungen während ihres Urlaubs, den sie auf der Stelle abbrach, um den Sachverhalt in Berlin zu klären. Tatsächlich hat das Jugendamt bereits am 14. Juni in einer Stellungnahme über das Defizit aufgeklärt. Daraus geht aber auch hervor, das sich aufgrund erheblicher nicht steuerbarer und nicht planbarer Faktoren, wie der Zuzug problembelasteter Großfamilien das Einsparpotential in Grenzen hält. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass die Einsparung präventiv wirkender Mittel, wie die Freizeiteinrichtungen, um deren Kündigung es jetzt geht, sehr kurzsichtig sei, weil damit ein unkontrollierter Anstieg der Hilfen zur Erziehung in den nächsten Jahren verbunden sei. Auch ist es unmöglich, die Kosten der Hilfe zur Erziehung aus Personalmitteln zu finanzieren, da das Jugendamt Neukölln im Vergleich zu anderen Bezirken in der Personalausstattung am unteren Rand liegt. Über diese Stellungnahme wurde in der folgenden BVV diskutiert.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln, Bernd Szczepanski hält die  Kündigungen für eine »verantwortungslose Wahlkampfaktion gegen die grüne Jugendstadträtin«.
Aber noch ist nicht das letzte Wort gesprochen, denn wenn die BVV die Haushaltssperre aufhebt, können die Kündigungen zurückgenommen werden. Unabhängig von der Aufhebung der Haushaltssperre ist für die Arbeit der Jugendträger schon jetzt klar, dass sie teilweise zum Start ins neue Schuljahr alte Projekte neu gestalten und nach neuen Mitarbeitern und Räumen suchen müssen.