Archiv der Kategorie: Politik

»Morus14« gerettet

Weihnachtsfeier mit Spendenpräsentation

Es war kein leichtes Jahr für das »Morus 14«. Nach einem optimistischen Beginn 2012 ging dem Verein im Laufe des Jahres fast das Geld aus.

Das »Morus 14« finanziert sich ausschließlich über Spenden und zeichnet sich durch seine Schülerhilfe aus. Ungefähr 100 Kinder aus dem Rollbergkiez erhalten hier von ehrenamtlichen Helfern Nachhilfeunterricht mit großem Erfolg.

»Morus 14«.Foto: fh
»Morus 14«.                                                             Foto: fh

Mit einem großen Knall musste sich der Geschäftsführer des »Fördervereins Morus 14 e.V.«, Gilles Duhem, im Herbst von seinem Job verabschieden, es war kein Geld mehr für sein Honorar da. Das Projekt stand auf der Kippe. Mit einer spektakulären Medienkampagne machte Duhem auf den finanziellen Notstand des Vereins aufmerksam – mit Erfolg. Stolz konnte er das Ergebnis im Dezember präsentieren. Neben vielen kleinen Spenden rettete die Firma »Wall« den Verein mit einem fünfstelligen Betrag. Die Arbeit ist damit für 2013 gesichert.

Gebührend war dann auch der festliche Akt, bei dem die SPD-Abgeordneten Raed Saleh und Erol Özkaraca für die Gäste kochten. Beide Politiker haben keine deutschen Wurzeln und überraschten mit traditionell deutscher Küche. Bei Ente, Klößen und Rotkohl fand die Feier einen krönenden Abschluss.        ro

Muslim und schwul?

Homosexualität, Sozialdemokraten und Migranten

Es sei die »härteste Rallye Berlins, als Dragqueen durch die Sonnenallee zu laufen«, meinte Fritz Felgentreu und stellte die Frage, ob homophobe Einstellungen besonders bei jungen Muslimen häufiger zu beobachten seien als bei Biodeutschen. Der Vorsitzende der SPD Neukölln moderierte am 30. November im Moviemento eine Podiumsdiskussion, bei der über die Frage diskutiert wurde, wie schwullesbisches Leben mit dem Islam zusammenpasst. Eingeladen hatten die AG Migration und die AG Schwusos der SPD Neukölln.

Das Podium.Foto: mr
Das Podium.                                                           Foto: mr

Ender Cetin vom Trägerverein der Sehitlik Moschee meinte dazu, dass gerade Minderheiten, die sich nicht anerkannt fühlen, dazu neigen, wiederum andere Minderheiten zu diskriminieren. Was die theologische Auslegung angehe meinte er, nicht die Homosexualität an sich sei eine Sünde, sondern nur das Ausleben derselben. Aber auch das sei eine »Privatsünde«, die niemanden etwas anginge. Das müsse dann jeder mit seinem Gott allein ausmachen.
Im Übrigen sei der Islam auch in dieser Frage sehr vielschichtig. Saudi- Arabien oder der Iran seien nicht das Maß der Dinge. Auch in der muslimischen Gesellschaft gebe es inzwischen Bestrebungen, die Haltung gegenüber Homosexualität zu liberalisieren. Man müsse nicht alles akzeptieren, aber es doch zumindest respektieren.

Um aber diese Toleranz zu lernen, brauche es Bildung, meinte Kirstin Fussan, Geschäftsführerin der Berliner SPD. Die Schule habe dabei die Aufgabe, Rollenbilder zu definieren.  Daher müssten auch in Schulbüchern Regenbogenfamilien vorkommen. Und die Lehrer brauchen den Mut und die Fähigkeit, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Aber auch die Zivilgesellschaft ist gefordert. Vereine und Verbände müssen mit einbezogen werden, weil sich Kinder ihre Informationen nicht nur in der Schule holen.

Es sind traditionelle Rollenbilder, die zu Homophobie führen, meinte auch Maria Tischbier, Beauftragte für schwullesbische Lebensweisen bei der Berliner Polizei. Das Männliche werde immer noch dem Weiblichen gegenüber als überlegen empfunden. Ein Aufbrechen dieser Rollenbilder führe zu Verunsicherung. Nach der Diskussion auf dem Podium kam es noch zu einem regen Austausch mit dem Publikum.    mr

Fliegendes Klassenzimmer

Schüler bauen einen Flugsimulator

So ganz wohl war der Bezirksstadträtin für Bildung Franziska Giffey nicht, als sie sich in den Flugsimulator der Alfred-Nobel-Schule setzte, um mit ihrer Copilotin unter Anleitung eines Schülers der achten Klasse von einer neuen Startbahn des Flughafens Schönefeld abzuheben. Schon bald war ihr aber das Vergnügen anzusehen, den Simulator zu bedienen.

Der Projektleiter René Beator stellte sich 2011 bei der Direktorin der Schule vor und brachte die Idee ein, mit einer Gruppe von Schülern des achten Jahrgangs einen Flugsimulator zu bauen, der sich nicht hinter professionellen Simulatoren zu verstecken braucht. Vorstellen konnte sich das keiner so richtig, aber der gelernte Pilot machte sich mit den Schülern ans Werk, den ersten Flugsimulator in einer Berliner Schule zu bauen. Für das Gehäuse fanden alte DDR-Schrankwände eine würdige neue Bestimmung. Es wurde gesägt, gehämmert und genagelt. Dann wurde die Technik installiert und ein Simulator nach Vorlage der Boeing 737 und des Airbus A320 war fertig.

simulator. Foto: Kirsten Jenne
Simulator.                                        Foto: Kirsten Jenne

Am 6. Dezember war es soweit. Vertreter der Luftfahrt sowie Schüler und Lehrer der Alfred-Nobel-Schule weihten das technische Werk ein. Schüler bekommen hier die Möglichkeit, sich mit dem Fliegen und dem Geschehen im Kontrollturm anzufreunden. Sie erhalten die Gelegenheit, ein Berufsfeld kennen zu lernen, das wohl kaum ein Neuköllner Elternhaus vermitteln kann.     ro

Unser Dorf soll schöner werden

Neugestaltung der Karl-Marx Straße nimmt Formen an

Im nächsten Jahr soll in Neukölln, wie bereits in anderen Bezirken, ein Parkraumkonzept entwickelt werden. Danach werden voraussichtlich tagsüber auf der Karl-Marx-Straße die Dauerstellplätze wegfallen. Das bedeutet für die Mitarbeiter der Geschäfte, dass sie nicht mehr kostenfrei parken können. Da auch das Kurzzeitparken eingeschränkt werden soll, werden die Kunden der Geschäfte in die Seitenstraßen verdrängt. Dies erfuhren die Teilnehmer  beim Treffen der [Aktion! Karl-Marx-Straße] am 22. November.

Ferner soll im Jahr 2013 die Passage umgestaltet werden, wobei unter anderem Info-Vitrinen für die anliegenden Kultur-einrichtungen geplant sind. Auf dem Platz der Stadt Hof soll ein neues Bistro entstehen und am Platz vor Woolworth sollen Bäume gepflanzt und Sitzbänke aufgestellt werden.

Außerdem ist geplant, mit Hilfe eines Gutachterverfahrens Künstler auszuwählen, die Objekte für die Gestaltung der Straße entwerfen sollen, getreu dem Motto »Unser Dorf soll schöner werden«.

Platz der Stadt Hof.Foto: fh
Platz der Stadt Hof.                                                Foto: fh

Ferner ging es noch um die Zukunft des Kindl-Geländes. Geplant ist hier, im Erdgeschoss des alten Sudhauses ein Café einzurichten, in den weiteren Etagen sollen Ausstellungsräume für zeitgenössische Kunst, eine Bibliothek und Ateliers geschaffen werden. In Richtung der Rollbergstraße ist ein Biergarten geplant.

Auf den Freiflächen Richtung Neckar­straße sind Wohnungen vorgesehen, allerdings nicht die so dringend benötigten Mietwohnungen, sondern teure Eigentumswohnungen. Der Bebauungsplan für diesen Teil des ehemaligen Kindl-Geländes nördlich der Werbellinstraße liegt bis einschließlich 20. Dezember im Rathaus aus.

Ein wesentlicher Tagesordnungspunkt war die Wahl der neuen Lenkungsgruppe. In diesem Gremium sitzen Vertreter der Bewohner, Geschäftsleute, Hauseigentümer und Künstler, um gemeinsam an der Gestaltung der Straße mitzuarbeiten. Gewählt wurde in einer öffentlichen Wahl ohne Stimmzettel, gefragt wurde dabei nur nach den Enthaltungen und den Nein-Stimmen. Die zwölf zur Wahl angetretenen Kandidaten wurden mit überwältigender Mehrheit bestätigt. Keiner hatte mehr als eine Enthaltung oder Nein-Stimme.     mr

Kein Asyl in Rudow

Polizeischutz für Nazi-Demo

Sie schwadronieren von einem »deutschen Dorf«. Sie wollen Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen und häufig nichts weiter retten können als das nackte Leben, eine menschenwürdige Unterkunft verweigern. Beschützt von 550 Polizisten versammelten sich am 24. November rund 50 Nazis an der »Rudower Spinne«, um gegen ein geplantes Asylbewerberheim in Rudow zu protestieren.

Die Polizei hatte den Parkplatz, auf dem die Kundgebung stattfinden sollte, weiträumig abgesperrt. Ein Polizist kommentierte das mit den Worten: »Würden die Linken die Nazis in Ruhe lassen, müssten wir nicht hier stehen.« Es waren allerdings nicht nur Linke, die sich in großer Zahl ab Mittag rund um den Parkplatz versammelten. Es war ein breites Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften und Kir­chen, das dort seine Stimme gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit erhob. Auch viele Mitglieder der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung waren gekommen. Sozialstadtrat Bernd Szczepanski rief in einer Rede zu Toleranz und Hilfsbereitschaft auf. Er erklärte außerdem, dass sich Neukölln nicht aus der Verantwortung stehlen könne, wenn alle anderen Bezirke Flüchtlinge aufnehmen. Dass das Asylantenheim auf Ablehnung bei der Rudower Bevölkerung stößt, war Gesprächen mit Bürgern am Rande der Demons­tration zu entnehmen.

Demo gegen Nazis.Foto: mr
Demo gegen Nazis.                                                Foto: mr

Gegen 13 Uhr trafen dann die Nazis ein. Über eine abgeriegelte Nebenstraße wurden sie von der Polizei zum Treffpunkt auf dem Parkplatz eskortiert. Die Reden, die dort geschwungen wurden, verwehten in der Weite des abgesperrten Raumes oder gingen im lautstarken Konzert der Trillerpfeifen unter.     mr

Große Anfragen bedienen die Eitelkeit, nicht den Wissensdurst

Piraten mit Kärnerarbeit und Transparenz in der BVV

Die Küken der Bezirksverordnetenversammlung (BVV),  vertreten durch den Fraktionsvorsitzenden der Piraten, Steffen Burger, wollen etwas bewegen.

Erste Erfolge konnten sie schon verzeichnen. Da gibt es das Thema Transparenz: Die Neuköllner Piraten stellen online einen Kalender zur Verfügung, der nicht nur ihre eigenen Termine beeinhaltet, sondern auch sämtliche Termine der BVV mit Tagesordnung (piratenneukoelln.de). Inzwischen erfreut sich der Kalender so großer Beliebtheit, dass er auch von anderen Rathausmitarbeitern gerne genutzt wird. Unter piratenradar.de sind Beschlüsse, Anfragen und Drucksachen der BVV zu finden.

Burger weist auf die Hauptausschusssitzung am 22. Januar um 17 Uhr im Rathaus hin. Dort wird über den Investitionsplan ab 2013 diskutiert. Diskussionsbeiträge Neuköllner Bürger sind hier ausdrücklich erwünscht.

Das vierköpfige Gremium der Piraten, das sich als gleichberechtigt versteht, hat mit der Benennung Burgers zum Fraktionsvorsitzenden lediglich die Form bedient. Jede Positionierung wird bis zur Konsenserreichung diskutiert.

S. BurgerFoto: fh
Steffen Burger.                                                       Foto: fh

Aktiv sind die vier Neuköllner beim Flüchtlingscamp am Brandenburger Tor. Dort schützen sie die Betroffenen gemeinsam mit vielen anderen engagierten Bürgern vor Übergriffen und Schikanen der Behörden.

Aufmerksamkeit erregten die Piraten mit der Idee, Flüchtlinge gemeinsam mit Studenten in einer Wohnanlage unterzubringen. Die Gefahr von Übergriffen auf die Neuankömmlinge werde dadurch gemindert. Die Durchmischung helfe bei den ersten Schritten in der neuen Gesellschaft. Die Studenten könnten Hilfestellung bei Sprachkursen und Behördengängen geben. Die Idee ist immerhin so gut, dass die Grünen im Abgeordnetenhaus auch darüber diskutieren.
Mit der Online-Plattform freies-feld.de wollen die Piraten die Vernetzung der einzelnen Interessengruppen rund um das Tempelhofer Feld verbessern.

Burger spart nicht mit Kritik an den BVV-Sitzungen. So bemängelt er, dass »große Anfragen meist Eitelkeiten bedienen, jedoch nicht den Wissensdurst«. Er sieht die Möglichkeit, etwas zu bewegen, allerdings in den Ausschüssen. Dort werden Anträge besprochen, über die in der BVV abgestimmt wird. Hier arbeiten die Piraten an Kompromissen, bei denen die Interessen aller Parteien berücksichtigt werden. »Abstimmungen sollen nicht im Parteiblock stattfinden, sondern der einzelne Mensch soll seinem Gewissen folgen«, wünscht sich der Fraktionsvorsitzende.     ro

Zeitreise Neukölln

Aktives Lernen im Museum

Das Museum Neukölln hat in Kooperation mit der Volkshochschule Neukölln ein museumspädagogisches Arbeitsheft mit dem Titel »Zeitreise Neukölln« entwickelt. Es richtet sich vor allem an Neuköllner Bürger mit Migrationshintergrund, die durch das Heft einen Einblick in die Geschichte des Bezirks bekommen sollen.

Museum Neukölln.Foto: rb
Museum Neukölln.                                                Foto: rb

Anhand von zehn ausgewählten Exponaten der ständigen Ausstellung des Museums »99 x Neukölln« sollen Besucher verschiedener Altersgruppen einen leichteren Zugang erhalten, um sich über ihren Bezirk zu informieren. Das Arbeitsheft enthält zu jedem Objekt verschiedene Aufgaben, die die Besucher selbständig in Kleingruppen lösen sollen.
Das Konzept der »Zeitreise Neukölln« wurde von der Museumspädagogin Mareen Maaß in Zusammenarbeit mit der VHS Neukölln entwickelt. Die Auswahl der zehn Objekte erfolgte in mehreren Testläufen mit Teilnehmerinnen von Sprach- und Integrationskursen der VHS. Das Heft ist Teil des Projektes »Werkstatt Kinder Eltern Bildung«, dessen Ziel es ist, ein in ganz Nord-Neukölln präsentes, vielfältiges und kostenfreies Bildungsangebot zu schaffen.

Bei der Präsentation im Museum Neukölln konnte als erstes ein Mutterkurs der VHS den Umgang mit dem Arbeitsheft testen. Die Frauen hatten sichtlich Spaß und machten sich mit Feuereifer an die Bearbeitung der Aufgaben. Bezirksstadträtin Franziska Giffey hofft, dass noch viele weitere Gruppen den Weg in das Museum Neukölln finden werden: »Wenn die Mütter einmal hier waren, finden die Kinder auch her«.       rb

 

Schüler sammelten für Stolpersteine

Ein Projekt mit den Schülern der Wetzlar Grundschule

Ein besonderes Engagement zeigte die sechste Klasse der Wetzlar Grundschule im Rahmen der Stolpersteinverlegung. Die Schüler sammelten bei ihrem diesjährigen Schulfest für die Aktion. 120 Euro kostet die Verlegung eines Stolpersteins, die ausschließlich über Spenden finanziert wird. Am 29.11. wurden vom Künstler Gunter Demnich 18 Steine an acht Adressen in Neukölln verlegt. Dabei waren auch Angehörige der Opfer des Nazi-Regimes anwesend. Trotz nasskalten Wetters war die Veranstaltung für alle Beteiligten beeindruckend und stimmte nachdenklich.         ro

Stolperstein-Verlegung, Oderstr. 52.Foto: fh
Stolperstein-Verlegung, Oderstr. 52.             Foto: fh

Turnvater Jahn in Farbe

Fitness und Training gegen die Obrigkeit

Friedrich Ludwig (Turnvater) Jahn (1778-1852) gilt heute allgemein als der Begründer der deutschen Turnbewegung. 1811 gründete er in der Hasenheide den ersten deutschen Turnplatz. Neben einer Gesundheitsvorsorge, Neuentdeckung des Körpers, Fitness und Selbsterfüllung in der Gruppe war die Turnbewegung eng mit einer frühen Nationalbewegung verknüpft. So war sie unter anderem mit der Zielsetzung entstanden, die Jugend auf den Kampf gegen die napoleonische Besetzung und für die Rettung Preußens und Deutschlands vorzubereiten. Die neue Turnerbewegung steht im engen Zusammenhang  mit einem neu aufkommenden politischen Liberalismus, dessen Ziele unter anderem Demokratie und Pressefreiheit waren.

Jahn
Turnvater Jahn platzt der Kopf.Foto: mr

Für seine Verdienste um die Turnbewegung wurde Friedrich Ludwig Jahn bereits 1872 mit einem »Jahndenkmal« in der Hasenheide geehrt. Zum 200-jährigen Bestehen des ersten Turnplatzes wurde dieses Denkmal 2011 vom Bezirks­amt aufwendig restauriert.

Seit dieser Zeit ist es bisher viermal aus der linken Szene heraus beschmiert und beschädigt worden. Gerade mal wieder gereinigt kam es Ende Oktober erneut zu einer Sachbeschädigung, wobei der Kopf des Denkmals mit Bauschaum besprüht und mit einem Gymnastikball verziert sowie der Sockel mit Lackfarbe beschmiert wurde.    tr

Die Deutschenmacher

Neue Formen des Staatsangehörigkeitsrechts

Einbürgerung ist eine wichtige Entscheidung für die betroffenen Menschen, weil sie mit diesem Akt die volle Rechtsgleichheit innerhalb des politischen Gemeinwesens erhalten. Kinder ausländischer Eltern, die neben der deutschen auch die Staatsangehörigkeit der Eltern haben, müssen sich zwischen dem 18. und dem 23. Lebensjahr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden.
Welche Alternativen es zu diesem Optionsmodell geben könnte, diskutierten am 17. Oktober in der Aula der Albert- Schweitzer-Schule Dilek Kolat, Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen und Sükrü Uslucan, Jurist und Autor des Buches »Zur Weiterentwicklungsfähigkeit des Menschenrechts auf Staatsangehörigkeit«. Die Fragen stellte Jan Stöß, Landesvorsitzender der SPD Berlin.
Uslucan bezeichnete die aufwendige Optionslösung als »bürokratisches Monster«, das im übrigen die Mehrstaatlichkeit in vielen Fällen nicht verhindern kann. Das gilt besonders dann, wenn die Aufgabe der anderen Staatsangehörigkeit zu persönlichen und finanziellen Nachteilen führt. Bei EU Bürgern wird die Mehrstaatlichkeit ohnehin hingenommen.
Auch Dilek Kolat plädierte dafür, die Ungleichheit von EU Bürgern und Nicht EU Bürgern aufzuheben und generell vom Abstammungsprinzip wegzukommen. Es geht ihr dabei nicht nur um Integration sondern auch um Teilhabe. Die Staatsbürgerschaft und damit verbunden das volle Wahlrecht stärkt das Dazugehörigkeitsgefühl, weil jeder mitgestalten kann. Allerdings wies sie auch darauf hin, dass die Staatsangehörigkeit nicht vor Diskriminierung und Ausgrenzung schützt.  mr

Wie funktioniert Europa?

Nicht der Euro, sondern die Menschen machen Europa

»Wir brauchen nicht mehr Europa, sondern ein richtiges«. Damit umriss Jutta Limbach, die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, ihre persönliche Sicht auf Europa im Rahmen einer Veranstaltung der »Europäischen Akademie Berlin e.V.« im Roten Rathaus.

Limbach, die 1934 in der Landesfrauenklinik in Neukölln geboren wurde, wies zunächst darauf hin, dass seit der Bildung der Montanunion 1957, dem Vorläufer der EU, kein Krieg mehr auf EU-Boden stattgefunden hat. Genau aus diesem Grund ergebe die »Europäische Union« einen Sinn.

Allerdings bemerkte sie auch kritisch, dass bei der Einführung des Euro die wirtschaftliche Union gefördert, jedoch keine politische Union gebildet wurde. »Heute sehen wir das Ergebnis an der Wirtschaftskrise in Griechenland«, so Limbach. Zu allem Unglück kommt die Enttäuschung der Bürger über die EU-Politik, die sich im vermeintlichen Desinteresse äußert oder gar den Wunsch nach Abschaffung der EU laut werden lässt.

Rund 40 Neuköllner Bürger waren der Einladung der Aademie gefolgt und beschäftigten sich mit den Themen »soziales Europa« und »Europa der Bürger«. Eckart D. Stratenschulte, der Leiter der »Europäischen Akademie« gab den Teilnehmern in seiner Einführungsrede schon in etwa eine Ahnung von dem, was sie erarbeiten sollten.

Am zweiten Tag entwickelten die Arbeitsgruppen eine Bürgererklärung mit Forderungen und Erwartungen, die Berliner Politikern überreicht wurde.

Darin wurde mehr Transparenz in den Abläufen und Strukturen der EU gefordert.  Mehr Bürgerbeteiligung durch Referenden und  eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit mit allseits verständlichen Erklärungen der Arbeit der verschiedenen europäischen Gremien standen auf der Forderungsliste. In diesem Zusammenhang gab es zudem viel Kritik an den Medien, die nach Meinung der Teilnehmer viel zu wenig über die EU berichten.
Ein weiteres wichtiges Anliegen waren die sozialen Standards in den EU-Mitgliedsländern. Ein Mindestlohn, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, eine Reform des Rentensystems mit einer besseren Berücksichtigung der Erziehungszeiten, sowie die Flexibilisierung des Renteneintrittsalters abhängig von der Branche waren ebenfalls zentrale Forderungen.

Überreicht wurde die Bürgererklärung an das Bundestagsmitglied Stefanie Vogelsang (CDU), an die Berliner Abgeordneten Alexander Spiess (Piraten) und Gabriele Hiller (Die Linke), sowie an den Europaabgeordneten Michael Cramer (Bündnis 90/Die Grünen). Danach stellten diese Politiker sich der Diskussion mit den Bürgern. Cramer beklagte dabei, dass Europa auch von den Politikern aus den Nationalstaaten immer wieder schlecht geredet werde, dabei seien es doch eben diese Politiker, die die europäischen Gesetze mit entschließen würden. Er plädierte dafür, die vielen Unterschiede innerhalb Europas als Reichtum zu begreifen, gleichzeitig aber dafür zu sorgen, dass das soziale Gefälle zwischen den einzelnen Regionen nicht noch größer werde.   mr/ro

Alles in der Spur?

Erster Bauabschnitt in der KMS ist fertig

Voller Schwung schaufelten Staatsekretär Christian Gäbler und Baustadtrat Thomas Blesing einige Haufen Erde auf den frisch gepflanzten japanischen Schnurbaum. Dieses letzte Ritual beschloss das Ende der Bauarbeiten im südlichen Abschnitt der Karl-Marx-Straße.

Neue Spurlagen auf der Karl-Marx-Straße.Foto: fh
Neue Spurlagen auf der Karl-Marx-Straße.   Foto: fh

Zweieinhalb Jahre buddelten und schaufelten Bauarbeiter über und unter der Erde. Passanten stolperten und rutschten über die Absperrrungen. Das hat nun ein Ende gefunden. Die Abdichtung der Tunneldecke der U-Bahn wurde erneuert, ein Fahrradstreifen auf der Straße in beiden Richtungen eingerichtet. Problematisch ist die Spurführung für die Fahrradfahrer an der Kreuzung Saalestraße. Autos haben nunmehr nur noch eine Spur in jeder Richtung. Bürgersteige wurden verbreitert. Etliche Bäume sind bereits gepflanzt worden, im nächsten Jahr kommen noch mehr hinzu. An der Ecke Schiercker Straße/Karl-Marx-Straße zieren Kreuzberger Bügel den nicht offiziellen Platz.

Ganz billig waren die Arbeiten nicht. 2,8 Millionen Euro kosteten die Bauarbeiten, von denen der Bezirk 800 Tausend übernahm. Immerhin wurden die Bauarbeiten pünktlich abgeschlossen, was »nicht von jeder geplanten Maßnahme in Berlin behauptet werden kann« so Baustadtrat Blesing.
ro

Selbst Milchmädchen verrechnen sich

Skurrile Kostenschätzung für das Tempelhofer Feld

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat ein Gutachten über die »Volkwirtschaftlichen Auswirkungen eines Verzichts auf eine Teilbebauung des Tempelhofer Flugfeldes« veröffentlicht. Das soll belegen, dass auf das Land Kosten von nahezu 300 Millionen Euro zukommen, sollte das Tempelhofer Feld nicht mit Wohnungen und Gewerbeansiedlungen bebaut werden. Diese Kostenschätzung ist die Voraussetzung für das Volksbegehren der »Bürgerinitiative 100 % Tempelhofer Feld«, die eben diese Bebauung verhindern will.

Erstellt wurde das Gutachten vom »wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut empirica«. Allerdings beschäftigt sich die Studie nicht mit konkreten Ausgaben für die Entwicklung des Areals, sondern es werden äußerst vage Prognosen über das Verkehrsaufkommen in den nächsten 50 Jahren aufgestellt. Dabei gehen die Autoren davon aus, dass Berlin weiter wächst und damit mehr Wohnraum, Büros oder Einzelhandelsläden benötigt. Werden die Ränder des Tempelhofer Feldes nicht bebaut, heißt das nicht, dass diese dort geplanten Wohnungen, Büros oder Gewerberäume überhaupt nicht gebaut werden. Diese geplanten Investitionen werden stattdessen auf anderen, alternativ verfügbaren Flächen getätigt werden. Da diese aber von der Stadtmitte weiter entfernt sind als das Tempelhofer Feld, schließen die Autoren dann auf ein weitaus größeres Verkehrsaufkommen in Berlin. Durch mehr Unfälle, mehr Staus und höhere Schadstoff- und Lärmbelastungen ergeben sich nach dieser Annahme Kosten von etwa sechs Millionen Euro pro Jahr. Das ergibt über den Zeitraum von 50 Jahren dann tasächlich die prognostizierte Summe von 298 Millionen Euro.

Warum die Verkehrsströme allerdings alle in die Stadtmitte gehen sollen, erfährt der Leser nicht. Ebensowenig wird thematisiert, welche Kosten entstehen, wenn all die Menschen, die sich jetzt auf dem Tempelhofer Feld vergnügen sich ins Auto schwingen und ins Umland fahren, um dort Erholung zu suchen.

Masterplan Tempelhofer Feld.
Masterplan Tempelhofer Feld.

Überhaupt keine Erwähnung finden die Kosten der Vorleistungen, die das Land für die Entwicklung des Tempelhofer Feldes aufbringen muss. Auf der Basis einer Finanzplanung der »Tempelhof Projekt GmbH« von 2010 errechnet die Bürgerinitiatve einen Verlust von rund 290 Millionen Euro, wenn auf dem Parkgelände gebaut wird.    mr

David gegen Goliath?

Die Linke kämpft mit kleiner Mannschaft für ihre Ideen

Thomas Licher, Fraktionsvorsitzender von Die Linke, der kleinsten Fraktion in der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung (BVV), erzählte im Gespräch mit Kiez und Kneipe Neukölln über Ziele und bisher Erreichtes und zeigt die Grenzen des Handlungsspielraums seiner Partei im Bezirk auf.

Angesprochen auf die Bildungspolitik bemängelt der als Krankenpfleger tätige den großen Investitionsstau von 80 Millionen Euro. Betroffen sind zahlreiche bauliche Maßnahmen, die an Neuköllner Schulen dringend erforderlich wären, bei denen im Bezirk aber das Geld fehlt. Dies betrifft nicht nur dringendst benötigte Reparaturarbeiten, sondern auch den Ausbau des Ganztagsbereichs. Erklärtes Ziel der Die Linke in der BVV ist eine flächendeckende Einführung von Gemeinschaftsschulen in Neukölln.

Thomas Licher.Foto: pr
Thomas Licher.                            Foto: pr

Bei der Verkehrspolitik hat Licher eine sehr eindeutige Haltung. Die Verlängerung der A100 hält er für die Fortsetzung einer 50-er Jahre Politik, als an der Autostadt Berlin gebastelt wurde. Inzwischen sind die Neuanmeldungen für Fahrzeuge rückläufig und dadurch große Straßen überflüssig. Lieber sähe die Fraktion den Ausbau der U7 bis zum Flughafen in Schönefeld für den Fall, dass der Flughafen in Betrieb genommen wird.

Zu einer Gewaltprvention im Bezirk meint Licher, dass nach den Ursachen von Gewalt geschaut werden muss, denn sie ist Ausdruck einer mangelnden Teilhabe an der Gesellschaft. Videoüberwachung hält er in diesem Zusammenhang für sehr fragwürdig: sie verhindere keine Gewalt, zeichne sie lediglich auf. Sanktionierungen sind in seinen Augen dennoch unvermeidbar. Ebenso lehnt Die Linke einen Wachschutz an Neuköllner Schulen ab. Er sieht eine Verbesserung der aktuellen Situation darin, dass der Bezirk Chancen für die Jugendlichen eröffnet, was die Schaffung von Ausbildungsplätzen sein könnte.

In Wirtschaftsfragen sieht Licher für den Bezirk kaum Gestaltungsmöglichkeiten. Dafür tritt Die Linke für das bedingungslose Grundeinkommen ein.
Erreichen konnte die Fraktion Die Linke in der laufenden Legislaturperiode bisher nicht viel, sind sie doch nur mit drei  BVV-Mitgliedern im Rathaus vertreten.

Auf die Frage nach den Zielen in dieser Legislaturperiode spricht sich Licher gegen eine soziale Verdrängung durch Mietsteigerungen aus. Der Bezirk hätte die Möglichkeit über den »Milieuschutz« eine Verdrängung abzumildern. Das Jobcenter, nicht mit dem besten Ruf behaftet, soll nach seiner Meinung dazu gebracht werden, Leistungsempfänger angemessen zu behandeln. Im weiteren stellt er fest, dass in den Gutshof Britz – den er durchaus schön findet – allerdings ungleich mehr Geld geflossen ist, als es die Schulen benötigten. Weiterhin wünscht sich Die Linke einen Drogenkonsumraum in Neukölln.

Zum Schluss weist Licher auf die Bürgersprechstunden im Rathaus hin, die stärker von den Neuköllnern genutzt werden sollten.  ro

Piraten: Entert das Tempelhofer Feld!

Online Plattform soll vernetzen

Still war es in letzter Zeit um die Neuköllner Piraten geworden. Sie waren abgetaucht, verschwunden in ihrem Netzknäuel.

Nun sind sie wieder aufgetaucht und präsentieren in den nächsten Tagen ihre neue online-Plattform. Victor Aouizerat vom Squad Tempelhofer Feld: »Wir fordern alle interessierten Berliner auf, an der Plattform teilzunehmen und ihre eigene Öffentlichkeit herzustellen um herauszufinden, was wir wirklich auf dem Feld tun wollen. Unser Squad versteht sich hierbei als unabhängige Kraft, mit dem Ziel eine neutrale Plattform herzustellen an der jeder mit den gleichen Mitteln Teilnehmen kann.«

Tempelhofer Feld.Foto: mr
Tempelhofer Feld.                                                 Foto: mr

Der Pirat spricht alle  Interessengruppen an, die sich mit der Zukunft des Tempelhofer Felds beschäftigen.

Dabei versteht sich das Portal als Möglichkeit der Vernetzung zur gegenseitigen Unterstützung von Aktionen. Früher war es das schwarze Brett, auf dem Angebot und Nachfrage angepinnt wurden, heute ist es das Netz.

Die Interessengruppen rund um das Tempelhofer Feld sind in ihren Wurzeln sehr unterschiedlich. Von der Kleingartenkolonie bis zur »Aktionsgruppe 100% Tempelhof« verfolgen die Akteure doch das gemeinsame Ziel, Einfluss auf die Zukunft des Felds zu nehmen.

Treffen, bei denen hitzige Diskussionen entstehen, werden vermieden,   persönliche Feindschaften können gar nicht erst entstehen, denn alle Mitteilungen sind öffentlich.

Selbstverständlich soll das Portal auch als Diskussionsplattform dienen. Die Hoffnung, dass durch die Vernetzung mehr Menschen für Aktionen mobilisiert werden, ist berechtigt.

In diesem Sinne ist die Plattform ein guter Beitrag für Bürger, die sich einmischen möchten.        oj
Internet: freies-feld.de

Nazi-Schmierereien

Erneuter Übergriff auf die Falken

Erneut kam es in der Nacht vom 9. zum 10. Oktober zu rechtsex-tremistischen Angriffen in Berlin. Betroffen waren zwei Parteibüros in Tegel und Spandau, ein Flüchtlingslager bei Schönefeld und – zum dritten Mal – das »Anton-Schmaus-Haus« der Neuköllner Falken. Hier wurde der noch vorhandene Holzzaun mit Nazi-Symbolen und Morddrohungen (»Ihr interessiert uns brennend«) beschmiert. Diese Drohung bezieht sich auf die zwei bisherigen Brandanschläge aus dem Jahre 2011. Innensenator Frank Henkel hat sofort reagiert und bis zur Fertigstellung des neu geplanten Sicherheitszaunes einen durchgehenden polizeilichen Objektschutz während der Nachtstunden für die Jugendeinrichtung zugesagt.

Schmierereien bei den Falken.Foto: pr
Schmierereien bei den Falken.                          Foto: pr

Neben dem Jugendhaus der Falken wurden im Oktober noch weitere Schmierereien vorgenommen. In Britz wurden ebenfalls in der Nacht zum 10. Oktober die Fensterfront der Stadtteilbibliothek in der Gutschmidstraße mit Nazi-Symbolen beschmiert und in der Dörchläuchtigstraße ein Denkmal für den in einem Konzentrationslager umgekommenen Dichter Erich Mühsam mit Farbe übergossen und ebenso mit Nazi-Symbolen verunglimpft. Bereits in der Nacht zum 5. Oktober wurde in Rudow die Fassade eines Wohnhauses zusammen mit einer dort befestigten Gedenktafel zur Erinnerung an einen jüdischen Mitbürger mit Nazi-Symbolen und einem »rechten« Schriftzug verunstaltet. In allen Fällen hat der Polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamtes die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen übernommen.

Die treffende Reaktion der Falken auf den erneuten Anschlag kann nur unterstützt werden: »Aber trotzdem gilt, keinen Millimeter den Faschisten«.       pm

Hände weg vom Wiesenmeer

Demo für den Erhalt des Tempelhofer Feldes

»Ungefähr 400 Millionen Euro an Haushaltsmitteln kann die Stadt sparen, wenn das Tempelhofer Feld bleibt wie es ist.« Das sagte Hermann Barges von der »Initiative 100% Tempelhofer Feld« zum Auftakt der Demonstration gegen die Umgestaltung des Tempelhofer Feldes am 23. September.

Demo auf den Tempelhofer Feld.Foto: mr
Demo auf den Tempelhofer Feld.                      Foto: mr

Unter dem Motto »Hände weg vom Wiesenmeer« zogen nach Polizeiangaben zwischen 800 und 1000 Teilnehmer einmal quer über das Feld. Das war der »kraftvolle Auftakt zur Unterschriftensammlung für den Volksentscheid«, sagte Barges bei der Abschlusskundgebung. Die Initiative hofft, im Oktober mit der Unterschriftensammlung zu beginnen, wenn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ihre Kostenschätzung abgegeben hat. Denn auch wenn die Internationale Gartenausstellung nach Marzahn zieht und die Parkplanung ebenfalls auf wackligen Füßen steht, die Planung für die Randbebauung ist keineswegs vom Tisch. Die Begehrlichkeiten werden im Gegenteil immer größer. So forderte die IHK sogar eine Ausweitung des Wohnungsbaus auf dem Feld.

An der Demonstration nahmen auch viele Kleingärtner aus den Kolonien Tempelhofer und Neuköllner Berg teil, um deutlich zu machen, dass sie keineswegs, wie in der Presse berichtet, bereit sind, das Feld freiwillig zu räumen. Die Tempelhof Projekt GmbH will die Parzellen vom Bundeseisenbahnvermögen kaufen, um den künftigen Park von Südwesten her zu erschließen. Inzwischen bekommen die Gärtner auch Unterstützung von der Bezirksverordnetetenversammlung Tempelhof-Schöneberg. Ein Antrag der Linken in der BVV Tempelhof am 19. September zum dauerhaften Erhalt der Gartenkolonie wurde einstimmig ohne Gegenstimmen angenommen.
mr

Wie lange strahlt der Leuchtturm noch?

SOS vom Förderverein »Morus 14«

Die Lichter im Hause »Morus 14« werden dunkler. Dem Leuchtturmprojekt im Problemkiez am Rollberg geht das Geld aus. Es ist eines der wenigen Projekte, vielleicht sogar das einzige in Neukölln, das ohne städtische Gelder auskommt. Etwa 100 Kinder erhalten hier durch die Schülerhilfe kostenlose Unterstützung von Ehrenamtlichen. Kulturell tut sich das »Morus 14« hervor mit den Stummfilmkonzerten, die monatlich angeboten werden. Nicht zu vergessen ist das wöchentliche Mittagessen, das im Gemeinschaftshaus durch »Mieter kochen für Mieter« angeboten wird.

Gemeinschaftshaus.Foto: fh
Gemeinschaftshaus.                                               Foto: fh

Persönlichkeiten wie Fußballer Zecke Neuendorf von Hertha BSC, die Polizei vom Rollbergkiez und Erol Özkaraca von der SPD stellten hier ihre Kochkunst unter Beweis. So gelang es dem Verein, über die Grenzen des Bezirks bekannt zu werden.
Unablässig machte der Geschäftsführer des »Morus 14«, Gilles Duhem, darauf aufmerksam, dass ohne private Sponsoren und zahlende Vereinsmitglieder diese wichtige Stadtteilarbeit nicht weitergeführt werden kann. Duhem hat seine Tätigkeit zunächst niedergelegt, er kann nicht mehr bezahlt werden. Der Verein versucht zu retten, was zu retten ist. Schnell müssen Sponsoren gefunden werden, die bereit sind, dieses zukunftsorientierte Projekt zu retten.

Die Macher wissen genau, dass ohne Gegenleistung für Unterstützer nichts läuft. So ist den Geldgebern nicht nur ein rauschendes Fest garantiert. Nachdem Unternehmen festgestellt haben, dass Survivaltraining für Führungskräfte nicht das gewünschte Ergebnis bringt, lassen sie Manager gerne an der gesellschaftlichen Basis arbeiten. Das auf jeden Fall könnten sie im »Morus 14« im Rollbergkiez üben.      ro
Förderverein Gemeinschaftshaus MORUS 14 e.V., Morusstraße 14,  www.morus14.de

Keine Atempause, Geschichte wird versucht!

Gesetzesantrag zum Volksentscheid Tempelhofer Feld eingereicht

»Das Tempelhofer Feld ist nicht nur eine bedeutende große Erholungsfläche für die Berliner. Es ist auch ein wertvoller Landschaftsraum von hohem ökologischem Wert und wichtiger Klimafunktion für die umliegenden dicht bebauten Wohngebiete«. Das ist die zentrale Aussage des Vereins »Demokratische Initiative100% Tempelhofer Feld«. Dem steht die Absicht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz entgegen, die Ränder des Feldes mit einer großen Bibliotheksamt angeschlossenem Bildungsquartier, Wohnungen und Gewerbe zu bebauen und den Innenbereich zu einem Park um zu gestalten.61,5 Millionen Euro sind bislang allein für die Parkgestaltung veranschlagt.

Um diese Entwicklung zu verhindern, strebt der Verein einen Volksentscheid an. Der dafür erforderliche Gesetzesantragwurde jetzt beider Senatsverwaltung eingereicht. »Ziel dieses Gesetzes ist es, die wert vollen Eigenschaften des Tempelhofer Feldes und die darauf beruhenden Funktionen dauerhaft zu erhalten und vor Eingriffen, welche sie gefährden oder verändern können, zu schützen«, heißt es in der Präambel des Gesetzentwurfs. Der zentrale Bereich innerhalb des ringförmigen »Taxiways« soll dem zufolge völlig unberührt bleiben, außerhalb des Taxiways sollen Bolzplätze, Toilettenanlagen, Fahrradabstellplätze oder Kleingärtner zulässig sein.

Für den ersten Schritt, den offiziellen Antrag auf ein Volksbegehren sind 20.000 Unterschriften erforderlich. Mit der Sammlung soll voraussichtlich im September begonnen werden. Vorher muss aber die Senatsverwaltung ermitteln, welche Kostendem Land Berlin entstehen, wenn das Feld in seiner der zeitigen Formerhalten bleibt.

Dessen ungeachtet hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine Ausschreibung veröffentlicht, in der ein Büro für die Realisierung der Parkplanungen gesucht wird.

Rasenmäher in der Jugendarbeit

Haushaltssperre verursacht Massenkündigungen bei freien Jugendträgern

Pünktlich zum Ferienstart kam  die Hiobsbotschaft für 60 freie Träger der Jugendhilfe in Neukölln. Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister in Neukölln und durchaus bekannt für seine Bürgernähe sah sich gezwungen, ihnen die Verträge vorerst zu kündigen. Das bedeutet, dass viele Projekte der Jugendarbeit wie Schülerhilfe, Mädchentreffs, Krisenunterstützung ab Oktober entweder gar nicht oder nur noch eingeschränkt weitergeführt werden können.

Heinz BuschkowskiY doziert vor Grundschülern. Foto: fh

Betroffen von dieser Maßnahme sind auch die Schulstationen, die 2001 ihre Arbeit aufgenommen haben. Damals erkannte man die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Sozialpädagogen und Sozialarbeitern, da dadurch Sozialarbeit direkt vor Ort in den Grundschulen stattfinden konnte. Die hohe Akzeptanz bewies, dass diese Maßnahme ein Erfolgsrezept für nachhaltige Jugendarbeit ist. Damit ist es womöglich zunächst vorbei.
Verantwortlich für die Spontankündigung soll die Jugendstadträtin der Grünen Gabriele Vonnekold sein, der zum Vorwurf gemacht wird, ein Defizit von über vier Millionen Euro verschwiegen zu haben. Vonnekold erfuhr von den Kündigungen während ihres Urlaubs, den sie auf der Stelle abbrach, um den Sachverhalt in Berlin zu klären. Tatsächlich hat das Jugendamt bereits am 14. Juni in einer Stellungnahme über das Defizit aufgeklärt. Daraus geht aber auch hervor, das sich aufgrund erheblicher nicht steuerbarer und nicht planbarer Faktoren, wie der Zuzug problembelasteter Großfamilien das Einsparpotential in Grenzen hält. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass die Einsparung präventiv wirkender Mittel, wie die Freizeiteinrichtungen, um deren Kündigung es jetzt geht, sehr kurzsichtig sei, weil damit ein unkontrollierter Anstieg der Hilfen zur Erziehung in den nächsten Jahren verbunden sei. Auch ist es unmöglich, die Kosten der Hilfe zur Erziehung aus Personalmitteln zu finanzieren, da das Jugendamt Neukölln im Vergleich zu anderen Bezirken in der Personalausstattung am unteren Rand liegt. Über diese Stellungnahme wurde in der folgenden BVV diskutiert.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln, Bernd Szczepanski hält die  Kündigungen für eine »verantwortungslose Wahlkampfaktion gegen die grüne Jugendstadträtin«.
Aber noch ist nicht das letzte Wort gesprochen, denn wenn die BVV die Haushaltssperre aufhebt, können die Kündigungen zurückgenommen werden. Unabhängig von der Aufhebung der Haushaltssperre ist für die Arbeit der Jugendträger schon jetzt klar, dass sie teilweise zum Start ins neue Schuljahr alte Projekte neu gestalten und nach neuen Mitarbeitern und Räumen suchen müssen.