Es gehört Mut und Hoffnung dazu, Worte statt Waffen einzufordern und die Diplomatie als Priorität auf die Tagesordnung zu setzen. Jan van Aken hat diesen Mut.
Der 1961 geborene Autor und promovierte Biologe beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit Themen der Außenpolitik und des Friedens. Er arbeitete unter anderem für Greenpeace und als Biowaffeninspekteur der UN.
Seine Bestandsaufnahme von Krieg- und Friedensprozessen greift Bürgerkriege ebenso auf wie den Ukrainekrieg und den Nahostkonflikt. Illusionen schürt er dabei nicht, wohl aber die Hoffnung auf Wege aus der eskalierenden Gewalt.
Der Nordirlandkonflikt dient Jan van Aken als Vorbild für einen Friedensprozess nach mehr als zwanzig Jahren blutigem Bürgerkrieg. Drei Faktoren spielen dabei eine Rolle: der Wille der verfeindeten paramilitärischen Organisationen IRA und UVF, die Waffen abzugeben, dazu deutliche Verbesserungen in der sozialen und politischen Stellung der katholischen Bevölkerung.Außerdem der Druck durch die britische und irische Regierung und das diplomatische Engagement der USA, die aktiv eingriff. Ein in jeder Hinsicht herausragender Faktor ist die Teilnahme von Frauen an den Verhandlungen und am Friedensprozess. Diplomatie als Herausforderung weiterlesen →
Der Neuköllner Maler Willi Buesing hat dem Tempelhofer Feld einen Bilderzyklus gewidmet, mit dem Titel »Wo der Himmel so weit ist«. Zu sehen war die Ausstellung komplett im Juni in Haus 104 auf dem Feld und im Oktober im Atelier, wo die Malerei weiter erlebbar ist.
Der Künstler wohnt und arbeitet in der Nähe des Feldes, auf dem er regelmäßig ist. Der Titel kann zunächst als Anspielung auf den Begriff »Wiesenmeer« gesehen werden, doch er beinhaltet weitaus mehr.
Von der Botschaft her greift Willi Buesing das Gefühl auf, das jeder Mensch kennt, der das Feld betritt. Es hat nicht nur eine bewegte Geschichte, es hat mehr als ein Volksgesetz, das vor Bebauung schützt, und mehr als eine Weite, in der sich am anderen Ende des Feldes ein Horizont zu bilden scheint. Das Tempelhofer Feld hat Magie. Der Himmel so weit weiterlesen →
Frauenbilder, gesellschaftlicher Druck und das endlose Streben nach Perfektion
»Do you feel me now?« ist eine Zeile aus Britney Spears‘ Song »Toxic«. Die Künstlerin, die im Zentrum eines voyeuristischen Mediensystems stand, steht als symbolische Figur im Mittelpunkt der Ausstellung von Julie Legouez, Evelina Reiter und Shona Stark in der Galerie im Saalbau. Sie verkörpert die vielschichtigen Aspekte der weiblichen Darstellung in einer Welt, in der Medien und Öffentlichkeit maßgeblich beeinflussen, wie Frauen wahrgenommen werden. »Do you feel me now?« in der Galerie im Saalbau weiterlesen →
Die halbe Welt kennt Neukölln – aber wer kennt Britz? Immerhin 44.000mal würden wir bei dieser Frage »Ich, Ich, Ich!« hören… denn so viele Menschen leben in Britz – dem Stadtteil von Neukölln, der im Jahr 2025 seinen 650. Geburtstag feiert. Grund dafür ist die erste Erwähnung des Ortes Britz im Landbuch Kaiser Karls IV. im Jahre 1375. Und da das Feiern gemeinsam mehr Freude macht, möchten wir mit diesem Aufruf zur aktiven Teilnahme ermutigen.
Erst auf den zweiten Blick entdeckt man in Britz zahlreiche bedeutende Denkmale, Kultur- und Naturstätten. Weltruhm hat unter den verschiedenen Großsiedlungen die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Hufeisensiedlung. Viele kennen zudem den Britzer Garten mit seiner Holländerwindmühle, in der man sich »vermehlen« lassen kann. Doch wer weiß schon, dass in Britz heute wieder Wein angebaut wird und ein Hindutempel neben einem ehemaligen Krankenhaus das Stadtbild quietschbunt einfärbt? Mitmachen, Mitfeiern, Mitgestalten weiterlesen →
Ausstellung in der »Galerie im Körnerpark« untersucht die Beziehung von Mensch und Umwelt
Der Mensch vergisst gerne, dass er abhängig ist von seiner Umwelt, ein Lebewesen, das mit anderen in einem Geflecht unendlich vieler Netzwerke verbunden ist. Daran zu erinnern ist die Ausstellung »Every Single Thing That Exists In This Infinite Universe Is Either…« angetreten, die bis zum 26. Februar in der »Galerie im Körnerpark« zu sehen ist.
Die Ausstellung nimmt die Beziehung von Menschen zur natürlichen Umwelt und weiteren Organismen in den Blick. Acht internationale Künstler untersuchen die Stellung des Menschen in der Biosphäre der Erde und wie unsere Neigung, die Welt in binäre Kategorien einzuteilen, unser Verständnis der Beziehungen zwischen den Arten einschränkt.
Unterschiedliche Perspektiven auf die Verflechtungen des Menschen mit anderen lebenden und nicht lebenden Wesen werden vorgestellt, die zu einem Diskurs über biokulturelle Vielfalt beitragen. Von Moosen und Menschen weiterlesen →
Zukünftig sollen die Opfer des Genozids im Zentrum des Gedenkens stehen
Seit vielen Jahren wird gegen ein Gedenkensemble auf dem Friedhof am Columbiadamm protestiert, das an die deutschen Kolonialkriege in Namibia erinnert.
Als die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Januar letzten Jahres den Beschluss fasste, das Bezirksamt mit der Umgestaltung dieses Ensembles zu beauftragen, hatte sie eigentlich die Entfernung des Steins im Sinn, um »dem Gedenken an die Täter endlich ein Ende zu setzen«, wie es in der Begründung des Antrages heißt.
Auf diesen Beschluss hat das Museum Neukölln mit der Ausstellung »Buried Memories «, reagiert, die ein Dreivierteljahr gezeigt wurde. In einem intensiven Dialog mit der Zivilgesellschaft, an dem auch Aktivisten und Künstler aus Namibia teilnahmen, wurde ein Konzept erarbeitet für den zukünftigen »Umgang mit widerstreitenden Erinnerungskulturen, die sich an dem Stein abarbeiten«, wie es Museumsdirektor Matthias Henkel bei der Vorstellung des Ergebnisses im Ausschuss für Bildung, Schule und Kultur am 3. September formulierte. Neue Ideen für die Umgestaltung des »Herero-Steins« weiterlesen →
Das Museum Neukölln wirft einen neuen Blick auf das Denkmal in der Hasenheide
Nach dem »Hererostein« nimmt das Museum Neukölln ein weiteres umstrittenes Denkmal in den Blick. »Denk Mal Jahn« heißt die neue Ausstellung, die bis zum 9. Mai 2025 läuft.
Ein Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung aus dem Jahr 2023 stellt das Denkmal, das 1872 in der Hasenheide zu Ehren des »Turnvaters« errichtet wurde, grundsätzlich in Frage. Auch eine komplette Entfernung dürfe kein Tabu sein. In der Begründung heißt es: »Mit Friedrich Jahn wird an herausragender Stelle im öffentlichen Raum ein Antisemit, Nationalist, Antidemokrat, Militarist und Antifeminist geehrt.« Museumsdirektor Matthias Henkel warb für eine etwas differenziertere Herangehensweise. Jahn war ein Kind seiner Zeit, erklärte er, geprägt durch die napoleonischen Kriege und die französische Besatzung, die beginnende Industrialisierung und den Kampf um die Einheit und Unabhängigkeit Deutschlands, der in der Revolution von 1848 gipfelte. »Denk Mal Jahn« weiterlesen →
Musikliebhaber fürchten um den Fortbestand von »Sommer im Park«
»Sommer im Park« ist eine Konzertreihe, die jeden Sommer, und das seit 35 Jahren, sonntags im Körnerpark, veranstaltet vom Bezirksamt Neukölln, stattfindet. Ab 18 Uhr treffen sich Kiezbewohner aller Couleur, von den Kleinsten bis zum Rentner, von arm bis reich. Es ist ein Ort, an dem alle zusammentreffen, ein fröhliches Sonntags-Musikfest, den ganzen Sommer lang. Es wird kein Eintritt bezahlt und um Spenden wird auch nicht gebeten, also umsonst und draußen.
In diesem Jahr wurden insgesamt etwa 300 Zuschauer pro Veranstaltung gezählt. Es wurden nahezu alle Musikrichtungen präsentiert. Die Musiker sind stets gut gewählt und von hoher Qualität. Missverständnisse um Körnerpark-Mucke? weiterlesen →
In einer dreiteiligen Ausstellungsreihe widmet sich der »Kunstverein Neukölln« der Tierwelt. Nach den Insekten und dem Rotfuchs geht es in der dritten und letzten Ausstellung um »Corvidae«, die Rabenvögel und ihrer ambivalenten Rolle in vielen Kulturen. Einerseits wird ihre Intelligenz und Sprachbegabung bewundert, ihnen wird Weisheit und Gewitztheit unterstellt. Der germanische Gott Odin, Gott der Weisheit, konnte sich gelegentlich in einen Raben verwandeln. Außerdem begleiteten ihn immer zwei Raben, die er ausschickte, um zu erfahren, was in der Welt Wichtiges geschah.
Andererseits wurden sie als angebliche Unheilsbringer und Schädlinge verfolgt. Ihr schlechtes Image haben sie vor allem von ihrer Neigung Aas zu fressen. Im Mittelalter brachte ihnen ihre Angewohnheit, sich am Fleisch gehenkter Zeitgenossen gütlich zu tun, den Namen »Galgenvogel« ein. Das Auftauchen großer Schwärme galt bald als Vorbote von Tod, Unheil und Pestilenz. Rabenvögel – Kulturfolger mit schlechtem Image weiterlesen →
Aus wie vielen Teilen besteht ein Mensch? Der brasilianische Künstler Jota Kayodê Ramos setzt sich in der Ausstellung »A man of many parts« in der »Galerie im Saalbau« mit Geschlechtsidentität und gesellschaftlichen Normen aus Sicht eines transsexuellen Schwarzen Menschen auseinander.
Der Künstler selber verortet sich als »BIPoC trans*Person« mit vielen Identitäten. »PoC« – »People of Color« – umfasst alle nicht-weißen ethnischen Gruppen. Die Zusätze »B« und »I« für »Black« und »Indigenous« betonen die besonders schwerwiegenden Formen der Diskriminierung von Schwarzen und Indigenen. Geschlechtsidentität und gesellschaftliche Normen weiterlesen →
Der achtzehnjährige Çetin kommt aus Istanbul nach Berlin, um sich dort auf das Studium der Elektrotechnik vorzubereiten und damit schließlich zu beginnen. Sein drei Jahre älterer Bruder Can lebt schon als Student in Berlin. Der studiert nicht nur, sondern führt zusammen mit einem türkischen Freund ein gutes Café- und Liebesleben, und das in Ostberlin zu Zeiten der Mauer.
Çetin teilt sich im Wedding eine Einzimmerwohnung ohne Bad mit seinem Bruder. Gleichzeitig besucht er seine Tante und seinen Onkel, die als »Gastarbeiter« gekommen sind und in Neukölln eine Wohnung mit Bad und WC bewohnen.
Sein Bruder Can und schließlich auch Çetin und Cans Freund Erkan reisen regelmäßig mit Cans rotem VW Käfer nach Ostberlin, zum Tanz und um Frauen kennenzulernen. In Westberlin begegnen sie eher Ablehnung statt Partnerschaft. Çetin hält sich bei den Kontakten zu Frauen zurück. Dennoch nimmt das Abenteuer seinen Lauf. Schließlich gelingt sowohl Erkans Freundin Sabine und später auch Cans Freundin Birgit die Flucht mit der Hilfe von Fluchthelfern. Die geben als Bedingung, neben hoher Zahlungen in D-Mark, aus: »Schweigepflicht ist bei uns wichtiger als das katholische Beichtgeheimnis.« Zwischen Agenten und Fluchthelfern weiterlesen →
»Öffentlicher Luxus« rückt in die politische Diskussion
Öffentlicher Luxus klingt zunächst nach Geldverschwendung. Das Gegenteil ist gemeint. Der Begriff stammt aus dem Englischen. Er umschreibt ein komplettes Programm, um alle wichtigen sozialen Aufgaben in die Hände einer demokratischen Öffentlichkeit zu geben, im Kern durch Vergesellschaftung aller wichtigen Aufgaben und Infrastrukturen. Ja, es handelt sich von der Zielsetzung her insgesamt noch um eine (utopische) Vision, gegliedert nach den Bereichen, die immer noch von kapitalistischer Profitlogik durchzogen sind. Antikapitalistisch ist es also. Das besondere dabei: Es wird nicht von Begriffen wie Sozialismus Gebrauch gemacht, auch wenn Bezüge auf Marx und Engels stellenweise vorkommen. Leben als neues Versprechen weiterlesen →
»Dabei sein ist alles« lautet das Motto der Olympischen Spiele, bei denen sich die »Jugend der Welt« zum sportlichen Wettstreit treffen soll. Das galt aber nie für alle, denn die Geschichte des Sports ist auch eine Geschichte der Ausgrenzung vieler gesellschaftlicher Gruppen. Die Regeln machte eine weiße männliche Elite, die unter sich bleiben wollte.
In seinem neuesten Buch mit dem programmatischen Titel »Dabei sein wäre alles«, das der Politikwissenschaftler, Journalist und Publizist Martin Krauss am 13. Juni in der Helene-Nathan-Bibliothek vorstellte, richtet er seinen Blick auf die Sportler, die nicht in dieses Schema passen, wie Arbeiter, Frauen, ethnische Minderheiten, Menschen mit Behinderung oder Queere. Er beschreibt ihre Kämpfe um Anerkennung und Gleichberechtigung, aber auch alternative Sportkonzepte wie die Arbeitersportbewegung, die Gay Games, die jüdische Sportbewegung, Frauensport oder den Parasport, die als Antwort auf den Ausschluss der Sportler aus den bürgerlichen Sportbewegungen entstanden. Dabei sein wäre alles weiterlesen →
Über den Körper und seine Beziehung zur natürlichen Welt
Was passiert, wenn die Natur die Oberhand gewinnt über die vom Menschen gemachte Ordnung? In der neuen Ausstellung »Unbändiger Glanz. Die Wahrnehmung von Körpern durch das Spektrum der Natur.« in der »Galerie im Körnerpark« präsentieren Künstler ihre Arbeiten über den Körper und seine Beziehung zur natürlichen Welt, zu Gärten, Pflanzen und ökologischen Systemen.
Sie erforschen den Kontext, in dem wir leben, die Natur und ihre Zyklen, die Rhythmen der Fortpflanzung, unsere Beziehung zur Natur. Dabei geht es auch um Überlebensstrategien zukünftiger Lebewesen angesichts von Klimakrise und menschengemachtem Artensterben. Es geht auch um die Verbindung von Biosphäre und Sozialsphäre, von Natur und Stadt, um Vielfalt unserer Gesellschaft und ihrer Verflechtungen, ausgedrückt durch die Skulptur eines Baumes, die aus unterschiedlichen Baumarten zusammengesetzt ist. »Unbändiger Glanz« in der Galerie im Körnerpark weiterlesen →
Kunstverein Neukölln zeigt die verschiedenen Seiten von Meister Reineke
Der Fuchs ist unser stiller Begleiter in der Stadtlandschaft. Im Bereich der Mythologie, Fabel und Zoologie werden dem Tier unterschiedliche Charaktereigenschaften zugeordnet. Trotz seiner Unsichtbarkeit ist der Fuchs als Idee und Charakter in der mündlichen Überlieferung und Literatur vieler Kulturen omnipräsent.
Von Mai bis September 2024 zeigt der Kunstverein Neukölln eine dreiteilige Ausstellungsreihe, die sich mit der kulturellen Wahrnehmung der Tierwelt im Kontext von Urbanität und Fabel befasst. Letztere hat in der Literatur einen kulturübergreifenden, historischen, überdauernden Platz. Vulpes vulpes – Der Rotfuchs weiterlesen →
Eine irische Erzählung von Globalisierung und Turbokapitalismus
Wie hat das Wirtschaftssystem, die Globalisierung und der Kapitalismus Einfluss auf das Leben der Menschen? Und wie es auf der geteilten Insel Irland, drei Jahre nach dem Brexit? Dieser Frage gehen sechs irische Künstlerinnen und Künstler in der Ausstellung »TURBO GLOBAL. Eine irische Erzählung« nach, die am 27. Juni im Schloss Britz eröffnet wurde und bis zum 6. Oktober zu sehen sein wird.
Irland ist eines der Länder, die mit Turbokapitalismus in Zusammenhang gebracht werden. In der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs von Mitte der 1990er-Jahre bis zur Finanzkrise um 2008, wurden besondere Anstrengungen unternommen, um Industrie, Dienstleistungen und Firmenkapital an den Standort zu binden und so die wirtschaftliche Situation in beispielloser Weise umzustrukturieren. Multinationale Konzerne sind hier seitdem besonders präsent. Von Markt und Menschen: Turbo Global weiterlesen →
Bernd Heyl stellt »Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte« vor
Rund 30 Jahre lang, von 1884 bis 1915, war das Deutsche Reich Kolonialmacht im heutigen Namibia, eine Geschichte, die den namibischen Alltag bis heute prägt. Sie scheint auf in Straßennamen, Ortsnamen und historischen Denkmälern. Zudem sind die Deutschsprachigen eine der wohlhabendsten Gruppen des Landes. Die Problematik der deutsch-namibischen Kolonialgeschichte ist aber den wenigsten deutschen Besuchern bewusst.
Der Pädagoge und Gewerkschafter Bernd Heyl organisiert seit Jahren Reisen in das Land, bei denen genau diese Geschichte und das Erinnern an den von den Deutschen zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts begangenen Völkermord an den Ovaherero und Nama im Fokus steht. Auch Bärbel Ruben, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums Neukölln, war mit ihm dort und hatte dabei die Gelegenheit, mit Lokalpolitikern, Vertretern von NGOs und Aktivisten zu sprechen.
Am 25. Mai führte sie im Schloss Britz ein Gespräch mit dem Reiseleiter über den deutsch-namibischen Umgang mit dem Erinnern.
Es werde eine »konservierte Kolonialgeschichte« sichtbar, das Beharrungsvermögen der Deutsch-Namibier sei enorm, fasste sie ihre Eindrücke zusammen. Es gebe viele liebevoll restaurierte Gebäude aus der Kolonialzeit, viele Denkmäler, die an deutsche Gefallene in den Kolonialkriegen erinnern, aber wenig, was auf die Tausende von Toten in der einheimischen Bevölkerung hinweise. Reiseführer in die Kolonialgeschichte weiterlesen →
»Redemption, Maybe« befragt unser Verhältnis zur Arbeit
In der Galerie im Saalbau in Neukölln widmet sich die spanische Künstlerin Mariona Berenguer unter dem Titel »Redemption, Maybe«, zu Deutsch etwa »Erlösung, vielleicht« dem Thema der Arbeit und unserem Verhältnis zu ihr.
Mit Skulpturen, Grafiken, textilen Stücken und Installationen fragt die Künstlerin nach den Werten, die unserer Arbeitskultur zugrundeliegen.
Auf die Arbeit als Element der Erlösung im Sinne der Tradition des »ora et labora«, spielt die Installation »Latin Locutions« an, eine Struktur aus Gerüstelementen vom Bau, angeordnet als eine Art Beichtstuhl mit Kniebank und Gitterfenster. Arbeit wird zum Religionsersatz – wer leistet, der verdient. Mülltonnen und Beichtstühle weiterlesen →
Dokumentarfilm zeigt Schillerkiez in Zeiten der Pandemie
Im Rahmen des Kunstfestivals »48 Stunden Neukölln« wird am 28. und 30. Juni der Dokumentarfilm »Erste Welle« im Il Kino und im Rollberg Kino in Anwesenheit der Protagonisten und Regie vorgeführt. Der 55-minütige Film, eine offizielle Auswahl der Internationalen Hofer Filmtage, fängt die ersten vier Wochen der Pandemie im Schillerkiez ein. Dokumentiert wird das Leben rund um das Café »Pappelreihe« und das Tempelhofer Feld. »Erste Welle« zeigt Gespräche über Ängste, Szenarien und die Bedeutung des sozialen Treffpunkts und ist eine Zeitkapsel dieser unsicheren Tage und ein Porträt eines Viertels im Wandel. Tragischerweise wird das Café »Pappelreihe« am Wochenende der Vorführung wegen Mieterhöhungen geschlossen, ein weiterer Verlust durch die Gentrifizierung. Die Vorführung ist Erinnerung und Ehrung dieses besonderen Ortes.
pm
Vorführzeiten sind am 28.6. um 19 Uhr im »Il Kino« in der Nansenstraße 22, und am 30.6. um 19 Uhr im »Rollberg Kino« in der Rollbergstraße 70.
Auf meinen orientierungslosen ausgedehnten Spaziergängen in Neuköllner Kiezen muss ich leider immer wieder Missstände zur Kenntnis nehmen. Nun wird fast im Dreivierteltakt in Medien, unter Nachbarn, Touristen, Tierliebhabern und einem Medium, das ich persönlich kenne, sogar oft zu Recht, unangemessenes Verhalten der Neuköllner beklagt. Die Hoffnung, dass durch gewaltfreie Pädagogik positive Reaktionen der angesprochenen Personen erfolgen werden, beträgt statistisch gesehen 44,36 Prozent. Aber immerhin, eine Chance besteht. Darum möchte auch ich mein Anliegen ohne Hemmung äußern.
Eher durch Zufall, beim Blick in ein Auto, das ein Parkverbot bewusst missachtend mir als anständigem Fußgänger ein anstrengendes Ausweichmanöver aufzwang, habe ich erstmals zur Kenntnis genommen, dass in Fahrzeugen Kuscheltiere ein fremdbestimmtes Dasein führen müssen. Darum dokumentiere ich seit ungefähr elf Monaten und vier Tagen diese Problematik, denn Stofftiere zum Schmusen waren überall in Karossen anzutreffen. Ihre traurigen Blicke sowie statischen Körperhaltungen alarmierten mein Infarkt-gestähltes Herz. Kuscheltiere weiterlesen →
Einer der außergewöhnlichsten Kulturorte in Neukölln hat nach der Winterpause wiedereröffnet. Die »Kunstbrücke am Wildenbruch« am Neuköllner Schifffahrtskanal befindet sich in einer ehemaligen öffentlichen Toilettenanlage. Da es keine Heizung in den Räumen gibt, ist sie nur im Sommer geöffnet. Im April startete die neue Saison mit der Ausstellung »You are among us and we are among you« von Marcelina Wellmer in Zusammenarbeit mit dem »Leibniz-Institut für Gewässer« und der Stiftung »Naturschutz Berlin«.
Die Künstlerin beschäftigt sich in ihrem Projekt mit dem Thema Stadtgewässer und den Einfluss der Menschen auf diesen Lebensraum. Indem sie Techniken wie Fotografie, Unterwasservideo, Tonaufnahmen und die Aufzeichnung von Wasserdaten einsetzt, bringt sie bewegte und eingefrorene Bilder von Tieren, Verschmutzung und Technologie in Zusammenhang. Vielfach vergrößerte Kleinstlebewesen schwimmen im Video gemeinsam mit Plastikteilen und erzeugen dabei einen Sog, dem der Betrachter sich kaum entziehen kann. Da bekommt sogar eine zerknautschte Plastiktüte eine gewisse Ästhetik. Besser wäre es allerdings, sie wäre gar nicht da.
mr Geöffnet ist die kommunale Galerie mittwochs bis sonntags von 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es auf kunstbruecke-am-wildenbruch.de und unter Tel. 902 39 24 31
Zu ihrem einjährigen Bestehen hat die Neuköllner »Spore Initiative« die Ausstellung »Wasserspiegel – Water Bodies« eröffnet. Die Bedeutung der Flüsse für das Leben als »Wasseradern« wird anschaulich »entlang der Flüsse Kurdistans« gezeigt, einer kollaborativen Arbeit der Anthropologin Şermin Güven, ein vielschichtiges multimediales Projekt. »Wasserspiegel – Water Bodies« beschäftigt sich mit den Erfahrungen vom Leben und Überleben im Angesicht der zunehmenden Wasserknappheit. Es sprechen Flüsse wie der Munzur und die Spree, sowie Bewohner und Wasserschützer entlang der einst schnellen, nun nur noch rinnenden Gebirgsbäche im Fließgewässernetzwerk von Firat/Euphrat und Dîcle/Tigris.
Im Mittelpunkt des Projekts stehen Techniken der Wasserpflege, die seit Generationen durch Lieder, Volksgeschichten, alte und neu erfundene Mythologien und Erfahrungsberichte weitergegeben werden. Süße Adern des Lebens weiterlesen →
Mit konstruktivem Pessimismus zur »Zwei Staaten Lösung«
Unter der Eindruck des Pogroms am 7. Oktober 2023 auf israelischem Boden und dem folgenden brutalen Krieg in Gaza schrieb der israelische Historiker Moshe Zimmermann sein aktuelles in diesem Jahr erschienenes Buch »Niemals Frieden? Israel am Scheideweg.« Moshe Zimmermann ist ein engagierter Vertreter der »Zwei Staaten Lösung« eines unabhängigen Israels und Palästinas. Gleich im Vorwort betont er, dass er bei seiner historischen und aktuellen Analyse wieder zu einer Prognose kommen wird, wenn er auch eine zunehmend pessimistische Sicht hat; doch die darf den Blick nicht trüben. Die Greueltaten der Hamas am 7. Oktober erfolgten nicht im luftleeren Raum, sondern in einem historischen und politischen Zusammenhang. Moshe Zimmerman weiterlesen →
Er ist der meistübersetzte französische Autor, und seine Romane faszinieren nach wie vor: Jules Verne erschuf in seinen Romanen Welten in denen er Wirklichkeit und Fantasie auf hinreißende Weise vermischte. Der französische Schriftsteller und Pionier der Science-Fiction-Literatur steht nun im Fokus der Ausstellung »Ferne Welten Jens Hanke – Jules Verne«, die bis zum 26. Mai im Schloss Britz zu sehen ist.
Den Illustrationen seiner Bücher sind die Werke des zeitgenössischen Künstlers Jens Hanke zur Seite gestellt, eine »Versuchsanordnung«, die fantastische Literatur des 19. Jahrhunderts in Beziehung zu setzen in davon eigentlich nur mittelbar beeinflussten zeitgenössischen Kunstwerken. »Die Arbeiten Jens Hankes sind nicht als Kommentar oder Reflektion zu Jules Verne entstanden. Sie können aber als solche gelesen werden oder sind eventuell doch auch Resultate einer Jules-Verne-Rezeption – dies aber eigentlich absichtslos«, heißt es im Katalog zur Ausstellung. Ferne Welten im Schloss Britz weiterlesen →
Kaste, Klasse und Staat nicht unter den Tisch fallen lassen
Wie schnell sind wir mit Begriffen. Neukölln wird als »sozialer Brennpunkt« bezeichnet, auch von »guter Vielfalt« ist die Rede. Weitere Begriffe kommen auf dem Weg zu »Lösungen« ins Spiel, »Bildungsferne« und »gute Bildung und Chancen für alle«. Politisch leichter gesagt als getan. Für die Soziologie gilt das auch. Die »sozial Schwachen« tauchen auf. Loïc Wacquant greift das alles zu kurz. Sein Buch »Die Erfindung der »Unterklasse«« ist eine fundierte Studie zu einer »Politik des Wissens«. Diesen Begriff allerdings hinterfragt Wacquant ebenfalls. Denn Wissen habe mit einem geprägten Blick zu tun. Drei wissenschaftliche Ansätze führt Loïc Wacqant zusammen. Der Ansatz, dass es in der Politik grundsätzlich um die asymmetrischen Begriffe »Freund und Feind« gehe. Hier komme schnell ins Spiel, aus Unruhen, die sich 1977 in Harlem ereigneten, einen »rassisierten Volksteufel« als »Unterklasse« entstehen zu lassen. Die Erfindung der »Unterklasse« weiterlesen →
Sara Reichelt liest aus ihrem neuen Roman »Gefährliche Mietschaft«. Der widerspricht allen Klischees und erwartet Aufgeschlossenheit von den Lesenden. Die Mietnomadin Jennifer zieht in die Wohnung der Übersetzerin Katharina ein. Das Unheil nimmt seinen Lauf.
Bei Axel Svehla geht Milan Lenze in die Trinkerheilanstalt »Bärwald-Klinik«, irgendwo im Nirgendwo gelegen. Ihm fällt schnell auf, dass der dortige Therapieansatz nicht weiterführt, denn die Wege aus der Krise sind jeweils unterschiedlich. Am Tag der Offenen Tür bringt er mit einer Handvoll anderer Patienten alles durcheinander. Eintritt frei, Spenden erbeten. Freitag 26. April –20.00 Uhr. Landsmann, Herfurtplatz 11
Lauter Beifall des zahlreich erschienenen überwiegend jugendlichen Publikums brandete auf, als die sieben Nominierten des diesjährigen Neuköllner Kunstpreises die Bühne betraten. Sie waren von einer fünfköpfigen Jury unter mehr als 130 Bewerbern für den mit insgesamt 6.000 Euro dotierten Preis ausgewählt worden.
Sie sei beeindruckt von der Qualität der eingereichten Arbeiten, die die Vielfalt der Neuköllner Kunstszene reflektieren, sagte Kulturstadträtin Karin Korte bei der Preisverleihung am 16. Februar im Heimathafen. Da sei es für die Jury nicht leicht gewesen, eine Entscheidung zu treffen. Die Jury hat entschieden weiterlesen →
Im Jahr 2020 fanden in Belarus massive zivilgesellschaftliche Proteste gegen die gefälschten Wahlen und die repressive Politik des korrupten Staatsoberhaupts statt, an denen auch Künstler und Kulturschaffende maßgeblich beteiligt waren. Viele wurden verhaftet und kamen ins Gefängnis. Nach ihrer Freilassung flohen sie vor weiteren Strafen ins Ausland.
In der Ausstellung »manchmal halte ich mich an der luft fest«, die noch bis zum 29. Mai in der Galerie im Körnerpark zu sehen ist, schauen junge belarusische Künstler zurück auf die Proteste, die ihr Leben radikal verändert haben, und auf die darauf folgenden Jahre des Exils.
In ihrer Kunst beschäftigen sie sich mit den Repressionen in ihrem Heimatland und der Angst vor dauernder Überwachung, die auch im Exil nicht endet. Ein Ausdruck dafür ist Lesia Pcholkas Arbeit »The Bases«, Abgüsse von Laternenpfählen, an die Kameras montiert sind, als Symbol für die permanente staatliche Überwachung. Belarusische Künstler im Exil weiterlesen →
Korvin Reich und Jean Kirsten nutzen die Räume des Kunstvereins Neukölln, um das Phänomen Raum künstlerisch zu erschließen und »Des Raumes Lösung« zu entwickeln. Der Raum wird keineswegs aufgelöst in der Entwicklung, sondern in seiner Bedeutung erschlossen.
Was uns tagtäglich als selbstverständlich erscheint, wir leben und begegnen uns in Räumen, hat erstaunliche Dimensionen. In der aktuellen Ausstellung vermitteln die beiden bildenden Künstler im Zusammenwirken eine besondere Sichtweise auf etwas, das eng mit der Existenz der Lebewesen und der Natur verwoben ist.
Raum, so sagen die beiden, »bildet den Hintergrund, der Bewegung erst ermöglicht« und damit ebenfalls das Erlebnis von Objekten. Korvin Reich nähert sich dem Phänomen in Anlehnung an Mathematik und in Abstraktionen, die teilweise gerahmte Muster zeigen in ihrer räumlichen Tiefe. Linien und Objekte verschmelzen in Bewegungen. Jean Kirsten nutzt die Formen von »Platonischen Körpern« in Verbindung mit Bewegung im Raum, die aus dem Tanz bekannt ist. Er verdeutlicht die Theorie und Technik des ungarischen Tänzers Kurt Laban, die noch heute im Modern Dance und seinen Ausprägungen als wichtige Technik genutzt wird, um körperlich den Raum zu nutzen und eine tänzerische Dimension zu erzeugen.
Die Ausstellung erzeugt eine bleibende Impression über den Raum. Immanuel Kant schwingt mit. Der sah im Raum eine »Anschauungsweise«, um Ordnung in »die Welt der Phänomene« zu bringen. Sonst würde es nur Flimmern geben.
Bundesweite Ausstrahlung aus dem Berliner Ensemble bewirkt massenhaften Protest
»Vielleicht wird dieser Abend Teil einer neuen Erzählung, die damit beginnt, dass wir uns gegen die faschistischen Kräfte in diesem Land wehren. Es könnte eine Erzählung sein, die zeigt, dass wir viele sind, dass wir laut sind. Dass wir als Zivilgesellschaft nicht pennen, sondern dass wir hellwach sind. Und dass wir uns unsere Demokratie nicht kaputt machen lassen.« Diese Worte spricht der Schauspieler Veit Schubert zum Schluss der szenischen Lesung im Berliner Ensemble am 17. Januar.
Zuvor hatte das gemeinwohlorientierte und investigative Essener Medienhaus »correctiv« seine Recherchen zu einem angeblich »privaten« Treffen von Geschäftsleuten, aktiven sowie gewaltbereiten Neonazis und AfD-Mitgliedern veröffentlicht. »Remigration« aller in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund bildete das Hauptthema, genauer gesagt: Deportation. Gemeint sind damit 20 Prozent der hier lebenden und arbeitenden Menschen. Ziel ist die Abschaffung der Demokratie. Geheimplan gegen Deutschland weiterlesen →