Hello Kitty Harakiri

»Rette uns, Okichi!«

Opern von japanischen Komponisten sucht der Berliner Opernfreund in den Spielplänen der drei großen Berliner Opernhäuser in der Regel vergebens. Die Neuköllner Oper füllt mit ihrer neuesten Produktion diese Lücke.
Mit »Rette uns, Okichi!«, das am 18. Februar Premiere hatte, präsentiert sie die europäische Erstaufführung der japanischen Oper »Kurofune« (Schwarze Schiffe), frei nach der Komposition von Kosaku Yamada, dem ersten japanischen Opernkomponisten.

Showdown mit Shogun.                                                                                                                                                             Foto: pr

In der Bearbeitung des Originalwerks nahm sich Regisseur Tomo Sugao die Freiheit, das groß angelegte Opernwerk mit nur drei Gesangskünstlern, dem stimmgewaltigen Bassbariton Tobias Hagge, dem nicht minder gesanglich imposanten Tenor Edwin Cotton und der zierlichen, aber stimmlich ebenfalls beeindruckenden Mezzosopranistin Yuri Mizobuchi im intimen Rahmen der Studiobühne zu inszenieren. Auf das große Orchester musste in dem kleinen Saal verzichtet werden, und so bestand die Instrumentierung lediglich aus Klavier, Saxofon, Schlagwerk und der japanischen Mundorgel Shō. Die Handlung nimmt Bezug auf die japanische Geschichte: Im Sommer 1853 landen vier amerikanische Kriegsschiffe vor einem japanischen Hafen in der Nähe von Tokyo, um den japanischen Markt für den Handel mit den USA zu öffnen. Der amerikanische Konsul ist beauftragt, einen »Freundschafts- und Friedensvertrag« auszuhandeln, sonst drohe ein militärischer Angriff der USA. Das will aber der für die alte Ordnung stehende Samurai Yoshida verhindern und beauftragt die Geisha Okichi, den Konsul zu töten. Sie verliebt sich aber in den Konsul und will sich von keiner Seite vereinnahmen lassen. Am Ende begeht Yoshida rituellen Selbstmord, und damit ist der Weg frei für die freundschaftlichen, beziehungsweise wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Japan.
Die nicht ganz freiwillige Öffnung Japans zum Westen hin spiegelt sich auch in der Musik wider. Anklänge an die japanische musikalische Tradition sind kaum zu hören. Einzige Ausnahme: wenn Naomi Sato die Shō spielt, die japanische Mundorgel. Leider kam dieses Instrument viel zu wenig zum Einsatz.
Ansonsten pendelt die Musik zwischen Spätromantik, Verismo – einer Richtung der italienischen Oper Ende des 19. Jahrhunderts – und einem Hauch von Impressionismus. Das entspricht aber dem Original, da der Komponist Yamada unter anderem von 1910 bis 1913 in Berlin bei Max Bruch studierte und sich stark an der europäischen Operntradition orientierte.
Mit reduzierten Mitteln haben der Regisseur Tomo Sugao und der musikalische Leiter Aki Schmitt eine Inszenierung geschaffen, die den Widerspruch deutlich macht zwischen dem modernen Japan mit all seiner schrillen Popkultur von Mangas bis Hello Kitty und der kulturell bedingten Neigung der Japaner zu Selbstdisziplin und zur Anerkennung von Herrschaftsstrukturen, die sich letztendlich in Samurai Yoshidas »Harakiri« zeigt.

pschl
Alle Termine im März sind ausverkauft, frei Termine im April: 1., 2., 8., und 15. April 2017, 20 Uhr.