Archiv der Kategorie: 100 Jahre Neukölln

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus Neuköllner Zeitungen vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Neuköllner Tageblatt – Donnerstag, 4. 12. 1919
Böswillige Alarmierung der Feuerwehr. Am Dienstag abend gegen 9 Uhr wurde der Feuermelder auf der Schillerpromenade gezogen und der Feuerwehr ein Dachstuhlbrand gemeldet. Beide Löschzüge rückten sofort aus, doch erwies sich die Meldung als böswilliger Alarm, wie dies in letzter Zeit wiederholt der Fall gewesen ist. Leider ist es bisher noch nicht gelungen, den Urheber dieses schädlichen Streiches zu ermitteln.

Neuköllnische Zeitung – Sonnabend, 6.12.1919
Eine sechsköpfige Falsch­münzerbande ist von der Neuköllner Kriminalpolizei in Haft gesetzt worden. Unter ihnen befanden sich ein Lithograph, ein Schlosser, ein Techniker u. a. Die Falschmünzer haben sich ausschließlich auf die Fabrikation von gefälschten Zwanzigmarkscheinen gelegt und einen großen Teil davon in den Verkehr gebracht. Es konnten noch für 58 000 Mark falscher Zwanzigmarkscheine bei ihnen beschlagnahmt werden. Einem der Fälscher gelang es noch im letzten Augenblick, einen großen Posten der Falschscheine zu vernichten. Die Festgenommenen sind dem Gerichtsgefängnis zugeführt worden. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 256 – Freitag,  7. November 1919
Haases Zustand hoffnungslos. Nach Mitteilungen aus dem St. Hedwigskrankenhause muß der Zustand des Abgeordneten Hugo Haase leider als hoffnungslos bezeichnet werden. Der Kranke ist nicht mehr bei Besinnung; er kann sich nicht mehr mit seiner Umgebung unterhalten, sondern ist völlig benommen und phantasiert seit Stunden ununterbrochen. Nach Ansicht des Geheimrats Prof. Dr. Rotter geht der Patient seiner Auflösung entgegen. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 228 – Sonnabend, 4. Oktober 1919
Der Film im Dienste der Kriminalpolizei. Bei schweren Verbrechen werden in Zukunft die Bilder der gesuchten Personen den Theaterbesuchern während der Pausen auf der Leinwand gezeigt werden. Mit dem Bild erscheint ein kurz gefaßter, von der Kriminalpolizei verfaßter Text, der auf das Verbrechen und die ausgesetzte Belohnung hinweist. Die ersten Bilder, die versuchsweise in einigen Lichtspielhäusern gezeigt werden, stellen den Unteroffizier Dahlmann dar, der seinerzeit in der Münzstraße seine Geliebte erschoß und entkam. Ein neues Mittel, die allgemeine Sicherheit zu steigern. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 209 – Freitag, 12. September 1919
Hilferufe durch Fernsprecher. Die Hilferufe durch Fernsprecher sind zunächst im Bereich der Fernsprechämter 1 und 2 in Charlottenburg (Fernsprech=Vermittlungsstellen Wilhelm und Steinplatz) eingeführt worden. Ein an diese Vermittlungsstelle angeschlossener Teilnehmer, der bei Einbruch, Ueberfall usw. polizeiliche Hilfe herbeirufen will, hat nur nötig, bei der Meldung der Vermittlungsbeamtin das Kennwort »Ueberfall« zu nennen. Er wird dann ohne weiteres mit der zur Hilfeleistung verpflichteten Stelle der Polizei verbunden, welcher er auf Meldung seine Wünsche mitzuteilen hat. Bei den übrigen Vermittlungsstellen Großberlins kann das Verfahren z. Zt. leider noch nicht eingeführt werden, weil die Umgestaltung der Polizei dies noch nicht gestattet. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 178 – Donnerstag, 7. August 1919
Verleihung der Bezeichnung »Frau« an Kriegerbräute. In mehreren deutschen Staaten ist durch Ministerialverfügungen die Möglichkeit geschaffen worden, Bräuten gefallener Kriegsteilnehmer auf Antrag die Bezeichnung »Frau« zu verleihen und ihnen die Annahme des Familiennamens des Verlobten zu gestatten. Voraussetzung hierfür ist, daß die ernstliche Absicht der Verheiratung bestand und die Eheschließung nur wegen des Todes des Verlobten unterblieben ist. Ebenso kann für ein aus dem Verlöbnis hervorgegangenes Kind die Genehmigung zur Führung des väterlichen Familiennamens beantragt werden. An der rechtlichen Stellung der Braut ändert sich durch die Verleihung der Bezeichnung »Frau« und die Führung des Namens des Verlobten nichts; die Braut erlangt hierdurch nicht die rechtliche Stellung einer Ehefrau und erwirbt weder einen Anspruch auf Witwengeld, noch ein gesetzliches Erb­recht gegenüber dem Verlobten. Auch dem Kinde steht mit der Verleihung des väterlichen Familiennamens ein Anspruch auf Waisenrente nicht zu: es kann nur wie jedes uneheliche Kind im Falle des Bedürfnisses eine widerrufliche Zuwendung aus Heeresmitteln erhalten. Auskunft über die Einzelheiten der Antragstellung erteilt die örtliche Fürsorgestelle. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 150 – Sonnabend, 5. Juli 1919
Die Reichsfarben: Schwarz=Rot=Gold. In der Donnerstag=Sitzung der Nationalversammlung wurde der Kompromißantrag der Mehrheitssozialisten und des Zentrums: »Die Reichsfarben sind schwarz=rot=gold, die Handelsflagge ist schwarz=weiß=rot mit einer Goesch in schwarz=rot=gold in der oberen inneren Ecke« in namentlicher Abstimmung mit 211 gegen 89 Stimmen bei einer Stimmenthaltung angenommen. Der Antrag der Rechtsparteien; »Die Reichsfarben sind schwarz=weiß=rot« wurde in namentlicher Abstimmung mit 190 gegen 110 Stimmen bei 5 Stimmenthaltungen abgelehnt. Gegen den Antrag stimmten die beiden sozialdemokratischen Parteien, ein Teil des Zentrums und die Minderheit der Demokraten. Der Antrag der nUabhängigen: »Die Reichsfarbe ist rot« wurde gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 123 – Sonntag, 1. Juni 1919
Oeffentliche Meinung. Mit Bezug auf die Notiz über die Fliederdiebstähle auf dem 2. Thomaskirchhof Hermannstr. 79=83 in »Oeffentliche Meinung« der Nummer 120 erwidern wir: Die Verwaltung der Thomaskirchhöfe beklagt lebhaft das rohe Treiben der Fliederdiebe, die in diesem Frühjahr schlimmer denn je hausen. Es sind zumeist junge Burschen, die auch fast täglich große Planken gewaltsam aus dem Zaun brechen, der den Kirchhof gegen das Tempelhofer Feld schließt. Es waren in den letzten Wochen fast täglich Reparaturen in Höhe von 40-50 M. notwendig. Die Kirchhofsverwaltung läßt es an Aufsicht nicht fehlen – sind doch in dieser Woche bloß für Wächterdienste 216 M. zu zahlen – aber die Wächter allein sind nicht imstande, dem schamlosen Treiben Einhalt zu tun. Die Kirchhofsbesucher werden deshalb gebeten, sich den Schutz der Anlagen angelegen sein zu lassen. Die Kirchhofsverwaltung. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 99 – Sonnabend, 3. Mai 1919
Tempelhof gegen den Flughafen auf dem Tempelhofer Feld. Die Tempelhofer Gemeindevertretung beschäftigte sich mit einem Dringlichkeitsantrag des Schöffen Jung, den Gemeindevorstand zu ersuchen, mit allen Kräften und Mitteln der geplanten Anlegung eines Flughafens für den Postdienst auf dem östlichen Teile des Tempelhofer Feldes energisch entgegenzutreten. Bürgermeister Wiesener vertrat den Standpunkt, daß ein großer Flughafen auf dem Tempelhofer Felde nicht angebracht sei. Der östlich der Tempelhofer Chaussee gelegene Teil des Feldes müsse den Großberlinern als Erholungsstätte erhalten bleiben, sei es in Gestalt eines größeren Volksparkes oder als Spielplätze in großem Maßstabe. Wenn auf dem Tempelhofer Felde Schuppen, Reparaturwerkstätten und Benzinstationen errichtet würden, könne das Wohnen in Tempelhof sicherlich keine reine Freude mehr sein. Der Anlegung eines Hafens könne man daher nur mit gemischten Gefühlen entgegensehen. Er sei dankbar für die Anregung und werde dem Antrage gemäß vorgehen und die Angelegenheit im Verband Groß=Berlin zur Sprache bringen, der sicherlich auch das größte Interesse daran haben werde, daß Feld für genügend große und freie Erholungsplätze vorzubehalten. Die Gemeindevertretung stimmte hierauf einstimmig dem Dringlichkeitsantrage zu. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 78 – Sonnabend, 5. April 1919
Eine Sehenswürdigkeit von Neukölln geworden sind nach ihrer völligen Umgestaltung die bisherigen »Passage=Festsäle«, Bergstraße 151=152, die sich jetzt im neuen Gewande als »Tanz=Paradies und Passage=Kaffee« präsentieren. Gewohnt, das Publikum durch glanzvolle Darbietungen auf jedem Gebiete zu überraschen, haben die Schauburg=Lichtspiele das Kaffee, vor allem aber auch die Saalräume, nach vollendet künstlerischen Entwürfen zu Stätten der gediegensten Vornehmheit und der wohltuendsten Intimität ausgestalten lassen. Es ist staunenswert, welche reiche Erfindungsgabe in dieser materialarmen Zeit die herangezogenen Künstler an den Tag gelegt haben, um ein kostbares, farbenfrohes, von glühenden Beleuchtungseffekten durchstrahltes Werk zu schaffen, daß jedem, der die Räume vorher kannte, als ein schnell hervorgezaubertes Märchenreich erscheinen muß. Damit ist für Neukölln eine entzückende Stätte für das gesellschaftliche Leben bereitet, die dem verwöhntesten Geschmack zu entsprechen vermag. Nicht nur für öffentliche Geselligkeiten, für Feste der Tanzkunst vornehmsten Gepräges, sind die Räume geschaffen, auch für Familienfeste, wie Hochzeiten, Jubiläen usw., sowie für das Vereins= und Klubleben stehen die Lokalitäten für zahlreiche Tage zur Verfügung. Von den neu ausgestatteten Kegelbahnen bis zu dem Luxussaale des Tanzpalastes steht nunmehr alles in neuem glanzvollen Gewande für den Empfang der Gäste bereit. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 56 – Dienstag, 11. März 1919
Die Straßenbahner streiken weiter. Infolgedessen mußte die werktätige Bevölkerung Großberlins sich gestern entweder zu Fuß zur Arbeit begeben oder war auf die Hochbahn angewiesen, die einem derartigen Ansturm, wie er gestern morgen einsetzte, nicht im entferntesten gewachsen ist. Die Wiederaufnahme der Arbeit litt in fast sämtlichen Betrieben erheblich unter diesen durch den Straßenbahnerausstand veranlaßten Verkehrsschwierigkeiten und die Folge davon war, daß die Stimmung im arbeitenden Berlin, die während des Lohnstreiks für die Straßenbahner gewesen war, sich überall gegen die Aufständischen wandte. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 28 – Sonntag, 2. Februar 1919
Die Haftung für die Revolutionsschäden. Unmittelbar nach den Spartakuswirren wurde die Frage aufgeworfen, wer für die durch die Schießereien entstandenen Schäden aufkommen müßte, die Regierung oder die Stadt Berlin. Der Magistrat hat jetzt zu dieser Frage Stellung genommen und eine Haftung für die Revolutionsschäden kategorisch abgelehnt.

Nr. 29 – Dienstag, 4. Februar 1919
Oeffentliche Meinung. Es wird zurzeit viel über die Erwerbslosenfürsorge und die dadurch hervorgerufene Arbeitsunlust geschrieben. Ich war 41 Monate lang ununterbrochen im Felde, d. h. an der Front. Am Tage meiner Rückkehr bewarb ich mich sogleich um Beschäftigung, überall vergeblich und genieße somit die Einrichtung der Erwerbslosenunterstützung noch heute. Jedoch damals schon und heute noch befinden sich bei der Post sowohl wie beim Magistrat (in sämtlichen Brotkommissionen und Fürsorgestellen) unzählige Frauen in Stellung. Den Monat mit 26 Tagen berechnet, beziehe ich für mich und meine Familie 312 Mark Unterstützung. Für diesen Betrag würde ich jederzeit bereit sein, irgend eine Stellung anzunehmen und glaube, den Posten irgendeiner der vorerwähnten Kommissionsdamen ausfüllen zu können. Dadurch wäre ich von der Straße und der Magistrat spart den Monatsgehalt für die freigewordene Dame, die, wenn sie selbst unterstützt werden müßte, doch nur 130 Mark bezöge. So, wie es mir geht, geht es hunderten Kameraden. Deshalb: Macht für die Verheirateten, die jahrelang draußen waren, Stellen frei! Der Magistrat spart erheblich dadurch. P. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 2 – Freitag, 3. Januar 1919
Die Silvesternacht verlief diesmal in Neukölln weit lärmender als sonst. Die ganze Nacht hindurch waren die Hauptstraßen von Menschen, namentlich aber von halbwüchsiger Jugend belebt, die durch Abbrennen von Kanonenschlägen und Feuerwerkskörpern aller Art Unfug verübten oder sich sonstwie bemerkbar machten. Vor dem Rathause spielte sogar mitten in der Nacht ein Leierkasten, nach dessen Klängen auf dem Straßendamm flott getanzt wurde. Auch die Lokale waren gut besucht. Hier waren es meist die Stammgäste der Gastwirte oder Vereine, die das neue Jahr als Friedensjahr fröhlich begrüßten, und bei Eintritt der Polizeistunde um 1 Uhr ruhig nach Hause gingen. In den Kirchen fanden abends Jahresschlußandachten statt, die sämtlich zahlreiche Teilnehmer aufzuweisen hatten. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 286 – Donnerstag, 5. Dezember 1918
Oeffentliche Meinung. Eine Bitte an Eltern und Lehrer. Der Fahnen= und Girlandenschmuck zu Ehren unserer heimkehrenden Krieger wird vielfach von der Jugend in rücksichtsloser Weise geplündert und beschädigt. Schule und Haus sollten der Jugend dies strengstens verbieten und sie auf die Bedeutung des Schmuckes hinweisen. Sch.,Weserstraße

Nr. 294 – Sonnabend, 14. Dezember 1918
Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. Das Reichsamt für Demobilisation hat eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, von denen eine Abnahme der großstädtischen Arbeitslosigkeit erwartet werden kann. Unter anderem wird die notwendige Herausziehung der Arbeiterinnen aus den Fabriken betrieben, damit an ihre Stelle die arbeitslosen männlichen Personen treten können. Die Arbeiterinnen sollen auf dem Lande und in den Kleinstädten untergebracht werden, ein Programm, dessen Durchführung großzügig in die Wege geleitet worden ist. Auch sonst sind Maßnahmen eingeleitet, um die Verteilung der in den Großstädten zusammengeballten Massen von Arbeitslosen aufs Land herbeizuführen. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 266 – Sonntag, 10. November 1918
Eine Extraausgabe des »Vorwärts« meldet: Generalstreik! Der Arbeiter= und Soldatenrat von Berlin hat den Generalstreik beschlossen. Alle Betriebe stehen still. Die notwendige Versorgung der Bevölkerung wird aufrecht erhalten. Ein großer Teil der Garnison hat sich in geschlossenen Truppenkörpern mit Maschinengewehren und Geschützen dem Arbeiter= und Soldatenrat zur Verfügung gestellt. Die Bewegung wird gemeinschaftlich geleitet von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Unabhängigen sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Arbeiter, Soldaten, sorgt für Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung. Es lebe die soziale Republik! Der Arbeiter= und Soldatenrat. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 235 – Samstag, 5. Oktober 1918
Auszeichnung von Dienstboten. Beim Vaterländischen Frauenverein Neukölln besteht die Einrichtung, daß Dienstboten von Mitgliedern nach 5, 10 und 20jähriger Tätigkeit bei ein und derselben Herrschaft durch einen Ehrenbrief, ein Geldgeschenk und (bei mehr als 10jähriger Tätigkeit) durch die Verleihung einer Silberbrosche ausgezeichnet werden. Die Auszeichnung kann auch Dienstboten solcher Dienstherrschaften zuteil werden, die bisher noch nicht dem Vaterländischen Frauenverein angehört haben, sich aber zum Eintritt in den Verein und zu Leistungen in Höhe der entstehenden Aufwendungen verpflichten. Die Auszeichnung findet regelmäßig zum Geburtstage der Kaiserin statt und soll auch in diesem Jahre wieder zu diesem Tage ins Werk gesetzt werden. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 206 – Sonntag, 1. September 1918
Das Ende des «Dutzend«. Die Reichsregierung beabsichtigt, in dem neuen Zolltarif, die Maßeinheit des »Dutzend« durch das «Zehnt« zu ersetzen, um der Unstimmigkeit, die die Zwölferrechnung in unserem Dekadensystem darstellt, den Garaus zu machen. Schon die gegnwärtig stattfindende Leipziger Messe soll mit dem Werke des Ersatzes des Dutzend durch das Zehnt praktisch beginnen und somit bahnbrechend und vorbildlich wirken. In absehbarer Zeit wird also das Dutzend jenen Gang gehen, den vorher schon Mandel und Schock, Elle und Zoll, Unze und Lot gegangen sind. Tatsächlich fügt sich die Zehnerrechnung unserem ganzen System besser ein. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 180 – Freitag, 2. August 1918
Die bargeldlose Zahlung, eine Forderung der Stunde! Die Veredelung der Zahlungssitten steht an Bedeutung in nichts nach der Goldsammelbewegung oder der Kriegsanleihepropaganda; denn »der einzige Vorsprung, den England sich vor unserer Geldwirtschaft im Kriege bewahrt hat, liegt auf dem Gebiete des Umlaufs der papiernen Zahlungsmittel«. Diesen in München gesprochenen Worten ließ der Reichsbankpräsident unmittelbar darauf die Tat folgen; er rief am 2. Mai d.J. eine Organisation der Werbearbeit für den bargeldlosen Zahlungsverkehr über ganz Deutschland ins Leben, welche die Unterstützung sämtlicher Reichs und Staatsbehörden, sämtlicher Bundesregierungen und einer Reihe von maßgebenden Privatverbänden und Instituten gefunden hat. Die neue Organisation wendet sich jetzt an alle Kreise der Bevölkerung mit der Bitte, durch die Abkehr von veralteten Zahlungsgewohnheiten und den Uebergang zu edleren Zahlungssitten die Lücke schließen zu helfen, welche in der deutschen Rüstung noch klafft! Ein Plakat soll der Allgemeinheit das Wesen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs versinnbildlichen und jeden daran mahnen, sich ein Konto bei einem Geldinstitut oder dem Postscheckamt errichten zu lassen und dort alles nicht benötigte Bargeld einzuzahlen; er schafft sich dadurch selbst den größten Vorteil und stärkt obendrein die deutsche Geldwirtschaft. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 161 – Mittwoch, 10. Juli 1918
Keine Frauen als Standesbeamte. Der Minister des Innern hat, wie wir erfahren, durch einen kürzlich den Regierungen mitgeteilten Erlaß dahin entschieden, daß die Ernennung weiblicher Personen zu Standesbeamten und Stellvertretern unzulässig sei. Die Verwaltungsbehörden der Stadt= und Landkreise sind infolgedessen ersucht worden, diese Entscheidung bei künftigen Vorschlägen für diese Aemter zu beachten. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 135 – Sonntag, 9. Juni 1918
Strenges Tischtuchverbot. Die Reichsbekleidungsstelle hat, wie bekanntgegeben, vor längerer Zeit ein Tischtuchverbot für die Gastwirtschaften und Hotels erlassen. Eine Ausnahme war nur für diejenigen Wirtschaften gestattet worden, deren Tische mit Fries belegt sind. Da vielfache Umgehungen dieses Verbots festgestellt worden sind, so hat sich die Reichsbekleidungsstelle entschlossen, ein allgemeines Tischtuchverbot anzuordnen. Das neue Verbot tritt mit dem 1. Juli in Kraft. Von dem Verbot werden jetzt auch die Klubs, Kasinos, Kantinen usw. betroffen. Papiergarntischtücher dürfen auch ferner verwendet werden. Bei Privatgesellschaften, Hochzeiten usw. dürfen Tischtücher verwendet werden, wenn sie von den Veranstaltern mitgebracht werden. Die durch das strenge Verbot gewonnenen Wäschestücke sollen in erster Linie für Säuglingswäsche benutzt werden. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr 104 – Donnerstag, 2. Mai 1918
Oeffnung des Körnerparks. Um den Bürgern unserer Stadt Gelegenheit zu geben, den Körnerpark zu besichtigen, wird derselbe am Sonntag, den 5. und 12. Mai nachmittags von 4 – 6 Uhr, ausnahmsweise geöffnet gehalten werden. Eine weitere Freigabe wird voraussichtlich vorläufig nicht erfolgen können, da es nicht möglich war, die für den Park notwendigen Bänke zu beschaffen, es auch an Personal zur Beaufsichtigung mangelt. Der Magistrat läßt aber dringend darum bitten, darauf zu achten, daß Beschädigungen jeder Art vermieden werden. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 80 – Donnerstag, 4. April
Oeffentliche Meinung. Die Wohnungsnot. Von allen Stadtverwaltungen werden jetzt Mittel und Wege gesucht, um der Wohnungsnot zu steuern, und zwar handelt es sich um kleinere Wohnungen. Allerdings sind nun schon die Dach= und Kellerwohnungen freigegeben, aber trotzdem mangelt es immer noch an 1=, 2= und 3=Zimmerwohnungen, was allerdings nur derjenige empfindet, der gezwungen ist, auf die Wohnungssuche zu gehen. Es ist nun recht unverständlich, daß der hiesige Magistrat so wenig Rücksicht auf die bestehende Wohnungsnot nimmt und innerhalb eines halben Jahres sämtlichen Mietern eines Hauses kündigt, angeblich für Zwecke der Kleidungsstelle. Ein Teil der geräumten Wohnungen ist diesem Zwecke schon übergeben und jeden Tag kommen Wagen mit alten Möbeln, Betten usw., welche darin untergebracht werden, um dann wieder hergerichtet und später an die heimkehrenden Krieger billig verkauft zu werden. Die Vorsorge des Magistrats in dieser Beziehung ist sehr anerkennenswert, aber ist es nun gerade nötig, zu diesem Zwecke ein Dutzend kleine Wohnungen mit Beschlag zu belegen und der Bevölkerung die Wohnungen zu entziehen? Dadurch wird die Wohnungsnot nur erhöht. Vorteilhafter wäre es doch, für die alten Möbel usw. auf dem geräumigen Hintergelände des Hauses Schuppen oder Baracken zu bauen und dieselben darin unterzubringen, als wie schließlich infolge der sich immer mehr steigenden Wohnungsnot die Familien in Baracken unterzubringen.
Mehrere Mieter. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 54 – Sonnabend,  2. März 1918
Mit drakonischer Strenge wird jetzt gegen die »Hamster« vorgegangen. Der Oberingenieur Heinrich Koldt, Lichterfelde, wurde zu einer Woche Gefängnis und außerdem noch zu 100 M. Geldstrafe oder 200 Tagen Gefängnis verurteilt, weil er Butter, Milch und Fleisch ohne Marken bezogen hatte. Der Ingenieur Bruno Gast in Treptow erhielt wegen unbefugten Bezuges von Lebensmittelkarten 100 M. Geldstrafe oder 20 Tage Gefängnis. Wenn diese Verurteilungen ausgedehnt werden, gibt es binnen kurzer Zeit keinen unbestraften Menschen mehr. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 27 – Freitag,  1. Februar 1918
Die Ausstandsbewegung. Der verbotene Arbeiterrat. Das Oberkommando in den Marken erläßt folgende Bekanntmachung: »Aus den Meldungen über den Verlauf der gegenwärtigen Streikbewegung in Großberlin habe ich ersehen, daß sich ein Ausschuß der Ausständigen unter dem Namen »Arbeiterrat« gebildet hat, um die einheitliche Leitung des Streiks in die Hand zu nehmen. Die Ausstandsbewegung, die unter Mißachtung gesetzlicher Bestimmungen ins Leben getreten ist, gefährdet die öffentliche Sicherheit. Auf Grund des § 9b des Gesetzes über den Belagerungszustand löse ich hiermit den genannten Ausschuß auf und verbiete ihm jedes weitere Zusammentreten. Gleichzeitig verbiete ich jede Bildung irgend einer neuen Vereinigung zur Leitung der gegenwärtigen Streikbewegung. Der Oberbefehlhaber in den Marken, von Kessel, Generaloberst.«
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Nr. 3 – Freitag, 4. Januar 1918
Sammelt Altpapier! Die Papiernot verschärft sich mehr und mehr. Zum Teil ist sie dadurch verursacht, daß Stoffe zur Papierherstellung, die uns früher aus dem Auslande zugegangen sind, nicht mehr im früheren Maße geliefert werden. Zum Teil aber auch wird Papier jetzt vielfach zu Zwecken verbraucht, für die früher anderes Material zur Verfügung stand. Säcke und Scheuertücher, Anzüge und Textilwaren, insbesondere aber auch unsere Heeresverwaltung benötigt in steigendem Maße Papier. Unter diesen Umständen ist es die dringendste Pflicht eines jeden, alles Altpapier, möge es im Haushalt oder im Geschäft abfallen, möglichst bald der Wiederverwendung zuzuführen. Ganz besonders ist aber davor zu warnen, Altpapier, wie eine »praktische Hausfrau« vor einiger Zeit empfahl, zu Briketts zu formen und zu verbrennen. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 282 – Sonntag, 2. Dezember 1917
Weit über 3 Millionen Gefangene. Kürzlich wurde von deutscher amtlicher Seite bekannt gegeben, daß die Zahl der listenmäßig in deutschen Lagern geführten Kriegsgefangenen die Ziffer von 2 000 000 überschritten habe. Die Zusammenstellung unserer österreichisch=ungarischen Bundesgenossen vom 1. November ergibt, wie wir zuverlässig erfahren, für die österreichisch=ungarische Monarchie eine Gesamtziffer an Kriegsgefangenen von über 1 000 000 Köpfen. Auch ohne Hinzurechnung der in den deutschen Aufstellungen nicht mitgezählten, in der Etappe befindlichen Kriegsgefangen sowie der von den Bulgaren und Türken eingebrachten Kriegsgefangen ergibt das allein für Deutschland und Österreich=Ungarn eine Zahl von weit über 3 000 000 Mann. Erinnert man sich bei dieser Gelegenheit, daß vor wenigen Tagen Lord Curzon im englischen Oberhause voller Stolz verkündete, die Engländer hätten auf allen Kriegsschauplätzen im Ganzen bisher 159 000 Gefangene gemacht, so sieht auch der Blinde, wo in diesem Kriege die Sieger zu suchen und zu finden sind. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 259 – Sonnabend, 3. November 1917
Einen Gemeinsinn höchst lobenswerter Art betätigt, wie uns aus Leserkreisen geschrieben wird, der bekannte Schlächtermeister Herr Hans Bopel, Berliner Straße 1 (Rollkrug), indem er jeden Freitag zwischen 2 und 3 Uhr warme Wurstsuppe unentgeltlich an Bedürftige abgibt. Man kann um diese Zeit zahlreiche Frauen und Kinder in den gastlich geöffneten Laden des Meisters strömen sehen, wo sie das ihnen in freundlicher Form zugeteilte Essen in Empfang nehmen und dann mit freudiger Miene nach Hause tragen. Zur Nachahmung an anderen Stellen empfohlen. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 233 – Donnerstag, 4. Oktober 1917
Giftmord an einem Säugling. Im Krankenhause Bethanien starb das vier Wochen alte Kind Ilse der Arbeiterin Minna Roskoden, das von der Mutter dorthin gebracht worden war, unter Vergiftungserscheinungen. Unter dem dringenden Verdacht, das Kind vergiftet zu haben, wurde der Geliebte der Roskoden und der Vater des unehelichen Kindes, der Arbeiter Franz Metag, festgenommen. Er soll am 30. September in der Wohnung der Roskoden gewesen sein und in die Milch Gift gemischt haben. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 206 – Dienstag, 4. September 1917
Gegen die hohen Absätze. Mit Rücksicht auf die in letzter Zeit vorgekommenen schweren Unfälle, bei denen Schaffnerinnen überfahren, getötet oder schwer verletzt worden sind, haben die Preußischen Eisenbahnverwaltungen den Schaffnerinnen das Tragen von Schuhen mit hohen Absätzen verboten.

Nr. 212 – Dienstag, 11. September 1917
Die Vorschriften für die feindlichen Ausländer werden jetzt in Berlin auch für die chinesischen Staatsangehörigen angewendet, nachdem uns China den Krieg erklärt hat. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 184 – Donnerstag, 9. August 1917
Fort mit den Ohrringen! Zur Stärkung seiner finanziellen und wirtschaftlichen Rüstung verlangt das Vaterland von uns das Gold in jeder Form. Erfreulicherweise wird jetzt den Goldankaufstellen auch Goldschmuck in stärkerem Maße zugeführt. Bei dieser Gelegenheit sei die schon oft gehörte Mahnung: »Fort mit den Ohrringen!« wiederholt, denn jetzt bietet sich Gelegenheit, diesen mehr als überflüssigen Schmuck, gegen den auch vom Kulturstandpunkt schwere Bedenken geltend gemacht werden, ehrenvoll auf dem Altar des Vaterlandes zu opfern. Und hofentlich für immer. Denn dieser Schmuck, zu dessen Anbringung das Ohrläppchen durchbohrt werden muß, ist ein Ueberbleibsel aus grauer Vorzeit, er erinnert an Gewohnheiten wilder Völkerschaften, die bei der Verwendung von Schmucksachen sogar ihren Leib zu verunstalten lieben. Die Nasenringe, die klirrenden Fußringe und Fußketten, gegen die die Propheten des Alten Testaments eiferten, sind im zivilisierten Europa zwar verschwunden, aber der Ohrring ist noch geblieben. Allerdings gibt es bei uns viele deutsche Frauen, die diesen halbbarbarischen, weil das Ohr verunstaltenden »Schmuck« verschmähen, aber viele tragen ihn noch aus alter Gewohnheit. Jetzt ist es an der Zeit, hiermit vollständig aufzuräumen. Der Kultur ist damit ebenso gedient wie der Reichsbank. Wenn man bedenkt, daß das Deutsche Reich 35 Millionen weiblicher Wesen zählt, von denen manche auch doppelte und mehrfache wertvolle »Garnituren« besitzen, so könnte durch die Einschmelzung dieses Goldes eine recht erhebliche Summe dem Goldbestand der Reichsbank zugeführt werden. Also fort mit den Ohrringen zugunsten des deutschen Vaterlandes! Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 155 – Freitag, 6. Juli 1917
Eine wohlverdiente Ohrfeige. Es gibt leider immer noch Frauen, die den Wucher unterstützen, indem sie sich zur Zahlung beliebig hoher Preise erbieten. An die Unrechte kam aber eine solche am letzten Markttage in Friedenau. Vor einem Gemüsestande erhandelt eine Frau Kohlrabi und ist eben auf den Preis von 2,75 M. Einig geworden. Da ruft eine »Dame« hinter ihr der Verkäuferin zu: »Lassen Sie mir die Kohlrabi; ich gebe Ihnen 3 M.« Schon dreht sich die erste Käuferin um und gibt ihrer Konkurrentin links und rechts eine Ohrfeige mit den Worten: »So, nun bezahlen Sie die Ohrfeigen auch gleich mit.« Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 130 – Donnerstag, 7. Juni 1917
Alle Spargelschalen sollten als Wintersuppengewürze sorgsam gesammelt werden. Nach dem Schälen flüchtig gewaschen, breitet man sie auf einem Tuche aus, das man am besten wie eine Hängematte auf die Beine eines umgedrehten Stuhles spannt. Völlig getrocknet, zerschneidet man sie mit der Schere in recht kleine Stückchen, damit sie unter das getrocknete Suppengemüse gemischt werden können. Sie verleihen jeder Suppe einen feinen diskreten Spargelgeschmack. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 106 – Dienstag,  8. Mai 1917
Bettwäsche für »Stadtkinder auf dem Lande«. Die Reichsbekleidungsstelle teilt mit: Die besonders in Stoffen für Bettwäsche herrschende Knappheit gestattet es nicht, für Stadtkinder, die zur besseren Ernährung auf das Land geschickt, dort also nur zeitweilig beherbergt werden, Bettwäsche zu ihrer Unterbringung neu zu bewilligen. Es ist darauf hinzuwirken, daß die Kinder aus den vorhandenen Beständen des Beherbergenden versorgt werden oder die Angehörigen der Kinder die für diese vorhandene Bettwäsche mitgeben oder nötigenfalls nachsenden. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 78 – Dienstag,  3. April 1917
Weitere Einschränkung des Papierverbrauchs. Nunmehr wird auch die Herstellung von Büchern und Zeitschriften eingeschränkt. Der Reichskanzler hat soeben eine Bekanntmachung erlassen, durch die für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni das Kontingent auf 90 v. H. derjenigen Menge festgesetzt wird, die – berechnet auf einen Zeitraum von 3 Monaten – im Vorjahre zur Herstellung von Büchern und Zeitschriften verwendet worden ist. – Hoffentlich werden nun auch die Behörden etwas sparsamer mit Papier. Es kommt aber nicht darauf an, daß sie ihre Aktenbogen um die Hälfte verkleinern, sondern sie sollten auch die Herstellung von Aufklärungsschriften, neuen Zeitschriften und dergleichen ein klein wenig beschränken. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 50 – Donnerstag, 1. März 1917
Fleischliche Genüsse am goldenen Hochzeitstage. In letzter Zeit haben sich die Anträge auf Ueberweisung von Fleisch zu Festlichkeiten sehr vermehrt. Die Reichsfleischstelle ist aber nicht in der Lage, diese Anträge berücksichtigen zu können und wird in Zukunft Fleischzulagen nur für die Feier der goldenen Hochzeit bewilligen. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 31 – Mittwoch, 7. Februar
»Keine Ereignisse von Bedeutung.« Wenn von den verschiedenen Kriegsschauplätzen in den letzten Tagen gemeldet wurde »Keine Ereignisse von Bedeutung«, so hat indessen doch nirgends der Kampf auch nur eine Sekunde gestockt. Auf der gesamten 2000 Kilometer langen Front in Belgien, Frankreich, Rußland, Rumänien und Mazedonien stehen in den Gräben=Labyrinthen die Truppen zu jeder Stunde des Tages und der Nacht am Gewehr, stets bereit, jeden Versuch des belagerten Feindes, den Gürtel der Belagerer zu sprengen, zurückzuweisen. Die Beobachter der Artillerie und Minenwerfer stehen Tag und Nacht auf ihren Posten. Die Batterien, verborgen in Wäldern, in Schnee und Eis versunken, sind jede Minute feuerbereit. An Hunderten von Abschnitten kommt es zu Artilleriekämpfen, Feuerüberfällen und heftigen Kanonaden, die Zähigkeit und Pflichttreue verlangen, auch blutige Opfer fordern. In der Nacht schieben sich Patrouillen vor die Drahtverhaue, kauern die Horchposten in Sappenköpfen und Granattrichtern und vollbringen stille Heldentaten, die nieman kennt. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 1 – Mittwoch, 3. Januar 1917
Der Jahreswechsel wurde in Neukölln in stiller Weise gefeiert. Die Lokale hatten sich zahlreichen Besuches zu erfreuen, aber die Stimmung der Gäste entsprach meist dem Ernste der Zeit. Auf den Straßen wurde es etwas lebhafter, als um 12 Uhr die Kirchenglocken feierlich das neue Jahr einläuteten. Auch als um 1 Uhr die sämtlichen Lokale ihre Gäste entließen, herrschte eine Zeitlang auf den Straßen reges Leben. Allgemeines Aergernis erregten beim Publikum zahlreiche halbwüchsige Burschen und Schuljungen, welche mit Feuerwerkskörpern und Schußwaffen stundenlang auf den Straßen den ärgsten Unfug trieben. Der Neujahrstag selbst verlief in Neukölln in ruhigster Weise. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 288 – Freitag, 8. Dezember
Kriegs=Weihnachtsbäu­me. Das Kriegsernährungsamt schreibt: Bei der Knappheit an Fett, Seife und Lichtern ist in diesem Jahre eine freiwillige Einschränkung in Gebrauch von Weihnachtskerzen dringend geboten. Am schönsten wäre es, wenn jedem Weihnachtsbaum nur eine einzige Kerze aufgesteckt würde. Die Bedeutung und die Feierlichkeit des Vorganges würde dadurch in keiner Weise beeinträchtigt. Den Kindern aber, für die ja die Weihnachtsbäume hauptsächlich bestimmt sind, wird es eine wertvolle Erinnerung für ihr ganzes Leben bleiben, daß im Kriegsjahr 1916 nur eine einzige Kerze an ihrem Baum brennen durfte. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 273 – Sonntag, 19. November 1916
Kohlrüben als Kartoffelersatz. Das Kriegsernährungsamt hat der Reichskartoffelstelle den Auftrag gegeben, in möglichst großem Umfange Kohlrüben aufzukaufen, um dort, wo infolge länger anhaltenden Frostes nicht genügend Speisekartoffeln zur Verfügung stehen, Kohlrüben als Ersatz überweisen zu können. Den Bedarfsverbänden, die Kohlrüben wünschen, wird zunächst die Menge überwiesen werden können, die ausreicht, um für 6 Wochen an Stelle von Kartoffeln Kohlrüben zu geben, unter Zugrundelegung einer doppelten Rübenration gegenüber den für Speisekartoffeln geltenden Tageskopfmengen. Die Kohlrübe soll hierbei nicht etwa die Kartoffeln ganz ersetzen, sondern eine Zugabe bilden, wenn es infolge der Witterungsverhältnisse nicht möglich ist, die Kartoffelration in voller Höhe zu verabfolgen. Daß die Kohlrübe ein sehr gutes und bekömmliches Nahrungsmittel ist, das in vielen Landesteilen auch sich bereits im Frieden sehr eingebürgert hat, ist bekannt. Die Kohlrübe hat überdies den Vorteil, daß sie weniger frostempfindlich ist als die Speisekartoffel, so daß sie auch bei mäßigem Frost ohne Schaden transportiert werden kann. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 233 – Mittwoch,  4. Oktober 1916
Nur alle 10 Tage ein Ei. Noch vor dem 1. Oktober waren alle Neuköllner glücklich im Besitz der Eierkarte, die bis zum Weihnachtsfest Gültigkeit hat. Man gab sich damit zufrieden, daß man 1 Ei für die Woche erhalten sollte. Aber plötzlich am 2. Oktober erfuhr man, daß die Reichs=Eierstelle sich die Sache anders überlegt hat. Nur auf 10 Tage sollte 1 Ei kommen. Nun waren die Karten in Großberlin, die auf Wochenabschnitte lauteten, bereits verteilt, ein Einziehen dieser Karten hätte große Schwierigkeiten bereitet, nicht minder eine Ausgabe neuer. Da ursprünglich von der Z.E.G. 2000 Kisten zu 24 Schock für Großberlin in Aussicht gestellt waren, so hätte auch die Verteilung, wie sie angekündigt war, vorgenommen werden können. Wie die »Voss. Ztg.« hört, hat die Reichs=Eierstelle die Z.E.G. angewiesen, statt der 2000 Kisten nur 1500 Kisten für Großberlin zur Verfügung zu stellen. Es solle dies in weiser Voraussicht geschehen sein, um Vorräte für spätere Zeit in Bereitschaft zu haben. Die jetzt zurückgehaltenen Eier sollen in Kühlhäuser gelegt werden. Manche Sachverständige meinen freilich, daß der rechte Zeitpunkt für die Einlagerung in Kühlhäuser bereits verpaßt sei. Dagegen muß man sich aber mit aller Entschiedenheit wenden, daß wieder einmal in Großberlin im letzten Augenblick herumexperimentiert wird. Alle Maßnahmen, die von den Gemeindeverwaltungen Großberlins hinsichtlich der Eierversorgung getroffen wurden, gingen davon aus, daß 1 Ei auf den Kopf der Bevölkerung für die Woche kommen sollte. Man kann dann nicht plötzlich ohne weiteres verfügen, daß dieses Ei für 10 Tage reichen soll. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

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Nr. 210 – Donnerstag, 7. September 1916
Die Verwertung der Brennesseln. Das Einsammeln der Brennesseln, deren Verwertungsmöglichkeiten uns der Krieg gelehrt hat, soll in diesem Jahre bis Ende Oktober fortgesetzt werden, da es darauf ankommt, möglichst große Mengen Nesselstengel zu ernten.

brennesseln
                                   Foto: Historisches Plakat

Für das kommende Jahr wird man daran festhalten müssen, daß die beste Zeit für das Ernten der Brennesseln von Ende Juni bis Ende Juli ist. Zu dieser Zeit hat die Blüte der Nessel eingesetzt, die Faser ist reif und in höchster Ausbeute vorhanden. Bei späterer Ernte verholzt der Stengel, die Faser selbst wird gröber und ein Teil der Faser geht außerdem in Holz über. Da in diesem Jahre die Organisation zum Sammeln der Brennesseln erst spät eingesetzt hat, müssen die Bedenken gegen eine verspätete Ernte diesmal fortfallen. Die Brennesselfaser=Verwer­tungs=Gesellschaft m.b.H. (Berlin W. 66, Wilhelmstr. 91) übernimmt die völlig getrockneten und entblätterten Nesselstengel zum amtlichen Preise von 14 M. für 100 Kg. Der Prozentsatz, der nach der Trocknung bleibt, ist je nach Standort der Nessel sehr verschieden. Es gibt Brennesseln, die durch die Trocknung 88 Prozent an Gewicht verloren, während andere nur bis zu etwa 56 Prozent einbüßten. Für den Sammler ergibt sich dadurch eine Erhöhung der Entlohnung für seine Arbeit, daß die Neuköllner Alltägliches weiterlesen