Archiv der Kategorie: Kultur

Traumschatullen

Alice Baillaud »en passant« in der Galerie im Saalbau

Die U8 ist mal nicht Drogenumschlagplatz sondern Inspirationsquelle für Kunst. Die flüchtigen Begegnungen im Vorübergehen, anonym und zufällig, im nächsten Augenblick bereits wieder vergessen, haben die in Frankreich geborene Künstlerin Alice Baillaud zu ihren zauberhaft poetischen Kunstwerken inspiriert. »En Passant« heißt daher auch ihre Ausstellung, die noch bis zum 27. August in der Galerie im Saalbau zu sehen ist.

»ein Garten für meine Großmütter«.                                                                                                                              Foto: mr

Die Passanten auf ihren Monotypien erscheinen mal als deutliche Silhouetten, mal als sich auflösende Schatten, verblassende Erinnerungen, verschwindende Eindrücke. Die »Passante«, die sich zwischen den Figuren bewegt, ist die schwangere Künstlerin. Traumschatullen weiterlesen

Heimaten

Chor der Kulturen der Welt

Das Thema Heimat tragen wohl alle Menschen in sich – sei es, sie sind tief verwurzelt, haben sie verloren oder erfinden sie möglicherweise gerade für sich neu. Mit »Heimaten« beschäftigte sich der »Chor der Kulturen der Welt« in einem Konzertprogramm in der Martin-Luther-Kirche in Neukölln am 17. Juni.

Auch eine Heimat.                                                                                                                                      Foto: Mara v. Kummer

Die etwa 30 Chormitglieder kommen aus allen Teilen der Welt und haben im Vorfeld viel über Heimat diskutiert. Gibt es diese überhaupt und wenn, in welcher Form? In der Auseinandersetzung mit der Musik und den einzelnen Biografien der Sänger zeigt sich, dass es »Die Heimat« gar nicht unbedingt gibt, sondern dass sie sich aus Gefühlen, Kontakten und Erlebtem zusammensetzen kann. Heimaten weiterlesen

SaraBande auf Band

und Füße, die nicht still halten können

Heiße Rhythmen im Sambastil – das kann nur Sarabande sein. Die Beine können sich nicht mehr am Boden halten, es ist Sommer, es ist die Zeit für den Körnerpark. Jetzt hat die Neuköllner Band, die regelmäßig in der Hasenheide oder auf dem Tempelhofer Feld probt, eine CD herausgebracht. Es ist ein Live-Mittschnitt aus dem Jahr 2016, als sie im Körnerpark spielten. Damals tobte das Publikum, das Wetter war schön, und genau das gibt die CD wieder. Sie ermöglicht eine Flucht aus den Alltagssorgen, erleichtert die Aufräumarbeiten in der Wohnung und beflügelt bei der Arbeit. Alle diejenigen, die Samba tanzen können, dürften ihre Freude daran haben, ihre Alltagspflichten durch Tanzen unterbrechen zu können. SaraBande auf Band weiterlesen

Tango, Jazz, Blues und Rock

Vielfalt bestimmt die Julikonzerte im Körnerpark

Vielfalt und musikalische Qualität sind wichtige Kriterien bei der Auswahl der Gruppen für die »Sommer im Park«-Konzerte. Das zeigt sich auch im Juliprogramm, bei dem erstklassige Musiker eine breite Palette an Musik von Blues und Rock bis zu Modern Jazz und Tango präsentieren werden.
Wegen kurzfristiger Programmänderung gibt es am 9. Juli nicht die »Caldonias Lost Lovers« zu hören, sondern meditative Weltmusik von der Gruppe »Hang Caravan«. Das Hang ist ein erst im Jahr 2000 erfundenes Instrument mit vielfältigen Klangmöglichkeiten.
Der Ungar Tivadar Nemesi ist ein Meister auf diesem Instrument. Der Perkussionist Alexander Skoczowsky sowie der Trompeter Paul Schwingenschlögl tragen bei zur unerschöpflichen Klangvielfalt dieses Trios . Tango, Jazz, Blues und Rock weiterlesen

Ein Schuss mit Nachhall

»Neuköllner Oper« bringt Bildgewaltiges auf die Bühne

Der Schuss, der durch tausend Köpfe ging, fiel am 2. Juni 1967 vor der Deutschen Oper und nahm einem frisch gebackenen Ehemann und werdenden Vater das Leben — es war der Student Benno Ohnesorg, der bei den Protesten gegen den persischen Schah von einem Berliner Polizisten erschossen wurde.

Szene aus »Der Schuss«.                                                                                                                          Foto: Matthias Heyde

Es ist die Figur seiner Frau Christa, die 50 Jahre später in einer anderen Berliner Spielstätte, der Neuköllner Oper, die Zuschauer an die Hand nimmt und durch die tosenden Szenen von damals führt. Es ist eine Geschichte von Kapitalismuskritik, politischen Utopien, radikalem Protest und dem inneren Seelenleben einer jungen Frau, die hofft, dass ihr Mann bald nach Hause kommt. Diesen Stoff in einer klassischen Oper zu bearbeiten, wäre so widersprüchlich wie unmöglich gewesen. So ist »Der Schuss« Musiktheater sondergleichen. Die szenischen Wechsel von Gesang, Video und Sprache schaffen gewaltige, schöne und verstörende Bilder, die sich in die Netzhaut einbrennen. Ihre volle Wirkung erlangen sie im Zusammenspiel mit der Musik des Ensembles »Adapter« unter der Leitung von Matthias Engler. Ein Schuss mit Nachhall weiterlesen

Heißer Salsa als Auftakt

Sommer im Park startet in die neue Saison

Ein Kleinod in Nordneukölln, versteckt gelegen zwischen der Karl-Marx-Straße und der Hermannstraße, ist der Körnerpark. Die »Galerie im Körnerpark« mit Café und einer wunderschönen, weitläufigen Terrasse erinnern an eine französische Orangerie, die niemand in dieser Gegend von Neukölln vermuten würde. Als besondere Attraktion finden auf der Terrasse vor der Galerie seit über 30 Jahren im Zeitraum von Mitte Juni bis Ende August die Konzerte der Reihe »Sommer im Park« statt.

Mi Solar.Foto: Milena Schlösser

Das Spektrum der Konzerte bietet für jeden Geschmack etwas: Salsa, AfroSoul, Big Band und Modern Jazz, französischer Pop, Bluesrock, Rocksongs von den Sechzigern bis in die Neunziger, Tango Argentino, Jazzrock, indische Musik mit modernen elektronischen Klängen, Neukölln-Pop und alte Soulklassiker.
Die Konzerte beginnen pünktlich um 18 Uhr, dauern circa eineinhalb Stunden, und der Eintritt ist frei. Heißer Salsa als Auftakt weiterlesen

Scheitern erlaubt

Versuch und Irrtum im »Kulturlabor« in der Braunschweiger Straße

Weil die muntere Truppe in der Braunschweiger Straße 80 in Neukölln aus vielen unterschiedlichen Sprach- und Kulturräumen kommt, gaben sie ihrem »Kulturlabor« den Namen »Trial&Error«. Übersetzt bedeutet das »Versuch und Irrtum« und kann gut mit Probieren geht über Studieren übersetzt werden. »T&E« setzen dabei bewusst das Ausprobieren an den Anfang, ohne dabei ein mögliches Scheitern zu stigmatisieren, was dem Ganzen den Druck nehmen und die Freude am Experimentieren erhöhen soll.

Auf ins Experiment.                                                                                                                                                                       Foto: rr

Hinter dem Kulturlabor »Trial&Error e.V.« stehen aktive Do-it-Yourself Freaks, Kunsthandwerker, Grafiker, Upcycler, Aktivisten, Journalisten, Denker, Macher, Philosophen, Künstler und Straßenkünstler, die in einem Netzwerk soziale und kulturelle Projekte auch überregional realisieren. Im Mai 2010 wurde der Verein gegründet und feierte gerade seinen siebten Geburtstag. Scheitern erlaubt weiterlesen

Auseinandersetzung mit der Religion

Schulklassen gestalten spannende Ausstellung

500 Jahre ist es her als Martin Luther seine Thesen in Wittenberg veröffentlichte und damit einen Prozess auslöste, der das Glaubensleben in ganz Europa umgekrempelte.
Das Museum Neukölln hat dieses Jubiläum zum Anlass genommen, gemeinsam mit acht Neuköllner Schulklassen den religiösen Alltag im Bezirk zu erforschen. Herausgekommen ist eine sehenswerte Ausstellung, die interessante Einblicke in die großen Weltreligionen gibt.
Jede Schule gestaltete eine Vitrine, in der Symbole oder auch selbst gestaltete Objekte ausgestellt werden, die Bezug nehmen auf die Religion, mit der sich die Schüler beschäftigten.

religion auf schnellem Fuße.                                                                                                                                                Foto: mr

Im Unterricht entwickelten sie dazu Fragen, die sie Repräsentanten der jeweiligen Religion, Kulturwissenschaftlern und praktizierenden Laien stellten. Die dabei entstandenen Videos werden ebenfalls in der Ausstellung präsentiert. Auseinandersetzung mit der Religion weiterlesen

»Fass-zination« Steelband

Der Karibik ganz nah

War es nur die Sehnsucht nach vertrauten Rhythmen, die mit zur Gründung der ersten Steelband in Deutschland führte? Ein Gründungsmitglied jedenfalls, Lehrer an der Clay Oberschule in Britz, kam aus den USA und wollte auch in Berlin seiner Leidenschaft nachgehen. Vor 40 Jahren, im Herbst 1977, wurde dann die »Tin Pan Alley Steelband« gebildet, die inzwischen zur Neuköllner Musikschule Paul Hindemith gehört.

Sommergefühle im Keller.                                                                                                                                                        Foto: rr

Das tragende Instrument, das den unvergleichlichen Sound ausmacht, wird Steelpan (Stahlpfanne), auch Steeldrum (Stahltrommel) genannt. Traditionell wird es aus einem alten Ölfass hergestellt. Zwei Bambus- oder Aluminiumklöppel mit einem Gummikopf entlocken den kunstvoll gestimmten Klangfeldern auf den Ölfassböden jene chrakteristischenTöne, die nicht nur hierzulande das »karibische Gefühl« erzeugen. »Fass-zination« Steelband weiterlesen

Kunterbunt gegen Alltagsgrau

Hundertwassers »Farbenspiele« im Schloss Britz

Er war einer der populärsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Friedrich Stowasser, (1928-2000) besser bekannt als Friedensreich Regentag Dunkelbunt Hundertwasser, war Maler, Architekt, Philosoph und Umweltschützer, der sich aktiv für den Schutz natürlicher Lebensräume einsetzte. Schloss Britz zeigt in Kooperation mit der »Galerie Saal« bis zum 23. Juli einen Querschnitt durch das grafische Werk des Wiener Künstlers.

Friedensreiches Porträt.                                                                                                                                                         Foto: mr

Hundertwassers Markenzeichen sind die Spirale, die er dem Diktat der geraden Linie der Moderne entgegensetzt und die kräftigen Farben, die die Bilder zum Leuchten bringen. So wirken die kunterbunten Bilder wie ein Gegenentwurf zum Grau des Alltags. Kunterbunt gegen Alltagsgrau weiterlesen

Flüchtling, kommst du nach MeckPomm

Ein Roman mit Witz und Ernst


Wie Flüchtlinge aus verödenden Landstrichen in Ostdeutschland blühende Landschaften machen könnten, erzählt Peter S. Kaspar in seinem ersten Roman »Der gute Mensch von Assuan« auf höchst unterhaltsame Weise.
Bei einem Besuch in Berlin lernt der ägyptische Milliardär Mansur Ghali einen Flüchtling kennen, der ihm von seiner Flucht und von den ernüchternden Erfahrungen des Lebens als Asylbewerber in Deutschland berichtet. Dem Unternehmer, der sein Geld mit dem Bau ganzer Städte gemacht hat, ist es völlig unverständlich, dass diesen Menschen verboten wird zu arbeiten, statt sich ihres Potentials zu bedienen. Denn wer die Flucht mit all ihren Gefahren heil überstanden habe, könne ja so dumm nicht sein, meint er.
Aber er hat eine Idee. Er sucht sich ein heruntergekommenes Dorf in Meck­lenburg-Vorpommern und lädt Flüchtlinge aus Berliner Unterkünften ein, sich dort niederzulassen. Gemeinsam mit ihnen baut er eine Mischung aus Wohnprojekt und Bildungsstätte auf und bietet ihnen damit die Möglichkeit, sich für den deutschen Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Flüchtling, kommst du nach MeckPomm weiterlesen

Der Diktator nächtigt im »Hotel Rixdorf«

Die Metamorphose eines Versagers

Während am 1. Mai in Kreuzberg der Bär steppt, und sich Tausende von jungen Leuten, aber auch gestandenes älteres Partyvolk durch die Straßenschluchten des ehemaligen SO36 bewegen, ist es im angrenzenden Nordneukölln, abgesehen von Kreuzkölln, eher ruhig. Vielleicht hat da schon der »Diktator von Rixdorf« seine Hände im Spiel.
An diesem denkwürdigen Abend – vor 30 Jahren wurde in Kreuzberg der Supermarkt Bolle geplündert und ging in Flammen auf – lud das »Hotel Rixdorf« am Böhmischen Platz zur Premiere des neuen Stücks »Der Diktator von Rixdorf« ein.

Diktatorschulung.                                                                                                                           Foto:Ulrike Eickers

Die Premiere war gleichzeitig die Dernière, das heißt, dass das Stück zum letzten Mal gespielt wurde, aber nur im Theater. Dieses Kammerspiel von Artur Albrecht dient als Vorlage für den gleichnamigen Film, der im Herbst in die Kinos kommen wird. Der Diktator nächtigt im »Hotel Rixdorf« weiterlesen

»Manchester by the Sea«

Drama um Trauer und Schuld

»Manchester by the Sea« handelt von Lee Chandler (Casey Affleck), einem wortkargen Hausmeister, der alleine in der Nähe von Boston lebt und sich nach getaner Arbeit manchmal grundlos in Bars prügelt. Nach dem Tod seines Bruders Joe muss Lee zurück in seine Heimatstadt an der Küste von Massachusetts, um sich um dessen Sohn Patrick zu kümmern. Diese unfreiwillige und genauso unerwartete Vaterrolle zwingt ihn dazu, sich mit verdrängten, vergrabenen Gefühlen von Trauer und Schuld auseinanderzusetzen.

Randi und Lee.                                                                                                                                                                                  Foto: pr

In mehreren Rückblenden erzählt der Film vom Trauma Lees, das einige Jahre zurückliegt und versucht zu erklären, warum der Protagonist so ist wie er ist: In einer Nacht, in der er betrunken und auf Drogen nach einem Streit mit seiner Frau Bier holen geht, geschieht im Haus der Familie ein Unfall, bei dem Lees drei kleine Kinder ums Leben kommen. Dieses Trauma definiert sein Leben, und die emotionalen Narben, die der Verlust seiner Kinder und seiner Vaterschaft hinterlassen hat, bestimmen seine Haltung gegenüber seinen Mitmenschen und der Welt. »Manchester by the Sea« weiterlesen

Amüsanter Sonntagsauftakt

Die »Freunde der Sommeroper Britz« stellen sich vor

Dass Oper nicht kompliziert sein muss, sondern amüsant und charmant sein kann, zeigt alljährlich das »Festival Schloss Britz« mit der Sommeroper. Die Spezialität des Festivals ist die Wiederentdeckung vergessener, aber seinerzeit berühmter Werke großer Komponisten der Opera buffa, des deutschen Singspiels und der Opéra comique, deren Breitenwirkung wieder möglich wird durch Aufführung in deutscher Sprache und mit möglichst originaler Orchesterbesetzung.

Weinseliger Gesang.                                                                                                                                                                  Foto: mr

Um dieses Highlight im Neuköllner Kulturleben auch in Zukunft zu sichern, wurde 2016 der »Verein Freunde der Sommeroper Britz« gegründet, in dem sich Mitwirkende und langjährige Zuschauer zusammengefunden haben. Sie wollen mithelfen, den musikalischen Nachwuchs zu fördern und zu unterstützen. Dafür sind Förderveranstaltungen sowie thematisch ausgerichtete Workshops für den musikalischen Nachwuchs geplant. Amüsanter Sonntagsauftakt weiterlesen

»Das Maß der Dinge«

Ingo Gerken und Florian Neufeldt im Saalbau

Der Aufstieg.                                           Foto: mr

Die Galerie im Saalbau bietet derzeit einen etwas ungewöhnlichen Anblick. Ein Teil der Wandpaneele ist abgenommen und an anderer Stelle wieder zusammenmontiert worden, so dass teilweise die rohen Wände mit Bohrlöchern und Dübeln zu sehen sind.
Das ist das Werk der Künstler Ingo Gerken und Florian Neufeldt, die den Raum selbst als Grundlage für ihre künstlerische Arbeit betrachten. »Sie haben den Raum in die Hand genommen«, beschreibt es Kuratorin Dorothee Bienert. Beide Künstler bedienen sich dabei alltäglicher Dinge, die in einen neuen Zusammenhang gesetzt werden. »Das Maß der Dinge« weiterlesen

»Wolf« im wilden Bruch

Neues Konzept mit Kino, Bar, Café und Studio

Zwei Jahre dauerten die Renovierungs- und Umbauarbeiten, um aus einem Bordell an der Ecke Wildenbruch-/We­ser­straße ein modernes Kino zu machen. Anfang März 2017 war es dann endlich soweit. Der »Wolf« öffnete seine Pforten.

Wölfe in Neukölln.                                                                                                                                                                 Foto: pschl

Der Ort unterscheidet sich völlig von anderen Programmkinos. Neben zwei Kinosälen mit neuester Technologie gibt es im »Wolf« ein geräumiges Café, das ab zehn Uhr vormittags geöffnet ist, eine schicke Bar und einen multifunktionellen Saal für unterschiedliche Aktivitäten. »Wolf« im wilden Bruch weiterlesen

Schöne Bandwurmworte

Zauber unserer Muttersprache

Ständig gibt es einen Tag des Irgendwas. Vor Kurzem gab es den Tag der Muttersprache. Da finden wir zwei Worte mit 67 und 63 Buchstaben, die doch gewürdigt werden sollten:
»Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung« und »Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz«.

Diese Worte, nach dem fünften Bier in gemütlicher Runde als Sprachübung mit einem Korken im Mund vorgetragen, geben dem munteren Beisammensein einen ungeahnten Kick.
Für Anfänger empfehlen wir die Worte »Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft« mit 46, sowie »Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus» mit nur 40 Buchstaben.

bs

Jazz, Klassik, Klezmer und Country im Zitronencafé

Von der Wiener Salonmusik bis zu elektronischen Klängen

Ein weites Spektrum an Musik, von Klezmer und Country bis zu Jazz und Klassik erwartet die Zuhörer der »Salonmusik« im März.
Der US-Amerikaner Louis Durra zeigt am 5. März mit seinem Klaviertrio, wie Popsongs und Electro zu groovender Jazzmusik verwandelt werden. Seine Fingerfertigkeit, sein Rhythmusgefühl und seine Sensibilität machen jeden seiner Auftritte zu einem besonderen Erlebnis.

Sveta Kundish, Patrick Farrell.                                                                                                               Foto: Manuel Miete

Jiddische Musik und Klezmer gibt es am 12. März zu hören. Seit 2013 beschreiten der New Yorker Akkordeonist Patrick Farrell und die Sängerin Sveta Kundish neue kreative Pfade. Damit hauchen sie der mittlerweile etwas angestaubten Klezmer-Musik neues Leben ein und laden das Publikum zu einer Entdeckungsreise in ihre musikalische Gefühlswelt ein. Jazz, Klassik, Klezmer und Country im Zitronencafé weiterlesen

Zeitgenössische Avantgarde auf dem Rollberg

Spannendes Ausstellungsprogramm im »KINDL-Zentrum«

Mit dem Vortrag »Vom Risiko der Verknappung« des Kunstkritikers und Kurators Hans-Jürgen Hafner, der sich durchaus geistreich, manchmal aber auch etwas schwer nachvollziehbar um die Begriffe »Malerei«, »Kunst« und »Bild« und deren Verhältnis zueinander drehte, endeten die ersten beiden großen Ausstellungen im Maschinenhaus des »KINDL«.

Ausdauerndes Publikum – interessiert an Verknappung                                                                                 .Foto: rb

Beide Ausstellungen, sowohl die große Einzelausstellung »Inhalt« von Eberhard Havekost in den oberen beiden Räumen M1 und M2, als auch die Gruppenausstellung »How long is now« im unteren Raum M0 zeigten, dass der Umbau der Räume gelungen ist und die Räumlichkeiten für ihre Zwecke sehr gut funktionieren. Zeitgenössische Avantgarde auf dem Rollberg weiterlesen

Hello Kitty Harakiri

»Rette uns, Okichi!«

Opern von japanischen Komponisten sucht der Berliner Opernfreund in den Spielplänen der drei großen Berliner Opernhäuser in der Regel vergebens. Die Neuköllner Oper füllt mit ihrer neuesten Produktion diese Lücke.
Mit »Rette uns, Okichi!«, das am 18. Februar Premiere hatte, präsentiert sie die europäische Erstaufführung der japanischen Oper »Kurofune« (Schwarze Schiffe), frei nach der Komposition von Kosaku Yamada, dem ersten japanischen Opernkomponisten.

Showdown mit Shogun.                                                                                                                                                             Foto: pr

In der Bearbeitung des Originalwerks nahm sich Regisseur Tomo Sugao die Freiheit, das groß angelegte Opernwerk mit nur drei Gesangskünstlern, dem stimmgewaltigen Bassbariton Tobias Hagge, dem nicht minder gesanglich imposanten Tenor Edwin Cotton und der zierlichen, aber stimmlich ebenfalls beeindruckenden Mezzosopranistin Yuri Mizobuchi im intimen Rahmen der Studiobühne zu inszenieren. Auf das große Orchester musste in dem kleinen Saal verzichtet werden, und so bestand die Instrumentierung lediglich aus Klavier, Saxofon, Schlagwerk und der japanischen Mundorgel Shō. Hello Kitty Harakiri weiterlesen

»Flucht nach vorn«

Ausstellung zeigt Erfolgsgeschichten

»Flüchtling zu sein ist eine Situation, die hoffentlich ein gutes Ende nimmt. Niemals ist es ein Titel oder eine Bezeichnung für eine Person«, zitiert Hervé Tcheumeleu in seiner Rede zur Ausstellungseröffnung von »Flucht nach vorn« Ehrenamtskoordinator Mboya Ochieng aus Eberswalde. Tcheumeleu und Ochieng sind beide Vorbilder – für Migranten und Migrantinnen genauso wie für Menschen, die ihr Heimatland nie verlassen haben. Beide mussten auf ihrem Weg schwere Hürden nehmen, mehr opfern als andere, die das Glück einer leichteren Ausgangssituation hatten. Trotzdem haben sie es geschafft, haben studiert und helfen nun mit ihrer Arbeit anderen dabei, ihren Weg zu finden.

Porträts der Hoffnungen.                                                                                                                                                         Foto: pr

In dieser Ausstellung erzählt das »Afrika Medien Zentrum« viele solcher Erfolgsgeschichten. Die Portraits der unterschiedlichen Menschen lenken den Blick auf das Positive, auf das, was Hoffnung gibt und nicht auf die natürlich oft sehr beschwerlichen und grausamen Fluchterfahrungen. »Flucht nach vorn« weiterlesen

Wir müssen – aber wie?

»Gebrannte Kinder« im Heimathafen stellen Fragen einer Generation

Zehn junge Menschen sind in einem geschlossenen Raum isoliert und wollen etwas in Gang bringen, das die Welt »da draußen« verändert. Zehn junge Menschen agieren gegen Kapitalismus und Fremdenhass, gegen Grenzen und grenzenlose Finanzsysteme.

Wenn die Fetzen fliegen.                                                                                                                                                          Foto: pr

Was die Zuschauer beim Stück »Gebrannte Kinder« im Februar im Heimathafen zu sehen bekamen, waren die Anfänge einer Organisation von jungen Leuten, die alle das mehr oder weniger bestimmte Gefühl haben, dass etwas gewaltig schief läuft, dass es brennt in der Welt. Ohne Hierarchie und Anführer, ähnlich wie bei »Nuit Debout« in Paris, versuchen sie bei ihren teilweise sehr unterschiedlichen Vorstellungen von dem, was getan werden muss, einen Konsens zu finden. Dabei kommt es zu Streit genauso wie zu ausgelassenem Spaß, Gruppen bilden sich in der Gruppe, Grenzen werden überschritten und gezogen, Strukturen und Regeln aufgestellt und wieder verworfen. Wir müssen – aber wie? weiterlesen

»Einfach das Ende der Welt«

Ein Familienessen als Vorhof zur Hölle

Der Film »Einfach das Ende der Welt« ist der neueste Film von Regie-Wunderkind Xavier Dolan, dem frankokanadischen Filmemacher, der schon mit seinem Debüt »I killed my mother« die Filmwelt ausnahmslos begeisterte. Ganz so liebevoll wurde sein aktuelles Werk nicht aufgenommen, beim Screening der Premiere auf dem Filmfestival in Cannes begleiteten Buh-Rufe die Vorstellung, den Jury-Preis gewann er trotzdem.

»Einfach das Ende der Welt« erzählt die Geschichte von Louis, einem Theaterautor aus der Großtadt, der in einem schwülen Sommer heimkehrt zu seiner Familie. Sein unangekündigter Besuch ist eine ebenso große Überraschung wie sein unangekündigter Abgang vor 12 Jahren, als er sang- und klanglos einfach ging. Das hat selbstverständlich Spuren hinterlassen, und es dauert nicht allzu lang, bis sich sämtliche Emotionen der Familienangehörigen Bahn brechen. »Einfach das Ende der Welt« weiterlesen

Doppelt warme Herzen

Lesung und Anekdoten in der Aussegnungshalle

Mit den Räumlichkeiten des Bestattungs- und Fuhrunternehmens »Gustav Schöne OHG«, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Buchhandlung »Die gute Seite« befinden, haben die beiden Betreiberinnen einen idealen Platz für ihre Veranstaltungen gefunden. Die große Feierhalle »Rixdorf« wird normalerweise für Trauerfeiern genutzt. Zuletzt wurde Roman Herzog hier verabschiedet, bevor seine sterblichen Überreste an seine letzte Ruhestätte nach Westdeutschland überführt wurden.

Zwei Autoren und eine Buchhändlerin.                                                                                                                         Foto: rb

Der bestuhlte Raum, der Platz für 80 Personen bietet, verfügt über eine so gute Raumakkustik, dass die Vortragenden auf ein Mikrofon verzichten können, ohne ihre Stimmen übermäßig strapazieren zu müssen. So bleibt auch bei einer gut besuchten Lesung eine gewisse Nähe zwischen Vorlesern und Zuhörern erhalten, die eine zwanglose und spontane Interaktion zu jeder Zeit ermöglicht. Doppelt warme Herzen weiterlesen

Frivole Fledermaus

In der Neuköllner Oper wird belogen und betrogen

Ein lustvoller Ball.                                                                                                                                                                          Foto: pr

Schon bei der Ouvertüre wird ausgiebig und lustvoll gestöhnt, und damit wird vom ersten Moment an klar, worum es an diesem Abend in der Neuköllner Oper geht – um Sex und um Lügen. In der »Fledermaus«, einem musikalischen Lustspiel nach Johann Strauß, das am 26. Januar Premiere hatte, belügt und betrügt jeder jeden.
Die Geschichte dreht sich um einen Mann, der ins Gefängnis muss, sich aber vorher ohne seine Frau auf der Orgie eines Prinzen austoben will. Derweil vergnügt sich die Gattin zuhause mit ihrem Liebhaber. Auch sie erscheint schließlich auf dem Fest, wo sie ihren Mann erkennt, der sie aber nicht. Sogar die Kammerzofe darf unter einem schlechten Vorwand mit. Und so erfährt jeder, dass er dem anderen nicht trauen kann. »Dein Mann gibt dem Begriff Lüge eine ganz neue Bedeutung«, heißt es an einer Stelle. Frivole Fledermaus weiterlesen

Timo, der Gedichtemann

Lyrik macht das Leben schöner

Timo rezitiert.                                                                      Foto: jt

Seit fast 20 Jahren bereichert Timo den Alltag von Menschen in ganz Berlin mit seinen Gedichten. Er lebt in Neukölln, weil das seiner Meinung nach die beste Wohnlage ist, und macht jeden Tag die gleiche Runde durch Berlin, weil er »eine wissenschaftliche Affinität zum Immergleichen« pflegt. Er spricht Menschen an, fragt sie, ob sie nicht gerne »eine kleine Alltagsbereicherung« hätten und rezitiert selbstverfasste Gedichte, die Momentaufnahmen von Sinneseindrücken sind. Farbe und alles was die Sinne stimuliert ist für Timo von Bedeutung. Er wünscht, die Menschen würden erkennen, wie viele Möglichkeiten die Erde bietet, um die Sinne zu anzuregen. Seine Gedichte sollen dabei helfen und als »Alltagsunterhaltungssymphonie« die Menschen dazu anregen, sich frei zu entfalten.
Fast jeder, der in Neukölln wohnt, ist Timo schon einmal über den Weg gelaufen, doch fast keiner weiß, dass hinter dem ungezwungenen Mann mit seinen Gedichten ein ganzes philosophisches Konzept steckt. Mit Kiez und Kneipe spricht Timo über seine Gedichte, seine Lebensphilosophie und seinen Wunsch nach mehr Sinnesunterhaltung im Alltag.

Timo, der Gedichtemann weiterlesen

Draußen trist – drinnen bunt

Galerie im Körnerpark lädt zum »Lustwandeln«

Arabeske.                                                                                                                                                                                           Foto: mr

Draußen ist es eher trist und grau. In der Galerie im Körnerpark dagegen explodieren die Farben. Sattes Gelb, leuchtendes Rot oder knalliges Pink springen den Besucher geradezu an. Draußen trist – drinnen bunt weiterlesen

Guter Geschmack im »Peppi Guggenheim«

Heimstatt für den Jazznachwuchs

Sie nennen sich »Otollo4«, haben sich in Basel kennen gelernt und touren gerade durch Europa. Am 7. Januar machten die vier jungen Jazzmusiker aus Australien, Frank­reich und Deutschland Station im »Peppi Guggenheim« in der Neuköllner Weichselstraße.

Die Band »Otollo4«                                                                                                                                                                      Foto: pr

Was die Zuhörer geboten bekamen, war mitreißender Jazz vom Feinsten. Eigene originelle Kompositionen mit packenden Rhythmen begeisterten das Publikum. Stilistisch war die Musik nicht leicht einzuordnen, blieb dadurch aber immer spannend. Jedes Stück hatte seinen eigenen Charakter, trotzdem war das Programm homogen. Sogar Punkmusik war beim Stück »Knup« zu hören. Guter Geschmack im »Peppi Guggenheim« weiterlesen

Grenzüberschreitungen

Kaum eine Musikrichtung ist so vielfältig wie die Jazzmusik. Eigene Spielarten, von Dixieland bis zur freien Improvisation, aber auch Einflüsse aus Klassik, Soul, Latin, Pop und Rock bestimmen das weite Feld des Jazz.

»Vorwärts/Rückwärts«.                                                                                                                                    Foto: Verena Eidel

Das Konzert des Trios »Vorwärts/Rückwärts« am 5. Februar nähert sich der klassischen Kammermusik an. Auch die Besetzung – Cello, Kontrabass und Posaune – zeugt davon. Doch im Gegensatz zur Klassik, bei der die Musik auf Noten vorgegeben ist, improvisieren die drei Instrumentalisten – Maike Hilbig am Kontrabass, Johannes Fink am Cello und Gerhard Gschlößl an der Posaune – und sind somit Komponisten und Ausführende zugleich. Dynamik und Klang, das Zuhören und spontane Reagieren auf die Mitmusiker sind die Parameter dieses ungewöhnlichen Ensembles. Grenzüberschreitungen weiterlesen

Rache als Roman

Eine schlaflose Nacht der übelsten Sorte

Der Film »Nocturnal Animals« feierte seine Premiere im September letzten Jahres auf dem Filmfestival in Venedig. Tom Ford, der Regisseur und Drehbuchautor des Films, hat nach seinem Debütfilm »A Single Man« aus dem Jahr 2005 mit »Nocturnal Animals« einen Neo-Noir-Film geschaffen, der in stilistisch bestechenden Bildern eine wunderschöne Fantasie des Grauens schafft. Genauso verstörend wie betörend.

Ford, der eigentlich Mode-Designer ist, schrieb auch das Drehbuch, das auf dem Roman »Tony und Susan« des Schriftstellers Austin Wright basiert. Im Zentrum der Handlung steht Susan, eine unglücklich verheiratete Galeriebesitzerin, die ein ernsthaftes Schlafproblem hat. Richtig düster wird es, als sie per Post das Manuskript für einen Roman ihres Ex-Mannes erhält. Der Roman ist nicht nur ihr gewidmet, sondern scheint auch metaphorisch Parallelen zu ihrer gemeinsamen Vergangenheit aufzuweisen. Edward, der Ex-Mann, bittet Susan, den Roman zu lesen. In einer schlaflosen Nacht beginnt Susan mit der Lektüre, und der Albtraum nimmt seinen Lauf. Rache als Roman weiterlesen

Architektur aus neuer Sicht

»Exterieur« im »Kunstverein Neukölln«

Einsichten, Aufsichten, Ansichten sind Thema der neuen Ausstellung »Exterieur« im »Kunstverein Neukölln«. Drei Künstler nähern sich hier auf verschiedene Weise der äußeren Erscheinung des umbauten Raums.

                                                                                                                             Foto: mr

Die Betonskulpturen von Ute Hoffritz, die architektonische Grundformen im Miniaturformat darstellen, erscheinen auf den ersten Blick klar, einfach und überschaubar. Hermetisch und kompakt, wirken sie erst einmal abweisend wie Festungen oder Schutzräume. Aber diese Gehäuse haben Öffnungen: Ein Sehschlitz, eine kleine Pforte oder ein sich von oben eröffnender Innenhof. Wohin sie führen, was sich dahinter verbirgt, bleibt der Phantasie des Betrachters überlassen. Architektur aus neuer Sicht weiterlesen

Von Wurzeln und Träumen

Ashia Bison Rouge spielt auf ihrem Cello verträumte Neukölln-Songs

Die Oder ist mehr als ein Fluss. Sie ist die Grenze zwischen zwei Ländern, Deutschland und Polen, und zwischen zwei Welten, Ost und West. In diesen Fluss ließ sich Ashia Grzesik fallen, um zu ertrinken und auf der anderen Seite wieder aufzutauchen. Auf der Suche nach ihren Wurzeln war die Oder ihre Orientierungslinie und gab ihrem letzten Album den Namen.

Ashia Bison Rouge.                                                                                                                                                                       Foto: pr

Geboren in Polen und aufgewachsen in Deutschland und den USA, ist die Frage nach der eigenen, vielfältigen Identität die treibende Kraft hinter dem künstlerischen Schaffen der Cellistin. In Polen wird sie wegen ihres Akzents nicht als Polin erkannt, doch ihre Seele zieht es immer wieder dorthin zurück. In Neukölln hat sie ihre Mitte gefunden. Eine Mitte zwischen Ost und West, eine Insel im grünen brandenburgischen Meer. Überhaupt ist Berlin eine Insel für Ashia, nicht nur wegen der politischen Geschichte, sondern auch in der Gegenwart. Ein kosmopolitischer Ort, der wie eine verlorene Insel zum Träumen und Umherwandern verführt. Von Wurzeln und Träumen weiterlesen

Vielstimmiger Wohlklang

»Orchestra & Choral Society Berlin« mit neuen Projekten

Proben für »A Sea Symphony«.                                                                                                                                             Foto: pr

Einen sehr hohen Ton singen und dabei ein imaginäres Blümchen vom Boden pflücken, eine halbe Standwaage und die Töne innerhalb einer Oktave im Glissando singen, der ganze Körper ist das Instrument – so stehen die Sängerinnen und Sänger hinter der Bühne kurz vor dem Konzert und singen sich unter der Leitung von Wolfgang Roese ein. Am 28. November 2016 lud das »ORSO« (Orchestra & Choral Society) zu »A Sea Symphony« in die Berliner Philharmonie. Es war ein Konzert der besonderen Art, fast die Hälfte der Karten wurde kostenlos an Flüchtlinge verteilt, finanziert durch Solidartickets. Einerseits ein Willkommenskonzert für Flüchtlinge, aber auch ein Gedenken an all jene, die es nicht geschafft haben. Vielstimmiger Wohlklang weiterlesen