Negativer Raum und Hoffnung

Verdächtige subtile Gewalt

Aslan Goisum zeigt seine Einzelausstellung »Suspect« im Kindl Kulturzentrum. Seine feinfühlige Aufarbeitung möglicher und subtiler Ausprägungen von Gewalt ist nicht einfach zu erfassen. Es entsteht fragendes Unbehagen.
Zwei Schlüssel öffnen den Weg zum Verständnis der Ausstellung. Der englische Titel »Suspect« und der zunächst scheinbar unbedeutende »negative Raum«.

Foto: Julian Blum

»Suspect« bedeutet schlicht »verdächtig«, ebenso »Die verdächtige Person«. An jeder großflächigen Wand des Maschinenhauses 1 hängt nur ein Foto oder eine Fotocollage. Bis auf ein Bild sind alle Aufnahmen in Schwarz-Weiß. Der große helle Raum mit weißen Wänden ist frei begehbar.
Die Farbcollage zeigt zwei Männer. Der eine trägt Alltagskleidung, der andere einen Anzug. Die Köpfe und Unterschenkel beider sind im großformatigen Ausschnitt nicht zu sehen. Der Mann im Anzug fasst mit der rechten Hand den Unterarm des anderen. Eine Verhaftung? Kein Bild der Ausstellung trägt einzelne erklärende Titel, so auch dieses nicht.
Im dunklen Videoraum läuft in Endlosschleife eine Collage auf analogem Schmalfilm durch den Projektor. Zärtlich fühlend und doch gnadenlos gleitet die Kamera über Gliedmaßen, die zusammenschmelzen zu einem weiblichen Körper, aus dem das schlafende Gesicht einer schönen Frau erwächst. Der ständig ratternde Projektor wirkt wie eine vorangegangene Misshandlung an ihr.

Portrait.    Foto: Julian Blum

Raus aus der Endlosschleife hinein in den hellen »negativen Raum«, ist der erste Impuls beim Verlassen der Endlosschleife. Die erste Befreiung aus dem Unbehagen. Die massive große Stahltür steht offen. Sie hält nicht bedrohlich zurück von dem Weg nach draußen, vorbei an der »Psychoanalyse«, – sie ist in autoritären Regimen ein anderes Wort für Gehirnwäsche – an das helle Licht der Sonne.
Aslan Goisum wurde 1991 in Groszny geboren. Er studierte Zeitgenössische Kunst in Moskau, der Reichsakademie für Bildende Kunst in Amsterdam und an der Hochschule in Gent. Jetzt lebt er in Berlin.
Kuratiert von Katrin Becker.

th
Bis 27. Juli 2025, Kindl Zentrum für Zeitgenössische Kunst, Am Sudhaus 3, 12053 Berlin.
kindl-berlin com