Musik jenseits gewöhnlicher Pfade

Ein Besuch in den Jazzclubs Neuköllns

Jede Woche eröffnen neue Bars und Kneipen in Neukölln. Einige veranstalten auch Live-Konzerte. Und manchmal gibt es auch Jazz. Aber nicht den herkömmlichen Jazz, der in den Klubs von Mitte und Prenzlauer Berg gespielt wird, sondern experimentelle und improvisierte Musik, die mit Jazz nur am Rande etwas zu tun hat. Aber nicht nur die Musik ist ungewöhnlich, sondern auch die Orte, an denen sie stattfindet.
Einer dieser Orte ist die »MaThilda Bar« an der Ecke Wildenbruch/Harzer Straße in Nordneukölln. Anfang September macht der international bekannte New Yorker Trompeter Amir ElSaffar nach Festivalauftritten in ganz Europa, unter anderem beim renommierten Jazzfest Saalfelden, Station in Berlin. Am 2. und 4. September beehrt er die »MaThilda Bar« gemeinsam mit Robin Hayward (Tuba), Hilary Jeffery (Posaune) und Trompeterkollege Paul Schwingenschlögl. Mit diesen drei Musikern trat er im April beim Ultima Festival in New York auf. Weitere illustre Mitstreiter wie der australische Schlagzeuger Tony Buck und der Oudspieler Omar Dewachi werden an den zwei Tagen mit ihm auf der Bühne stehen.
Ungewöhnlich ist auch die Musik der Gruppe »TAKABANDA«, die sich nach langer Zeit zu einer Art Reunion am 13. September im »MaThilda« trifft. Eigene Kompositionen mit viel Improvisation und mitreißenden Rhythmen erwarten den Zuhörer.
Einige Straßen weiter in der Schönstedtraße 7 nahe der Sonnenallee gibt es den Veranstaltungsort »Altes Finanzamt«. In den früheren Büroräumen gibt es vor allem experimentelle und elektronische Musik zu hören.
Fast schon ein Traditionslokal ist das »Sowieso« in der Weisestr. 24.
Regelmäßig finden dort Konzerte improvisierter Musik mit den besten Musikern aus der internationalen Improvisationsszene wie Alexander von Schlippenbach, Dag Magnus Narvesen und Johannes Bauer statt. 

pschl

Gezi-Park hautnah

Fulminante Premiere in der »Neuköllner Oper«

Mit einem politisch brisanten Stück gelang der »Neuköllner Oper« eine beeindruckende Inszenierung.
Die Besetzung des Gezi-Parks in Istanbul im Juni 2013, bei dem die Aktivisten verhindern wollten, dass in dem Park ein Einkaufszentrum gebaut wird, entwickelte sich zu einer Manifestation von gigantischem Ausmaß. Zehntausende Menschen jeder Herkunft und aller Generationen feierten auf dem Taksim-Platz und im Gezi-Park friedlich ein Fest, wie es die Türkei noch nie gesehen hatte. Wenige Tage später wurde diese überwältigende Demonstration von der Polizei mit Gasgranaten und Wasserwerfern brutal zerstört.
Die Inszenierung, die diese Ereignisse mit den Mitteln des Musiktheaters umsetzte, riss die Zuschauer bei der Premiere am 21. Augustnicht nur emotional, sondern auch physisch mit. Die Rauchschwaden, die um die Bühne waberten, ließen sie in die Atmosphäre nach dem Tränengaseinsatz der Polizei im Gezi-Park eintauchen. Verstärkt wurde diese beklemmende Stimmung durch kurze schockierende Live-Sequenzen auf der Breitbildleinwand.

nk-operFreie Medien am Taksim-Platz.                    Foto: mr

Die junge Regisseurin Nicole Oder ging ein großes Wagnis ein, in dem sie fast vollständig auf türkische Folklore verzichtete, gleichzeitig aber die türkische Sprache zu großen Teilen beibehielt und die Protagonisten als moderne, weltoffene Jugendliche zeigte, die einen scheinbar aussichtslosen Kampf gegen den Staat führen.
Hauptdarstellerin Pinar Erincin, die selbst in der Gezi-Park-Bewegung aktiv war, beeindruckt in ihrer Rolle als Leyla, einer Aktivistin der Protestbewegung, sowohl mit ihrem gesanglichen als auch schauspielerischen Talent. Teils fragil, dann wieder als harte Kämpferin, nimmt sie das Publikum mit auf eine bange Reise zwischen Hoffnung auf eine neue Generation in der Türkei und Frust wegen des brutalen Vorgehens der Polizei.
Murat Dikenci gibt sich als Präsentator eines unabhängigen Piratensenders als Biene, die den Frieden will, tanzt wie ein Derwisch, zeigt aber auch exemplarisch die Rolle der unabhängigen Medien in diesem Konflikt.
Etwas farblos geriet die Rolle des deutschen Protagonisten Ben, der mittels neuer Technik in seinen sogenannten Soundscapes die Stimmen aus aller Welt einfängt. Er verliebt sich in Leyla, doch als die Tränengasangriffe der Polizei kommen, will er fliehen. Leyla, die starke Frau, trotzt dem Angriff und flieht dann, als alles aussichtslos scheint, in die Berge.
Ein Stück, das vieles offen lässt, aber vor allem durch eine geschickte Kombination von Schauspielkunst, stimmungsvoller Musik, gekonnten Videoeinspielungen und klug gestaltetem Bühnenbild emotional aufwühlt.

psch

Gold und Nüsse für die Gropiusstadt

Ein glänzender Einfall für einen grauen Platz

Der Lipschitzplatz in der Gropiusstadt wird vergoldet. Nicht der ganze, nur ein kleiner Teil im Eingangsbereich. Es ist natürlich auch kein Blattgold, was hier verarbeitet wird, sondern golden glänzende hauchdünne Metallblättchen aus einer Kupfer-Zink-Legierung, die in mühseliger Handarbeit auf den Boden aufgebracht wurden. Die Idee dazu hatten Studierende der TU-Fachgebiete Städtebau und Urbanisierung sowie Bildende Kunst, die sich mit der Gestaltung der Freiflächen der Gropiusstadt auseinandergesetzt haben.
In der Gropiusstadt gibt es viele Freiflächen zwischen den Hochhäusern, die aber von den Bewohnern selten als Aufenthaltsorte wahrgenommen, sondern eher als Durchgangszonen genutzt werden. Und daran möchten die Studenten etwas ändern. Unterstützung erhalten sie dabei vom interkulturellen Treffpunkt und vom »Gemeinschaftshaus Gropiusstadt«.

goldverlegenGoldene Zeiten am Lipschitzplatz.                                                    Foto: mr

Die Studenten erhoffen sich von dieser Aktion, einen zuvor kaum wahrgenommenen Platz zu beleben, im besten Fall zu bewohnen. Der Platz soll nicht umgangen, sondern benutzt werden als Ort der Begegnung. Er soll Gebrauchsspuren aufweisen und sich verändern. Die Kunstaktion soll aber keineswegs nur eine Performance der Studenten sein. Vielmehr waren alle Anwohner eingeladen, sich an der Aktion zu beteiligen, und »ihr eigenes Stück Gold zu verlegen«. Ein paar Nachbarn kamen dann auch tatsächlich und halfen mit. Andere Passanten gingen eher kopfschüttelnd vorbei. Einige Male seien sie sogar als Steuergeldverschwender beschimpft worden, berichtete einer der Teilnehmer. Ein ungerechtfertigter Vorwurf, denn das Material und die Absperrungen werden von Firmen gesponsert, die Arbeitszeit leisten die Studenten unentgeltlich.
Auch die daneben liegende Grünfläche wird umgestaltet. Am 8. September werden dort ein Walnuss-, ein Haselnuss- und ein Mandelbaum gepflanzt. Unter den drei Bäumen werden Sitzgelegenheiten aufgestellt, die in ihrer Form den jeweiligen Nüssen entsprechen. mr

Frauenversteher in Britz

Sommeroper mit »Don Giovanni«

Wenn ein Wurm gro­ßen Hunger verspürt und nichts weiter zu essen da ist als eine Partitur, dann ist wieder Sommeroper-Zeit in Britz. Die Ouvertüre von »Don Giovanni« hat der Wurm gefressen, also fängt der Maestro mit dem zweiten Stück an.
»Don Giovanni«, ein Weiberheld der Extraklasse, der sich hinter einer verspiegelten Sonnenbrille versteckt und in brenzligen Situationen gerne mal seinen Diener Pasquariello vorschickt, lässt nichts anbrennen.
Dummerweise macht der selbsternannte Frauenversteher nicht davor Halt, jeder Angebeteten einen Heiratsantrag zu machen. Während Pasquariello mal wieder alles ausbügeln muss, vergnügt sich Don Giovanni schon mit der nächsten. Donna Elvira, seiner Verlobten, gefällt das eher weniger. Von Pasquariello bekommt sie eine genaue Liste der Damen, die ihr Mann schon beglückt hat. Da Papier anscheinend schon damals teuer war, sind die Namen auf des Dieners Körpers geschrieben, und Donna Elvira bekommt einen Gratisstrip der individuellen Sorte.
Der Rest ist schnell erzählt: Der hochmütige Gigolo schleicht sich mit Pasquariello auf den Friedhof und lädt die Statue des Komturs ein, den er zuvor hinterhältig getötet hat, in seinem Haus mit ihm zu dinieren. Entgegen seinen Erwartungen stimmt die Steinskulptur zu und taucht tatsächlich auf. Don Giovanni gibt sich gelassen, auch als ihn die Statue im Gegenzug zum Essen einlädt. Doch plötzlich bleibt ihm das Lachen buchstäblich im Hals stecken.
Die Sommeroper war wieder ein Gaumenschmauß mit hervorragenden Sängern und Musikern. Das Bühnenbild war einfach gehalten und erfüllte genau seinen Zweck: die Sänger standen im Vordergrund und der Zuschauer konnte sich voll und ganz auf das Geschehen konzentrieren, ohne von Kleinigkeiten abgelenkt zu werden.

cr

Blaumachen am Mittwoch

Musik und Filme umsonst und draußen

kölln, auch das südliche Neukölln hat kulturell einiges zu bieten. Seit mehreren Jahren schon läuft in der Gropiusstadt die Konzertreihe »Blauer Mittwoch«, bei der das Publikum in den Genuss von Konzerten umsonst und draußen kommt.

blauer mittwochTratschen und Ratschen im Takt.                                   Foto: mr

Vorwiegend Leute aus der unmittelbaren Umgebung besuchen diese Konzerte auf dem Lipschitzplatz, machen es sich auf den Liegestühlen mit dem speziellen »Blauer Mittwoch«-Design gemütlich oder sitzen entspannt an den Biertischen. Sehr beliebt ist Country & Western und Rock `n‘ Roll. Dementsprechend voll war es beim Eröffnungskonzert am 6. August, als die Band »4CASH« Johnny Cash würdigte und mitreißenden Rock `n‘ Roll zum Besten gab. Genauso enthusiastisch reagierten die Zuhörer eine Woche später, als »Simone und die Flotten Drei« Schlager aus der guten alten Zeit präsentierten.
»Juanita Olaya und Guarapo« nahmen die Zuhörer am 20. August mit auf eine musikalische Reise durch Lateinamerika. In eine ganz andere Richtung ging die Reise eine Woche später. Da wartete das »Trio SCHO« mit mitreißenden russischen Songs und fetzigen Rhythmen auf. Den krönenden Abschluss am 3. September machen dann wieder mal die »Flintstones« mit Big-Band-Sound vom Feinsten.
Neben den Konzerten bietet das Gemeinschaftshaus Gropiusstadt in Kooperation mit dem Kinder- und Jugendclub »Abenteuerspielplatz Wildhüterweg« Filme bei freiem Eintritt unter freiem Himmel an. Gezeigt werden sie entweder im Hof des Gemeinschaftshauses oder auf dem Gelände des Jugendzentrums. Ein Renner war der Streifen »Fack Ju Göhte« am 22. August, der so gut besucht war, dass die Liegestühle und Bänke fast nicht mehr ausreichten. Die politisch herrlich inkorrekte Komödie über Lehrer und Schüler fand großen Anklang.
Weitere Filme werden dann im September auf dem Abenteuerspielplatz am Wildhüterweg gezeigt: am 5. September »Rhythm is it« und am 12. September passend zum Abschluss »Das Beste kommt zum Schluss«. 

pschl

Unheiliges Kraut: die Schafgarbe

Von der Kirche gefeiert, obwohl es die Abtreibung ermöglicht

Mariä Himmelfahrt ist der größte weibliche Feiertag der katholischen Kirche. Zu dieser Zeit wachsen Johanniskraut, Schafgarbe, Thymian Rainfarn am Straßenrand und blühen in allen Farben. Die katholische Kirche erinnert immer am 15. August an diese und viele weitere Wild­kräuter seit Jahrhunderten mit der Kräuterweihe zu Mariä Himmelfahrt. Es ist eines der ältesten Marienfeste und hat seinen Ursprung im fünften Jahrhundert. Bei dieser Kräuterweihe werden die Pflanzen zu einem Strauß gebunden oder mit in einen Korb gesteckten Heilkräutern, geweiht. Anschließend werden sie getrocknet und in Haus und Hof aufbewahrt. Dies soll vor Krankheiten bewahren und Segen bringen.

scharfgabegefiederte Blätter sind ihr Kennzeichen.Foto: mr

Die Schafgarbe (Achillea milleffolium) ist ein typisch mitteleuropäisches Kraut, das bis in fast 2000 Meter Höhe wächst. Der Gattungsname geht auf Achilles, den sagenhaften Helden des trojanischen Krieges zurück, der, wie bei Homer beschrieben, die Pflanze als Heilmittel entdeckt und zur Wundheilung verwendet haben soll. Im Altertum soll die Schafgarbe ebenfalls zur Stillung von Blutungen verwendet worden sein.
Das Kraut hat weit über 50 verschiedene Namen (Augenbraue der Venus, Blutstillkraut), je nach Gegend.
Die Schafgarbe ist ein absolutes Frauenkraut. Dass Frauen es während der Schwangerschaft nicht zu sich nehmen dürfen, zeugt von seiner Abtreibungswirkung. Das Kraut wird meist bei Menstruationsproblemen und bei Wechseljahrsbeschwerden eingesetzt.
Bei Männern zeigt das Kraut übrigens keine Wirkung, außer vielleicht den Segen, falls es geweiht wurde.
Im Frühjahr können die jungen Blätter der Schafgarbe einem Wildkräutersalat oder einer Wildkräuterbutter beigemischt werden. Die Pflanze blüht von Juni bis zum Frost.
Bei uns wächst sie fast überall, am Wegesrand, im Park oder, oder, oder… Wir sammeln die Blütenköpfe und lassen sie mindestens eine Woche trocknen, am besten nicht direkt in der Sonne.
Wenn wir uns einen Tee kochen wollen, nehmen wir zwei Teelöffel Kraut auf einen Becher und gießen es mit kochendem Wasser auf und lassen ihn acht bis zehn Minuten ziehen. Der Tee kann mit Honig gesüßt werden, da er leicht bitter schmeckt. Die Schafgarbe kann zur Verstärkung der Wirkung mit Beifuß gemischt werden. Dieses Kraut stellt Kiez und Kneipe im nächsten Monat vor.

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Liebe auf Zeitreise

Ein neuer Neukölln-Roman mit viel Lokalkolorit

Claudia Atts hat lebhafte Träume. Zumeist träumt sie jeden Traum nur einmal, diese Szene in der U-Bahn jedoch, die Begegnung einer Frau mit einem gutaussehenden Mann, verfolgte sie unerbittlich. Schließlich beschloss sie, die geträumten Dialoge aufzuschreiben, um den Traum endlich loszuwerden. »Und schon waren die ersten sechs Kapitel geschrieben«, verrät Claudia Atts.
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Petras Tagebuch

Wie es der Zufall will

Zufällig war ich neulich um 20 Uhr am Heinrichplatz und zufällig waren dort ganz viele Fahrradfahrer, die dann plötzlich losfuhren. Ich fuhr dann mal mit, ich hatte nichts Besseres zu tun.
Schätzungsweise 2.000 Radler bildeten die »Critical Mass«, die sich immer am letzten Freitag im Monat zusammenfindet, um die Stadt zu erobern. Offensichtlich war allen bekannt, dass ein Verbund von mehr als 15 Radlern eine Verkehrseinheit bildet.
Ich war erstaunt, wie gesittet sich die Einheit im Straßenverkehr verhielt. Die Spitze hielt an jeder roten Ampel und fuhr bei Grün, der Rest durfte dann durchfahren, auch wenn die Ampel auf Rot sprang. Für fast alle Teilnehmer war der Ausflug ein entspann­tes Rollern im verkehrsbefreiten Berlin.
Wo es hingehen sollte, wusste keiner, da hatte wieder der Zufall seine Finger im Spiel.
Kommentare jeglicher Art gab es von Unbeteiligten: »Hier hält man bei Rot, Ihr Wichser – anhalten!«, brüllte ein Fußgänger. Die halbstarken BMW-Fahrer konnten ausgiebig den Klang ihrer Hupen testen und ihre Stimmbänder trainieren: »Ich fick Deine Mutter, hast Du Macke, bist Du schwul?« Die Radler fanden das amüsant.
Interessant war das Spektrum an Fahrrädern und Radlern. Ein Fahrradfahrer, der bestimmt jenseits der 70 war, fuhr auf extrem dicken Reifen in flottem Tempo mit. Ich fragte ihn, ob es nicht sehr anstrengend sei, auf solchen Reifen zu fahren. Darauf er: »Kommt immer darauf an, wo man herkommt. Bis vor Kurzem bin ich mit meinem alten Klapprad gefahren und hatte immer eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h, da ist dieses Modell leichter zu fahren.« Ich versank in Ehrfurcht.
Vier Stunden insgesamt radelte diese witzige Truppe durch Berlin. Ich liebe Zufälle.

»Die dicke Linda« ist am Start

LindaNeues Leben auf dem Kranoldplatz. Nach zehnjähriger Abstinenz ist der Markt wieder da.   Foto: fh

Neuer Landmarkt auf dem Kranoldplatz

»Linda«, die Namensgeberin des Marktes, ist eine sehr wohlschmeckende und besondere Kartoffelsorte, die vor einigen Jahren beinahe ausgestorben wäre, weil sie nicht mehr als Saatgut verkauft werden durfte. Aufgrund einer gemeinsamen Initiative von Verbrauchern, »Slow Food«, »Bioland« und der »Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft« hat das Bundessortenamt »Linda« 2010 wieder zugelassen und in die deutsche Liste für Pflanzkartoffeln aufgenommen. Natürlich gibt es »Linda« auch auf dem neuen Landmarkt am Kranoldplatz, der am 26. Juli seine Premiere feierte, am Stand von Bio-Bauer Klaus zu kaufen.
Vier Jahre lang blickte Theresa Dühn, die Ini­tiatorin des Marktes, von ihrem Balkon auf die Ödnis des Kranoldplatzes und überlegte, wie man den Platz wieder zu einem belebten Treffpunkt für die Anwohner machen könnte. Viele ältere Anwohner erzählten ihr von dem Wochenmarkt, den es früher hier gab. Als sie im vergangenen Jahr für ihren Arbeitgeber, eine brandenburgische Bio-Molkerei, einen Markt mit Erzeugnissen aus der Region organisierte, reifte die Idee heran, den Kranoldplatz wieder als Marktstandort zu etablieren.

Linda2Wer hat die dicksten Kartoffeln?                      Foto: fh

Das Besondere an dem Marktkonzept ist, dass sämtliche Produkte aus Berlin und Brandenburg direkt von den Erzeugern kommen. Die Angebots­palette reicht von Honig aus Britz, naturbelassenen Speiseölen von der »Ölmühle Altglienicke« oder handgemachtem Bio-Eis vom »Atelier Cacao« über Naturaufstriche, Pesto und Gelee von »LausiKo« bis hin zu Schaf- und Kaninchenfellen von der »Gerberei Oettrich«. Theresa Dühn: »Auf dem Markt gibt es ausschließlich Frisches direkt vom Hof und Handgemachtes von kleinen Herstellern. Die Leute sollen wieder einen Bezug zur Herkunft der Produkte bekommen und direkt mit den Erzeugern in Kontakt treten können.«
Kommunikation liegt Theresa Dühn sehr am Herzen. Deshalb sind auch rund um den Markt Bierbänke und Tische aufgestellt, an denen die Besucher einen Kaffee von »Mamma Berlin« trinken und miteinander ins Gespräch kommen können. Das Konzept scheint aufzugehen: »Ich hab noch nie so viel Leben auf dem Platz gesehen«, meint eine Anwohnerin zu ihrer Begleitung mit einem strahlenden Lächeln.
Sollten die nächsten beiden Termine im August und September ebenso erfolgreich verlaufen wie der erste Markttag, soll der Markt im nächsten Jahr von Ostern bis zum Herbst wöchentlich stattfinden. Dann wäre der Traum von Theresa Dühn verwirklicht und der Kranold- sowie der benachbarte Körnerkiez um eine Attraktion reicher.

rb
DIE DICKE LINDA – Landmarkt auf dem Kranoldplatz, 12051 Berlin.
Nächste Termine: 30. August und 27. September,
jeweils von 10 bis 16 Uhr,
www.dicke-linda-markt.de,
www.facebook.com/dickelindamarkt

Setzt die BVV falsche Signale?

Die Bezirksverordnetenversammlung hat auf ihrer letzten Sitzung vor den Sommerferien beschlossen, dass auf die Belegungsbindung in Nordneukölln für die nächsten zwei Jahre verzichtet werden kann.
Die Belegungsbindung ist ein Instrument des sozialen Wohnungsbaus und zieht das Anrecht auf Wohnberechtigungsscheine nach sich. Anspruch auf Wohnberechtigungsscheine haben Geringverdiener, die sich keine marktüblichen Mieten leisten können. Diese Scheine also gibt es im aufstrebenden Nordneukölln nicht mehr. Die Begründung der SPD/CDU-Zählgemeinschaft ist der Wunsch nach einer besseren Durchmischung.
Beim Erleben des Neuköllner Alltags ergibt sich dem Bürger jedoch seit Jahren ein ganz anderes Bild. Die Mieten steigen, es gibt zahlungskräftigen Zuzug aus Restberlin und Europa, der Potenziale für exklusive Orte schafft.
Das ist dann in Ordnung, wenn auch Platz für finanziell nicht so gut ausgestattete Menschen erhalten bliebe. Das jedoch scheint nicht im Sinne des Bezirks zu sein.

Petra Roß

U8 fährt bald wieder durch

Die BVG bastelt fleißig

Nach einem Jahr Bauarbeiten wird die U8 zwischen Boddin- und Hermannstraße nun endlich fertig. Die Geduld der Anwohner wurde in dieser Zeit auf eine harte Probe gestellt. Während die U-Bahn im Fünf-Minuten-Takt fuhr, wurden keine zusätzlichen Busse auf der Strecke eingesetzt. Der 344er Bus, der regulär die Hermannstraße oberhalb der U-Bahn entlang fährt, ist nur im 20-Minuten-Takt unterwegs. Da die Hermannstraße sowieso ein extrem hohes Verkehrsaufkommen hat, war ein häufigerer Fahrtakt nicht möglich. Die Busse hätten den Verkehr zum Erliegen gebracht. Das hatte überfüllte Busse und genervte Fahrgäste zur Folge.
Die Umleitung, die per Bus vom S-Bahnhof Hermannstraße zum S-Bahnhof Neukölln angeboten wird, wurde von etlichen Anwohnern nicht wahrgenommen, entweder, weil sie gar nicht zur U7 wollten, oder, weil sie dummerweise im Schillerkiez wohnen und damit auf den 344er Bus angewiesen sind. Außerdem musste die BVG feststellen, dass nicht alle Fahrgäste die Hinweise auf die Umleitung verstanden. Daran soll sich etwas ändern. Die BVG will zukünftig bei Bauarbeiten und den daraus folgenden Umleitungen die Fahrgaststruktur berücksichtigen. Am Alexan­derplatz werden dann Umleitungen in mehreren Sprachen erklärt, in Neukölln sind Piktogramme geplant.
Mit Beginn der Bauarbeiten im August 2013 war selbst die BVG überrascht, wie marode das fast 100 Jahre alte Gewölbe war. Mit jeder Kachel und je tiefer sie in die Schächte einstieg, umso dramatischer wurde das Ausmaß der Baufälligkeit des Tunnels sichtbar. Genau damit begründete sie auch die lange Dauer der Arbeiten.
Dafür allerdings erhalten die Fahrgäste bis spätestens 27. August eine schicke U-Bahn, die bereits jetzt an der Boddinstraße mit einem Aufzug ausgestattet ist. Mit Hochdruck wird gearbeitet, und vielleicht klappt es laut BVG sogar schon ein paar Tage früher. An der Leinestraße wird es mit dem Lift noch etwas dauern. Dort ist das Bauende für Dezember geplant. Immerhin können die Fahrgäste dann, wenn sie zu Weihnachten so gut gespeist haben, dass Treppen nicht mehr zu bewältigen sind, bequem mit dem Aufzug an die Bahn fahren.

ro

Keine Zäune für Bodenbrüter

BVV beratschlagt über Coffeeshops und Bespaßungsflächen

Einen mobilen Coffeeshop wird es in Neukölln nicht geben. Das erklärte Gesundheitsstadtrat Falko Liecke in der letzten Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vor der Sommerpause am 9. Juli auf eine große Anfrage der SPD. Hintergrund der Frage war eine ziemlich absurde PR-Aktion des Hanfaktivisten Oliver Becker, der angekündigt hatte, im Görlitzer Park einen mobilen Coffeeshop eröffnen zu wollen.
Da es sich bei Cannabis um eine illegale Droge handele, sei schon deshalb der Betrieb von Coffeeshops, egal in welcher Form, abzulehnen. »Mit der Erlaubnis von Coffeeshops wird suchtpolitisch und suchtpräventiv Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein falsches Zeichen gesetzt«, sagte Liecke. Keine Zäune für Bodenbrüter weiterlesen

Stolperstein für Kantorowsky

Migranten von heute erforschen das Leben von Juden in der Nazizeit

Die Sonne scheint, von schlechtem Wetter keine Spur. Für die Politik-AG der »Ernst-Abbe-Schule« war es ein denkwürdiger Tag, als vor dem Haus in der Sonnenallee 68 ein Stolperstein für Hans Erich Kantorowsky gesetzt wurde. Besonders stolz sind sie darauf, dass er nicht nur in der Sonnenallee gewohnt hat, sondern auch auf ihre Schule gegangen ist.

Stolpersteinverlegung (2)Der große Moment.                                                                  Foto: cr

Vor zwei Jahren haben eine Handvoll Schüler unter der Leitung von Herrn Ebert mit ihren Recherchearbeiten begonnen. Gülhan Tabak und Amira Qandoul gehen in die zehnte Klasse und sind von Anfang an mit Herzblut dabei. »Als ich gehört habe, dass die alten Zeugnisse in den Archiven liegen, wollte ich unbedingt nachsehen«, sagt Gülhan. Die beiden Mädchen mit Migrationshintergrund können sich mit der Geschichte identifizieren. Beleidigungen, angespuckt werden, das war manchmal an der Tagesordnung. Dass es Menschen gibt, denen es schlimmer erging, macht sie traurig. Umso wichtiger finden sie es, die deutsche Geschichte auch anderen näherzubringen.
»Am Anfang waren wir zu sechst«, erzählen sie. Dann waren sie nur noch zu viert, doch seit dem letzten Projekt sind sie etwa 14 Schüler. Auf die Frage, wer die Projekte ausgesucht hat, antworten sie: »Herr Ebert hat uns die Projekte vorgeschlagen und uns gefragt, welches wir am liebsten machen wollen. Wir haben gesagt, dass wir alle machen wollen.«

Stolpersteinverlegung (8)Festakt in der Schule.                                                         Foto: cr

Also begannen sie mit einem Film über einen Zeitzeugen, es folgte eine Broschüre und zu guter Letzt die Recherchearbeiten, die zur Stolpersteinverlegung führten. Besonders stolz waren die Schüler, dass die Nichte von Hans Erich Kantorowsky mit ihrem Mann extra aus San Fransisco angereist war, um der Festlichkeit beizuwohnen. Eva Kantorowsky, seine Schwester, konnte leider nicht dabei sein, aber die Schüler würden gerne nach San Francisco fliegen, um sie zu besuchen. 

cr

Islamische Gemeinden unter Beobachtung

Podiumsdiskussion in der »Şehitlik Moschee«

Ramadan, die Zeit des Fastens und nächtlichen Feierns, ist für viele Muslime der wichtigste Monat im Jahr. Das Kulturfest »Die Nächte des Ramadan« bietet dazu in Berlin den passenden kulturellen Rahmen.
In der »Şehitlik Moschee« wurde aus diesem Anlass am 16. Juli der Film »Ummah – Unter Freunden« gezeigt. Darin geht es um die Geschichte eines verdeckten Ermittlers des Verfassungsschutzes, der nach einem missglückten Einsatz gegen Rechtsterroristen ausgerechnet in Neukölln untertaucht. Dort trifft er auf Abbas und dessen Kumpel Jamal, und nach ein paar kleineren Missverständnissen und größeren Vorurteilen entwickelt sich bald eine wunderbare Freundschaft. Doch der Verfassungsschutz hat andere Pläne.
Der Film zeigt ziemlich holzschnittartig, wer hier zu den Guten und wer zu den Bösen gehört, Zwischentöne gibt es wenig. Nichtmuslime gibt es nur als Angehörige von Polizei und Verfassungsschutz, die entsprechend unsympathisch skizziert werden.

MoscheeMoscheegespräche im Ramadan.                                 Foto: mr

Im Anschluss an den Film gab es ein Podiumsgespräch zum Thema »Islamische Gemeinden – Zwischen Zusammenarbeit und Verdächtigung«.
Werner Schiffauer, Professor für Kulturanthropologie an der »Europa-Universität Viadrina« in Frankfurt (Oder), kritisierte, dass der Verfassungsschutz nicht die Entwicklungen in den muslimischen Gemeinden zur Kenntnis nehme. Es gebe kaum Gruppen, die tatsächlich die Demokratie abschaffen wollen. Bewegungen, wie die »Millî Görüş« zu beobachten, sei kontraproduktiv für die Präventionsarbeit, weil hier potenzielle Kooperationspartner unter Generalverdacht gestellt würden. »Ich halte den Verfassungsschutz für eine überflüssige Behörde«, erklärte er.
Demgegenüber bekannte sich Guido Steinberg von der »Stiftung Wissenschaft und Politik« als Fan starker Nachrichtendienste, gerade weil das gewalttätige Spektrum größer werde. So gebe es neben den etwa 10.000 Nazis und einer gewaltbereiten linksradikalen Szene inzwischen rund 1.000 Dschihadis. Besonders die, die aus dem Syrienkrieg zurückkehren, dürften nicht aus den Augen gelassen werden. Das Versagen des Verfassungsschutzes in Sachen »NSU« sollte nicht zu einer Einschränkung der Dienste führen, sondern dazu, sie effektiver zu machen. »Der Verfassungsschutz sollte bei den Briten in die Lehre gehen«, schlug er vor. Im Übrigen müsse ein größeres Augenmerk auf die Präventionsarbeit gelegt werden, um zu verhindern, dass Jugendliche überhaupt erst radikalisiert werden.
Dazu erklärte Ender Cetin, Vorsitzender des Moscheevereins »DITIB-Şehitlik«, dass die Moscheevereine schon seit vielen Jahren Präventionsarbeit betrieben, aber nie so richtig ernst genommen wurden. Staatlicherseits gebe es so gut wie keine Unterstützung für ihre Projekte. Dabei lege gerade der Verein der »Şehitlik Moschee« großen Wert darauf, sich nach außen zu öffnen, um gegenseitiges Verständnis zwischen Mehrheitsgesellschaft und den islamischen Gemeinden zu erreichen. »Auch wenn uns nicht alles gefällt, wir leben hier und es ist unser Land«, erklärte er. Dass es einige Moscheen gibt, in denen Hass auf die westliche Gesellschaft gepredigt wird, sieht auch Cetin als Problem. Imam sei aber kein geschützter Begriff, jeder könne sich hinstellen und predigen. Häufig kommen die Prediger allerdings aus der Türkei, sprechen kaum Deutsch und bringen keinerlei Verständnis für die hiesigen Verhältnisse mit. Er fordert deshalb, dass mehr Theologen in Deutschland ausgebildet werden. 

mr

 

Verkehrschaos in Rudow?

Die Auswirkungen eines zukünftigen BER auf das Rudower Verkehrssystem

Auch auf die Rudower Spinne wird der Bau des neuen Flughafens erhebliche Auswirkungen haben, weshalb die SPD Rudow am 2. Juli zu einer Diskussion mit Vertretern der BVG in die »Alte Dorfschule« einlud.
Um das höhere Passagieraufkommen nach der Eröffnung des BER, die wohl eines Tages stattfinden wird, am U-Bahnhof Rudow zu bewältigen, ist eine Vergrößerung der Ausgänge geplant. Diese sollen zudem überdacht werden, damit zukünftige Reisende nicht im Regen stehen müssen. Deshalb sollen vier Bäume ersatzlos gefällt werden, dies sei jedoch «unumgänglich». Größeren Unmut unter den Anwesenden rufen jedoch die bevorstehenden Änderungen bezüglich der Busse hervor. So soll der Radweg im Bereich der Haltestellen abgeschafft werden und eine gemeinsame Bus-Radspur entstehen. Von Seiten der BVG wird dies als Entschärfung des Konflikts «unbedarfte Busaussteiger/Radweg» angesehen, von den Rudowern eher als Verdrängung der Radfahrer auf das gefährliche Straßenpflaster.

Als die ebenfalls geplante Verlegung der Buslinie 171 von Alt-Rudow in die Neuköllner Straße zur Sprache kommt, schlägt die anfängliche Missbilligung der Bürger für das Projekt in Wut um. Die Rudower haben Angst vor einer Verödung des lange Zeit absichtlich geförderten Rudower Ortskerns. Dort befinden sich etwa 190 Betriebe, viele Ärzte und gesundheitliche Einrichtungen, die besonders auf einen guten Anschluss ans Verkehrsnetz für ihre Kunden und Patienten, die oft nicht mehr gut zu Fuß sind, angewiesen sind. Hier beschwichtigen die Vertreter der BVG und bemerken, dass der Abstand zu den neuen Bushaltestellen lediglich 150 bis 200 Meter beträgt. Generell bringe die Verlegung Vorteile: durch weniger Abbiegeverkehr an der Spinne profitiere der Verkehrsfluss, und überhaupt wäre der Verkehrsknotenpunkt U-Bahnhof Rudow selbst mit erhöhtem Aufkommen noch lange nicht an der Spitze im Berliner Vergleich.
Doch das ist ein schwacher Trost für die Rudower, die befürchten, dass durch die Neuerungen an der Spinne alles im Chaos versinken wird. Was vielleicht nicht verwunderlich ist, schließlich ist der BER und alles was mit ihm zusammenhängt nicht gerade ein Symbol für Ordnung und gelungene Planung.

tj

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

NK_Tagblatt-KopfNr. 182 – Donnerstag, 06. August 1914
Feldpostbriefe. Bei sämtlichen Postanstalten und den amtlichen Verkaufstellen für Postwertzeichen werden Formulare zu Feldpostkarten und Briefumschläge zu Feldpostbriefen die für den Gebrauch zu Mitteilungen an die mobilen Truppen bestimmt und zu dem Zwecke auf der Vorderseite mit entsprechendem Vordrucke versehen sind, zum Verkauf an das Publikum bereitgehalten. Die Briefumschläge können sowohl zu gewöhnlichen, als auch zu Geldbriefen benutzt werden. Der Verkaufspreis für die Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Holt die Stifte raus!

Malwettbewerb für Kinder und Jugendliche

Es gibt Neuigkeiten aus dem Körnerkiez. Die Kiezzeitung »Körnerpost« hat eine neue Rubrik, das »Körnchen«. Um die Rubrik künstlerisch interessanter zu gestalten, sucht die Zeitung nach Bildern mit Geschichten aus dem Kiez. Diese sollen alle drei Monate auf der letzten Seite der Zeitung erscheinen.
Angesprochen werden mit dem Aufruf Kinder und Jugendliche aus dem Körnerkiez, die ihre Werke an das Quartiersbüro Körnerpark schicken können.
Das Ganze ist als Wettbewerb ausgelegt, Einsendeschluss ist der 15. September. Wer also gerne malt, sollte sich Stifte, egal, ob Bunt-, Wachs- oder Filzstifte, und Papier schnappen und loslegen. Gerne gesehen sind auch Collagen, Stempelbilder oder Drucke.

Die Bilder sollen entweder im DIN A4-Format oder auf einem quadratischen Blatt Papier mit den Maßen 21×21 cm eingereicht werden, damit beim Einscannen noch etwas erkennbar ist. Mit Namen, Alter und Adresse versehen sowie einer kleinen Geschichte, was das Bild zeigt, können die Werke beim Wettbewerb berücksichtigt werden.
Zu gewinnen gibt es unter anderem Lego-Bausätze, Bücher und Spiele. Also ran ans Werk!

cr
Quartiersbüro Körnerpark, Emser Str. 15

Endlose Weiten fürs Kiten

Kiteschule bietet Sommerkurse an

Über die Rollbahn preschen während der Wind den Drachen knattern lässt, das Tempelhofer Feld mit seiner riesigen Fläche ist längst zu einem Eldorado für Kiter geworden.
Aber auch Anfänger können hier jetzt unter fachkundiger Anleitung lernen, wie das Fliegen und die spektakulären Sprünge gelingen. Seit Anfang Juli hat sich Alex Nuskovski mit seiner Kiteschule hier niedergelassen. Sein gelber Bauwagen, der gleichzeitig Büro und Lager für die Ausrüstung ist, steht am Eingang Herrfurthstraße. Alex ist lizensierter Kitesurf-Instructor des VDWS (Verband Deutscher Windsurfing und Wassersportschulen). Bisher hat er seine Kurse immer an der Ostsee oder im Winter in Tschechien durchgeführt. Aber das Feld fasziniert ihn, und nachdem der Volksentscheid für klare Verhältnisse gesorgt hat, möchte er zukünftig zumindest einen Teil seiner Kurse dort abhalten.

 

kite1Abheben auf dem Tempelhofer Feld.   Foto: pr

Zum Einstieg bekommt der Schüler eine theoretische Einführung. Anhand eines kleinen Modells erklärt Alex, wie der Wind auf den Drachen (engl. Kite) einwirkt. Dnach erklärt er, wie der Kite aufgebaut und startklar gemacht wird. Dazu gibt es Sicherheitshinweise und Verhaltensregeln, damit sich Kiter und andere Nutzer des Feldes wie Surfer, Fahrradfahrer und Fußgänger nicht in die Quere kommen.
Anschließend wird geübt, wie der Drachen kontrolliert und gesteuert wird. Erst dann darf der Schüler aufs Board und lernt zu starten, die ersten kleinen Sprünge zu vollführen und die sichere Landung.
Kiter sind auf dem Feld üblicherweise mit rund 20 Kilometern pro Stunde unterwegs. Geübte Fahrer können aber durchaus auch schneller werden. Ein erboster Radfahrer habe mal seine Geschwindigkeit mit der Laserpistole gemessen, erzählt einer. Es waren 72 Kilometer pro Stunde.
Alex Nuskovski bietet unterschiedliche Kurse vom eintägigen Schnupperkurs bis zum dreitägigen Intensivkurs an. Erst einmal bleibt er bis Ende August auf dem Feld. Wenn es gut läuft überlegt er, im Winter wiederzukommen und dann Kurse im Snowkiten anzubieten. Vorausgesetzt es liegt genügend Schnee. 

mr
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Himmelhoch über Neukölln

Gute Aussichten in der »Skylounge« in Gropiusstadt

Ganz Berlin erstreckt sich vor einem, man sieht, wo es gerade regnet, wo ein Feuerwerk gezündet wird und der eh schon schneidige Berliner Wind weht einem mit voller Kraft um die Ohren. Es ist ein atemberaubendes Naturerlebnis, auf der Terrasse der Skylounge zu stehen, gleichzeitig aber auch ein unglaublich urbanes Gefühl, denn die Stadt mit all ihren Lichtern strahlt in ihrer chaotischen Ordnung herauf. Kein Wunder, dass jeder gerne hierher kommt, von Jugendlichen bis zu älteren Herrschaften, die gemütlich bei Kaffee und Kuchen die Weite des Himmels genießen.

degewo-barEin Platz zum »Fensterln«.                                                 Foto: cr

Das freut den 24-jährigen Geschäftsführer Flo, der die »Skylounge« mit seinem Partner Martin schon im letzten Sommer betrieben hat. Das Konzept der beiden hatte die Wohnungsbaugesellschaft »degewo« bei ihrer Ausschreibung für die Räume überzeugt. Auch die Anwohner sind glücklich, endlich bewege sich was im Kiez, und wünschen sich ein dauerhaftes Bestehen der Bar.
Besonders stimmungsvoll sind natürlich die Sonnenuntergänge, die man bei einem Cider oder einem Bier von den hölzernen Stufen auf der 180 Grad Terrasse beobachten kann. Innen spielt entspannte elektronische Musik, jeden Freitag steht ein DJ an den Plattentellern und immer wieder werden Live-Bands eingeladen. Auch für den kleinen Hunger in luftiger Höhe ist mit Flammkuchen oder Nachos mit Käse gesorgt. Ganz nach dem Motto »Kultur für den Kiez«, organisiert Florian, der vor drei Jahren die Veranstaltungsagentur »Cap Events« gegründet hat, direkt an der U-Bahn- Station Wutzkyallee alle zwei Wochen ein Open-Air-Kino.

degewo-bar2Ganz oben, aber tiefenentspannt.                                                Foto: cr

Bis zum 5. September werden hier abwechselnd Klassiker und aktuelle deutsche Kinofilme gezeigt. Also das perfekte Setting für einen lauen Sommerabend, der mit Open-Air-Kino beginnt und mit einem Drink über den Dächern Berlins seinen krönenden Abschluss findet.

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Skylounge, Joachim-Gottschalck-Weg 1, 26. Stock.

Öffnungszeiten bis 9.9.14 Di-Fr 15-24Uhr,

Infos zur Bar und zum Open-Air-Kino auf
www.degewo.de

Dem ist kein Kraut gewachsen

Giersch: Der Allrounder unter den Wildkräutern

Wird ein Hobby-Gärtner gefragt, was die eierlegende Wollmilchsau unter den Pflanzen alles können müsste, würde er antworten, dass sie Gemüse-, Gewürz- und Heilpflanze in einem sein sollte, wertvolle Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine enthalten muss, schnell nachwächst, vom Geschmack zu Suppen, Salaten, Kartoffeln, Nudeln und Eierspeisen passt und dabei immer wieder neue Geschmacksrichtungen entfaltet. Reste der Pflanze müssten als Mulch auf den Beeten den Boden mit neuen Nährstoffen versorgen.
Nichts leichter als das. Leider rümpfen die meisten Gartenbesitzer die Nase, wenn sie den Namen dieses Alleskönners hören. Giersch! Oh nein, Giersch ist Unkraut, wuchert durch die Gärten und wächst bei jedem Ausrottungsversuch nur noch mehr. Dennoch bleibt es wie es ist: Giersch ist ein Allroundtalent.

 

KONICA MINOLTA DIGITAL CAMERAUnkraut vergeht nicht.                                                   Foto: mr

Wer keinen Garten hat, findet ihn überall in der Natur. Sobald der Boden durch die ersten Frühlingssonnenstrahlen erwärmt wird, sprießt er und entfaltet sich in Windeseile. Die zarten ersten Blätter schmecken hervorragend im Salat. Der Geschmack erinnert an Petersilie und Sellerie. Ältere Blätter lassen sich wie Spinat kochen. Sie sind geschmacksintensiv und passen zu Nudeln, Pizza oder als Backzutat für Kräuterbrote. Die Blüten munden hervorragend in Kräuterlimonade und verfeinern viele Suppen. Getrocknete Blätter dienen ungefähr ein Jahr lang als Gewürz und ersetzen hier die Petersilie.
Die Volksheilkunde schätzt Giersch bei Rheuma und Gicht.
Zum Schluss ein Tipp für alle Hobbygärtner: Wer den Gierschwuchs im Garten wirklich stoppen möchte, sollte die Pflanze auf gar keinen Fall aushacken. Die zerstoßenen Wurzeln bilden neue Triebe. Lieber den Giersch regelmäßig ernten. So kann der Wuchs unter Kontrolle gebracht werden. Wer unkontrollierte Natur liebt, der wartet ab und schaut, wohin es den Giersch treibt. Vorher bitte ein gutes Wort für diese Wunderpflanze beim Nachbarn einlegen, sonst könnte es böse enden.

kh

Petras Tagebuch

Vielen Dank, Maria

Mit dem Glück ist das immer so eine Sache. Es kommt unverhofft, verbleibt und ist plötzlich verschwunden. Wenn es dann aber mal ohne Unterbrechung da ist, gerate ich in Verwunderung.
Es begann bei der Fahrt nach Österreich, als wir in dem Wallfahrtsort Altötting Rast machten und in einem Rondell die Danksagungen an Maria entdeckten. Die Wände und die Decken waren voll mit beschrifteten Bildern, auf denen Maria gedankt wurde – für geheilte Krankheiten, für eine lang erwünschte Ehe, für den erfüllten Kinderwunsch, die Dank­sagungen nahmen kein Ende.
Als wir zum Auto zurückkehrten, setzte gerade im Moment des Türenschließens ein Wolkenbruch das Städtchen unter Wasser. Im Auto waren wir trocken. Das wiederholte sich während des Urlaubs. Als die Österreicher uns dann erzählten, dass das Wetter vorher ganz schlecht war, gelangte ich zu der Überzeugung, dass Maria ihre Finger da im Spiel hatte.
Untermauert wurde die Ansicht dadurch, dass ich weder beim Bergwandern noch bei den Radtouren verunglückt bin.
Als ich dann noch dem Versprechen nachkam, im Bikerpark von Leogang mit einem Fahrrad in halsbrecherischer Art einen Berg herunterzufahren, begann ich auf Maria zu hoffen.
Mit der Seilbahn ging es nach oben. Ausgestattet mit Schutzausrüstung ging es auf Fahrrädern, die für den normalen Stadtgebrauch untauglich wären los. Sie sind stark gefedert, der Sattel ist sehr tief, die Reifen sind ballonartig.
So steil wie es hoch ging, so ging es dann auch runter, nur schneller, nur kurviger, steiniger und viel rutschiger.
Ich habe es überlebt und werde das nie wieder tun, ich habe Maria genug strapaziert.

»Wenn ich in Deutschland etwas zu sagen hätte …«

kinder_an _die_MachtSchüler tragen Politikern ihre Anliegen vor.                                          Foto: rb

Neuköllner Schüler diskutieren mit der Bildungsstadträtin

Ein ungewohntes Bild bot sich beim »Kindergipfel« am 26. Juni im BVV-Saal des Neuköllner Rathauses. Wo sonst die Bezirksver­ordneten der Parteien schön nach Fraktionen getrennt sitzen, tummelten sich Kinder aus neun Neuköllner Schulen des »Bildungsverbundes Gropiusstadt«.
Unter dem Motto: »Wenn ich in Deutschland etwas zu sagen hätte, dann würde ich…« trugen die Schüler im Alter von zehn bis 14 Jahren ihre Vorschläge als Rede an die Bundeskanzlerin vor, was sich aus ihrer Sicht in unserem Lande ändern müsste. Stellvertretend für die Kanzlerin saß die Neuköllner Bildungsstadträtin Franziska Giffey neben dem Rednerpult und hörte den Texten der Schüler aufmerksam zu.
Die kurzen Reden verfügten über ein großes Themenspektrum. Nationale Fragen wie gerechtere Steuern oder Mindestlohn kamen ebenso zur Sprache wie der Hunger in Afrika, die NSA oder der Krieg in Syrien.
Das Bemerkenswerte an den Vorträgen war, dass die Schüler bereits ein feines Gespür für die drängenden Probleme in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld bewiesen. So ist Nina aus der sechsten Klasse bereit, »…persönlich auf die Straße zu gehen, um die Umwelt zu schützen« und Can aus der sechsten Klasse würde »…niemals zulassen, dass das Tempelhofer Feld bewohnt wird.« Danielle aus der fünften Klasse würde gerne »…die Schulen bunter anstreichen, damit die Kinder mehr Lust auf Schule bekommen.«
Franziska Giffey, sowie der ebenfalls anwesende Schirmherr der Veranstaltung Frank Bielka, Vorstandsmitglied der Berliner Wohnungsbaugesellschaft »degewo«, dürften diesen Beiträgen mit gemischten Gefühlen zugehört haben. Bei der regen Diskussion mit den Schülern gingen sie auf die speziellen Sorgen der Schüler konkret ein und versuchten, ihre Sichtweisen für die Kinder verständlich darzulegen.
Zum krönenden Abschluss der gelungenen Veranstaltung lud Franziska Giffey die Schüler noch auf die Aussichtsplattform des Neuköllner Rathausturms ein, »die sonst nur besonderen Gästen vorbehalten ist«, von wo aus sie den wunderbaren Ausblick über ihren Bezirk genießen konnten.

rb

Gaslaternen werden umgerüstet

Mehr Licht für dunkle Neuköllner Straßen

Weltweit hat Berlin die meisten Gaslaternen. Es wurden etwas mehr als 43.000 gezählt. Ihnen ist ein Straßenbild bei Nacht geschuldet, dass sich die einen gemütlich wohlig fühlen und andere sich wegen der Schummrigkeit ein wenig gruseln. Das soll auch so bleiben, wenn die schönen Stücke von Gas auf LED (englisch light-emitting diode, dt. Licht-emittierende Diode) umgerüstet werden. So wenigstens sind die Pläne der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, vertreten durch den Staatssekretär Christian Gaebler, der am 26. Juni sein Umrüstungsprogramm für Neukölln im Nachbarschaftsheim in der Schierker Straße vorstellte.
Neukölln ist damit der erste Bezirk in der Stadt, in dem die komplette Umrüstung stattfindet. Etwa 600 Laternen werden ausgetauscht und 100 neue kommen hinzu, um die noch dunklen Straßenzüge wie beispielsweise die Thomasstraße im Körnerkiez besser auszuleuchten.
Hintergrund dieser Umrüstung ist eine Energiekosteneinsparung von 97 Prozent und eine Vermeidung der CO2-Emissionen (wenn man davon absieht, dass Strom in Kraftwerken hergestellt wird), die stadtweit bei Gaslaternen immerhin pro Jahr 500 Tonnen ausmachen. Hinzu kommt das Beschaffungsproblem bei den Glühstrümpfen, die die Laternen erst zum Leuchten bringen. Sie werden seit Jahren nicht mehr in Berlin hergestellt, und der indische Hersteller, der weltweit die einzigen Glühstrümpfe produziert, ist mit seinen Lieferungen sehr unzuverlässig. Das ist sicherlich auch der Grund, warum die Leuchten ihren angestammten Dienst, nämlich das Leuchten, oftmals für längere Zeit nicht erfüllen.

Mehr Licht

Alte Lampen in neuem Glanz

Die neuen Laternen, in Neukölln stehen Gasaufsatzleuchten, werden teilweise ausgetauscht und sehen aus wie die alten Laternen, nur eben neu. Die gusseisernen Gaslaternen bleiben den Neuköllnern erhalten. Sie können recht einfach umgebaut werden. Hinter einer kleinen Klappe verbirgt sich die gesamte Technik, die LED für ihre Funktionstüchtigkeit braucht. Während Gaslaternen auf Helligkeit reagieren und bei entsprechender Dunkelheit erleuchten, werden die LED-Lampen zentral gesteuert. Während der sommerlichen Jahreszeit springen sie um 21:45 Uhr an.

ledLampen in der Schierkerstraße, links Gas, rechts LED.      Foto: fh

Vielfach wurde in der Presse das kalte und gleißende Licht der LED-Laternen kritisiert. Dem widerspricht Staatssekretär Christian Gaebler vehement. Er machte den Zuhörern klar, dass die Technologie so weit fortgeschritten sei, dass der Unterschied zur Gaslaterne minimal sei. Außerdem lasse sich die Lichtstärke verändern. Auch Baustadtrat Thomas Blesing unterstrich diesen Aspekt. Dies würde nicht nur das Sicher­heitsgefühl der Bürger verstärken, sondern käme auch der besseren Sicht beim Ausweichen von Hundehaufen entgegen.
Auf die Frage, ob die Laternen für die Zukunft des Batterieautos, das an den Laternen auftankt, gerüstet sind, stellte sich heraus, dass der Senat das Problem inzwischen erkannt hat und reagiert. Es gibt sogar schon einige Lampen, die für die Autozukunftsstadt fit sind, die meisten aber nicht. Das wird aber noch.

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Buschkowsky darf die Wähler beleidigen

BVV sieht Schimpftirade als freie Meinungsäußerung

Auch ein Bezirksbürgermeister hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Und er darf das Wahlvolk beschimpfen. Das erklärte die Bezirksverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 4. Juni.
Die Fraktionen von Grünen, Linken und Piraten forderten von Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky eine öffentliche Entschuldigung, weil er in seiner Bildzeitungskolumne als Reaktion auf den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld geschrieben hatte: »Die menschliche Dummheit ist unendlich.« Den Befürwortern des THF-Gesetzes warf er »dreiste Volksverdummung« vor.
Mit den Stimmen von SPD und CDU wurde die Forderung zurückgewiesen.
Von den Piraten kam ein neuerlicher Vorstoß, die Transparenz der politischen Debatten in der BVV zu verbessern. Sie beantragten, die Tonaufzeichnungen der BVV-Sitzungen, die bereits seit Jahren erstellt werden, in Zukunft auch über die Homepage der BVV der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bisher muss sich jeder interessierte Bürger an das BVV-Büro wenden und kann sich die Dateien dann per E-Mail zuschicken lassen.
Üblicherweise werden derartige Anträge zuerst im nicht öffentlich tagenden Geschäftsordnungsausschuss behandelt, bevor sie der BVV vorgelegt werden. Steffen Burger (Piraten) erklärte in der Begründung seines Antrages, er halte es für falsch, ausgerechnet über Transparenz hinter verschlossenen Türen zu diskutieren. Deshalb habe er den direkten Weg in die BVV gewählt.
Das sah die SPD aber anders. Ihr Fraktionsvorsitzender Lars Oeverdiek erklärte, diese Debatte gehöre in den Geschäftsordnungsausschuss. Das sei der übliche Ablauf. Daher wurde der Antrag von SPD und CDU gegen die Stimmen der Piraten, Grünen und Linken abgelehnt.
Erfreuliches hatte der Stadtrat für Jugend und Gesundheit Falko Liecke zum Problem der Jugendkriminalität in Neukölln zu berichten. Auf eine Große Anfrage der CDU erklärte er, dass sich die Zahl der Rohheitsdelikte seit 2008 von 913 auf 495 fast halbiert habe. Das bedeute aber nicht, dass es keinen Handlungsbedarf mehr gäbe. »Kinder und Jugendliche, die Straftaten begehen, brauchen sofort Aufmerksamkeit und vor allem Konsequenzen«, erklärte er. Um frühzeitig kriminellen Karrieren vorzubeugen, müssten Maßnahmen von Polizei, Justiz, Sozialarbeit und anderen beteiligten Stellen eng aufeinander abgestimmt werden.
Er wolle sich dafür einsetzen, dass die in der Polizeidirektion 5 als Modellprojekt eingeführte »Täterorientierte Intervention« (TOI) in den Regelbetrieb aufgenommen werde. Dabei werden Gefährdungslagen von Kindern und Jugendlichen umfassend analysiert. Dann werden im Beisein der Eltern oder Bezugspersonen »normverdeutlichende« Ansprachen mit den Kindern und Jugendlichen geführt. Die TOI – Berichte werden an das Jugendamt und die Jugendgerichtshilfe weitergegeben, um Anhaltspunkte für die Beratungen und Hilfen zu geben. 

mr

Die Zukunft der Vergangenheit

Die NS-Geschichte des Flughafens soll ins Bewusstsein gerückt werden

Der Flughafen Tempelhof und das Tempelhofer Feld sind untrennbar mit der Luftbrücke und seiner späteren Funktion als Tor zur Freiheit verbunden. Vergessen wird dabei häufig, dass die Geschichte dieses Ortes maßgeblich von seiner nationalsozialistischen Vergangenheit bestimmt wird.
Um daran zu erinnern, enthüllte der Förderverein «THF 33-45» am 22. Juni an der Eingangshalle des Flughafens eine Gedenktafel, die an KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter während der Zeit des Nationalsozialismus erinnern soll.
Der Flughafen ist zusammen mit dem Flugfeld ein Ort von Opfern und Tätern des NS-Regimes. Tempelhof war zur Zeit des Nationalsozialismus ein Zentrum der Rüstungsindustrie. Hier baute die »Weserflug GmbH« Stukas in Serie.
Auf dem Flugfeld befand sich eines der größten Barackenlager im Deutschen Reich. Hinter Stacheldraht lebten hier Tausende von Zwangsarbeitern, vorwiegend aus Osteuropa, die in den Flugzeugwerken die Flugzeuge zusammenbauen oder reparieren mussten, die dann ihre Heimatländer bombadierten.
Vor dem neuen Flughafen befand sich bis 1934 das SS-Gefängnis Columbiahaus und bis 1936 das KZ Columbia.

gedenktafel
Um diese Geschichte wieder stärker in den Vordergrund zu rücken, fordert der Förderverein «THF 33-45» die Errichtung einer Forschungs-, Bildungs,- Begegnungs- und Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens, die sich am Nationalsozialismus orientiert, nicht an der Luftbrücke oder den Alliierten. Auch den Begriff »Tempelhofer Freiheit«, den die »Tempelhof Projekt GmbH« erfunden hat, um das Gelände zu vermarkten, lehnt der Verein ab. Dieser Name verharmlose die Verbrechen, die an diesem Ort geschehen sind, sagte die Historikerin Beate Winzer. Das Tempelhofer Feld sei während der Herrschaft der Nationalsozialisten für Zehntausende von Menschen ein Ort der Unfreiheit gewesen.
Der Volksentscheid habe alle Planungen für die Zukunft des Tempelhofer Feldes wieder auf Anfang gestellt, erklärte sie weiter. Daher müsse jetzt noch einmal ganz neu nachgedacht werden, wie ein würdiges Gedenken an die Menschen aussehen könnte, die hier gelitten haben. Die Gedenktafel sei nur ein Anfang, ein Provisorium.

mr

Ein Netz, das Internetschnüfflern das Leben schwer macht

Freifunk-Netz als Alternative zum kommerziellen Internet

Ein dezentrales Internet, kostenlos und anonym, als Alternative zu den Internetangeboten großer Provider wie der Telekom, das ist die Idee, die hinter der Freifunk Initiative steht.
Seit mehreren Jahren bringen WLAN-Router drahtlose Internetverbindungen in die Wohnungen. »Da kam dann ganz schnell die Idee«, erzählt Sven-Ola Tücke, einer der Initiatoren der Berliner Freifunk-Initiative, »da können wir doch fünf Nachbarn hintereinander schalten, und dann kann man über mehrere Verbindungen Daten austauschen und übertragen. Der technische Begriff dafür heißt Meshnetzwerk, wie Maschendrahtzaun.« Jeder Nutzer im Freifunk-Netz stellt dafür seinen WLAN-Router, der dafür mit einer speziellen Freifunk Firmware ausgerüstet wird, für den Datentransfer der anderen Teilnehmer zur Verfügung. Jeder Freifunk-Router ist damit (mittelbar oder unmittelbar) mit allen anderen Freifunk-Routern verbunden.
Damit die Verbindung zwischen den Knotenpunkten nicht abbricht, brauchen sie Sichtkontakt. Je höher der Standort, umso besser, weil dann weniger Häuser oder Bäume die Signale blockieren können. So ist es möglich, innerhalb der Stadt auch über größere Entfernungen drahtlos untereinander zu kommunizieren. Seit dem Frühjahr ist der Turm des Neuköllner Rathauses ein Knotenpunkt im stadtweiten Meshnetzwerk, zu dem auch das Rathaus Kreuzberg sowie mehrere Kirchen gehören. Der Standortgeber stellt den Strom für die Freifunk-Hardware zur Verfügung. Die Kosten für Baumaßnahmen und Router konnten aus Mitteln einer Förderung der Medienanstalt Berlin Brandenburg (mabb) gedeckt werden. Installation und Wartung der Technik übernehmen ehrenamtlich die Mitglieder der Berliner Freifunk-Initiative.
Das eigentliche stadtweite Netz sollen dann Privatpersonen oder auch Kneipenbesitzer aufbauen, die ihre WLAN-Router zur Verfügung stellen. Je engmaschiger das Netz wird, desto besser wird der Empfang im Stadtgebiet.

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Freifunk. Richtfunkstrecken verbinden Router, über die dann frei Internetzugriff möglich ist.    Foto: pr

Viele Freifunker stellen auch ihren Internetzugang zur Verfügung. Wer dann ein solches Signal findet, braucht kein Kennwort für den Zugang zum Internet. »Unser Netz ist für alle, man kann da jederzeit zugreifen und die Dinge nutzen, die dort angeboten werden. Deshalb heißt das ganze Freifunk«, erklärt Tücke.
Allerdings gilt in Deutschland das Prinzip der Störerhaftung. Wer sein WLAN jedem öffnet, ist für alle Aktivitäten verantwortlich, die darüber ablaufen. Aber auch für dieses Problem haben die Freifunker eine Lösung gefunden. Die Störerhaftung wird über ein Virtual Private Network (VPN) umgangen. Der Verein betreibt einen VPN-Server, der seine IP-Adresse an den Datenverkehr anklebt. Der Nutzer kann so nicht mehr identifiziert werden.
Im Prinzip könnte man auch das Freifunknetz abhören, die Funkverbindung zwischen dem Laptop/Smartphone und dem ersten Freifunk Router ist ungeschützt, unverschlüsselt und damit dann auch abhörgefährdet. Ab dem ersten Freifunk-Router ist aber diese Verbindung per VPN gegen Abhören abgesichert. Allerdings sind die Freifunknetze klein und lokal. Jeder Schnüffler müsste sich also vor Ort begeben und ein Gerät aufstellen, ein ziemlich aufwändiges Unterfangen. Und anders als große Provider wie die Telekom sammeln die Router des Freifunks auch keine Kundendaten.

mr

Wer sich an der Verwirklichung eines stadtweiten freien Netzes beteiligen möchte, findet weitere Informationen auf der Website http://freifunk.berlin/participate/overview/.

Kommissar Breschnows erster Fall

Neukölln als Tatort für einen Krimi

Eigentlich wollte siCover_Tode nur ein Buch für sich und ihre Freunde schreiben. Aber dann traute sie sich doch und suchte einen Verlag. Am 18 Juni stellte Connie Roters nun ihr erstes Buch »Tod in der Hasenheide« in der Buchhandlung »Die gute Seite« am Richardplatz vor.
Die Journalistin Cosma Anderson stolpert beim Joggen in der Hasenheide über eine Leiche. Als die Polizei in ihrer Küche dann auch noch die Tatwaffe entdeckt, wird aus der Zeugin schnell eine Verdächtige.
Kommissar Breschnows erster Fall weiterlesen

Kinder auf den Stühlen der Macht

Die Bildungsstadträtin Franziska Giffey hat Mut bewiesen, als sie die Schüler von neun Neuköllner Schulen zur Diskussion »Wenn ich was zu sagen hätte, dann würde ich…« einlud. Diese jungen Menschen haben noch nicht das Verhalten erlernt, mit dem sich die Erwachsenen durch das Leben taktieren.Sie stellen unbefangen ihre Fragen und reden frei heraus und ohne Schnörkel über das, was sie stört.
Das mag nicht immer angenehm für die zuhörenden Erwachsenen sein, denn keiner hält den Erwachsenen besser den Spiegel vor die Augen, als es Kinder vermögen.
Wenn diese Veranstal­tung zu einer festen Institution würde, dann könnten aufmerksame Politiker ihre Sicht auf manche Dinge durchaus ändern.
Für die Kinder bedeutet es, dass sie wichtig genommen werden und das brauchen sie in dieser Welt, in der sie oft zu kurz kommen.

Petra Roß

Muslimischer Friedhof

Suche nach Ruheplätzen

In Berlin sterben jährlich ungefähr 1.000 Muslime, die zumeist in ihren Heimatländern bestattet werden. Immer mehr jedoch wollen hier in der Stadt nahe der Familie beigesetzt werden.
Auf dem Garnisonfriedhof liegen aktuell 1.500 Menschen begraben und der Platz wird knapp. So kam bereits im Jahr 2012 die Idee auf, den Friedhof auf das Tempelhofer Feld zu erweitern, um zunächst Platz für 500 Gräber zu schaffen.
Diese Pläne scheinen nun nach dem Volksentscheid verworfen zu werden. Zu viel spricht gegen eine Erweiterung. Nach dem THF 100-Gesetz ist eine Einzäunung nicht gestattet. Das ist nicht im Sinne der muslimischen Gemeinde. Aus hygienischen Gründen soll eine Umrandung mit einer Mauer verhindern, dass dort Hunde wildern. Hinzu kommt, dass das Gebiet viel kleiner ist, als es von der Politik versprochen wurde. Lediglich für 100 Bestattungen reicht der Platz. Nicht berücksichtigt wurde außerdem, dass der Standort des KZs, wo bis vor Kurzem Ausgrabungen stattfanden, möglicherweise als Bodendenkmal vorgesehen ist.
Offen ist die Sehetlik-Gemeinde gegenüber Beerdigungen auf konfessionellen Friedhöfen, sofern der muslimische Ritus respektiert wird. Von kirchlicher Seite gibt es keine Einwände, sofern die Friedhofsverwaltungen miteinander kooperieren.

ro

Neues Abgeordnetenbüro der Grünen in Nordneukölln

Queere Ausstellung in den neuen Räumen der Wipperstraße

Seit dem 1. Januar 2014 stehen den Berliner Abgeordneten ein erhöhtes Budget für Mitarbeiter und Büroausstattung zu. Dem Ziel einer qualifizierten Arbeit kommt das Abgeordnetenhaus damit ein Stück näher. Die Abgeordneten befinden sich seitdem auf der Suche nach passenden Büroräumen, um den Bürgern ihres Wahlkreises näher zu sein, die hier ihre Fragen stellen oder Beschwerden formulieren können.

kiezbuero1Susanna Kahlefeld und Anja Kofbinger vor ihrem neuen Büro.                        Foto: Christian Kölling

Die Abgeordneten Anja Kofbinger und Susanna Kahlefeld sind nun in der Wipperstraße 25 im Richardkiez fündig geworden. Politisch und neusprachlich korrekt heißt das im April eröffnete Büro »Grünes Bürger*innen Büro« und ist Montag, Dienstag und Donnerstag von 10:00 bis 16:00 Uhr von den Mitarbeitern besetzt. Die Bezirksverordnete Mahi Christians-Roshanai bietet jeden Dienstag von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr Beratung zum Thema »Klärung von Fragen rund um die Schule«. Ob es nun um den Schulwechsel geht, Probleme mit den Lehrern auftauchen oder es Schwierigkeiten mit dem Lernen gibt, darauf versteht sie sich besonders gut.
Im Rahmen von »48 Stunden Neukölln« stellte der Neuköllner Künstler Egon Rathke seine Werke im neuen Bürgerbüro aus. Mit der Ausstellung »My Name Is Not Baby« zeigt er seine queeren Bilder aus Öl in faszinierender Ästhetik. Männer in Posen und Köpfe bunt geschminkter Transen zeigen sich hier von ihren Schokoladenseiten. Der Betrachter beginnt zu schmachten.

transen»Tatjana« und »Frank« von Egon Rathke.   Foto: fh

Rathke beschreibt Nordneukölln als Wimmelbild, in dem er Ruhe und Freude, Empörung und Faszination entdecken kann. Er empfindet den Bezirk queer, straight, laut, dreckig, spannend, überraschend herrlich und manchmal auch unheimlich anstrengend, aber »There´s no place like home«. Es gibt eben keinen vergleichbaren Ort wie Neukölln.

ro

Powerkraut schenkt Energie

Löwenzahn, ein vielseitiges, überall zu findendes Zaubergewächs

Löwenzahn besitzt eine hohe Widerstandskraft. Wird das Kraut herausgerupft, wächst es schnell nach. Darüber sollten wir uns freuen, denn genau diese Widerstandsfähigkeit schenkt uns die Löwenzahnwurzel mit –kraut (Taraxaci radix cum herba), wenn wir die Heil- und Küchenpflanze richtig anwenden. Bevor die Mähmaschinen auf dem Tempelhofer Feld diese tolle Pflanze aus der Familie der Korbblütler wieder niederstrecken, pflückt sie euch für Salate, Tees, Wein, zur Kaffeeröstung oder zur Herstellung leckerer Green Smoothies. Da ich hier nicht auf alle Zubereitungen eingehen kann, empfehle ich das Internet.
Löwenzahn hat einen positiven Einfluss auf das Verdauungssystem. Die Pflanze steigert die Magensaftsekretion, wirkt krampflösend und beugt Völlegefühl vor. Wer unter Magenproblemen leidet, sollte seine Mahlzeiten mit Löwenzahn aufpeppen und ihn als Spinat, Suppe oder im Salat genießen.
Täglich drei Tassen Löwenzahntee unterstützen das Verdauungssystem und regen Galle und Leber an, sodass der Fettstoffwechsel verbessert wird. Für den Tee eignen sich die Wurzeln und die frischen Blätter. Die letzte Tasse sollte jedoch – wegen der diuretischen Wirkung – spätestens zwei Stunden vor dem Zubettgehen getrunken werden. Um die durchspülende Wirkung des Löwenzahns zu unterstützen, werden zusätzl ich zwei Liter Wasser pro Tag getrunken.

Löwenzahn (5)

Bald eine Pusteblume.                                    Foto: mr

Die Kommission E, die selbstständige, wissenschaftliche Sachverständigenkommission für pflanzliche Arzneimittel des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, bestätigt dem Löwenzahn seine positive Wirkung auf Verdauungssystem, Niere und Blase. Die Volksheilkunde (überliefertes Wissen) geht weiter und vertraut der gelben Blüte mit den gezahnten Blättern auch bei Diabetes, Wundheilungsstörungen, Immunschwäche, Akne, Warzen und Hühneraugen. Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen, nur sollte eine Pflanze nicht für sämtliche Krankheiten herhalten müssen. Jeder Mensch ist individuell und wird somit unterschiedliche Erfahrungen machen.

km

Petras Tagebuch

Gebügelt und gerädert

Ich gehöre zu den Menschen, man mag mich da für spießig halten, die vom Wäschebügeln absolut überzeugt sind. Es ist nicht nur so, dass Stoffe dadurch schöner aussehen, das Bügeln wirkt auch imprägnierend und ist damit ökologisch vertretbar, weil die Waschmaschine geschont wird.
Gebügelt wird bei mir mit Dampfbügeleisen, das mit destilliertem Wasser befüllt wird. Und das ging gerade aus.
Nach einer Nachtschicht, in der ich zweieinhalb Stunden Halbschlaf hatte, habe ich mich nach einem anstrengenden Arbeitstag auf den Weg gemacht, um eben dieses Wasser zu kaufen. Mit viel Gewicht in den Fahrradtaschen und völlig übermüdet fuhr ich mit dem festen Vorsatz, mich gleich ins Bett zu legen, in Richtung meiner Wohnung. Dann aber musste ich hier und da noch anhalten, um einen Klönschnack zu halten. Ein Konzert, das mich interessiert hätte, sagte ich ab. Es war dann 21:00 Uhr, als ich zu Hause ankam.
Da mich das Durcheinander in der Wohnung aufregte, fing ich an, noch ein wenig aufzuräumen. Und als ich endlich meine Taschen ausräumte, stieß ich auf das destillierte Wasser.
Sofort hatte ich das Bügeleisen in der Hand und probierte das Wasser aus. Ja, es war besser als das vorherige, so meinte ich. Und bügelte und bügelte. Alle meine Tischdecken, Hosen, Blusen und Röcke sahen wieder schick aus. Es war 3:30 Uhr, als ich fertig war. Ich war wach und sollte am Morgen um 7:00 Uhr wieder aufstehen.
Das klappte übrigens nicht. Als um 10:00 Uhr das Telefon klingelte, befand ich mich noch immer im Tiefschlaf

Das Volk hat sich entschieden

suedblockJubel für das Tempelhofer Feld.                                                            Foto: fh

Das Tempelhofer Feld bleibt frei von Bebauung

Die Spannung war mit Händen zu greifen. Eine große Menschenmenge hatte sich am Abend des 25. Mai auf dem Tempelhofer Feld eingefunden, um gemeinsam auf das Ergebnis des Volksentscheids über die Zukunft des Tempelhofer Feldes zu warten.
Zwei Gesetzesvorschläge standen zur Wahl. Die Bürgerinitiative »100% Tempelhofer Feld« forderte, dass der Senat den jetzigen Zustand des Geländes erhalten muss und die Fläche weder verkaufen noch bebauen darf.
Der zweite Vorschlag von den Regierungsparteien SPD und CDU sah vor, die Ränder mit Wohnungen, Schulen und Gewerbe zu bebauen. Viele erwarteten eine knappe Entscheidung zwischen den beiden Gesetzen, zumal sich mit dem »Aktionsbündnis Tempelhof für alle« ein breites Bündnis aus Wohnungsbaugesellschaften, Sport- und Sozialverbänden, Kammern, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften mit großem personellen und finanziellen Aufwand für die Bebauung des Feldes engagierte.
Umso größer war der Jubel, als Felix Herzog gegen 21 Uhr die ersten belastbaren Zahlen verkündete. Das Votum der Bürger war eindeutig. Das Feld bleibt unbebaut.
Es wurde gefeiert bis tief in die Nacht. Selbst die Sicherheitskräfte, die nach Einbruch der Dunkelheit die Tore zum Feld geschlossen hatten, zeigten ein Einsehen. Sie ließen die Feiernden weitgehend in Ruhe. Als sich im Laufe des Abends immer mehr Menschen vor dem Tor an der Herrfurthstraße versammelten und aufs Feld wollten, öffneten sie das Tor sogar noch einmal.
Gefeiert wurde auch im »Südblock« in Kreuzberg. Die Bürgerinitiative und befreundete Parteien fielen sich in die Arme, es blieb kein Auge trocken.

Das Gesetz wurde angenommen

Misstrauensvotum gegen die Senatspolitik

Die Entscheidung der Berliner Wähler war eine eindeutige Absage an die Bebauungspläne des Senats. Mit 46,1 Prozent lag die Wahlbeteiligung deutlich höher als beim Volksentscheid über die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung, der nur 29,1 Prozent der Wahlberechtigten mobilisieren konnte.

thf_für alleTempelhof für alle.                                                                    Foto: mr

Knapp 30 Prozent aller wahlberechtigten Berliner stimmten für den Erhalt des Tempelhofer Feldes und erreichten damit locker das nötige Quorum. Ein Volksgesetz tritt in Kraft, wenn 25 Prozent der Wahlberechtigten dafür stimmen. 64,3 Prozent der abgegebenen Stimmen – das entspricht in absoluten Zahlen 738.124 Wählern – entfielen auf das Gesetz der Bürger-initiative. Der Vorschlag des Abgeordnetenhauses konnte nur etwa 468.431 Stimmen gewinnen; das entspricht 40,8 Prozent.
In Friedrichshain-Kreuz­berg war mit 77 Prozent die Zustimmung zum Gesetz der Initiative am größten, gefolgt von Neukölln. Dort wollen 74,4 Prozent der Wähler ein freies Tempelhofer Feld.

thf2Für viele ein Ort zur Erholung.                                        Foto: mr

In den Diskussionen in den sozialen Netzwerken ebenso wie im Straßenwahlkampf wurde deutlich, dass viele Wähler, die eine Bebauung nicht grundsätzlich ablehnen, trotzdem den Entwurf der Bürgerinitiative unterstützten, weil sie die Planungen des Senats dilettantisch und unausgegoren fanden, die Bürgerbeteiligung für eine Farce hielten und sie den Versprechungen, günstigen Wohnraum zu errichten, keinen Glauben schenkten.
Dieses Misstrauen wurde noch verstärkt durch den eilig zusammengezimmerten Gesetzesentwurf, der keine klaren Aussagen traf und eigentlich nichts weiter war als ein Blankoscheck fürs Bauen nach Belieben.

mr

Die Europäer haben ihr Parlament gewählt

Rechtspopulisten und Euroskeptiker geben zukünftig den Ton an

Europa hat sein Parlament gewählt, und das wird deutlich konservativer und europaskeptischer, aber auch bunter.
Stärkste Kraft wurde die konservative Europäische Volkspartei (EVP) mit Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker, gefolgt von den Sozialdemokraten. Aber überall in Europa legten rechts-orientierte und populis­tische Parteien zu, wie der französische Front National oder die britische Unabhängigkeitspartei UKIP, die jeweils stärkste Kraft wurden. In Deutschland gewann die eurokritische AfD aus dem Stand sieben Prozent. Die Abschaffung der Dreiprozenthürde führte dazu, dass auch die Freien Wähler, die Piraten, die NPD, die ÖDP, die Familienpartei, die Tierschutzpartei und die PARTEI erstmals im Europaparlament vertreten sein werden.
Die Wahlbeteiligung steigerte sich in Deutschland im Vergleich zu 2009 von 43,3 auf 47,9 Prozent, europaweit lag sie nur bei 43,09 Prozent.
In Berlin wurde die SPD überraschend mit 25 Prozent stärkste Kraft, gefolgt von der CDU mit 20 Prozent. Im Bund fiel das Ergebnis genau andersherum aus. Die Berliner Grünen landeten bei 19,1 und Die Linke bei 16,2 Prozent. Die AfD konnte auch hier 7,9 Prozent der Wähler von ihrem Programm überzeugen.
Berlin wird damit elf der 96 Abgeordneten stellen, die Deutschland in das Europäische Parlament entsendet. Michael Cramer von den Grünen gehört dazu, ebenso wie Sylvia-Yvonne Kaufmann von der SPD und Joachim Zeller von der CDU.
Auch in Neukölln konnte die SPD Gewinne verzeichnen und wurde mit 23,4 Prozent stärkste Partei. Hier lagen aber die Grünen mit 20,9 Prozent an zweiter Stelle, knapp vor der CDU, die auf 20,8 Prozent kam. Für Die Linke votierten 13,8 Prozent der Wähler.
Die Wahlbeteiligung in Berlin lag bei 46,7 Prozent. 2009 hatten sich nur 37,9 Prozent auf den Weg zur Wahlurne gemacht. 

mr

Neues aus der BVV

Zweckentfremdungsverbotsverordnung

Wie soll das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum umgesetzt werden? Das war das Thema einer großen Anfrage der SPD in der Bezirksverordnetenversammlung am 7. Mai.
Lediglich 17 Sachbearbeiter stelle der Senat den Bezirken stadtweit für die Überwachung und Durchführung des Verbots bereit, berichtete Baustadtrat Thomas Blesing. Das werde aber mit einiger Sicherheit nicht ausreichend sein. Um diese wenigen Fachkräfte möglichst effizient einzusetzen, schlagen mehrere Bezirke eine so genannte Regionalisierung vor, bei der das Zweckentfremdungsverbot von einer Stelle aus überwacht und koordiniert werden soll. Der Bezirk Mitte hat sich dafür angeboten. Eine Entscheidung darüber sei noch nicht abschließend getroffen, erklärte Blesing. Neukölln habe sich aber im Rat der Bürgermeister dagegen ausgesprochen.
Nach derzeitigen Planungen kann Neukölln vier Mitarbeiter einsetzen, wobei zwei aus dem Wohnungsamt kommen und zwei weitere neu eingestellt werden sollen. Wann sie ihren Dienst antreten können, ist laut Blesing noch unklar. Sicher sei nur, dass die Verträge bis 2015 befris-tet seien. Das wiederum fand Jochen Biedermann (Grüne) reichlich unsinnig. Denn wenn die Leute sich gerade eingearbeitet und ihr Netzwerk im Bezirk aufgebaut haben, sei ihr Dienst bereits wieder abgelaufen.
Im Bezirksamt seien bereits Meldungen zur zweckfremden Nutzung von Wohnraum eingegangen, berichtete Blesing. Eine konkrete Sachbearbeitung erfolge bis auf Weiteres aber nicht. 

mr

EU – mehr als Gurken und Bananen?

Fördermittel der EU für Neukölln

Die EU, ein für die meisten Menschen völlig abstraktes und unüberschaubares Gebilde, wird oft mit unsinniger Bürokratie und überflüssigen Normen assoziiert, wie etwa Regelungen zu Gurkenkrümmungsgraden oder Bananendurchmessern. Doch was bringt die EU den Bürgern konkret? Wo ist die EU in Neukölln, speziell in Rudow? Um diese Fragen ging es am 20. Mai in der Alten Dorfschule Rudow bei der von der SPD-Rudow organisierten Veranstaltung, zu der die Europabeauftragte Neuköllns, Cordula Simon, eingeladen war.
Anders als vielleicht angenommen, fließt eine Menge EU-Geld in Form von Fördermitteln nach Neukölln. Simon meinte, sie sei selbst immer wieder »überrascht, wer alles etwas mit EU-Geld macht«. Vor allem Mikroprojekte, also kleinere Projekte, die mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden, sind zahlreich, aber eher in Nordneukölln zu finden als im Süden, wo es gerade noch zwei Antragsteller aus Gropiusstadt gibt. Dabei seien diese oft mehr wert als große Projekte mit hohen Fördersummen, so Simon. Ein Grund für dieses völlige Ausbleiben von Anträgen auf Fördermittel aus Rudow ist wohl ein Mangel an Kommunikation sowie die oft negative Haltung der EU gegenüber. Die Chancen, eine EU-Förderung zu erhalten, sind dabei sogar sehr gut. Je nach Ausschreibung können sich staatliche Stellen, Schulen oder auch Privatpersonen bewerben. Die Ansprüche und der Aufwand variieren, doch Unterstützung bekommen alle bei einem Fördergespräch mit Cordula Simon.
Meist zielen die Förderprojekte in Richtung Arbeitsmarkt, Jugend oder Ausgleich von Benachteiligungen. So gibt es Initiativen, die Jugendlichen bei der Orientierung nach dem Schulabschluss helfen oder Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg in den Beruf ermöglichen. Die Europabeauftragte betonte aber, dass jede Art der Förderung stets mit viel Engagement, Motivation und Freizeitaufwand verbunden sei, was auf viele abschreckend wirke. Bis zur nächsten Ausschreibung 2015 ist es daher wichtig, eine breitere Wahrnehmung der Förderprojekte zu schaffen, denn die EU ist eine »offene Tür«, die auch den Rudowern zahlreiche Möglichkeiten bietet.

jt

Das Stadtbad Neukölln wird 100

Poolparty mit »Ulli und die Grauen Zellen«

Es ist jetzt hundert Jahre her, als eines der Kleinodien Neuköllns seine Pforten öffnete. Am 10. Mai 1914 nahm das Stadtbad Neukölln in der Ganghoferstraße seinen Betrieb auf. »Gut ist das imposante Werk geworden, und mit Recht kann Neukölln auf dasselbe stolz sein«, schrieb damals das »Neuköllner Tageblatt«.
Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky drückte es ähnlich aus, als er das Bad bei der Feier, die die Berliner Bäder Betriebe aus diesem Anlass ausrichteten, als eine der schönsten Stellen Neuköllns bezeichnete. Hier habe er schwimmen gelernt.
Entworfen wurde das Hallenbad von Stadtbaumeister Reinhold Kiehl, der auch verantwortlich war für den Ausbau des Rathauses und den Bau des Neuköllner Krankenhauses.
Antike Thermenanlagen waren die Vorbilder beim Bau des Stadtbads. Es gibt zwei Schwimmbecken, dazu Säulen, Wandelgänge, Glasmosaike, Wandgemälde und Galerien, die von schmiedeeisernen Geländern eingefasst sind. Entstanden ist ein eindrucksvolles Bauwerk ganz nach der Devise: »Das Auge badet mit.«
Dabei hatte das Bad einen ganz profanen Ursprung, wie Buschkowsky in seiner Rede weiter ausführte. Es ging um die Volksgesundheit in einer Zeit, in der es in den Arbeiterwohnungen noch keine Bäder gab. Eine Dusche mit Benutzung eines Handtuchs kostete zehn Pfennig. Die Duschen und Wannenbäder wurden noch bis in die Siebziger-Jahre des letzten Jahrhunderts benutzt.

stadtbadParty zum 100sten des Stadtbades.                                         Foto: mr

An die Bildung wurde ebenfalls gedacht und eine Bibliothek in dem Gebäude untergebracht. Die Technik war hypermodern. Das Wasser wurde erwärmt über eine Fernwärmeleitung, die vom Elektrizitätswerk am Weigandufer herüber führte. Der Wärmeverlust war dabei nicht größer als bei heutigen Leitungen.
Den Abschluss der Feierlichkeiten bildete eine Poolparty, bei der »Ulli und die Grauen Zellen« mit ihrer fetzigen Musik den Besuchern am und im Becken gehörig einheizten. 

mr

Stadtteiltag in Gropiusstadt

Bürger fragen – Politiker antworten

Es gibt viele Versprechen, die selten eingehalten werden. Umso schöner ist es, wenn ein Flyer die Runde macht, der zum Stadtteiltag mit Erol Özkaraca einlädt. Und zwar nicht irgendwo in Nordneukölln, sondern tatsächlich in der Gropiusstadt.
Der gebürtige Hamburger, der selbst einige Zeit in Rudow verbracht hat, wollte sein Versprechen einlösen, sich auch um den Süden Neuköllns zu kümmern.
So saß er also im Frauencafé, zu dem normalerweise keine Männer Zutritt haben und eher einen Tritt anderer Art bekommen. Begleitet wurde er von Sylvia-Yvonne Kaufmann von der SPD, die für Europa-Fragen zur Verfügung stand. Leider wurde dadurch der Veranstaltungshintergrund von einigen missverstanden, sodass viele der Ansicht waren: »Neukölln ist ja jetzt nicht wichtig, wir sind ja hier, um über Europa zu sprechen.«

StadtteiltagNeuköllner SPD-Politiker stellen sich in der Gropiusstadt.     Foto: cr

Thema war unter anderem die Schließung der Postbank vor knapp zwei Jahren. Dabei wurde klar, dass die vorwiegend älteren Gropiusstädter sich bereits verstärkt dafür eingesetzt haben, dass diese wiedereröffnet wird. Erol Özkaraca versprach, einen Extratermin zu vereinbaren, um noch mal auf die angesprochenen Probleme einzugehen.
Der zweite Anlaufpunkt war das »ImPuls«, ein Interkulturelles Zentrum im Gemeinschaftshaus. Julia Pankratyeva, Leiterin des Vereins, organisiert regelmäßig Veranstaltungen, bei denen verschiedene Kulturen aufeinandertreffen und mit Vorurteilen aufgeräumt werden kann. Leider sind diese aufgrund mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten gefährdet.
Der anschließende Rundgang, zu dem alle eingeladen waren, bot einen Einblick in die derzeitige Situation der Gropiusstadt. Es gibt viele Angebote für Kinder, allen voran das »MANNA«. Die Bedürfnisse der Älteren bleiben oft auf der Strecke.
Die Tour endete am Campus Efeuweg, der den Ort für die letzte Infoveranstaltung an diesem Tag bot. Sylvia-Yvonne Kaufmann wurde von Franziska Giffey abgelöst, die zur Diskussion mit dem Schulleiter der Liebig-Schule einlud.

cr

Holunder wirkt Wunder

Zweimal im Jahr tolle Ernte

Im Herbst haben wir über die Holunderbeere/Fliederbeere geschrieben. Jetzt ist Erntezeit für die duftende Holunderblüte, die nicht nur Grundlage des leckeren Hugos ist. Wer auf den gekauften Holunderblütensirup verzichten möchte, geht jetzt selbst in die Natur, pflückt die weißen Dolden und setzt damit folgendes Rezept an:
30 Dolden Holunderblüten
5 Liter Wasser
1 Kilo Zucker
2 Biozitronen
50 g Zitronensäure oder Saft von 3 Zitronen
Zucker mit Wasser vermengen. Holunderblüten in einen Topf legen und mit Zuckerwasser auffüllen. 2 Biozitronen in Scheiben schneiden und dazugeben. Deckel drauf und 4 Tage ruhen lassen. Den Sud mit Zitronensäure oder Zitronensaft aufkochen, abkühlen lassen und abseihen. Sirup in Flaschen füllen. Mit Wasser oder Sekt (für Hugo) verdünnen, Minzblätter und Eiswürfel dazugeben.

hollerblueteimtopfHolunderblüten mit Zitrone.     Foto: km

Mit getrockneten Holunderblüten lassen sich das ganze Jahr über Tees zubereiten. Dafür müssen die Dolden auf einem großen Stück Papier ausgebreitet und ab und an gewendet werden. Am besten lassen sich die Blüten im Schatten trocknen. Die pralle Sonne ist dafür nicht geeignet. Zur Herstellung eines Tees wird ein Teelöffel der getrockneten Blüten mit 150 ml Wasser übergossen und fünf Minuten zugedeckt ziehen gelassen. Der Tee stärkt den Kreislauf, fördert den Stoffwechsel, lindert Magenschmerzen und Blähungen, wirkt entwässernd und lindert Fieber und Erkältungskrankheiten. Zur Befreiung der Atemwege wird der Tee inhaliert. Hierfür werden acht gehäufte Teelöffel Holunderblüten mit einem Liter kochendem Wasser übergossen. Die aufsteigenden Dämpfe zehn Minuten lang einatmen.
Zum Schluss noch die Einschlafhilfe mit Holunderblütenmilch: Vier frische Holunderblütendolden in einem halben Liter Milch erhitzen, 90 Minuten ziehen lassen, Vanillezucker nach Belieben hinzugeben. Die Milch noch einmal kurz erwärmen, dann die Blüten abseihen und die Holunderblütenmilch eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen trinken. Hilft übrigens auch an miesen Tagen, an denen die Laune im Keller wütet. Verbessert die Stimmung!

km

von Neuköllnern für Neuköllner