Umstrittene Straßennamen

Will Meisel – Musiker, Filmproduzent, Verleger, Komponist unzähliger Evergreens

Der Politikwissenschaftler Felix Sassmannshausen hat ein Dossier erstellt, in dem er Straßennamen mit antisemitischem Bezug in den Blick nimmt. 18 davon befinden sich in Neukölln. Die Kiez und Kneipe hat in den letzten Monaten die Namensgeber vorgestellt. Mit Will Meisel endet diese Serie.
Der Will-Meisel-Weg in Rudow geht gegenüber der Dora-Mendler-Straße vom Ostburger Weg ab, biegt dann nach Nordwesten ab und endet am Schirpitzer Weg. Benannt ist er nach einem deutschen Tänzer und Komponisten.
Will Meisel, eigentlich August Wilhelm Meisel, wurde am 17. September 1897 in Rixdorf geboren. Seine Eltern, der Ballettmeister Emil Meisel und seine Frau Olga, betrieben in der Jonasstraße 22 die Tanzschule Meisel, die wegen ihres großen Ballsaals auch als »Prachtsäle Neukölln« bekannt wurde.
Bereits als Kind bekam er eine klassische Ballettausbildung und wurde 1918 als Tänzer Mitglied der damaligen Königlichen Hofoper in Berlin Unter den Linden. Von März 1915 bis November 1918 war er Soldat, wurde 1917 verwundet und musste im Lazarett eine Gasvergiftung auskurieren. Nach dem Krieg war er von 1918 bis 1923 wieder Tänzer an der Staatsoper Berlin. Am 15. Mai 1926 gründete er seinen eigenen Musikverlag, den er bis zu seinem Tod 1967 leitete.
Will Meisel stand dem NS-Regime positiv gegenüber – er wurde bereits am 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP. In der Folge betätigte er sich als Komponist von Filmmusik und Operetten, aber auch von NS-Propagandastücken. 1937 erwarb er in Groß Glienicke zu einem Viertel seines Werts das von der Gestapo beschlagnahmte voll möblierte Sommerhaus des aus Deutschland vertriebenen jüdischen Arztes Alfred Alexander. Meisels Geschäftsführer Hanns Hartmann und dessen jüdische Frau versteckten sich hier während der Besetzung Groß Glie­nickes durch die Rote Armee im April 1945.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Meisel als Verleger und Komponist »unabkömmlich« (uk) gestellt, ging 1944 mit seiner Familie nach Bad Gastein ins »Exil« und kehrte erst im Spätsommer 1946 nach Berlin zurück. Nach der Rückkehr ging die Erfolgsgeschichte des Will Meisel ungebrochen weiter. In den 50er Jahren wurde Meisel auch als Filmproduzent tätig, dirigierte und komponierte. Er schrieb die Musik zu 44 Tonfilmen, acht Operetten sowie unzählige Evergreens. 1962 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande, zwei Jahre später den Paul-Lincke-Ring, die renommierteste Auszeichnung für einen Komponisten der Unterhaltungsmusik.
Sassmannshausen empfiehlt Kontextualisierung, gegebenenfalls Umbe­nennung.

mr