Der Mensch hinter der Akte

»Ultima Ratio« zeigt verschiedene Blickwinkel einer Flucht

Die Live Graphic Novel »Ultima Ratio«, aufgeführt im Heimathafen Neukölln erzählt die Geschichte von Alyah und Rooble, einem Paar auf der Flucht von Somalia nach Berlin. Dank des zeitweiligen Schutzes im Kirchenasyl der Neuköllner Kirchengemeinde St. Christophorus konnten sie einer Abschiebnug bis zum heutigen Tag entgehen.

Ultima_Ratio
Stationen einer Flucht.                                                                                                                                                               Foto: pr

Die Aufführung schafft es, die Betrachter zu vielfältigen Interpretertionen des Dargebotenen zu animieren. Die Perspektiven wechseln, aber trotzdem steht die Erzählung des Paares im Mittelpunkt. Dadurch wird ein Zugang zu der von ihnen durchlebten Flucht und ihrer heutigen Situation geschaffen, der dazu führt, dass man wenigstens versucht, sich so gut wie möglich in die Lage der beiden hineinzuversetzen. In dem kleinen Studio, in dem „Ultima Ratio“ aufgeführt wird, werden die Schrecken der Flucht, die Beklemmung und die brutale Abweisung durch die Behörden beinahe körperlich spürbar. Es wird deutlich, wie kalt und verwaltungstechnisch mit Geflüchteten umgegangen wird. Die Menschen werden auf eine Akte reduziert, die es zu bearbeiten gilt.
Doch nur die Wenigsten haben das Glück im Unglück durch Kirchen­asyl, das sich ohnehin in einer rechtlichen Grauzone bewegt, vor der Abschiebung bewahrt zu werden. Die Kapazitäten der sich engagierenden Gemeinden sind beschränkt und sie machen sich zudem strafbar. Kirchenasyl ist also keine Lösung des Problems. Dafür müssten die menschenunwürdigen Strukturen der europäischen Asylpolitik und auch die Haltung gegenüber den Geflüchteten grundlegend geändert werden. Es ist die Rede von Wirtschafts- und Armutsflüchtlingen im Gegensatz zu den »wirklich Schutzbedürftigen«, doch tatsächlich ist jemand, der vor der Armut flieht, nicht unbedingt weniger in Lebensgefahr, als jemand, der vor politischer Verfolgung flieht.
Die Diskussion um die Aufnahme von Geflüchteten wird fast immer nur unter wirtschaftlichen Aspekten geführt. Das eigentlich so selbstversändliche Recht auf Leben wird kompromisslos untergeordnet.
»Ultima Ratio« versucht auch auf dieses Verhältnis aufmerksam zu machen und weckt die teilweise komplett verlorengegangene Empathie für die Geflüchteten als Menschen.

az

Die Termine im Mai finden sie hier: http://heimathafen-neukoelln.de/spielplan?url=UltimaRatio