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Ein Franzose becirct Neukölln

Kurioses für Nachtschwärmer im »Le Velours Noir«

Ein Franzose kommt aus einem Dorf in der Nähe von Lyon nach Neukölln. Er entscheidet sich hierzubleiben und sich gastronomisch breitzumachen. Innerhalb kurzer Zeit entwickelt sich seine Bar bei den Nachbarn zum Lieblingstreffpunkt.
Es klingt ein bisschen wie der Plot eines französischen Heimatfilms aus den Achtzigern, und wer weiß, vielleicht würde Ben die Vorstellung gefallen, dass seine Geschichte verfilmt wird.

Le velours noirle Velours Noir.                 Foto: pr

Ben hat in in der Altenbraker Straße sein »Le Velours Noir« eröffnet. In der Gastronomie arbeitet er das erste Mal, in seiner Heimat war er am Theater angestellt. »In Deutschland konnte ich das nicht«, sagt er. Die Sprachbarriere sei aufgrund der Fachbegriffe zu groß. »Ich muss einfach mehr Deutsch sprechen«, sagt er. Denn wer viel spricht, lernt bekanntlich gut.
Trotzdem ist er zuversichtlich. Mit seinem französischen Charme und seinem Akzent becirct er die Gäste, über Sprachbarrieren lächelt er hinweg. Wenn nichts mehr geht, wechselt er die Sprache. Ihm fällt es leicht, zwischen Französisch und Englisch zu springen. Nur Deutsch ist noch eine kleine Baustelle, die aber mehr und mehr fertiggestellt wird.
In Neukölln fühlt er sich wohl. Die Vielfalt gefällt ihm, und er ist froh, dass sich seine Bar so großer Beliebtheit bei den Anwohnern erfreut. Statt eines weiteren Franzosentreffs ist »Le Velours Noir« ein beliebter Feierabendanlaufpunkt für alle geworden.
Einen Teil seiner alten Arbeit hat Ben mit in seine Bar genommen. An der Wand hängt unter anderem eine Installation aus Schallplatten und Zahnrädern, die mit schwarzen Stangen verbunden sind. Auch sonst ist die Bar voller Kuriositäten, wie etwa einem echten Glasauge, das mit einer Vergrößerungslinse begutachtet werden kann.
Ben ist mit seiner Bar genau richtig im Kiez. Hätte er die Möglichkeit, noch einmal zu wählen, würde er sich wieder für Neukölln entscheiden.

cr
Le Velours Noir, Altenbraker Str. 343
Di-Sa 18:00-06:00

Lecker Liquor und ein Neuköllner Kräuterkind

»The Liquor Company« importiert und braut feine Schnäpse für Kenner

Tequila aus Mexiko, Gin aus Frankreich und Rum aus der Karibik – da schnalzen Zunge und Leber des leidenschaftlichen Genusstrinkers. Und wenn es diese Schnäpse auch noch in schmeckbar hoher Qualität zu guten Preisen gibt, lacht das Herz mit.
Den Mittdreißigern Lars Stottmeister und Florian Stärk liegen Spirituosen mit Charakter ebenfalls am Herzen, weshalb sie vor knapp drei Jahren ihre eigene Alkoholimportfirma »The Liquor Company« mit Sitz in der Weserstraße gründeten. Von ihrem einer typischen Neukölln-Bar ähnelnden Ladengeschäft aus importieren die beiden Ex-Jura-Studenten feine Tropfen ohne Zwischenhändler direkt von Destillerien vor Ort, und das zu fairen Einkaufspreisen. Zu den Schnäpsen, die sie unter eigenem Etikett verkaufen, zählen langsam aus Zuckerrohr gebrannte und in verschiedenen Holzfässern ausgebaute »Cuate«-Rums aus Barbados in drei Altersstufen, der milde »Gin XIX«, destilliert aus 19 Kräutern, und »Baranda«-Tequilas in Gold und Silber.

KR_23Neuköllner Liquor – Prost!           Foto: PR

Klar, dass die Inhaber überzeugt sind, die Qualität der hiesigen Spirituosenmarken, die im Wesentlichen von nur drei Großkonzernen importiert werden, locker toppen zu können. Der langwierige Geschäfts- und Vertrauensaufbau zu den Destillerien, insbesondere denen in Übersee, und das Einarbeiten in all die Zoll- und Steuergesetze hat sich gelohnt: Mehr als 150 Bars, Clubs, Restaurants und Feinkostläden allein in Berlin verkaufen schon die »Liquor Company«-Marken, dazu kommen Onlineshops und Händler in anderen deutschen Städten sowie in Österreich und der Schweiz.
Stolz sind Lars und Florian auf ihr erstes komplett selbst hergestelltes Stöffchen: »KR/23«, ein harmonisch-aromatischer Kräuterlikör aus 23 echten, naturbelas-senen Kräutern und Gewürzen, die frisch oder getrocknet mit sehr reinem Getreidewodka angesetzt werden. Für die leicht herbe Süße sorgt Kandiszucker. Über Wochen reift das so genannte Mazerat dann in 25-Liter-Glasballonen, bevor es nach doppelter Filtration in Flaschen abgefüllt wird. Ein echtes Neuköllner Kind aus Herzblut und Handarbeit, das dem Gaumen schmeichelt: Von Zimt, Kardamom, Kurkuma, Anis, Kümmel, Muskat, Basilikum, Oregano, Thymian und Rosmarin  über Kamillenblüte, Fenchel, Lorbeer, Salbei, Minze, Zitronenmelisse und Orangenschale bis hin zur leichten Schärfe von Ingwer und Pfeffer steckt der »KR/23« voller Geschmacksentdeckungen. Wer mag da noch schnöden Jägermeister trinken?

hlb
The Liquor Company, Weserstr. 53,
www.the-liquor-company.de, Facebook: theliquorcompany.de44

Steh zum Kaffee

Coffee to drink und dann erst go

Kaffee bestellen, trinken, weiterziehen. Was in anderen Ländern funktioniert, könnte den Berlinern sicher auch gefallen. Das Konzept einer Kaffeebar hat es zum Beispiel in Italien, Frankreich und England schon zu großer Beliebtheit gebracht.
Niels Göttsch dachte genauso und hat schließlich die dafür notwendigen Schritte unternommen. Kaffee hat er schon immer gerne getrunken. So hat er angefangen auszuprobieren, wie vernünftiger Kaffee geht. Eine Weiterbildung oder ähnliches hat er nie so richtig gemacht, »learning by doing« hat ihn zu dem gebracht, was er jetzt macht.
Die »leuchtstoff Kaffeebar« in der Siegfriedstraße ist sein ganzer Stolz. Aus einer ehemaligen Glaserei hat er zusammen mit seinem achtköpfigen Team einen Treffpunkt geschaffen, der zum kurzen Verweilen einlädt. Was anderes wollte Niels auch nicht. »Das ist ja das Prinzip einer solchen Bar«, erklärt Niels. Kaffee trinken und dann weiterziehen.
Da viele aber doch gerne ein wenig sitzenbleiben, hat Niels irgendwann einen zweiten Raum eingerichtet. Auf einer zweiten Ebene befinden sich zwei Sofas, doch ewig wird das nicht so bleiben.
»Mein Traum wäre eine eigene Rösterei im hinteren Raum«, schwärmt Niels. Außerdem möchte er gerne die Theke wieder umstellen. Dann wäre wie zuvor nur der vordere Raum für die Gäste bestimmt und hinten könnte er sich austoben.
Die Umsetzung wird aber noch dauern. Bis dahin werden die Räume nach Feierabend unter anderem für Volxküchen genutzt – und natürlich zum Kaffee und Tee trinken und dazu selbstgemachten Kuchen essen.

cr

leuchtstoff Kaffeebar
Siegfriedstr. 18
Mo-Fr 08:00 – 18:00
Sa-So 10:00 – 18:00
Soli-Küfa für alle
jeden 1. und 3. Fr 20:00

Kranich wird gefilmt

»Du musst Dein Ändern leben«

Den meisten Menschen fehlt von dem, was wenige zu viel haben. Diesem Motto folgen junge Neuköllner Künstler, denen das Geld fehlt, um ihre Projekte umzusetzen. Damit die mit Nichts die mit Etwas oder mehr finden, gibt es Crowdfunding. Hier stellen Künstler ihre Projekte vor und hoffen auf Geldgeber, die ihre Ideen finanzieren.
Benjamin Riehm ist Filmemacher. Er und eine Gruppe von Neuköllnern sind auf der Suche nach Brachgeländen in Neukölln. Daraus ist beispielsweise der »Klunkerkranich«, das Café über den »Neuköllner Arkaden« entstanden.
Nun wird ein Film gedreht, in dem die Geschichte des »Klunkerkranich« beschrieben wird. Es geht darum, wie Menschen für eine Idee brennen, Freiräume suchen und dabei neue Formen des gemeinsamen Lebens und Arbeitens finden.
»Du musst Dein Ändern leben« soll im Spätsommer seine Premiere im »Klunkerkranich« feiern. Sponsoren werden noch immer gesucht. Sie haben die Möglichkeit, die Umsetzung zu unterstützen, wenn sie über www.startnext.de/dein-aendern-leben mit einem finanziellen Beitrag helfen.

oj

Benvenuto, Piccolo Cinema Grande!

Das »KINO« verbindet italienische Genüsse mit Filmkunst

Nordneukölln hat einen schicken neuen Treffpunkt für Film- und Kulturinteressierte – aber auch für Freunde italienischer Lebensart. Nach Monaten aufwendiger Umbauten und Dämmmaßnahmen haben Carla Molino und ihr Team im Juni das »KINO« eröffnet, einen stilvollen Mix aus Kino, Bar und Bistro. In den Räumen einer alten Bä-ckerei, direkt neben dem Restaurant »Nansen« am Maybachufer, lassen sich nun nicht nur italienische Weine und Speisen, sondern auch entdeckenswerte, unabhängige Filme erleben. Wie sein gleichnamiges Partnerprojekt und Vorbild in Rom hat das »KINO« einen kleinen, aber professionell ausgestatteten Kinosaal mit etwa 50 Plätzen, in dem ab sofort fast täglich ein anspruchsvolles internationales Programm aus Originalfassungen, Dokus, Kurz-, Kinder- und lokal produzierten Filmen gezeigt wird.

KINO Bar außen_bearbeitetErst was trinken, dann mal gucken.              Foto: hlb

Vor, nach und während der cineastischen Preziosen lädt die schmucke Bistro-Bar mit ihrem langen Tresen, gro­ßen Fenstern zur Straße, einem Himmel aus Dutzenden Lämpchen und geschmackvoller Popmusik zu anregenden Gesprächen bei Kaffee (ein Espresso kostet 1 Euro), Bier, diversen Weinen oder italienischen Cocktails ein. Bei einem Negroni aus Martini, Campari und Gin fachsimpelt es sich doch gleich viel besser.
Bis 22 Uhr serviert Chef Silvestro dazu kulinarisches Dolce Vita: Aufschnitt-, Käse- und Antipastiteller, Paninis, Quiches, Cous Cous, Haselnuss Crumbles und reichhaltige, gesunde Salate mit besten Zutaten aus Italien wie etwa Kirschtomaten aus dem sizilianischen Pachino oder Büffelmozzarella aus Kampanien. Sonntags lässt sich ab 12 Uhr im »KINO« frühstücken, bevor um 18:30 Uhr die »Aperitivo«-Zeit eingeläutet wird, in der sich der Gast für 7,50 Euro neben seinem Drink an einem italienischen Büffet laben kann.
Ein Raucherraum verbindet Bar und Kino, so dass kein Paffer draußen frieren muss und sogar noch Leinwand und Tresen gleichermaßen im Blick hat. Einladend und abwechslungsreich – mit dem »KINO« heißt der Kiez einen tollen neuen Kulturspot con molte ambizioni willkommen.hlb
KINO Cinema/Bar/Bistro, Nansenstr. 22, Di – Sa 18 – 3, So 12 – 3Uhr; www.ilkino.de,
Facebook: ilkinoberlin

Heiße Grooves zum krönenden Abschluss

Mitreißende Sommerkonzerte im Körnerpark

Fast so pünktlich wie die Musik beginnt manchmal der Regen bei den Konzerten im Körnerpark. Doch die zahlreichen Besucher, die am 3. August zu »Mesut Ali’s Oriental Connection« kamen, ließen sich davon nicht beirren.
Die international besetzte Band von Mesut Ali beschränkte sich nicht auf türkische Musik, sondern streckte die Fühler auch in Richtung Afrika aus. Souleyman Touré von der Elfenbeinküste zauberte faszinierende Melodien und Rhythmen aus seiner Talking Drum. Virtuos solierten auch die Bläser, Altsaxophonist Jan von Klewitz, Tenorsaxophonist Fuasi Abdul Kahliq und Trompeter Paul Schwingenschlögl. Ihr Zusammenspiel funktionierte reibungslos und sie unterstützten die Soli der Kollegen durch treibende Background Riffs. Gitarrist Mustafa Kos und Bassist Mustafa Sarisin sorgten gemeinsam mit Bandleader Mesut Ali an der Perkussion für das rhythmische Fundament und setzten die teils komplizierten Rhythmen überzeugend um.

mesut_aliMesut Ali mit Paul Schwingenschlögl.                            Foto: mr

Das gesamte Spektrum der brasilianischen Musik war eine Woche später zu hören: vom Nordwesten Brasiliens bis zu den Straßen von Sao Paulo und den Stränden von Rio. Die Musik der Band »Vatapa de Fruta Pao« war teils sanft und jazzy, dann wieder energetisch, funky und afrikanisch. Der hervorragende Sänger und Gitarrist Arnaldo Prete wurde kräftig unterstützt vom Schlagzeuger Zito Ferreira, dem Perkussionisten Peter Kuhnsch und dem Bassisten Peter Beford. Über diesem Sound schwebte das luftige Sopransaxophon von Joseph Carpentier. Die gesamte Terrasse war voll mit Menschen, die das brasilianische Flair genossen.
Ein sehr feines Jazztrio namens »Slowboy« stand am Sonntag, den 17. August, auf dem Programm. Die drei Musiker scheuten keine Mühe, die schwere Hammond B3 Orgel samt Leslie-Verstärker auf die Bühne zu bringen. Der Aufwand lohnte sich. Der Klang dieser Kultorgel begeisterte die Zuhörer. Organist Wolfgang Roggenkamp zeigte meisterhaft, was aus diesem Instrument hervorzuholen ist. Präzise, aber auch federleicht und mit viel Fantasie bei den Soli zeigte sich Kay Lübke am Schlagzeug. Gekrönt wurde das vom teils lyrischen, aber auch ausdrucksstarken und virtuosen Saxophonspiel von Jan von Klewitz.
Einige der bekanntesten Soulhits gab es eine Woche später von der »Soulband Berlin« zu hören. Die Band gibt es seit über 25 Jahren und durch ihre überbordende Spielfreude haben sie eine große Anhängerschaft erworben. Sänger Craig Burton bestach durch seine fantastische Soulstimme und animierte das Publikum zum Tanzen. Sein Kollege Lennart Mason überzeugte durch gefühlvolle Interpretationen von Hits wie »Dock of the Bay« und »What’s Going On«. Die bestens eingespielte Rhythmusgruppe mit Jürgen Papke am Bass, Holger Brekow am Schlagzeug und Clemens Gassner lieferte die Basis für die beiden Sänger. Feine Orgelsounds kamen von Stefan Mantel, Stefan Szabo am Saxophon spielte Melodien, Riffs und einige schöne Soli.
Den krönenden Abschluss der Konzertreihe setzte das »Orquesta Burundanga« am Sonntag, den 31. August. Die hauptsächlich aus Frauen bestehende Salsa-Band begeisterte mit ihrer heißen Mischung aus Salsa, Merengue und Rumba. Damit ging eine großartige Saison mit vielen spannenden Konzerten zu Ende. pschl

Musik jenseits gewöhnlicher Pfade

Ein Besuch in den Jazzclubs Neuköllns

Jede Woche eröffnen neue Bars und Kneipen in Neukölln. Einige veranstalten auch Live-Konzerte. Und manchmal gibt es auch Jazz. Aber nicht den herkömmlichen Jazz, der in den Klubs von Mitte und Prenzlauer Berg gespielt wird, sondern experimentelle und improvisierte Musik, die mit Jazz nur am Rande etwas zu tun hat. Aber nicht nur die Musik ist ungewöhnlich, sondern auch die Orte, an denen sie stattfindet.
Einer dieser Orte ist die »MaThilda Bar« an der Ecke Wildenbruch/Harzer Straße in Nordneukölln. Anfang September macht der international bekannte New Yorker Trompeter Amir ElSaffar nach Festivalauftritten in ganz Europa, unter anderem beim renommierten Jazzfest Saalfelden, Station in Berlin. Am 2. und 4. September beehrt er die »MaThilda Bar« gemeinsam mit Robin Hayward (Tuba), Hilary Jeffery (Posaune) und Trompeterkollege Paul Schwingenschlögl. Mit diesen drei Musikern trat er im April beim Ultima Festival in New York auf. Weitere illustre Mitstreiter wie der australische Schlagzeuger Tony Buck und der Oudspieler Omar Dewachi werden an den zwei Tagen mit ihm auf der Bühne stehen.
Ungewöhnlich ist auch die Musik der Gruppe »TAKABANDA«, die sich nach langer Zeit zu einer Art Reunion am 13. September im »MaThilda« trifft. Eigene Kompositionen mit viel Improvisation und mitreißenden Rhythmen erwarten den Zuhörer.
Einige Straßen weiter in der Schönstedtraße 7 nahe der Sonnenallee gibt es den Veranstaltungsort »Altes Finanzamt«. In den früheren Büroräumen gibt es vor allem experimentelle und elektronische Musik zu hören.
Fast schon ein Traditionslokal ist das »Sowieso« in der Weisestr. 24.
Regelmäßig finden dort Konzerte improvisierter Musik mit den besten Musikern aus der internationalen Improvisationsszene wie Alexander von Schlippenbach, Dag Magnus Narvesen und Johannes Bauer statt. 

pschl

Gezi-Park hautnah

Fulminante Premiere in der »Neuköllner Oper«

Mit einem politisch brisanten Stück gelang der »Neuköllner Oper« eine beeindruckende Inszenierung.
Die Besetzung des Gezi-Parks in Istanbul im Juni 2013, bei dem die Aktivisten verhindern wollten, dass in dem Park ein Einkaufszentrum gebaut wird, entwickelte sich zu einer Manifestation von gigantischem Ausmaß. Zehntausende Menschen jeder Herkunft und aller Generationen feierten auf dem Taksim-Platz und im Gezi-Park friedlich ein Fest, wie es die Türkei noch nie gesehen hatte. Wenige Tage später wurde diese überwältigende Demonstration von der Polizei mit Gasgranaten und Wasserwerfern brutal zerstört.
Die Inszenierung, die diese Ereignisse mit den Mitteln des Musiktheaters umsetzte, riss die Zuschauer bei der Premiere am 21. Augustnicht nur emotional, sondern auch physisch mit. Die Rauchschwaden, die um die Bühne waberten, ließen sie in die Atmosphäre nach dem Tränengaseinsatz der Polizei im Gezi-Park eintauchen. Verstärkt wurde diese beklemmende Stimmung durch kurze schockierende Live-Sequenzen auf der Breitbildleinwand.

nk-operFreie Medien am Taksim-Platz.                    Foto: mr

Die junge Regisseurin Nicole Oder ging ein großes Wagnis ein, in dem sie fast vollständig auf türkische Folklore verzichtete, gleichzeitig aber die türkische Sprache zu großen Teilen beibehielt und die Protagonisten als moderne, weltoffene Jugendliche zeigte, die einen scheinbar aussichtslosen Kampf gegen den Staat führen.
Hauptdarstellerin Pinar Erincin, die selbst in der Gezi-Park-Bewegung aktiv war, beeindruckt in ihrer Rolle als Leyla, einer Aktivistin der Protestbewegung, sowohl mit ihrem gesanglichen als auch schauspielerischen Talent. Teils fragil, dann wieder als harte Kämpferin, nimmt sie das Publikum mit auf eine bange Reise zwischen Hoffnung auf eine neue Generation in der Türkei und Frust wegen des brutalen Vorgehens der Polizei.
Murat Dikenci gibt sich als Präsentator eines unabhängigen Piratensenders als Biene, die den Frieden will, tanzt wie ein Derwisch, zeigt aber auch exemplarisch die Rolle der unabhängigen Medien in diesem Konflikt.
Etwas farblos geriet die Rolle des deutschen Protagonisten Ben, der mittels neuer Technik in seinen sogenannten Soundscapes die Stimmen aus aller Welt einfängt. Er verliebt sich in Leyla, doch als die Tränengasangriffe der Polizei kommen, will er fliehen. Leyla, die starke Frau, trotzt dem Angriff und flieht dann, als alles aussichtslos scheint, in die Berge.
Ein Stück, das vieles offen lässt, aber vor allem durch eine geschickte Kombination von Schauspielkunst, stimmungsvoller Musik, gekonnten Videoeinspielungen und klug gestaltetem Bühnenbild emotional aufwühlt.

psch

Frauenversteher in Britz

Sommeroper mit »Don Giovanni«

Wenn ein Wurm gro­ßen Hunger verspürt und nichts weiter zu essen da ist als eine Partitur, dann ist wieder Sommeroper-Zeit in Britz. Die Ouvertüre von »Don Giovanni« hat der Wurm gefressen, also fängt der Maestro mit dem zweiten Stück an.
»Don Giovanni«, ein Weiberheld der Extraklasse, der sich hinter einer verspiegelten Sonnenbrille versteckt und in brenzligen Situationen gerne mal seinen Diener Pasquariello vorschickt, lässt nichts anbrennen.
Dummerweise macht der selbsternannte Frauenversteher nicht davor Halt, jeder Angebeteten einen Heiratsantrag zu machen. Während Pasquariello mal wieder alles ausbügeln muss, vergnügt sich Don Giovanni schon mit der nächsten. Donna Elvira, seiner Verlobten, gefällt das eher weniger. Von Pasquariello bekommt sie eine genaue Liste der Damen, die ihr Mann schon beglückt hat. Da Papier anscheinend schon damals teuer war, sind die Namen auf des Dieners Körpers geschrieben, und Donna Elvira bekommt einen Gratisstrip der individuellen Sorte.
Der Rest ist schnell erzählt: Der hochmütige Gigolo schleicht sich mit Pasquariello auf den Friedhof und lädt die Statue des Komturs ein, den er zuvor hinterhältig getötet hat, in seinem Haus mit ihm zu dinieren. Entgegen seinen Erwartungen stimmt die Steinskulptur zu und taucht tatsächlich auf. Don Giovanni gibt sich gelassen, auch als ihn die Statue im Gegenzug zum Essen einlädt. Doch plötzlich bleibt ihm das Lachen buchstäblich im Hals stecken.
Die Sommeroper war wieder ein Gaumenschmauß mit hervorragenden Sängern und Musikern. Das Bühnenbild war einfach gehalten und erfüllte genau seinen Zweck: die Sänger standen im Vordergrund und der Zuschauer konnte sich voll und ganz auf das Geschehen konzentrieren, ohne von Kleinigkeiten abgelenkt zu werden.

cr

Blaumachen am Mittwoch

Musik und Filme umsonst und draußen

kölln, auch das südliche Neukölln hat kulturell einiges zu bieten. Seit mehreren Jahren schon läuft in der Gropiusstadt die Konzertreihe »Blauer Mittwoch«, bei der das Publikum in den Genuss von Konzerten umsonst und draußen kommt.

blauer mittwochTratschen und Ratschen im Takt.                                   Foto: mr

Vorwiegend Leute aus der unmittelbaren Umgebung besuchen diese Konzerte auf dem Lipschitzplatz, machen es sich auf den Liegestühlen mit dem speziellen »Blauer Mittwoch«-Design gemütlich oder sitzen entspannt an den Biertischen. Sehr beliebt ist Country & Western und Rock `n‘ Roll. Dementsprechend voll war es beim Eröffnungskonzert am 6. August, als die Band »4CASH« Johnny Cash würdigte und mitreißenden Rock `n‘ Roll zum Besten gab. Genauso enthusiastisch reagierten die Zuhörer eine Woche später, als »Simone und die Flotten Drei« Schlager aus der guten alten Zeit präsentierten.
»Juanita Olaya und Guarapo« nahmen die Zuhörer am 20. August mit auf eine musikalische Reise durch Lateinamerika. In eine ganz andere Richtung ging die Reise eine Woche später. Da wartete das »Trio SCHO« mit mitreißenden russischen Songs und fetzigen Rhythmen auf. Den krönenden Abschluss am 3. September machen dann wieder mal die »Flintstones« mit Big-Band-Sound vom Feinsten.
Neben den Konzerten bietet das Gemeinschaftshaus Gropiusstadt in Kooperation mit dem Kinder- und Jugendclub »Abenteuerspielplatz Wildhüterweg« Filme bei freiem Eintritt unter freiem Himmel an. Gezeigt werden sie entweder im Hof des Gemeinschaftshauses oder auf dem Gelände des Jugendzentrums. Ein Renner war der Streifen »Fack Ju Göhte« am 22. August, der so gut besucht war, dass die Liegestühle und Bänke fast nicht mehr ausreichten. Die politisch herrlich inkorrekte Komödie über Lehrer und Schüler fand großen Anklang.
Weitere Filme werden dann im September auf dem Abenteuerspielplatz am Wildhüterweg gezeigt: am 5. September »Rhythm is it« und am 12. September passend zum Abschluss »Das Beste kommt zum Schluss«. 

pschl

Unheiliges Kraut: die Schafgarbe

Von der Kirche gefeiert, obwohl es die Abtreibung ermöglicht

Mariä Himmelfahrt ist der größte weibliche Feiertag der katholischen Kirche. Zu dieser Zeit wachsen Johanniskraut, Schafgarbe, Thymian Rainfarn am Straßenrand und blühen in allen Farben. Die katholische Kirche erinnert immer am 15. August an diese und viele weitere Wild­kräuter seit Jahrhunderten mit der Kräuterweihe zu Mariä Himmelfahrt. Es ist eines der ältesten Marienfeste und hat seinen Ursprung im fünften Jahrhundert. Bei dieser Kräuterweihe werden die Pflanzen zu einem Strauß gebunden oder mit in einen Korb gesteckten Heilkräutern, geweiht. Anschließend werden sie getrocknet und in Haus und Hof aufbewahrt. Dies soll vor Krankheiten bewahren und Segen bringen.

scharfgabegefiederte Blätter sind ihr Kennzeichen.Foto: mr

Die Schafgarbe (Achillea milleffolium) ist ein typisch mitteleuropäisches Kraut, das bis in fast 2000 Meter Höhe wächst. Der Gattungsname geht auf Achilles, den sagenhaften Helden des trojanischen Krieges zurück, der, wie bei Homer beschrieben, die Pflanze als Heilmittel entdeckt und zur Wundheilung verwendet haben soll. Im Altertum soll die Schafgarbe ebenfalls zur Stillung von Blutungen verwendet worden sein.
Das Kraut hat weit über 50 verschiedene Namen (Augenbraue der Venus, Blutstillkraut), je nach Gegend.
Die Schafgarbe ist ein absolutes Frauenkraut. Dass Frauen es während der Schwangerschaft nicht zu sich nehmen dürfen, zeugt von seiner Abtreibungswirkung. Das Kraut wird meist bei Menstruationsproblemen und bei Wechseljahrsbeschwerden eingesetzt.
Bei Männern zeigt das Kraut übrigens keine Wirkung, außer vielleicht den Segen, falls es geweiht wurde.
Im Frühjahr können die jungen Blätter der Schafgarbe einem Wildkräutersalat oder einer Wildkräuterbutter beigemischt werden. Die Pflanze blüht von Juni bis zum Frost.
Bei uns wächst sie fast überall, am Wegesrand, im Park oder, oder, oder… Wir sammeln die Blütenköpfe und lassen sie mindestens eine Woche trocknen, am besten nicht direkt in der Sonne.
Wenn wir uns einen Tee kochen wollen, nehmen wir zwei Teelöffel Kraut auf einen Becher und gießen es mit kochendem Wasser auf und lassen ihn acht bis zehn Minuten ziehen. Der Tee kann mit Honig gesüßt werden, da er leicht bitter schmeckt. Die Schafgarbe kann zur Verstärkung der Wirkung mit Beifuß gemischt werden. Dieses Kraut stellt Kiez und Kneipe im nächsten Monat vor.

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Liebe auf Zeitreise

Ein neuer Neukölln-Roman mit viel Lokalkolorit

Claudia Atts hat lebhafte Träume. Zumeist träumt sie jeden Traum nur einmal, diese Szene in der U-Bahn jedoch, die Begegnung einer Frau mit einem gutaussehenden Mann, verfolgte sie unerbittlich. Schließlich beschloss sie, die geträumten Dialoge aufzuschreiben, um den Traum endlich loszuwerden. »Und schon waren die ersten sechs Kapitel geschrieben«, verrät Claudia Atts.
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»Die dicke Linda« ist am Start

LindaNeues Leben auf dem Kranoldplatz. Nach zehnjähriger Abstinenz ist der Markt wieder da.   Foto: fh

Neuer Landmarkt auf dem Kranoldplatz

»Linda«, die Namensgeberin des Marktes, ist eine sehr wohlschmeckende und besondere Kartoffelsorte, die vor einigen Jahren beinahe ausgestorben wäre, weil sie nicht mehr als Saatgut verkauft werden durfte. Aufgrund einer gemeinsamen Initiative von Verbrauchern, »Slow Food«, »Bioland« und der »Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft« hat das Bundessortenamt »Linda« 2010 wieder zugelassen und in die deutsche Liste für Pflanzkartoffeln aufgenommen. Natürlich gibt es »Linda« auch auf dem neuen Landmarkt am Kranoldplatz, der am 26. Juli seine Premiere feierte, am Stand von Bio-Bauer Klaus zu kaufen.
Vier Jahre lang blickte Theresa Dühn, die Ini­tiatorin des Marktes, von ihrem Balkon auf die Ödnis des Kranoldplatzes und überlegte, wie man den Platz wieder zu einem belebten Treffpunkt für die Anwohner machen könnte. Viele ältere Anwohner erzählten ihr von dem Wochenmarkt, den es früher hier gab. Als sie im vergangenen Jahr für ihren Arbeitgeber, eine brandenburgische Bio-Molkerei, einen Markt mit Erzeugnissen aus der Region organisierte, reifte die Idee heran, den Kranoldplatz wieder als Marktstandort zu etablieren.

Linda2Wer hat die dicksten Kartoffeln?                      Foto: fh

Das Besondere an dem Marktkonzept ist, dass sämtliche Produkte aus Berlin und Brandenburg direkt von den Erzeugern kommen. Die Angebots­palette reicht von Honig aus Britz, naturbelassenen Speiseölen von der »Ölmühle Altglienicke« oder handgemachtem Bio-Eis vom »Atelier Cacao« über Naturaufstriche, Pesto und Gelee von »LausiKo« bis hin zu Schaf- und Kaninchenfellen von der »Gerberei Oettrich«. Theresa Dühn: »Auf dem Markt gibt es ausschließlich Frisches direkt vom Hof und Handgemachtes von kleinen Herstellern. Die Leute sollen wieder einen Bezug zur Herkunft der Produkte bekommen und direkt mit den Erzeugern in Kontakt treten können.«
Kommunikation liegt Theresa Dühn sehr am Herzen. Deshalb sind auch rund um den Markt Bierbänke und Tische aufgestellt, an denen die Besucher einen Kaffee von »Mamma Berlin« trinken und miteinander ins Gespräch kommen können. Das Konzept scheint aufzugehen: »Ich hab noch nie so viel Leben auf dem Platz gesehen«, meint eine Anwohnerin zu ihrer Begleitung mit einem strahlenden Lächeln.
Sollten die nächsten beiden Termine im August und September ebenso erfolgreich verlaufen wie der erste Markttag, soll der Markt im nächsten Jahr von Ostern bis zum Herbst wöchentlich stattfinden. Dann wäre der Traum von Theresa Dühn verwirklicht und der Kranold- sowie der benachbarte Körnerkiez um eine Attraktion reicher.

rb
DIE DICKE LINDA – Landmarkt auf dem Kranoldplatz, 12051 Berlin.
Nächste Termine: 30. August und 27. September,
jeweils von 10 bis 16 Uhr,
www.dicke-linda-markt.de,
www.facebook.com/dickelindamarkt

Stolperstein für Kantorowsky

Migranten von heute erforschen das Leben von Juden in der Nazizeit

Die Sonne scheint, von schlechtem Wetter keine Spur. Für die Politik-AG der »Ernst-Abbe-Schule« war es ein denkwürdiger Tag, als vor dem Haus in der Sonnenallee 68 ein Stolperstein für Hans Erich Kantorowsky gesetzt wurde. Besonders stolz sind sie darauf, dass er nicht nur in der Sonnenallee gewohnt hat, sondern auch auf ihre Schule gegangen ist.

Stolpersteinverlegung (2)Der große Moment.                                                                  Foto: cr

Vor zwei Jahren haben eine Handvoll Schüler unter der Leitung von Herrn Ebert mit ihren Recherchearbeiten begonnen. Gülhan Tabak und Amira Qandoul gehen in die zehnte Klasse und sind von Anfang an mit Herzblut dabei. »Als ich gehört habe, dass die alten Zeugnisse in den Archiven liegen, wollte ich unbedingt nachsehen«, sagt Gülhan. Die beiden Mädchen mit Migrationshintergrund können sich mit der Geschichte identifizieren. Beleidigungen, angespuckt werden, das war manchmal an der Tagesordnung. Dass es Menschen gibt, denen es schlimmer erging, macht sie traurig. Umso wichtiger finden sie es, die deutsche Geschichte auch anderen näherzubringen.
»Am Anfang waren wir zu sechst«, erzählen sie. Dann waren sie nur noch zu viert, doch seit dem letzten Projekt sind sie etwa 14 Schüler. Auf die Frage, wer die Projekte ausgesucht hat, antworten sie: »Herr Ebert hat uns die Projekte vorgeschlagen und uns gefragt, welches wir am liebsten machen wollen. Wir haben gesagt, dass wir alle machen wollen.«

Stolpersteinverlegung (8)Festakt in der Schule.                                                         Foto: cr

Also begannen sie mit einem Film über einen Zeitzeugen, es folgte eine Broschüre und zu guter Letzt die Recherchearbeiten, die zur Stolpersteinverlegung führten. Besonders stolz waren die Schüler, dass die Nichte von Hans Erich Kantorowsky mit ihrem Mann extra aus San Fransisco angereist war, um der Festlichkeit beizuwohnen. Eva Kantorowsky, seine Schwester, konnte leider nicht dabei sein, aber die Schüler würden gerne nach San Francisco fliegen, um sie zu besuchen. 

cr

Verkehrschaos in Rudow?

Die Auswirkungen eines zukünftigen BER auf das Rudower Verkehrssystem

Auch auf die Rudower Spinne wird der Bau des neuen Flughafens erhebliche Auswirkungen haben, weshalb die SPD Rudow am 2. Juli zu einer Diskussion mit Vertretern der BVG in die »Alte Dorfschule« einlud.
Um das höhere Passagieraufkommen nach der Eröffnung des BER, die wohl eines Tages stattfinden wird, am U-Bahnhof Rudow zu bewältigen, ist eine Vergrößerung der Ausgänge geplant. Diese sollen zudem überdacht werden, damit zukünftige Reisende nicht im Regen stehen müssen. Deshalb sollen vier Bäume ersatzlos gefällt werden, dies sei jedoch «unumgänglich». Größeren Unmut unter den Anwesenden rufen jedoch die bevorstehenden Änderungen bezüglich der Busse hervor. So soll der Radweg im Bereich der Haltestellen abgeschafft werden und eine gemeinsame Bus-Radspur entstehen. Von Seiten der BVG wird dies als Entschärfung des Konflikts «unbedarfte Busaussteiger/Radweg» angesehen, von den Rudowern eher als Verdrängung der Radfahrer auf das gefährliche Straßenpflaster.

Als die ebenfalls geplante Verlegung der Buslinie 171 von Alt-Rudow in die Neuköllner Straße zur Sprache kommt, schlägt die anfängliche Missbilligung der Bürger für das Projekt in Wut um. Die Rudower haben Angst vor einer Verödung des lange Zeit absichtlich geförderten Rudower Ortskerns. Dort befinden sich etwa 190 Betriebe, viele Ärzte und gesundheitliche Einrichtungen, die besonders auf einen guten Anschluss ans Verkehrsnetz für ihre Kunden und Patienten, die oft nicht mehr gut zu Fuß sind, angewiesen sind. Hier beschwichtigen die Vertreter der BVG und bemerken, dass der Abstand zu den neuen Bushaltestellen lediglich 150 bis 200 Meter beträgt. Generell bringe die Verlegung Vorteile: durch weniger Abbiegeverkehr an der Spinne profitiere der Verkehrsfluss, und überhaupt wäre der Verkehrsknotenpunkt U-Bahnhof Rudow selbst mit erhöhtem Aufkommen noch lange nicht an der Spitze im Berliner Vergleich.
Doch das ist ein schwacher Trost für die Rudower, die befürchten, dass durch die Neuerungen an der Spinne alles im Chaos versinken wird. Was vielleicht nicht verwunderlich ist, schließlich ist der BER und alles was mit ihm zusammenhängt nicht gerade ein Symbol für Ordnung und gelungene Planung.

tj

Holt die Stifte raus!

Malwettbewerb für Kinder und Jugendliche

Es gibt Neuigkeiten aus dem Körnerkiez. Die Kiezzeitung »Körnerpost« hat eine neue Rubrik, das »Körnchen«. Um die Rubrik künstlerisch interessanter zu gestalten, sucht die Zeitung nach Bildern mit Geschichten aus dem Kiez. Diese sollen alle drei Monate auf der letzten Seite der Zeitung erscheinen.
Angesprochen werden mit dem Aufruf Kinder und Jugendliche aus dem Körnerkiez, die ihre Werke an das Quartiersbüro Körnerpark schicken können.
Das Ganze ist als Wettbewerb ausgelegt, Einsendeschluss ist der 15. September. Wer also gerne malt, sollte sich Stifte, egal, ob Bunt-, Wachs- oder Filzstifte, und Papier schnappen und loslegen. Gerne gesehen sind auch Collagen, Stempelbilder oder Drucke.

Die Bilder sollen entweder im DIN A4-Format oder auf einem quadratischen Blatt Papier mit den Maßen 21×21 cm eingereicht werden, damit beim Einscannen noch etwas erkennbar ist. Mit Namen, Alter und Adresse versehen sowie einer kleinen Geschichte, was das Bild zeigt, können die Werke beim Wettbewerb berücksichtigt werden.
Zu gewinnen gibt es unter anderem Lego-Bausätze, Bücher und Spiele. Also ran ans Werk!

cr
Quartiersbüro Körnerpark, Emser Str. 15

Himmelhoch über Neukölln

Gute Aussichten in der »Skylounge« in Gropiusstadt

Ganz Berlin erstreckt sich vor einem, man sieht, wo es gerade regnet, wo ein Feuerwerk gezündet wird und der eh schon schneidige Berliner Wind weht einem mit voller Kraft um die Ohren. Es ist ein atemberaubendes Naturerlebnis, auf der Terrasse der Skylounge zu stehen, gleichzeitig aber auch ein unglaublich urbanes Gefühl, denn die Stadt mit all ihren Lichtern strahlt in ihrer chaotischen Ordnung herauf. Kein Wunder, dass jeder gerne hierher kommt, von Jugendlichen bis zu älteren Herrschaften, die gemütlich bei Kaffee und Kuchen die Weite des Himmels genießen.

degewo-barEin Platz zum »Fensterln«.                                                 Foto: cr

Das freut den 24-jährigen Geschäftsführer Flo, der die »Skylounge« mit seinem Partner Martin schon im letzten Sommer betrieben hat. Das Konzept der beiden hatte die Wohnungsbaugesellschaft »degewo« bei ihrer Ausschreibung für die Räume überzeugt. Auch die Anwohner sind glücklich, endlich bewege sich was im Kiez, und wünschen sich ein dauerhaftes Bestehen der Bar.
Besonders stimmungsvoll sind natürlich die Sonnenuntergänge, die man bei einem Cider oder einem Bier von den hölzernen Stufen auf der 180 Grad Terrasse beobachten kann. Innen spielt entspannte elektronische Musik, jeden Freitag steht ein DJ an den Plattentellern und immer wieder werden Live-Bands eingeladen. Auch für den kleinen Hunger in luftiger Höhe ist mit Flammkuchen oder Nachos mit Käse gesorgt. Ganz nach dem Motto »Kultur für den Kiez«, organisiert Florian, der vor drei Jahren die Veranstaltungsagentur »Cap Events« gegründet hat, direkt an der U-Bahn- Station Wutzkyallee alle zwei Wochen ein Open-Air-Kino.

degewo-bar2Ganz oben, aber tiefenentspannt.                                                Foto: cr

Bis zum 5. September werden hier abwechselnd Klassiker und aktuelle deutsche Kinofilme gezeigt. Also das perfekte Setting für einen lauen Sommerabend, der mit Open-Air-Kino beginnt und mit einem Drink über den Dächern Berlins seinen krönenden Abschluss findet.

jt

Skylounge, Joachim-Gottschalck-Weg 1, 26. Stock.

Öffnungszeiten bis 9.9.14 Di-Fr 15-24Uhr,

Infos zur Bar und zum Open-Air-Kino auf
www.degewo.de

Dem ist kein Kraut gewachsen

Giersch: Der Allrounder unter den Wildkräutern

Wird ein Hobby-Gärtner gefragt, was die eierlegende Wollmilchsau unter den Pflanzen alles können müsste, würde er antworten, dass sie Gemüse-, Gewürz- und Heilpflanze in einem sein sollte, wertvolle Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine enthalten muss, schnell nachwächst, vom Geschmack zu Suppen, Salaten, Kartoffeln, Nudeln und Eierspeisen passt und dabei immer wieder neue Geschmacksrichtungen entfaltet. Reste der Pflanze müssten als Mulch auf den Beeten den Boden mit neuen Nährstoffen versorgen.
Nichts leichter als das. Leider rümpfen die meisten Gartenbesitzer die Nase, wenn sie den Namen dieses Alleskönners hören. Giersch! Oh nein, Giersch ist Unkraut, wuchert durch die Gärten und wächst bei jedem Ausrottungsversuch nur noch mehr. Dennoch bleibt es wie es ist: Giersch ist ein Allroundtalent.

 

KONICA MINOLTA DIGITAL CAMERAUnkraut vergeht nicht.                                                   Foto: mr

Wer keinen Garten hat, findet ihn überall in der Natur. Sobald der Boden durch die ersten Frühlingssonnenstrahlen erwärmt wird, sprießt er und entfaltet sich in Windeseile. Die zarten ersten Blätter schmecken hervorragend im Salat. Der Geschmack erinnert an Petersilie und Sellerie. Ältere Blätter lassen sich wie Spinat kochen. Sie sind geschmacksintensiv und passen zu Nudeln, Pizza oder als Backzutat für Kräuterbrote. Die Blüten munden hervorragend in Kräuterlimonade und verfeinern viele Suppen. Getrocknete Blätter dienen ungefähr ein Jahr lang als Gewürz und ersetzen hier die Petersilie.
Die Volksheilkunde schätzt Giersch bei Rheuma und Gicht.
Zum Schluss ein Tipp für alle Hobbygärtner: Wer den Gierschwuchs im Garten wirklich stoppen möchte, sollte die Pflanze auf gar keinen Fall aushacken. Die zerstoßenen Wurzeln bilden neue Triebe. Lieber den Giersch regelmäßig ernten. So kann der Wuchs unter Kontrolle gebracht werden. Wer unkontrollierte Natur liebt, der wartet ab und schaut, wohin es den Giersch treibt. Vorher bitte ein gutes Wort für diese Wunderpflanze beim Nachbarn einlegen, sonst könnte es böse enden.

kh

»Wenn ich in Deutschland etwas zu sagen hätte …«

kinder_an _die_MachtSchüler tragen Politikern ihre Anliegen vor.                                          Foto: rb

Neuköllner Schüler diskutieren mit der Bildungsstadträtin

Ein ungewohntes Bild bot sich beim »Kindergipfel« am 26. Juni im BVV-Saal des Neuköllner Rathauses. Wo sonst die Bezirksver­ordneten der Parteien schön nach Fraktionen getrennt sitzen, tummelten sich Kinder aus neun Neuköllner Schulen des »Bildungsverbundes Gropiusstadt«.
Unter dem Motto: »Wenn ich in Deutschland etwas zu sagen hätte, dann würde ich…« trugen die Schüler im Alter von zehn bis 14 Jahren ihre Vorschläge als Rede an die Bundeskanzlerin vor, was sich aus ihrer Sicht in unserem Lande ändern müsste. Stellvertretend für die Kanzlerin saß die Neuköllner Bildungsstadträtin Franziska Giffey neben dem Rednerpult und hörte den Texten der Schüler aufmerksam zu.
Die kurzen Reden verfügten über ein großes Themenspektrum. Nationale Fragen wie gerechtere Steuern oder Mindestlohn kamen ebenso zur Sprache wie der Hunger in Afrika, die NSA oder der Krieg in Syrien.
Das Bemerkenswerte an den Vorträgen war, dass die Schüler bereits ein feines Gespür für die drängenden Probleme in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld bewiesen. So ist Nina aus der sechsten Klasse bereit, »…persönlich auf die Straße zu gehen, um die Umwelt zu schützen« und Can aus der sechsten Klasse würde »…niemals zulassen, dass das Tempelhofer Feld bewohnt wird.« Danielle aus der fünften Klasse würde gerne »…die Schulen bunter anstreichen, damit die Kinder mehr Lust auf Schule bekommen.«
Franziska Giffey, sowie der ebenfalls anwesende Schirmherr der Veranstaltung Frank Bielka, Vorstandsmitglied der Berliner Wohnungsbaugesellschaft »degewo«, dürften diesen Beiträgen mit gemischten Gefühlen zugehört haben. Bei der regen Diskussion mit den Schülern gingen sie auf die speziellen Sorgen der Schüler konkret ein und versuchten, ihre Sichtweisen für die Kinder verständlich darzulegen.
Zum krönenden Abschluss der gelungenen Veranstaltung lud Franziska Giffey die Schüler noch auf die Aussichtsplattform des Neuköllner Rathausturms ein, »die sonst nur besonderen Gästen vorbehalten ist«, von wo aus sie den wunderbaren Ausblick über ihren Bezirk genießen konnten.

rb

Powerkraut schenkt Energie

Löwenzahn, ein vielseitiges, überall zu findendes Zaubergewächs

Löwenzahn besitzt eine hohe Widerstandskraft. Wird das Kraut herausgerupft, wächst es schnell nach. Darüber sollten wir uns freuen, denn genau diese Widerstandsfähigkeit schenkt uns die Löwenzahnwurzel mit –kraut (Taraxaci radix cum herba), wenn wir die Heil- und Küchenpflanze richtig anwenden. Bevor die Mähmaschinen auf dem Tempelhofer Feld diese tolle Pflanze aus der Familie der Korbblütler wieder niederstrecken, pflückt sie euch für Salate, Tees, Wein, zur Kaffeeröstung oder zur Herstellung leckerer Green Smoothies. Da ich hier nicht auf alle Zubereitungen eingehen kann, empfehle ich das Internet.
Löwenzahn hat einen positiven Einfluss auf das Verdauungssystem. Die Pflanze steigert die Magensaftsekretion, wirkt krampflösend und beugt Völlegefühl vor. Wer unter Magenproblemen leidet, sollte seine Mahlzeiten mit Löwenzahn aufpeppen und ihn als Spinat, Suppe oder im Salat genießen.
Täglich drei Tassen Löwenzahntee unterstützen das Verdauungssystem und regen Galle und Leber an, sodass der Fettstoffwechsel verbessert wird. Für den Tee eignen sich die Wurzeln und die frischen Blätter. Die letzte Tasse sollte jedoch – wegen der diuretischen Wirkung – spätestens zwei Stunden vor dem Zubettgehen getrunken werden. Um die durchspülende Wirkung des Löwenzahns zu unterstützen, werden zusätzl ich zwei Liter Wasser pro Tag getrunken.

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Bald eine Pusteblume.                                    Foto: mr

Die Kommission E, die selbstständige, wissenschaftliche Sachverständigenkommission für pflanzliche Arzneimittel des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, bestätigt dem Löwenzahn seine positive Wirkung auf Verdauungssystem, Niere und Blase. Die Volksheilkunde (überliefertes Wissen) geht weiter und vertraut der gelben Blüte mit den gezahnten Blättern auch bei Diabetes, Wundheilungsstörungen, Immunschwäche, Akne, Warzen und Hühneraugen. Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen, nur sollte eine Pflanze nicht für sämtliche Krankheiten herhalten müssen. Jeder Mensch ist individuell und wird somit unterschiedliche Erfahrungen machen.

km

EU – mehr als Gurken und Bananen?

Fördermittel der EU für Neukölln

Die EU, ein für die meisten Menschen völlig abstraktes und unüberschaubares Gebilde, wird oft mit unsinniger Bürokratie und überflüssigen Normen assoziiert, wie etwa Regelungen zu Gurkenkrümmungsgraden oder Bananendurchmessern. Doch was bringt die EU den Bürgern konkret? Wo ist die EU in Neukölln, speziell in Rudow? Um diese Fragen ging es am 20. Mai in der Alten Dorfschule Rudow bei der von der SPD-Rudow organisierten Veranstaltung, zu der die Europabeauftragte Neuköllns, Cordula Simon, eingeladen war.
Anders als vielleicht angenommen, fließt eine Menge EU-Geld in Form von Fördermitteln nach Neukölln. Simon meinte, sie sei selbst immer wieder »überrascht, wer alles etwas mit EU-Geld macht«. Vor allem Mikroprojekte, also kleinere Projekte, die mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden, sind zahlreich, aber eher in Nordneukölln zu finden als im Süden, wo es gerade noch zwei Antragsteller aus Gropiusstadt gibt. Dabei seien diese oft mehr wert als große Projekte mit hohen Fördersummen, so Simon. Ein Grund für dieses völlige Ausbleiben von Anträgen auf Fördermittel aus Rudow ist wohl ein Mangel an Kommunikation sowie die oft negative Haltung der EU gegenüber. Die Chancen, eine EU-Förderung zu erhalten, sind dabei sogar sehr gut. Je nach Ausschreibung können sich staatliche Stellen, Schulen oder auch Privatpersonen bewerben. Die Ansprüche und der Aufwand variieren, doch Unterstützung bekommen alle bei einem Fördergespräch mit Cordula Simon.
Meist zielen die Förderprojekte in Richtung Arbeitsmarkt, Jugend oder Ausgleich von Benachteiligungen. So gibt es Initiativen, die Jugendlichen bei der Orientierung nach dem Schulabschluss helfen oder Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg in den Beruf ermöglichen. Die Europabeauftragte betonte aber, dass jede Art der Förderung stets mit viel Engagement, Motivation und Freizeitaufwand verbunden sei, was auf viele abschreckend wirke. Bis zur nächsten Ausschreibung 2015 ist es daher wichtig, eine breitere Wahrnehmung der Förderprojekte zu schaffen, denn die EU ist eine »offene Tür«, die auch den Rudowern zahlreiche Möglichkeiten bietet.

jt

Stadtteiltag in Gropiusstadt

Bürger fragen – Politiker antworten

Es gibt viele Versprechen, die selten eingehalten werden. Umso schöner ist es, wenn ein Flyer die Runde macht, der zum Stadtteiltag mit Erol Özkaraca einlädt. Und zwar nicht irgendwo in Nordneukölln, sondern tatsächlich in der Gropiusstadt.
Der gebürtige Hamburger, der selbst einige Zeit in Rudow verbracht hat, wollte sein Versprechen einlösen, sich auch um den Süden Neuköllns zu kümmern.
So saß er also im Frauencafé, zu dem normalerweise keine Männer Zutritt haben und eher einen Tritt anderer Art bekommen. Begleitet wurde er von Sylvia-Yvonne Kaufmann von der SPD, die für Europa-Fragen zur Verfügung stand. Leider wurde dadurch der Veranstaltungshintergrund von einigen missverstanden, sodass viele der Ansicht waren: »Neukölln ist ja jetzt nicht wichtig, wir sind ja hier, um über Europa zu sprechen.«

StadtteiltagNeuköllner SPD-Politiker stellen sich in der Gropiusstadt.     Foto: cr

Thema war unter anderem die Schließung der Postbank vor knapp zwei Jahren. Dabei wurde klar, dass die vorwiegend älteren Gropiusstädter sich bereits verstärkt dafür eingesetzt haben, dass diese wiedereröffnet wird. Erol Özkaraca versprach, einen Extratermin zu vereinbaren, um noch mal auf die angesprochenen Probleme einzugehen.
Der zweite Anlaufpunkt war das »ImPuls«, ein Interkulturelles Zentrum im Gemeinschaftshaus. Julia Pankratyeva, Leiterin des Vereins, organisiert regelmäßig Veranstaltungen, bei denen verschiedene Kulturen aufeinandertreffen und mit Vorurteilen aufgeräumt werden kann. Leider sind diese aufgrund mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten gefährdet.
Der anschließende Rundgang, zu dem alle eingeladen waren, bot einen Einblick in die derzeitige Situation der Gropiusstadt. Es gibt viele Angebote für Kinder, allen voran das »MANNA«. Die Bedürfnisse der Älteren bleiben oft auf der Strecke.
Die Tour endete am Campus Efeuweg, der den Ort für die letzte Infoveranstaltung an diesem Tag bot. Sylvia-Yvonne Kaufmann wurde von Franziska Giffey abgelöst, die zur Diskussion mit dem Schulleiter der Liebig-Schule einlud.

cr

Holunder wirkt Wunder

Zweimal im Jahr tolle Ernte

Im Herbst haben wir über die Holunderbeere/Fliederbeere geschrieben. Jetzt ist Erntezeit für die duftende Holunderblüte, die nicht nur Grundlage des leckeren Hugos ist. Wer auf den gekauften Holunderblütensirup verzichten möchte, geht jetzt selbst in die Natur, pflückt die weißen Dolden und setzt damit folgendes Rezept an:
30 Dolden Holunderblüten
5 Liter Wasser
1 Kilo Zucker
2 Biozitronen
50 g Zitronensäure oder Saft von 3 Zitronen
Zucker mit Wasser vermengen. Holunderblüten in einen Topf legen und mit Zuckerwasser auffüllen. 2 Biozitronen in Scheiben schneiden und dazugeben. Deckel drauf und 4 Tage ruhen lassen. Den Sud mit Zitronensäure oder Zitronensaft aufkochen, abkühlen lassen und abseihen. Sirup in Flaschen füllen. Mit Wasser oder Sekt (für Hugo) verdünnen, Minzblätter und Eiswürfel dazugeben.

hollerblueteimtopfHolunderblüten mit Zitrone.     Foto: km

Mit getrockneten Holunderblüten lassen sich das ganze Jahr über Tees zubereiten. Dafür müssen die Dolden auf einem großen Stück Papier ausgebreitet und ab und an gewendet werden. Am besten lassen sich die Blüten im Schatten trocknen. Die pralle Sonne ist dafür nicht geeignet. Zur Herstellung eines Tees wird ein Teelöffel der getrockneten Blüten mit 150 ml Wasser übergossen und fünf Minuten zugedeckt ziehen gelassen. Der Tee stärkt den Kreislauf, fördert den Stoffwechsel, lindert Magenschmerzen und Blähungen, wirkt entwässernd und lindert Fieber und Erkältungskrankheiten. Zur Befreiung der Atemwege wird der Tee inhaliert. Hierfür werden acht gehäufte Teelöffel Holunderblüten mit einem Liter kochendem Wasser übergossen. Die aufsteigenden Dämpfe zehn Minuten lang einatmen.
Zum Schluss noch die Einschlafhilfe mit Holunderblütenmilch: Vier frische Holunderblütendolden in einem halben Liter Milch erhitzen, 90 Minuten ziehen lassen, Vanillezucker nach Belieben hinzugeben. Die Milch noch einmal kurz erwärmen, dann die Blüten abseihen und die Holunderblütenmilch eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen trinken. Hilft übrigens auch an miesen Tagen, an denen die Laune im Keller wütet. Verbessert die Stimmung!

km

»Im Namen des Volkes«

So beginnt jede Urteilsverkündung, der Souverän spricht ständig Recht. Die Berliner Verfassung sagt dazu in Artikel 2: »Träger der öffentlichen Gewalt ist die Gesamtheit der Deutschen, die in Berlin ihren Wohnsitz haben.« Und in Artikel 3.1: »Die gesetzgebende Gewalt wird durch Volksabstimmungen, Volksentscheide und durch die Volks­vertretung ausgeübt, die voll­ziehende Gewalt durch die Regierung und die Verwaltung sowie in den Bezirken im Wege von Bürger­entscheiden.«
Nun hat der Souverän Recht geschrieben. Das »Gesetz für den Erhalt des Tempelhofer Feldes« (THF-Gesetz) ist das erste Gesetz in der Berliner Geschichte, das vom Volk fürs Volk erarbeitet worden ist. Das ist eine Sternstunde der Bürgerbeteiligung.
Willy Brandt, Berliner Bürgermeister 1957 – 1966, wäre stolz auf uns Berliner: »Wir haben mehr Demokratie gewagt.«

Beate Storni

»Viva la vital«

Generationsübergreifendes Miteinander

Dem Mangel an nachbarschaftlichen Treffpunkten hat »Viva la vital« in der Mohriner Allee 30-36 ein Ende gesetzt. Nach langen Bauarbeiten konnte am 9. Mai feierlich der neue Nachbarschaftstreff gegenüber vom »Britzer Garten« eröffnet werden.
Hier soll sich ein Treffpunkt entwickeln, an dem sich Menschen unabhängig ihrer Herkunft, ihres sozialen Status´ und Alters willkommen fühlen sollen. Im ersten Obergeschoss befindet sich ein heller großer Raum, in dem sportliche Aktivitäten angeboten werden. Ein schicker Umkleideraum und Duschen erfüllen die hygienischen Wünsche nach schweißtreibenden Aktivitäten. Die neuen Besucher werden darüber entscheiden, wie das künftige Angebot aussehen wird. Ideen gibt es bereits. Die Mitarbeiter haben ein Spektrum von Gymnastik bis Break Dance im Angebot.
Das ausgesprochene Ziel, das die Geschäftsführerin Sylvia Gardzilewski immer wieder formuliert, ist, dass soziale Gruppen aufgebrochen werden und sich vermischen. Alt soll mit Jung ins Gespräch kommen, Migranten mit Deutschen, Kranke mit Gesunden.
Der erste Kontakt kann im offenen Clubbereich mit ganztägigem Cafébetrieb entstehen. Bei frisch gebackenen Kuchen und selbstgemachten Snacks, beides ist sehr zu empfehlen, fällt das Gespräch leicht. Wer mag, kann sich auch ein Buch nehmen und ein wenig lesen. Bei den Gesellschaftsspielen, die für die Gäste auszuleihen sind, lernen sich Menschen noch einmal anders kennen, auf jeden Fall mit viel Spaß. Auch hier können interessierte Gäste an neuen Aktivitäten mitgestalten. Vielleicht entsteht ja ein Literaturzirkel, eine Handarbeitsgruppe oder ein Chor. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Neuköllner, die neue Kontakte knüpfen und Einfluss auf die Zukunft des Nachbarschaftstreffpunkts nehmen wollen, seien an dieser Stelle aufgerufen, diese Chance wahrzunehmen und sich einzumischen.

ro

Positionen zum Tempelhofer Feld. Kiez und Kneipe Neukölln hat hier den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, ihre Positionen zu dem bevor stehenden Volksentscheid darzustellen. Es handelt sich hier nicht um die Meinung der Redaktion

Bürgerinitiative 100 % Tempelhofer Feld

Unser Feld, unsere Stadt

Als das Tempelhofer Feld vor vier Jahren der Öffentlichkeit zugänglich wurde, hatte keiner erwartet, dass es sich zur beliebtesten Freifläche und Spielwiese Berlins mit über zwei Millionen. Besuchern im Jahr 2013 entwickeln würde. Hier tobt das Leben. Kinder radeln über die alten Rollbahnen, Jungs lassen ihre Drachen steigen oder flitzen auf ihren Surfbrettern über den Asphalt. Es ist Platz fürs »Urban Gardening«, ebenso wie fürs gemütliche Picknick mit Freunden oder der Großfamilie. Doch wenn es nach den Plänen von SPD und CDU geht, soll . fast die Hälfte des Feldes massiv bebaut oder umgemodelt werden. Die geplanten Baufelder an der Oderstraße würden weit in die zentralen Wiesenflächen hineinreichen. Die jetzigen Nutzungsflächen, wie die Neuköllner Terrassen, die Grillwiesen, die Hundeausläufe und auch die umlaufende Rollbahn (Taxiway) würden bebaut.

Rollbahn (8)_swDieser Ausblick wird verbaut                                      Foto:mr

Bei ihrer Werbekampagne für die Bebauung verschweigen der Senat und seine Bündnispartner aus der Immobilienlobby, dass die Hälfte der Baufläche für Gewerbe vorgesehen ist. Nur neun Prozent der Baufläche ist für »bezahlbare« Wohnungen reserviert.
Der Senat und die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften versprechen »bezahlbare« Neubau-Mieten zwischen sechs und acht Euro kalt. In Berlin, wo das mittlere Nettomonatseinkommen bei 1450 Euro liegt, sind die­se Mieten für die Mehrheit der Haushalte nicht erschwinglich.
Auch kein Thema für die Öffentlichkeit sind die prognostizierten Erschließungskosten von 600 Millionen Euro. Davon könnte das Land Berlin viele Hundert Kitas und Schulen in der ganzen Stadt bauen oder sanieren, könnte 1000 Lehrerinnen zehn Jahre lang einstellen, oder  die gerade begonnene fünfjährige Wohnungsbauförderung für ganz Berlin verdreifachen.
Der Volksentscheid gibt uns die Möglichkeit, das Feld vor der Bebauung und vor Teilprivatisierung zu schützen. Der Gesetzestext der Bürgerinitiative »100% Tempelhofer Feld« (THF-Gesetz) setzt sich dafür ein, das Tempelhofer Feld in seinem jetzigen Umfang als öffentlichen Raum vollständig zu erhalten. Freizeitinteressen und Naturschutz sind gleichzeitig zu wahren. Das THF-Gesetz schätzt und schützt, wie die Berliner und Berlinerinnen das Feld entwickelt haben. Die Aufenthaltsqualität auf dem Feld soll sich weiter verbessern wie zum Beispiel durch die öffentliche Nutzung der auf dem Feld verstreut liegenden Gebäude als Cafés, für Kinderbetreuung oder Bürgertreffs. Schattenspendende Bäume, Sportplätze, Parkbänke, Liegestühle, Sonnenschirme, selbstorganisierte und kreative Projekte wie urbanes Gärtnern oder grüne Klassenzimmer – all das soll auch weiterhin in Selbstverwaltung möglich sein und möglich werden und vieles mehr.
Stimmen Sie mit „Ja“ für das ThF-Gesetz und mit „Nein“ für den Gesetzentwurf des Abgeordnetenhauses. Enthalten geht nicht. Wenn beide Gesetze nicht genug Stimmen erhalten, wird das Tempelhofer Feld nach den Plänen des Senats bebaut.

100% Tempelhofer Feld

Bürokratiemonster ermöglicht Freiheit

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In 28 europäischen Mitgliedsstaaten wird gewählt

Die Bildung der europäischen Staatengemeinschaft bürgt seit 60 Jahren für Frieden, nachdem sich die Länder über Jahrhunderte in blutigen Kriegen zerfleischt haben. Rechtsstaatlichkeit, freie Meinungsäußerung, die Gleichberechtigung der Geschlechter, eine freiheitlich demokratische Grundordnung – in Europa sind das inzwischen Selbstverständlichkeiten. Das allein rechtfertigt, die europäische Idee zu verteidigen. Und die Herausforderungen der globalisierten Welt können nur gemeinsam mit allen Mitgliedsstaaten angegangen werden.
Trotzdem wird »Europa« von vielen Menschen als wild gewordenes Bürokratiemonster wahrgenommen, das sich als Super Nanny aufspielt und jeden Lebensbereich regulieren möchte, eine anonyme Parallelwelt namens »Brüssel«, die ihre Identität, Sprache und Kultur bedroht. Es ist ein Europa der Eliten ohne ein Europa der Bürger entstanden. Außerdem hat das Vertrauen in die Europäische Union nicht zuletzt durch die Wirtschafts- und Währungskrisen der letzten Jahre deutlich gelitten.
Euroskeptiker bemängeln die fehlende demokratische Legitimation, wird doch die Kommission, also die Regierung, von den Mitgliedsländern ernannt und nicht gewählt.
Die diesjährige Wahl zum Europaparlament am 25. Mai ist deshalb eine besondere. Erstmals wird das Parlament auf Grundlage der Ergebnisse der EU-Wahl den Präsidenten der Europäischen Kommission wählen. Damit kann jeder Wähler Einfluss nehmen, sowohl auf die politische Richtung Europas, als auch auf die täglichen Entscheidungen, die uns alle betreffen.

Mehr Rechte für das Europaparlament

Die Parteien treten mit starken Spitzenkandidaten an

Durch die Verträge von Maastricht, Amsterdam, Nizza und Lissabon wurden die Mitwirkungsrechte des Parlaments Zug um Zug erweitert. Auch wenn das Demokratiedefizit in der EU damit nicht völlig beseitigt ist, entwickelte sich das Parlament zu einem verantwortlichen Mitgestalter der europäischen Politik. Zwar kann es selbst keine Gesetze initiieren – dieses Recht hat allein die Kommission – es kann aber die Kommission auffordern, Vorschläge zu erarbeiten. Bürger der Europäischen Union können darüber hinaus mittels Petitionen an das Parlament die Kommission auf einen Gesetzgebungsbedarf hinweisen.
Spitzenkandidat der Sozialdemokratischen Partei Europas ist der amtierende Präsident des Europäischen Parlaments, der Deutsche Martin Schulz (SPD).
Die Europäische Volkspartei, der die CDU und die CSU angehören, schickt den ehemaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker ins Rennen.
Die Grünen werden von den Europaabgeordneten Ska Keller aus Deutschland und José Bové aus Frankreich angeführt, und die Europäische Linke wählte den Vorsitzenden der griechischen Partei Syriza, Alexis Tsipras zu ihrem gemeinsamen Spitzenkandidaten. Für die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa tritt der Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Europa Parlament, Guy Verhofstadt, an.

EU_WahlWählen gehen.        Foto: pm

Große Unterschiede in den Wahlprogrammen gibt es beim Umgang mit der Schuldenkrise. So lehnt die FDP die Finanztransaktionssteuer ab. Grüne und Linke wenden sich gegen die Politik des einseitigen Sparens zur Konsolidierung der Staatsfinanzen, und auch die SPD fordert eine Wachstumspolitik mit Zukunftsinvestitionen. Die Grünen wollen einen Europäischen Schuldentilgungspakt, die Linke einen Schuldenschnitt und gemeinsame Staatsanleihen, die anderen Parteien wenden sich vehement gegen jegliche Form der Schuldenvergemeinschaftung.
Deutliche Differenzen gibt es auch bei der Frage der Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie bei der Flüchtlings- und Asylpolitik. Die CDU fordert in diesen Bereichen stärkere Restriktionen als die übrigen Parteien.
In der Außenpolitik fordert die Linke einen Austritt aus der NATO, während die FDP für einen Ausbau wirbt und die SPD eine europäische Armee ins Spiel bringt.

mr

Verwechslungsgefahr beim Volksentscheid

Zwei Gesetze mit ähnlichem Wortlaut, aber unterschiedlichem Inhalt

Die Berliner haben die Wahl. Am 25. Mai, dem Tag der Europawahl, können sie über die künftige Entwicklung des Tempelhofer Feldes abstimmen. Es stehen zwei Gesetzentwürfe zur Auswahl, denn zusätzlich zum Gesetz der Bürgerinitiative »100% Tempelhofer Feld« hat das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der SPD und der CDU einen eigenen Entwurf vorgelegt. Über beide kann jeweils getrennt voneinander mit Ja oder Nein abgestimmt werden.
Bei der Wahl ist aber größte Aufmerksamkeit geboten. Es besteht akute Verwechslungsgefahr, denn das Gesetz des Abgeordnetenhauses unterscheidet sich im Wortlaut kaum vom Text der Bürgerinitiative. Die Unterschiede liegen im Detail.
Mit dem »Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes« will die Bürgerinitiative sicherstellen, dass das Feld der »Bevölkerung Berlins und den Besucherinnen und Besuchern Berlins grundsätzlich vollumfänglich, dauerhaft, uneingeschränkt und unentgeltlich zur Freizeitgestaltung und Erholung zur Verfügung« steht. Eine Bebauung der Ränder ist damit ausgeschlossen. Das heißt aber nicht, dass sich hier nichts mehr  verändern darf. Sowohl die Einrichtung von Gastronomie als auch der Bau von Sportplätzen ist in den Randbereichen erlaubt, ebenso der Bau von Sanitäranlagen. Mobile Möblierung wie Tische, Bänke oder Sonnenschirme sind auf dem ganzen Feld erlaubt.
Vom Abgeordnetenhaus kommt das »Gesetz zum Erhalt der Freifläche des Tempelhofer Feldes« Es werde »als barrierefrei zugänglicher Erholungsraum für alle Bevölkerungsgruppen gesichert und dient dem Natur- und Artenschutz sowie der Stadtklimatisierung«.heißt es dort. Und weiter: »Die Möglichkeit einer Randentwicklung des Tempelhofer Feldes für Wohnen, Wirtschaft, Erholung, Freizeit und Sport außerhalb der Freifläche bleibt erhalten«; eine Formulierung, die  viel Raum für Interpretationen zulässt, denn über die Art der Entwicklung schweigt sich das Gesetz aus. Auch von sozialverträglichem Wohnungsbau ist hier keine Rede, ebenso wenig wie von der Anzahl der geplanten Wohnungen.

thf_weitWeites Wiesenmeer.                                                                               Foto: fh

Wie wählen?

Ja und Nein oder Jein

Am 25. Mai haben die Berliner Wähler – neben ihrer Stimme für die Europawahl – nun die Möglichkeit, bis zu zwei Stimmen in Sachen Tempelhof abzugeben.
Oben auf dem Stimmzettel kann mit Ja oder Nein über den Vorschlag der Initiative abgestimmt werden. Für den zweiten Vorschlag unten auf dem Stimmzettel – den von CDU und SPD – kann ebenfalls mit Ja oder Nein gestimmt werden. Der Wähler kann sich aber auch für ein klares Jein entscheiden und beiden Gesetzentwürfen zustimmen oder sie ablehnen.
Damit ein Gesetzentwurf in Kraft tritt, muss ihm die Mehrheit der Wähler und zugleich mindestens ein Viertel der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten zustimmen. Trifft dies auf beide zu, so ist der angenommen, der die meisten Ja-Stimmen erhalten hat. Wenn beide Vorschläge das erforderliche Quorum nicht erreichen, wären sie gescheitert. Dann hätte der Senat grünes Licht, den Masterplan weiter zu verfolgen, der ebenso wie das Gesetz des Abgeordnetenhauses die Mitte freilassen und die Ränder bebauen will.
Wahlberechtigte, die nicht bis zum Wahltag warten wollen, können schon vorab in einer Briefwahlstelle oder per Brief wählen. Der Antrag dazu befindet sich auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung, die jedem Wahlberechtigten zugestellt wird.

mr

Hintergründe einer Flucht

7000 Kilometer – von Afghanistan bis Britz

»Ich möchte doch nur leben wie ein Mensch«, sagt Amir, der mit hängenden Schultern auf der Bühne der Alten Dorfschule Rudow sitzt. Der 24jährige Afghane hat Dinge erlebt, die für uns schwer vorstellbar sind. Der Vater wurde 2001 von den Taliban ermordet, die Mutter starb mangels medizinischer Versorgung an einer Herzkrankheit. Da hat er sich von Afghanistan nach Europa durchgeschlagen, mit dem Traum, eines Tages doch noch eine Schule besuchen zu können.
Aber Europa empfing ihn weder mit Freude noch mit Götterfunken. Nachdem Amir, der nie Schwimmen gelernt hat, in einem Schlauchboot von der Türkei aus nach Griechenland übergesetzt war, wurde er dort von Polizisten verprügelt und gedemütigt. Anschließend begann eine Odyssee durch ganz Europa, von einem Land ins andere abgeschoben, bis er nun, wie viele andere Afghanen und Syrer, im Flüchtlingsheim Britz gelandet ist. Auf die Frage, wie es ihm dort gehe, antwortet er ausweichend, er wolle sich nicht über die Deutschen beschweren, er habe kein Recht dazu.
Ein Schicksal wie Amirs weckt wohl auch in der verdrossensten Seele Mitgefühl. Wird jedoch ein neues Flüchtlingsheim eröffnet, sind Proteste – von NPD Aufmärschen ganz abgesehen – vorprogrammiert. Ein Bilderbuch-Beispiel des bekannten »nimby«-Prinzips – not in my backyard. Es entspricht dem »Sankt-Florian Prinzip«:

»Heiliger Sankt Florian,
Verschon‘ mein Haus
Zünd‘ and‘re an!«

Um diese Haltung gegenüber Asylanten zu ändern, ist eine Ausein­andersetzung mit der Situation in den Heimatländern unabdingbar. Volker Lankow, seit 14 Jahren bei den »Ärzten ohne Grenzen« tätig, hatte bereits sechs Einsätze in Afghanistan und lebte ein Jahr lang in der konfliktreichen Provinz Helmand. Er berichtet von einem Land, in dem es aufgrund der bereits 30 Jahre dauernden Auseinandersetzungen allein 630.000 Binnenflüchtlinge gibt und die Gewalt gegen Zivilisten immer mehr zunimmt. Ein Land, in dem sich drei Interessengruppen bekämpfen und man nur einmal zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein braucht.
Es erscheint nur allzu gerecht, einem Menschen, der diesem Grauen entkommen ist, ein Mindestmaß an Sicherheit zu bieten, ihm die Möglichkeit zu geben,  unsere Sprache zu lernen und sich eine Existenz aufzubauen. Doch für Amir ist der Leidensweg auch in Neukölln nicht zu Ende. Am Tag zuvor hat er einen Brief erhalten, er soll auch aus Deutschland abgeschoben werden. »Warum lebe ich überhaupt?« fragt er und die Verzweiflung steht ihm ins Gesicht geschrieben.

jt

Wer baut, gewinnt?

Bauen für die europäische Mittelschicht

Die Innenstädte selbst und ihre ehemaligen Verkehrsflächen sind für Investoren und Planer besonders interessant. Große Flächen ermöglichen theoretisch den Neubau ganzer Stadtviertel. Aber durch die Wirtschaftskrise fällt es vielen Bewohnern bereits schwer, die aktuellen Mieten im Altbestand zu bezahlen. Neubaumieten wären unerschwinglich. Es sei denn, es gäbe einen neuen Sozialen Wohnungsbau.
Auf dem alten Athener Flughafen Ellinikon will die griechische »Lamda Development« das größte private Bauprojekt des Landes durchsetzen. Vorgesehen sind Luxusimmobilien und eine Privatisierung des Strandes. Da die weniger wohlhabenden Anwohner das Investitionsklima stören, wird nicht vor der Kriminalisierung einer nahegelegenen Sozialklinik zurückgescheut. Doch die lokale Bürgerinitiative ist gut vernetzt und erhält Unterstützung von der BI »100% Tempelhofer Feld«.
Auch in Wien-Aspern sollen etwa 10.500 Wohnungen samt Gewerbe auf einem ehemaligen Flugfeld entstehen. Das Projekt gilt als schwierig, denn die gewünschten hochkarätigen Nutzer wollen sich nicht einstellen. Der derzeit hohe Anteil geförderter Genossenschaftwohnungen schreckt bereits Investoren ab. Während ihre Macher sich in Hamburg und Skandinavien neue Anregungen erhoffen, wurden sie von der Wohnungsbaugesellschaft DEGEWO nach Berlin eingeladen.
Die DEGEWO interessiert an Aspern die großzügige Subventionierung. Mit ihr könnte man auch auf dem Tempelhofer Feld Wohnungen für die vom Abstieg bedrohte Mittelschicht bauen. Sozialwohnungen würden nicht darunter sein. Intern rechnet das Bebauungsbündnis damit, daß keiner der beiden THF-Anträge die nötigen Mehrheiten erhält. Dann könnte das Feld »wie ein weißes Blatt« ganz neu (und ganz dicht) beplant werden.

Marlis Fuhrmann (Stellvertr. Vorsitzende Neuköllner BVV-Fraktion DIE LINKE)

Das Buch zum Volksentscheid

Peter S. Kaspar hat den Roman »Tempelhofer Feld« gelesen

Feld-RomanJa, es ist eine Liebesgeschichte. Da ist Sven, der nur deshalb auf das Tempelhofer Feld gerät, weil er sich in die Skaterin Luis verguckt hat, die gut und gerne seine Tochter sein könnte. Und da ist dann auch noch Antonia, die sich ihrerseits in Sven verguckt hat, ihm einen Tomatensetzling aus dem eigenen Urban-Gardening-Setzkasten verehrt. Doch den Tomatenstrauch zieht er mit der anderen auf. Eine untreue Tomate eben.
Das Buch zum Volksentscheid weiterlesen

Bretter, die das Feld durchkreuzen

Selene Raible trifft Skater, Longboarder und Windskater auf dem Tempelhofer Feld

Auf dem Tempelhofer Feld findet man sie nun schon seit knapp vier Jahren: die Skater, Longboarder und Windskater Berlins. Doch für normale Feldbesucher ist es oft ein Rätsel, wer was wie macht. Skaten dürfte heutzutage für jeden ein Begriff sein, doch hier gibt es viele Variationen in Sachen Board, Fahrstil und Technik. Allgemein gibt es zwei verschiedene Boards, zwischen denen man wählen kann: das normale Skateboard und das Longboard, das, wie der Name schon sagt, um einiges länger ist als das Skateboard.
Mit dem Longboard kann man zum Beispiel lange Strecken viel schneller und entspann­ter fahren als mit dem Skateboard. Dafür ist das Skateboard mit seinem geringen Gewicht viel besser für Tricks geeignet. Das Longboard stellt auch die wichtige Grundlage für die Windskater dar, denn darauf wird das Segel befestigt. Mit den großen Windsegeln fahren die Windskater mit bis zu 70 km/h über die Rollbahnen.

Feldhase bordet

Nur Fliegen ist schöner.                                      Foto: Sven Norman Bommes

Einer von ihnen ist Karl-Johann Richter. Seit der Eröffnung des Tempelhofer Feldes geht er hier regelmäßig Windskaten. Doch ein Neuling auf dem Gebiet des Skatens ist »Kalle« Richter keinesfalls. Er skatet bereits seit den 80er Jahren, war zehn Mal Norddeutscher Meister, einmal Vize-Europameister, nahm bereits mehrere Male am Worldcup teil und geht leidenschaftlich gerne Windsurfen.
Dennoch ist er der Ansicht, dass man für das Windskaten nicht unbedingt Windsurfen können muss. Ein bisschen Skateerfahrung braucht es aber schon, denn ein Sturz auf den Asphalt ist nicht ungefährlich.
Normale Schoner, wie zum Beispiel vom Inlineskaten, reichen hierfür nicht.  Es braucht schon größere und bessere Schoner, um sicher fahren zu können. Das Wichtigste ist, immer nach vorne zu schauen und sich nicht ablenken zu lassen, denn sonst passiert schnell ein Unfall. »Eigentlich ist es nicht sehr schwer zu lernen«, meint Kalle Richter, »und wenn man es erst einmal kann, ist es sehr praktisch, um für das Windsurfen zu üben, unterschiedliche Manöver zu fahren und zu entspannen«.

Gesunde Gänseblümchen

Kleine Pflanze zeigt sich sehr vielseitig

Als Kind habe ich im Frühling und Sommer Haarkränze aus Gänseblümchen geflochten. Sobald die ersten Blumen auf der Wiese standen, wuchs das Sommerfeeling in mir. Gänseblümchen läuten jedoch nicht nur die warme Jahreszeit ein, sie haben gesunde Eigenschaften. Heutzutage freue ich mich immer noch über die Korbblütler mit ihren weißen Zungen- und gelben Röhrenblüten, pflücke sie jedoch nun für meinen Salat oder als Heilmittel.
So wird der Tee aus den Blüten zur Appetitanregung und zur Verbesserung der Stoffwechsellage eingesetzt. Durch die harntreibende Wirkung können Ödeme (zum Beispiel Beinödeme) gelindert werden. Als Jugendliche wurde ich mit dem schrecklichen Befall von Akne und deren Narbenbildung konfrontiert. Meine Oma übergoss gleich einmal eine Handvoll Gänseblümchen mit Doppelkorn und ließ diese Mischung in einem verschlossenen Glas sechs Wochen ziehen. Danach sollte ich mein Gesicht morgens und abends mit einem Wattepad damit abreiben. Ich gestehe, ich hab das erst nach dem Schulunterricht gemacht, da ich Angst hatte, meine Lehrerin würde mir Alkoholmißbrauch unterstellen. Nach vier Wochen waren die ersten Erfolge sichtbar. Die Pusteln und Rötungen klangen ab. Dieses Jahr spiele ich mit dem Gedanken, eine Gänseblümchenseife zu sieden, die ihre positiven Hauteigenschaften gleich beim Waschen entfaltet.

Gänseblümchen (5)

Falsche Kapern von der Wiese.        Foto: mr

Nun aber zu einem wirklich leckeren Rezept mit Gänseblümchen:
Falsche Kapern

2 Tassen Gänseblümchen
½ Teelöffel Salz
125 ml Kräuteressig
Zubereitung:
Gänseblümchen mit Salz bestreuen und drei Stunden ruhen lassen. Kräuteressig aufkochen, die Gänseblümchen hinzufügen und kurz mit dem Essig aufkochen. Alles in ein Schraubglas füllen und einige Tage ruhen lassen. Die Gänseblümchen absieben, den Essig erneut aufkochen und wieder zu den Knospen geben. Drei Wochen kühl und dunkel lagern, dann sind die falschen Kapern für Königsberger Klopse fertig. Sie schmecken aber auch hervorragend zu Eiern in Senfsoße oder Schafskäsesalat. 

km

Mach neu!

Viele empfinden die Hasenheide mit ihren maroden Sitzgelegenheiten im Moment nicht gerade als das Gelbe vom Ei.
Eigentlich ist das schade, wurde doch gerade der Streichelzoo erweitert.
Endlich, nach wirklich langem Warten und vielen Eingaben, hat das Grünflächenamt offensichtlich eingesehen, dass es günstiger ist, die kaputten Bänke zu erneuern, als die eventuell aufkommenden Arztkosten zu begleichen, wenn eine der Bänke zusammenbrechen sollte.
Erst die Hartnäckigkeit der Bürger, die immer wieder darauf aufmerksam machten, dass etwas getan werden muss, hat die Politik aufgerüttelt.
Das zeigt eindrucksvoll, dass das bürgerliche Engagement viel dazu beiträgt, dass die Verwaltung nach Lösungen sucht. Denn hier wurde nicht nur gemeckert, sondern konkrete politische Arbeit geleistet. Hut ab!
Wie lange die neuen Bänke halten, bleibt abzuwarten. Aber ein Anfang ist getan.
Corinna Rupp

Die auf die Straße gehen

Der Film »Mietrebellen« portraitiert die Proteste gegen Verdrängung / von Robert S. Plaul

Was der Begriff »Gentrifizierung« bedeutet, und wie schnell Verdrängung alteingesessener Mieter aus ihrem Lebensumfeld mittlerweile gehen kann, bedarf in Berlin und insbesondere in Kreuzberg und Neukölln seit einiger Zeit keiner näheren Erklärung mehr – zu präsent ist die Problematik, als dass man sie ignorieren könnte, selbst wenn man persönlich nicht direkt betroffen ist. Dass das Thema in den Köpfen ist, ist nicht zuletzt auch das Verdienst jener Aktiven, die sich in den vergangenen Jahren in zahlreichen Initiativen und Gruppierungen zusammengefunden haben, um den Protest gegen Mieterhöhung und Verdrängung auf die Straße zu bringen. Mit »Mietrebellen« kommt Ende April ein Dokumentarfilm ins Kino, der ein Portrait eben jener Protestbewegung zeichnet.
Es ist eine Bewegung, das zeigt der Film, die sich nicht ohne weiteres einer konkreten gesellschaftlichen »Gruppe« oder »Schicht« zuordnen lässt: Intellektuelle Alt-Linke, türkische Grundsicherungsempfänger und kampfeslustige Senioren sind es, die sich plötzlich – und vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben – demonstrierend auf der Straße wiederfinden, ein Protestcamp aufbauen und Zwangsräumungen verhindern.
In Pankow haben die Nutzer einer Seniorenbegegnungsstätte, die vom Bezirk geschlossen werden sollte, die Einrichtung kurzerhand besetzt und damit die Politik zum Handeln gezwungen. In Friedrichshain ist es den Bewohnern einer Wohnanlage, der Rentnergruppe »Palisadenpanther«, gelungen, die drohende Verdoppelung der Miete auf die sogenannte »Kostenmiete« zu vereiteln.
Ausgelaufene staatliche Fördergelder im ehemaligen sozialen Wohnungsbau sind auch der Grund für die Miet­erhöhungen südlich des Kottbusser Tors. Die zum größten Teil türkischstämmigen Mieter, die meist seit Jahrzehnten in ihren Wohnungen leben, haben sich zur Initiative »Kotti & Co.« zusammengeschlossen und auf dem Platz ein Protestcamp aufgeschlagen, das sie in Anlehnung an die informellen Siedlungen am Rande türkischer Großstädte als »Gecekondu« bezeichnen. Tatsächlich haben sie mit ihrem Protest erreicht, dass die geplante Mie­­t­erhöhung für ein Jahr ausgesetzt wurde.

MIETREBELLEN Palisaden

Mit Rollstuhl und Rollator. Die »Palisadenpanther« kämpfen um ihre Wohnanlage.   Fotos: schultecoersdokfilm

Doch nicht immer ist der Protest erfolgreich. Die Zwangsräumungen von Familie Gülbol und von Rosemarie Fliess – die traurige Berühmtheit erlangte, weil sie zwei Tage darauf verstarb – konnten trotz massivem Aufgebot von Protestierenden nicht verhindert werden. Die gute Nachricht aber, das vermitteln die Dokumentarfilmer Gertrud Schulte Westenberg und Matthias Coers in »Mietrebellen«,  ist, dass mit solchen Aktionen ein öffentlicher Druck geschaffen wird, der künftig Vermieter vielleicht davon abhält, zum Mittel Zwangsräumung zu greifen, selbst wenn sie sich im Recht fühlen.
Der eigentliche Adressat des Protestes aber ist und bleibt die Politik. Nur sie nämlich kann beispielsweise entscheiden, ob weitere Immobilien aus Landesbesitz an private Investoren verkauft werden oder ob es Miet­ober­gren­zen geben soll.

»Mietrebellen« läuft ab 24. April unter anderem im Moviemento.

Lieblingsplatz für ein weises Lächeln

Ein Gespräch mit der Dame am Fenster

»Das bin ja ich«, jauchzt Irène und lacht herzlich. Sie liest in unserer März-Ausgabe den Backshopphänomen-Artikel und erkennt sich sofort wieder.
Irène ist 83 Jahre alt und wohnt seit knapp zwei Jahren in Neukölln. Vorher hat sie in München gelebt, mehrere Jahre in Frankreich und Italien, nach Afrika hat es sie auch schon verschlagen.
»Als ich in München erzählt habe, dass ich nach Neukölln ziehe, haben die mich ganz erschrocken angeguckt«, erzählt Irène und lächelt. Ihr Lachen ist ansteckend, voller Leben und Freude. Deshalb hat sie es sich auch zur Aufgabe gemacht, Menschen zum Lachen zu bringen – was ihr auch oft gelingt.
»Mir hat die Geschichte sehr gefallen«, sagt sie mir und sieht ein wenig nachdenklich aus. »Ich habe sie meinen Kindern gezeigt. Meine Tochter hat gesagt, dass der Schluss fehlt. Die Geschichte hat kein Ende.«

backerycofe

»Ich muss nicht weiter«. Gelassenheit im Backshop.     Foto: cr

Und das werde ich jetzt nachholen:
Die alte Dame sitzt wieder am Fenster auf ihrem Lieblingsplatz und blättert in einer Zeitung. Sie sitzt mittig auf der gepolsterten Bank, da ihr Knie nicht mehr jede Bewegung vollführen kann und so kein Tischbein im Weg ist. Irène beobachtet gerne die Leute, die auf dem Bürgersteig am Fenster vorbeihuschen. Sie ist ein bisschen traurig, dass niemand mehr die Zeit aufbringt, kurz stehen zu bleiben und inne zu halten. »Ich muss weiter« ist für sie ein schlimmer Satz. Ich habe zu tun, ich kann nicht – alles Ausreden.
Ich habe ein Buch dabei. Es liegt neben mir auf dem Tisch.
»Was ist denn das?«, fragt Irène neugierig.
»Ein Kinderbuch«, erkläre ich. »Für kleine, große und sehr große Kinder. Es ist eine Fortsetzung vom Kleinen Prinzen.«
Irène faltet ihre Hände und lächelt. Sie erinnert sich an alte Zeiten, verfällt in Melancholie.
»Ach, der Kleine Prinz ist immer noch mein Lieblingsbuch«, schwärmt sie.
Ich verspreche ihr, dass sie es auf jeden Fall auch mal zum Lesen bekommt und verabschiede mich. Ich sage extra nicht »Ich muss los«, denn mittlerweile kenne ich die Dame am Fenster viel besser.
»Ich mache mich auf den Weg und freue mich schon auf die nächste Begegnung«, sage ich und schüttele ihr die Hand. Dann bestelle ich mir noch einen Milchkaffee zum Mitnehmen und gehe meiner Wege.
Irène habe ich ein paar Tage später gesehen. Sie lächelt – wie immer. 

cr

Höher, schneller, akrobatischer

Neuköllner Meisterehrung für das Sportjahr 2013 mit vielen unterhaltsamen Einlagen

Bunt und abwechslungsreich wie Neukölln selbst war die Meisterehrung für das Sportjahr 2013 auf dem Campus Rütli, mit Shows, die von Cheerleading und Juggern zu Turnen und Karate reichten. Eröffnet wurde die Sportgala am 4. April durch einen Auftritt von »Stars in Concert«, genauer gesagt einem verblüffend authentischen Tom Jones, der mit seinem flotten Hüftschwung wohl besonders einige Damen in Begeisterung versetzte. Direkt im Anschluss begrüßten Stadträtin Franziska Giffey und die Vorsitzende des Sportausschusses der BVV Violette Barkusky-Fuchs die Gäste und erfolgreichen Sportler sowie einige besondere Persönlichkeiten unter den Anwesenden: die MdBs Fritz Felgentreu und Christina Schwarzer und Bürgermeister Heinz Buschkowsky, die sich jedoch dezent im Hintergrund hielten.
Geehrt wurden 642 Sportler aus 18 Neuköllner Vereinen. Ein besonderes Präsent sollten der jüngste und der älteste Sportler (2008 und 1930 geboren) erhalten, doch leider wagte sich keiner von ihnen nach vorne. Während dann am linken Hallenrand die Ehrungen durch Helfer der BVV durchgeführt wurden, begann das Programm.
Interessant wurde es, als ein mysteriöser Mann im weißen Mantel die Bühne betrat, der sich als der äußerst begabte Artist TJ Wheels, Künstler des Jahres 2012, entpuppte und zwei atemberaubende Balance- und Jonglageshows zum Besten gab.

meisterehrunhgAkrobat schön.          Foto: Bertil Wewer

Großen Zuspruch beim jüngeren Publikum fanden die Breakdancer »Yo 22«, die mit Kopfkreiseln und Saltos zeigten, dass auch außerhalb vom Vereinssport Höchstleistungen gebracht werden. Ein echter Stimmungsmacher war die Capoeira Gruppe der »Berliner Turnerschaft«. Zu brasilianischer Musik führten sie ihre Kampf-Tanz-Kunst mit akrobatischen Elementen vor und bewegten die Zuschauer sogar zum Mitsingen und Mitklatschen.
Zwischen all diesen unterhaltsamen Einlagen wurden drei herausragende Vertreter des Neuköllner Sports geehrt: Triathletin Agnes Lukasiewicz vom »TuS Neukölln« und Schwimmer Tim Wallburger vom »SG Neukölln«, beide international erfolgreich, waren leider nicht anwesend, dafür aber die U13 Wasserballer des »SG Neukölln«, die 2013 deutsche Vizemeister wurden und so glücklich ihre Urkunden entgegennehmen konnten.
Das Schönste an dieser unterhaltsamen Sportgala war jedoch die Begeisterung für die unterschiedlichsten Sportarten, die den ganzen Abend in der Luft lag, sodass man am liebsten aufgestanden wäre und mitgetanzt, gekämpft oder geturnt hätte.

jt

Frühlingsgefühle kommen bestimmt

Wider die Müdigkeit

frühjahrsmüdigkeitFrühling macht schlapp, gebt mir einen Brennesseltee!Foto: fh

Die Feldlerche macht sich auf dem Tempelhofer Feld auf Partnersuche und fliegt munter über die Wiesen, die den Duft des Frühlings ausstrahlen. Auch andere Tiere regen sich und lachen der Sonne entgegen, während wir Menschen, die Müdigkeit in den Knochen, mit schleppendem Gang über die Landebahn laufen. Wieso ist die Natur so fit und wir so extrem müde? Woher kommt dieser Anflug von Schläfrigkeit, sobald das Frühjahr erwacht, und warum müssen wir ausgerechnet jetzt noch eine Erkältung bekommen?
Die Ursache liegt im Klimawechsel. Der Körper muss sich erst langsam auf den Wechsel von Winter auf Sommer einstellen. Dafür weiten sich die Blutgefäße und der Blutdruck sinkt, was uns müde und schlapp macht. Aber auch der Melatoninspiegel spielt eine große Rolle. Nach den dunklen Wintermonaten ist die Konzentration des Schlafhormons noch sehr hoch und muss erst einmal den Körper wieder verlassen. Um den Organismus auf die langen Tage und die steigenden Temperaturen einzustimmen, braucht er Tageslicht, Bewegung und leichte Kost. Viel frisches Obst, Gemüse und täglich drei Tassen eines Kräutertees aus Brennnesselblättern, Löwenzahn, Giersch und Gänseblümchen können die Schlappheit bekämpfen. Am besten werden die Kräuter frisch gesammelt. Wer dazu keine Lust oder Zeit hat, kann sich die Zutaten im Kräuterladen besorgen und zu Hause selbst mixen.
30 g Brennnesselblätter
20 g Löwenzahn
20 g Giersch
10 g Gänseblümchen
Einen Teelöffel der Mischung mit 200 ml kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen. Dreimal täglich eine Tasse trinken.
Wer seiner Haut nach der langen Heizperiode etwas Gutes tun möchte, kann die gleiche Mischung auch als Gesichtswasser verwenden. Dafür wird genau wie bei der Herstellung des Tees vorgegangen, nur wird dieser logischerweise erst kaltgestellt. Danach das Gesicht mit dem Kräuteraufguss waschen. Morgens und abends angewandt sieht die Haut bald schon wieder frisch aus.

km

Wenn der Stammplatz mal besetzt ist

Corinna Rupp über Backshop-Phänomene

Eine wunderschöne weiße Winterlandschaft lachte mich an, als ich das Haus verließ, um in meinem Lieblings-Backshop einen Milchkaffee »to go« zu trinken. Die Straßen waren rutschig und es war kalt – sehr kalt.
Nach der Schlitterpartie, die mich zum Glück vor der richtigen Tür absetzte, freute ich mich schon auf den süßen Genuss der sahnigen Milch auf dem kräftig-bitteren Kaffeegeschmack. Der Backshop war zum Glück nicht so voll, ich musste also nicht lange warten. Viel sagen brauchte ich auch nicht, da mich die Besitzerin schon kannte. Auf die Frage: »Wie immer?« folgte ein kurzes Nicken.
Während ich auf meinen Milchkaffee wartete, flog die Tür auf. Eine ältere Dame betrat mit ihrem Einkaufsziehwägelchen den Laden und brachte die leichte Winterbrise in die bis dahin noch angenehm warmen Räume. Sie blickte kurz zu den Tischen am Fenster und murmelte: »Mein Platz ist ja gar nicht frei.«
Ich musste unweigerlich lächeln, denn sie hatte wie ein kleines Kind geklungen, dem gerade sein Lolli weggenommen worden war.
Gerade wollte sie sich zum Gehen wenden, als die Besitzerin ihr versicherte, dass der Platz bestimmt gleich frei sei. Auf die Frage, ob sie sich solange nicht auf einen anderen Platz setzen wolle, antwortete sie nur: »Nein, das ist ja nicht mein Platz.« Doch es half nichts, die alte Dame stürzte sich mit ihrem Wägelchen zurück ins Wintergeschehen. Und wie gesagt, es war sehr, sehr kalt und sehr rutschig. Ich wunderte mich schon ein bisschen über den Auftritt der Dame, aber dachte mir nichts weiter dabei.
Die Besitzerin des Backshops schmunzelte. »Sie kommt fast jeden Tag und will immer nur auf dem einen Platz sitzen.«
Tatsächlich war der Platz, auf den sich die Dame unbedingt setzen wollte, ein paar Minuten später frei. Aber die Dame war nun mal weg. Auch ich musste schmunzeln, irgendwie lag ein Hauch Ironie in der Luft.
Vor ein paar Tagen bin ich wieder am Backshop vorbeigelaufen und habe beiläufig durch das Fens­ter gesehen. Ein einziger Platz war besetzt – die alte Dame saß mit ihrem Einkaufsziehwägelchen an ihrem Stammplatz  und lächelte zufrieden. Fast wie ein kleines Kind sah sie aus, als sie genüsslich von ihrem Stück Apfelkuchen aß. Und irgendwie gehört sie da auch hin.
Wer weiß, vielleicht bin ich irgendwann die alte Dame, die unbedingt auf dem Platz am Fenster sitzen will.

Die Arterienbürste

Frühjahrskur mit Knoblauch-Zitronen-Schnaps

Vor Jahren las ich von dem Knoblauch-Zitronen-Schnaps, der die Arterien durchpustet, Verkalkungen auflöst, die Cholesterinwerte senkt und den Körper entgiftet. Mit alledem hatte ich zwar noch nichts zu tun, aber ich war neugierig und probierte es für die Zukunft schon einmal aus und blieb dabei. Seitdem mache ich mindesten einmal pro Jahr eine Knoblauch-Zitronen-Kur.
Ich überwand mit dieser Kur die Frühjahrsmüdigkeit und spürte, wie ich auch in Stresssituationen konzentrierter blieb und die Überbelastung besser wegsteckte. Gerade habe ich wieder eine Kur angesetzt, von der ich morgens und abends ein Schnapsglas trinke. Nach zwei Wochen wird für zwei Wochen pausiert, dann beginnt die Kur von vorne.
Angst vor lästigem Knoblauchgeruch muss keiner haben. Durch die Zitronen wird der Knoblauchgeruch neutralisiert und Freunde werden trotz hochprozentigem Knoblauchs in den Adern auf die Umarmung bei der Begrüßung nicht verzichten.

OLYMPUS DIGITAL CAMERALECKERer Knollenschnaps.  Foto: km

Das Rezept
60 geschälte Knoblauchzehen (ca. 6 Knollen)
8 Bio-Zitronen
400 ml Wodka
2 Liter Wasser
Die Zitronen abbürsten und in kleine Stücke schneiden. Knoblauch schälen und mit den Zitronen und dem Wasser aufkochen. Abkühlen lassen und den Alkohol dazugeben. Mit dem Mixer pürieren. Über Nacht kühl stellen. Am besten auf dem Balkon, da der Brei noch sehr stark nach Knoblauch riecht. Am nächsten Tag die Flüssigkeit durch ein Leinentuch abfiltrieren und in Flaschen füllen.
Der Wodka dient der Haltbarkeit, da ich meist die Menge für beide Kurhälften zusammen herstelle. Wer genügend Platz im Kühlschrank hat oder zweimal kochen möchte, kann auf den Alkohol verzichten. Dann nur die Hälfte des Rezepts verwenden.
Im Laufe der Jahre kam eine Abwandlung von mir hinzu. Hierfür wird Ingwer kleingeschnitten und in die Flaschen gegeben.
Im Internet gibt es folgende Angaben: drei Wochen morgens und abends ein Schnapsglas trinken, acht Tage pausieren und die Kur noch einmal von vorne beginnen.
Der Knoblauch hat jedoch eine sehr blutverdünnende Wirkung. Empfindliche Menschen neigen dann schon bei den geringsten Stößen zu blauen Flecken. Daher empfehle ich die Kur auf zwei 14-tägige Kuren zu beschränken.

km