Kunstverein Neukölln zeigt die verschiedenen Seiten von Meister Reineke
Der Fuchs ist unser stiller Begleiter in der Stadtlandschaft. Im Bereich der Mythologie, Fabel und Zoologie werden dem Tier unterschiedliche Charaktereigenschaften zugeordnet. Trotz seiner Unsichtbarkeit ist der Fuchs als Idee und Charakter in der mündlichen Überlieferung und Literatur vieler Kulturen omnipräsent.
Bodo Rott: Gieremund und Reineke. Foto: mr
Von Mai bis September 2024 zeigt der Kunstverein Neukölln eine dreiteilige Ausstellungsreihe, die sich mit der kulturellen Wahrnehmung der Tierwelt im Kontext von Urbanität und Fabel befasst. Letztere hat in der Literatur einen kulturübergreifenden, historischen, überdauernden Platz. Vulpes vulpes – Der Rotfuchs weiterlesen →
Eine irische Erzählung von Globalisierung und Turbokapitalismus
Wie hat das Wirtschaftssystem, die Globalisierung und der Kapitalismus Einfluss auf das Leben der Menschen? Und wie es auf der geteilten Insel Irland, drei Jahre nach dem Brexit? Dieser Frage gehen sechs irische Künstlerinnen und Künstler in der Ausstellung »TURBO GLOBAL. Eine irische Erzählung« nach, die am 27. Juni im Schloss Britz eröffnet wurde und bis zum 6. Oktober zu sehen sein wird.
Flusspferdchen. Foto: mr
Irland ist eines der Länder, die mit Turbokapitalismus in Zusammenhang gebracht werden. In der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs von Mitte der 1990er-Jahre bis zur Finanzkrise um 2008, wurden besondere Anstrengungen unternommen, um Industrie, Dienstleistungen und Firmenkapital an den Standort zu binden und so die wirtschaftliche Situation in beispielloser Weise umzustrukturieren. Multinationale Konzerne sind hier seitdem besonders präsent. Von Markt und Menschen: Turbo Global weiterlesen →
Bernd Heyl stellt »Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte« vor
Rund 30 Jahre lang, von 1884 bis 1915, war das Deutsche Reich Kolonialmacht im heutigen Namibia, eine Geschichte, die den namibischen Alltag bis heute prägt. Sie scheint auf in Straßennamen, Ortsnamen und historischen Denkmälern. Zudem sind die Deutschsprachigen eine der wohlhabendsten Gruppen des Landes. Die Problematik der deutsch-namibischen Kolonialgeschichte ist aber den wenigsten deutschen Besuchern bewusst.
Der Pädagoge und Gewerkschafter Bernd Heyl organisiert seit Jahren Reisen in das Land, bei denen genau diese Geschichte und das Erinnern an den von den Deutschen zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts begangenen Völkermord an den Ovaherero und Nama im Fokus steht. Auch Bärbel Ruben, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums Neukölln, war mit ihm dort und hatte dabei die Gelegenheit, mit Lokalpolitikern, Vertretern von NGOs und Aktivisten zu sprechen.
Am 25. Mai führte sie im Schloss Britz ein Gespräch mit dem Reiseleiter über den deutsch-namibischen Umgang mit dem Erinnern.
Es werde eine »konservierte Kolonialgeschichte« sichtbar, das Beharrungsvermögen der Deutsch-Namibier sei enorm, fasste sie ihre Eindrücke zusammen. Es gebe viele liebevoll restaurierte Gebäude aus der Kolonialzeit, viele Denkmäler, die an deutsche Gefallene in den Kolonialkriegen erinnern, aber wenig, was auf die Tausende von Toten in der einheimischen Bevölkerung hinweise. Reiseführer in die Kolonialgeschichte weiterlesen →
»Redemption, Maybe« befragt unser Verhältnis zur Arbeit
In der Galerie im Saalbau in Neukölln widmet sich die spanische Künstlerin Mariona Berenguer unter dem Titel »Redemption, Maybe«, zu Deutsch etwa »Erlösung, vielleicht« dem Thema der Arbeit und unserem Verhältnis zu ihr.
Ora et labora. Foto: mr
Mit Skulpturen, Grafiken, textilen Stücken und Installationen fragt die Künstlerin nach den Werten, die unserer Arbeitskultur zugrundeliegen.
Auf die Arbeit als Element der Erlösung im Sinne der Tradition des »ora et labora«, spielt die Installation »Latin Locutions« an, eine Struktur aus Gerüstelementen vom Bau, angeordnet als eine Art Beichtstuhl mit Kniebank und Gitterfenster. Arbeit wird zum Religionsersatz – wer leistet, der verdient. Mülltonnen und Beichtstühle weiterlesen →
Dokumentarfilm zeigt Schillerkiez in Zeiten der Pandemie
Screenshot
Im Rahmen des Kunstfestivals »48 Stunden Neukölln« wird am 28. und 30. Juni der Dokumentarfilm »Erste Welle« im Il Kino und im Rollberg Kino in Anwesenheit der Protagonisten und Regie vorgeführt. Der 55-minütige Film, eine offizielle Auswahl der Internationalen Hofer Filmtage, fängt die ersten vier Wochen der Pandemie im Schillerkiez ein. Dokumentiert wird das Leben rund um das Café »Pappelreihe« und das Tempelhofer Feld. »Erste Welle« zeigt Gespräche über Ängste, Szenarien und die Bedeutung des sozialen Treffpunkts und ist eine Zeitkapsel dieser unsicheren Tage und ein Porträt eines Viertels im Wandel. Tragischerweise wird das Café »Pappelreihe« am Wochenende der Vorführung wegen Mieterhöhungen geschlossen, ein weiterer Verlust durch die Gentrifizierung. Die Vorführung ist Erinnerung und Ehrung dieses besonderen Ortes.
pm
Vorführzeiten sind am 28.6. um 19 Uhr im »Il Kino« in der Nansenstraße 22, und am 30.6. um 19 Uhr im »Rollberg Kino« in der Rollbergstraße 70.
Auf meinen orientierungslosen ausgedehnten Spaziergängen in Neuköllner Kiezen muss ich leider immer wieder Missstände zur Kenntnis nehmen. Nun wird fast im Dreivierteltakt in Medien, unter Nachbarn, Touristen, Tierliebhabern und einem Medium, das ich persönlich kenne, sogar oft zu Recht, unangemessenes Verhalten der Neuköllner beklagt. Die Hoffnung, dass durch gewaltfreie Pädagogik positive Reaktionen der angesprochenen Personen erfolgen werden, beträgt statistisch gesehen 44,36 Prozent. Aber immerhin, eine Chance besteht. Darum möchte auch ich mein Anliegen ohne Hemmung äußern.
Das Elend der Kuscheltiere. Foto:Fred Haase
Eher durch Zufall, beim Blick in ein Auto, das ein Parkverbot bewusst missachtend mir als anständigem Fußgänger ein anstrengendes Ausweichmanöver aufzwang, habe ich erstmals zur Kenntnis genommen, dass in Fahrzeugen Kuscheltiere ein fremdbestimmtes Dasein führen müssen. Darum dokumentiere ich seit ungefähr elf Monaten und vier Tagen diese Problematik, denn Stofftiere zum Schmusen waren überall in Karossen anzutreffen. Ihre traurigen Blicke sowie statischen Körperhaltungen alarmierten mein Infarkt-gestähltes Herz. Kuscheltiere weiterlesen →
Einer der außergewöhnlichsten Kulturorte in Neukölln hat nach der Winterpause wiedereröffnet. Die »Kunstbrücke am Wildenbruch« am Neuköllner Schifffahrtskanal befindet sich in einer ehemaligen öffentlichen Toilettenanlage. Da es keine Heizung in den Räumen gibt, ist sie nur im Sommer geöffnet. Im April startete die neue Saison mit der Ausstellung »You are among us and we are among you« von Marcelina Wellmer in Zusammenarbeit mit dem »Leibniz-Institut für Gewässer« und der Stiftung »Naturschutz Berlin«.
Wasserleben. Foto: mr
Die Künstlerin beschäftigt sich in ihrem Projekt mit dem Thema Stadtgewässer und den Einfluss der Menschen auf diesen Lebensraum. Indem sie Techniken wie Fotografie, Unterwasservideo, Tonaufnahmen und die Aufzeichnung von Wasserdaten einsetzt, bringt sie bewegte und eingefrorene Bilder von Tieren, Verschmutzung und Technologie in Zusammenhang. Vielfach vergrößerte Kleinstlebewesen schwimmen im Video gemeinsam mit Plastikteilen und erzeugen dabei einen Sog, dem der Betrachter sich kaum entziehen kann. Da bekommt sogar eine zerknautschte Plastiktüte eine gewisse Ästhetik. Besser wäre es allerdings, sie wäre gar nicht da.
mr Geöffnet ist die kommunale Galerie mittwochs bis sonntags von 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es auf kunstbruecke-am-wildenbruch.de und unter Tel. 902 39 24 31
Zu ihrem einjährigen Bestehen hat die Neuköllner »Spore Initiative« die Ausstellung »Wasserspiegel – Water Bodies« eröffnet. Die Bedeutung der Flüsse für das Leben als »Wasseradern« wird anschaulich »entlang der Flüsse Kurdistans« gezeigt, einer kollaborativen Arbeit der Anthropologin Şermin Güven, ein vielschichtiges multimediales Projekt. »Wasserspiegel – Water Bodies« beschäftigt sich mit den Erfahrungen vom Leben und Überleben im Angesicht der zunehmenden Wasserknappheit. Es sprechen Flüsse wie der Munzur und die Spree, sowie Bewohner und Wasserschützer entlang der einst schnellen, nun nur noch rinnenden Gebirgsbäche im Fließgewässernetzwerk von Firat/Euphrat und Dîcle/Tigris.
Im Mittelpunkt des Projekts stehen Techniken der Wasserpflege, die seit Generationen durch Lieder, Volksgeschichten, alte und neu erfundene Mythologien und Erfahrungsberichte weitergegeben werden. Süße Adern des Lebens weiterlesen →
Mit konstruktivem Pessimismus zur »Zwei Staaten Lösung«
Unter der Eindruck des Pogroms am 7. Oktober 2023 auf israelischem Boden und dem folgenden brutalen Krieg in Gaza schrieb der israelische Historiker Moshe Zimmermann sein aktuelles in diesem Jahr erschienenes Buch »Niemals Frieden? Israel am Scheideweg.« Moshe Zimmermann ist ein engagierter Vertreter der »Zwei Staaten Lösung« eines unabhängigen Israels und Palästinas. Gleich im Vorwort betont er, dass er bei seiner historischen und aktuellen Analyse wieder zu einer Prognose kommen wird, wenn er auch eine zunehmend pessimistische Sicht hat; doch die darf den Blick nicht trüben. Die Greueltaten der Hamas am 7. Oktober erfolgten nicht im luftleeren Raum, sondern in einem historischen und politischen Zusammenhang. Moshe Zimmerman weiterlesen →
Er ist der meistübersetzte französische Autor, und seine Romane faszinieren nach wie vor: Jules Verne erschuf in seinen Romanen Welten in denen er Wirklichkeit und Fantasie auf hinreißende Weise vermischte. Der französische Schriftsteller und Pionier der Science-Fiction-Literatur steht nun im Fokus der Ausstellung »Ferne Welten Jens Hanke – Jules Verne«, die bis zum 26. Mai im Schloss Britz zu sehen ist.
Raumschiff oder Mäusebunker?Foto: mr
Den Illustrationen seiner Bücher sind die Werke des zeitgenössischen Künstlers Jens Hanke zur Seite gestellt, eine »Versuchsanordnung«, die fantastische Literatur des 19. Jahrhunderts in Beziehung zu setzen in davon eigentlich nur mittelbar beeinflussten zeitgenössischen Kunstwerken. »Die Arbeiten Jens Hankes sind nicht als Kommentar oder Reflektion zu Jules Verne entstanden. Sie können aber als solche gelesen werden oder sind eventuell doch auch Resultate einer Jules-Verne-Rezeption – dies aber eigentlich absichtslos«, heißt es im Katalog zur Ausstellung. Ferne Welten im Schloss Britz weiterlesen →
Kaste, Klasse und Staat nicht unter den Tisch fallen lassen
Wie schnell sind wir mit Begriffen. Neukölln wird als »sozialer Brennpunkt« bezeichnet, auch von »guter Vielfalt« ist die Rede. Weitere Begriffe kommen auf dem Weg zu »Lösungen« ins Spiel, »Bildungsferne« und »gute Bildung und Chancen für alle«. Politisch leichter gesagt als getan. Für die Soziologie gilt das auch. Die »sozial Schwachen« tauchen auf. Loïc Wacquant greift das alles zu kurz. Sein Buch »Die Erfindung der »Unterklasse«« ist eine fundierte Studie zu einer »Politik des Wissens«. Diesen Begriff allerdings hinterfragt Wacquant ebenfalls. Denn Wissen habe mit einem geprägten Blick zu tun. Drei wissenschaftliche Ansätze führt Loïc Wacqant zusammen. Der Ansatz, dass es in der Politik grundsätzlich um die asymmetrischen Begriffe »Freund und Feind« gehe. Hier komme schnell ins Spiel, aus Unruhen, die sich 1977 in Harlem ereigneten, einen »rassisierten Volksteufel« als »Unterklasse« entstehen zu lassen. Die Erfindung der »Unterklasse« weiterlesen →
Sara Reichelt liest aus ihrem neuen Roman »Gefährliche Mietschaft«. Der widerspricht allen Klischees und erwartet Aufgeschlossenheit von den Lesenden. Die Mietnomadin Jennifer zieht in die Wohnung der Übersetzerin Katharina ein. Das Unheil nimmt seinen Lauf.
Bei Axel Svehla geht Milan Lenze in die Trinkerheilanstalt »Bärwald-Klinik«, irgendwo im Nirgendwo gelegen. Ihm fällt schnell auf, dass der dortige Therapieansatz nicht weiterführt, denn die Wege aus der Krise sind jeweils unterschiedlich. Am Tag der Offenen Tür bringt er mit einer Handvoll anderer Patienten alles durcheinander. Eintritt frei, Spenden erbeten. Freitag 26. April –20.00 Uhr. Landsmann, Herfurtplatz 11
Lauter Beifall des zahlreich erschienenen überwiegend jugendlichen Publikums brandete auf, als die sieben Nominierten des diesjährigen Neuköllner Kunstpreises die Bühne betraten. Sie waren von einer fünfköpfigen Jury unter mehr als 130 Bewerbern für den mit insgesamt 6.000 Euro dotierten Preis ausgewählt worden.
die Preisträgerinnen v. li. Johanna Brummack, Sophia Uckmann, Ceren Saner. Foto: mr
Sie sei beeindruckt von der Qualität der eingereichten Arbeiten, die die Vielfalt der Neuköllner Kunstszene reflektieren, sagte Kulturstadträtin Karin Korte bei der Preisverleihung am 16. Februar im Heimathafen. Da sei es für die Jury nicht leicht gewesen, eine Entscheidung zu treffen. Die Jury hat entschieden weiterlesen →
Im Jahr 2020 fanden in Belarus massive zivilgesellschaftliche Proteste gegen die gefälschten Wahlen und die repressive Politik des korrupten Staatsoberhaupts statt, an denen auch Künstler und Kulturschaffende maßgeblich beteiligt waren. Viele wurden verhaftet und kamen ins Gefängnis. Nach ihrer Freilassung flohen sie vor weiteren Strafen ins Ausland.
Blumen der Trauer. Foto: mr
In der Ausstellung »manchmal halte ich mich an der luft fest«, die noch bis zum 29. Mai in der Galerie im Körnerpark zu sehen ist, schauen junge belarusische Künstler zurück auf die Proteste, die ihr Leben radikal verändert haben, und auf die darauf folgenden Jahre des Exils.
In ihrer Kunst beschäftigen sie sich mit den Repressionen in ihrem Heimatland und der Angst vor dauernder Überwachung, die auch im Exil nicht endet. Ein Ausdruck dafür ist Lesia Pcholkas Arbeit »The Bases«, Abgüsse von Laternenpfählen, an die Kameras montiert sind, als Symbol für die permanente staatliche Überwachung. Belarusische Künstler im Exil weiterlesen →
Korvin Reich und Jean Kirsten nutzen die Räume des Kunstvereins Neukölln, um das Phänomen Raum künstlerisch zu erschließen und »Des Raumes Lösung« zu entwickeln. Der Raum wird keineswegs aufgelöst in der Entwicklung, sondern in seiner Bedeutung erschlossen.
Abbildung: Korvin Reich, Design: René Moritz
Was uns tagtäglich als selbstverständlich erscheint, wir leben und begegnen uns in Räumen, hat erstaunliche Dimensionen. In der aktuellen Ausstellung vermitteln die beiden bildenden Künstler im Zusammenwirken eine besondere Sichtweise auf etwas, das eng mit der Existenz der Lebewesen und der Natur verwoben ist.
Raum, so sagen die beiden, »bildet den Hintergrund, der Bewegung erst ermöglicht« und damit ebenfalls das Erlebnis von Objekten. Korvin Reich nähert sich dem Phänomen in Anlehnung an Mathematik und in Abstraktionen, die teilweise gerahmte Muster zeigen in ihrer räumlichen Tiefe. Linien und Objekte verschmelzen in Bewegungen. Jean Kirsten nutzt die Formen von »Platonischen Körpern« in Verbindung mit Bewegung im Raum, die aus dem Tanz bekannt ist. Er verdeutlicht die Theorie und Technik des ungarischen Tänzers Kurt Laban, die noch heute im Modern Dance und seinen Ausprägungen als wichtige Technik genutzt wird, um körperlich den Raum zu nutzen und eine tänzerische Dimension zu erzeugen.
Die Ausstellung erzeugt eine bleibende Impression über den Raum. Immanuel Kant schwingt mit. Der sah im Raum eine »Anschauungsweise«, um Ordnung in »die Welt der Phänomene« zu bringen. Sonst würde es nur Flimmern geben.
Bundesweite Ausstrahlung aus dem Berliner Ensemble bewirkt massenhaften Protest
»Vielleicht wird dieser Abend Teil einer neuen Erzählung, die damit beginnt, dass wir uns gegen die faschistischen Kräfte in diesem Land wehren. Es könnte eine Erzählung sein, die zeigt, dass wir viele sind, dass wir laut sind. Dass wir als Zivilgesellschaft nicht pennen, sondern dass wir hellwach sind. Und dass wir uns unsere Demokratie nicht kaputt machen lassen.« Diese Worte spricht der Schauspieler Veit Schubert zum Schluss der szenischen Lesung im Berliner Ensemble am 17. Januar.
Foto: Kolja Zinngrebe
Zuvor hatte das gemeinwohlorientierte und investigative Essener Medienhaus »correctiv« seine Recherchen zu einem angeblich »privaten« Treffen von Geschäftsleuten, aktiven sowie gewaltbereiten Neonazis und AfD-Mitgliedern veröffentlicht. »Remigration« aller in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund bildete das Hauptthema, genauer gesagt: Deportation. Gemeint sind damit 20 Prozent der hier lebenden und arbeitenden Menschen. Ziel ist die Abschaffung der Demokratie. Geheimplan gegen Deutschland weiterlesen →
Amateur-Theatergruppe mit professionellen Anspruch
Vor kurzem bot auf einem Nachbarschaftsportal eine seit über 40 Jahren erfolgreich agierende Neuköllner Theatergruppe Kostüme und Requisiten an. Das kann bedeuten, entweder brauchen sie Platz oder lösen sich auf.
Licht und Schatten – Ensemble – Oh Theodora – Oktober 2023. Foto: L&S
1982 gründete sich in der Britzer Dorfkirchengemeinde die Theatergruppe »Licht& Schatten« (L&S). Ihre Ensemblemitglieder kamen aus dem Kirchen- oder eigenen Bekanntenkreis. Es fanden sich junge, aufgeschlossene und zudem sehr theateraffine Menschen. Schnell stand fest, hier treten keine Einzelkünstler auf, hier agiert gemeinschaftlich eine »Theaterfamilie«, die auch stolz ist auf die »Theaterkinder«, die daraus erwuchsen. Ihr allererster Spielleiter musste nach einem Jahr gehen, weil der auch versuchte, das Privatleben des Ensembles mit zu inszenieren. Licht & Schatten weiterlesen →
Die Vernissage im Dezember 2023 erzählte von Neapel, Liebe und einer Trennung. Die Ausstellung »Duetto di Amanti« (Duett der Liebenden) bei Mario »Landsmann Internationale Spirituosen & Weine« zeigt einen Zyklus, in dem viel Leidenschaft und die Verarbeitung einer verlorenen Liebe steckt.
Müller und die Liebe. Foto: jr
Die Geschichte von Lily und Jack endet abrupt. Lily ist eines morgens einfach weg, hinterlässt nur eine kurze Notiz und lässt Jack verstört in Neapel zurück. Jack ist zurück in Berlin und versucht, mit Goldkleber sein Herz zu kleben.
Die Zeichnungen von Dirk Müller sind Gedankenfragmente aus erlebten Situationen und Momenten. Es entstehen Kopflandschaften zwischen den Welten, zuweilen auch surreal und fantastisch.
Die Finissage am 1. März führt die Geschichte weiter und erzählt von der Zeit nach der Trennung und dem Versuch, ein gebrochenes Herz zu heilen. In einer kleinen Lesung, mit neuen Bildern und Musik, findet die Ausstellung ihren Abschluss. Ob es ein »Happy End« gibt, ist und bleibt noch offen.
jr
Die Ausstellung ist noch bis zum 1. März zu sehen.
Finissage: 1. März – 20:00.
Landsmann Internationale Weine & Spirituosen
Herrfurthplatz 11
dirkmueller@idlabs.de
instagram: idlabs_berlin
Unter dem Titel »Soy Dreams« zeigt die Galerie im Saalbau derzeit Arbeiten von Elisa Duca, die sich mit den Themenfeldern Meer und Wasser und unsere Wirklichkeit auseinandersetzen. Ausgangspunkt ihrer Installationen sind jeweils Alltagsgegenstände aus dem urbanen Raum in unterschiedlichen Verfallszuständen, Fossilien der Gegenwart.
Sojasoßenalbtraum. Foto: mr
»Soy« spielt auf Sojasoße an, in diesem Fall Plastikbehälter für Sojasoße in Fischform. Hier sehen sie aus wie Fische, die tot auf dem Sand oder in den Ecken eines trocken gefallenen Wasserbeckens liegen, umgeben von Plastikkabeln, Adaptern und Textilien, die wie Algen auf ihnen wuchern – ein Sojasoßenalbtraum.Der Mensch beutet aus, entsorgt seinen Abfall, am Ende bleibt nur Wüste. Fossilien der Gegenwart weiterlesen →
Extremen Positionen wird in der öffentlichen Wahrnehmung viel zu viel Raum gegeben, findet Journalist und Buchautor Igal Avidan. Statt dessen möchte er den Menschen in Israel eine Stimme geben, die sonst selten gehört werden. Denn trotz der Düsternis gibt es Lichtmomente, die in den Medien nicht vorkommen. Dazu unternahm er eine Reise durch israelische Städte, wo jüdische und arabische Israelis Tür an Tür leben, und interviewte Menschen, die sich der Gewalt und dem Hass entgegenstellen, die an ein friedliches Zusammenleben glauben, an Kooperation und Gemeinsamkeit aller Israelis.
Igal Avidan. Foto: mr
Am 23. November stellte er auf Einladung des Nachbarschaftsheims Neukölln und »Morus 14« im Nachbarschaftsheim an der Schierker Straße das daraus entstandene Buch mit dem Titel »…und es wurde Licht!« vor.
In seinen Reportagen aus dem Alltagsleben der Menschen schreibt er über Menschen, die versuchen, Brücken zu bauen durch gegenseitige Hilfe, Solidarität und gute Nachbarschaft. »… und es wurde Licht!« weiterlesen →
August Bebel bleibt in der historischen Erinnerung ein herausragender Sozialdemokrat, der es geschafft hat, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands zur stärksten Partei im damaligen wilhelminischen Kaiserreich zu machen.
Schon hier würde er widersprechen. Nicht er allein, nein, nicht nur Wilhelm Liebknecht, Eduard Bernstein und Karl Kautsky, nicht nur seine Frau Julie Bebel und seine Genossin Clara Zetkin, alle zusammen, die gesamte kräftige Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung haben es erreicht.
August Bebel war an der Zusammenführung zweier Parteien dieser Bewegung beteiligt, damit auch an Programmdiskussionen, die stets in Kompromissen mündeten. Im Kern ging es August Bebel immer um das, was Karl Marx in seiner »Kritik des Gothaer Programms« an Wilhelm Bracke schrieb: »Jeder Schritt wirklicher Bewegung ist wichtiger als ein Dutzend Programme.« Und die damalige SPD brachte (nicht nur) mit August Bebel sehr viel in Bewegung, sehr viel an fortschrittlichen Zukunftsentwürfen, sehr viel an der Ablehnung von Eroberungskriegen und Kolonialismus. Ein Wahlgewinner weiterlesen →
Der Herrnhuter Stern gilt als Ursprung aller Weihnachtssterne
Anfang des 19. Jahrhunderts leuchtete der erste Stern aus Papier und Pappe in den Internatsstuben der Herrnhuter Brüdergemeine.
Dort lebten vor allem Missionarskinder. Da in den Missionsgebieten die Lebensverhältnisse oft widrig waren, schickten die Eltern ihre Kinder, wenn sie das Schulalter erreicht hatten, in die Heimat zurück. Unter der Obhut der Brüdergemeine erhielten sie Erziehung und Bildung. Es leuchten die Sterne weiterlesen →
Die Suche nach dem Umgang mit der kolonialen Vergangenheit
Weiße Masken, halb versunken im rötlichen Sand – sie muten an wie ein Massengrab, das die Gebeine der Toten wieder freigegeben hat. Die Kunstinstallation »They Tried to Bury Us« der namibischen Künstlerin Isabel Tueumuna Katjavivi ist das Kernstück der am 4. Oktober im Museum Neukölln eröffneten Ausstellung »Buried Memories«. Die Masken aus ungebranntem Ton stellen alle dasselbe Gesicht dar, nämlich Katjavivis.
Masken für die Erinnerung. Foto: mr
Der Untertitel der Ausstellung »Vom Umgang mit dem Erinnern« formuliert zugleich den Auftrag an die Stadtgesellschaft: Wie wollen wir künftig mit der Verantwortung für das koloniale Erbe Deutschlands umgehen? Die Masken sollen den rund 70.000 Menschen ein Gesicht geben, die Opfer des Völkermordes an den Ovaherero und Nama wurden, begangen zwischen 1904 und 1908 von deutschen Soldaten in Namibia. Gleichzeitig thematisieren sie das Verdrängen, das Nicht-Sehen-Wollen, das Vergessen – und auch den Kampf um das Gesehen-Werden. Verschüttete Erinnerung an einen Völkermord weiterlesen →
Kunstverein Neukölln zeigt »Die Ästhetik der Dystopie«
In die Dystopie Ästhetik zu bringen ist eine große künstlerische Herausforderung. Chris Bierl und Friederike Hammann ist es mit den Mitteln der bildenden Kunst und Fotografie gelungen, die »Ästhetik der Dystopie« eindrucksvoll zu zeigen. Sie stellen gemeinsam im Kunstverein Neukölln aus. Ihre Werke mit unterschiedlichen Ansätzen füllen beide Räume.
Chris Bierl, Redeem And Save I, 2020/2021
Friederike Hammann stellt das Auto in den Mittelpunkt eines Werkzyklus. Chris Bierl fokussiert sich auf die sibirische Uralregion.In der hellen Stille der Ausstellungsräume entstehen nachhaltige Eindrücke. In diesem Sinne kommt es zu einer tiefen Reflexion, gleichwohl zu einem Ruhepol. Im Ausstellungskonzept wird als Ziel die »ästhetische Vermittlung gesellschaftlicher Prozesse und Zusammenhänge« betont. Rostige Autos und sibirischer Schnee weiterlesen →
Die gemeinsame geplante Reise nach Neapel führte zur Verabschiedung des Liebespaars Lilly und Jack.
Sie hatten eine schöne Nacht, doch am nächsten Morgen wacht Jack auf und Lilly ist weg. Auf dem Kopfkissen liegt noch die Serviette des Restaurants, in dem sie am Vorabend gegessen hatten. Darauf ein Lippenstiftkuss und zwei Worte »Ciao amore«! Jack weiß nicht was los ist und vermutet, dass er dies alles nur geträumt hat. Es war aber kein Traum, und er legt eine Serviette auf sein Kopfkissen und schreibt darauf »Grazie amore«. Er bucht sich traurig und fassungslos den nächsten Flug zurück nach Berlin. Dort erzählt er diese Geschichte Jacque, seinem besten Freund. Das Geschehen nimmt Jacque total mit. Er malt daraus eine Bilderreihe über das Liebespaar Lilly und Jack. Er bezeichnet diesen Zyklus als »Duetto di Amanti« (Duett der Liebenden). Es sind acht Bilder plus eins entstanden, die die Zärtlichkeiten der beiden interpretieren. Diese Bilder können im Weinladen Mario Landsmann am Herrfurthplatz bewundert werden. Die Vernissage ist am 8. Dezember um 19 Uhr.
Der neue Roman von Sara Reichelt widerspricht allen Klischees und erwartet Aufgeschlossenheit und Offenheit von den Lesenden; denn er ist nicht nur voller teilweise sarkastischem Humor zumindest einer der handelnden Protagonistinnen, sondern öffnet einen Blick auf die vorhandene »andere Seite« der Realität. Es sind Frauen, die Vorurteile haben, und eine von beiden ist die gewiefte Betrügerin Jennifer, die Männer wie Frauen reinlegt. Ihr Tun wird schließlich von ihrem weiblichen Opfer durchschaut. Katharina, die Übersetzerin, vermietet ihre kernsanierte Wohnung in der Schillerpromenade 32a an Jennifer, die nicht ernsthaft vor hat, Miete zu zahlen. Diese bewirbt sich mit gefälschten Gehaltsabrechnungen und Angaben erfolgreich um die Wohnung. Als das auffliegt, kommt es nicht zur Anzeige, doch auch nicht zu einer wirklichen Freundschaft, die Frauen arrangieren sich. »Gefährliche Mietschaft« weiterlesen →
Eine wissenschaftliche Arbeit beleuchtet den Woermannkonzern
Der deutsche Kolonialismus ist in Berlin durch eine Reihe von Straßennamen präsent. Einer davon ist die Woermannkehre im Industriegebiet an der Grenzallee. Bereits im Februar 2021 empfahl die Bezirksverordnetenversammlung Neukölln dem Bezirksamt, gemeinsam mit der Bürgerschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen eine geschichtliche Aufarbeitung des Straßennamens zu initiieren, denn kaum ein anderes Unternehmen war so lange Zeit und so eng mit der deutschen Kolonialherrschaft in West- und Südwestafrika verbunden wie der Hamburger Woermann-Konzern.
Kim Sebastian Todzi im Gespräch mit Matthias Henkel. Foto:mr
Als Ergebnis dieser Aufarbeitung soll eine den historischen Kontext erläuternde Texttafel oder Stele in der Straße aufgestellt werden. Eine Umbenennung der Straße sei aktuell nicht realisierbar, da dies für ein in der Straße ansässiges Unternehmen aufgrund dadurch notwendiger Neuzertifizierung von Produkten zu einer Bestandsgefährdung durch Kosten in Millionenhöhe und nicht abschätzbare Umsatzrisiken führen würde.
Um diesen Dialogprozess weiter zu treiben und den Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich eine Meinung zu bilden, hat das Museum Neukölln am 20. Oktober zu einer Buchpräsentation und Diskussion eingeladen. Deutscher Konzern profitiert vom Kolonialismus weiterlesen →
Ohne das Existenzrecht Israels gibt es keinen Frieden
Mutter und Kind. Andranik Baghdasaryan
Das hier abgedruckte Bild stammt von Andranik Baghdasaryan. Der in Kiel lebende Künstler floh 2016 aus dem im Krieg befindlichen Armenien und ist inzwischen anerkannter Geflohener mit Deutschem Pass. Das Elend, welches Krieg, Vertreibung und Flucht mit sich bringen, zeigt sein Bild eindrücklich. Im Nahen Osten beginnt diese Tragödie erneut. Flucht und Sterben in Nahost weiterlesen →
Bis Januar 2024 können Besucher des Britzer Schlossparkes auf einigen Wegabschnitten über wetterfeste Teppiche laufen. Sie sind Teil der aktuellen Sonderausstellung »Carpet Mapping. Kartographie des Teppichs«. Die von Sahra Crowe kuratierte Ausstellung zeigt Teppichinterpretationen von Thilo Droste, Catherine Rose Evans, Birgit Hölmer, Farkhondeh Shahroudi, Hoda Tawakol sowie Slavs and Tatars.
Der Besucher erlebt, dass Teppiche weiterhin in der zeitgenössischen Kunst eine Rolle spielen.
Teppichinterpretationen. Foto: rr
Die Exponate sind keine Bodenbeläge im herkömmlichen Sinne, sondern subjektive Künstlerpositionen. Einbezogen werden historische Orientteppiche der ebenfalls im Schloss beheimateten Dauerausstellung »Wohnkultur der Gründerzeit«, was eine unmittelbare Interaktion mit den historischen, oft sehr teuren Orientteppichen des ausgehenden 19. Jahrhunderts erlaubt. Dem gehobenen Bürgertum damals waren Teppiche ebenso Gestaltungselement der Innendekoration und Ausdruck. Kartographie des Teppichs weiterlesen →
Die Ausstellung »Agnes Denes. Early Work«, die bis zum 14. Januar in der »Galerie im Körnerpark« zu sehen ist, ist eine Einzelausstellung der US-amerikanischen Künstlerin Agnes Denes, die sie für ein nie zustande gekommenes Stipendium des Berliner Künstlerprogramms des »Deutschen Akademischen Austauschdienstes« (DAAD) entwickelt hat.
Neben einer neu konzipierten Wandarbeit werden frühe fotografische und zeichnerische Werke aus den 1970er und 1980er Jahren gezeigt, die Denes künstlerisches Programm bis heute prägen und sich mit Fragen von Wissenschaft, Ökologie und Körperpolitik auseinandersetzen. Agnes Denes ist eine Pionierin der ökologischen Kunst. Um kulturelle, soziale und Umweltfragen anzusprechen, kombiniert sie Kunst mit Wissenschaft, Mathematik, Philosophie und Sprache.
In der Ausstellung sind Archivmaterialien zu sehen wie die Briefe aus den 1970er Jahren an den DAAD, der sie nach West-Berlin eingeladen hatte. »Early Work« weiterlesen →