»Fête de la musique« zog alle auf die Straße
Summer in the city. Seit 40 Jahren, stets zum Sommerbeginn, will die »Fête de la musique« allen ermöglichen, den unersetzlichen Zauber der Musik umsonst, also auf ehrenamtliches Engagement setzend, und hauptsächlich draußen zu feiern. In Paris gestartet, wird seit 1995 auch in Berlin gefêtet. Inzwischen vom Land und Kultursenat gefördert und vom »Musicboard Berlin« durchgeführt, ist das Fest heuer wohl so beliebt wie nie.
Über 80 Veranstaltungen auf rund 20 Bühnen waren allein für Neukölln gemeldet, mit den spontanen DJ- und Tanz-Impros und -Mobs vor Spätis, Cafés und sonstigen Läden waren es sicher viele mehr. Das warme Wetter machte Durst und Lust aufs Feiern des Musiklebens.
Ein Highlight für Rockliebhaber war wie immer die Bühne auf der abgesperrten Reuterstraße vorm »Schilling«. Kurz nach vier legte hier Elektronik-Kauz »KMF« mit krautigen Synthiesounds los, die auch die Umbaupausen elektrisierten. Die »Cannabineros« entfachten als Gitarre-Schlagzeug-Duo einen psychedelischen Stoner-70s-Rocksturm, »Kpt. Plasto« punkteten mit strammem 80s-Wavepunk, bevor »Eat Lipstick«, trotz oder gerade wegen Soundproblemen, es richtig wild werden ließen und mit ihrer dramatisch-exzentrisch-witzigen Drag-Glam-Metal-Show wie immer verblüfften.
Vorm Rathaus ging es ebenerdig und politischer zu. Die Themen Solidarität, Gerechtigkeit, Toleranz, Umwelt und Nachhaltigkeit durchzogen das Event hier. Weniger bei den gitarrenbluesenden »Brocken Harz«, mehr bei verschiedenen Liedermacherformationen und der Band »GehörWäsche« aus Köln, wo »Ford«-Mitarbeiter mit- und swingend-tanzbaren Pop nicht nur für Arbeitende spielten.
Bars wie »Rabauke«, »Rotbart« und »Zosse« luden zu Folk, Swing, Indiepop und Ska, vorm »Gift« an der Donaustraße hielt ein Mix aus Latinogrooves und Dancebeats eine bunte Jeunesse am Tanzen, derb gehiphopt wurde im »Zweimalvier« an der Saalestraße, aber vielerorts auch spontan vor Spätis oder aus Fenstern heraus.
Sich elektrisch begleitende Songwriterinnen zogen Trauben von FLINTA*s vor und in die »Göttin der Weisheit« in der Lenaustraße. Chöre erfreuten mit Mitsingprogrammen im »Heimathafen«, ein knallbuntes Programm vor der Genezarethkirche ließ den Herrfurthplatz beben, während es hinter der Kirche vorm »Aviatrix« brasilianisch zuging – und Feldmusik gab es natürlich auch.
Bis 22 Uhr und – in Clubs oder wenn es Anwohner, Ordnungsamt und Polizei zuließen – darüber hinaus heizte die Leidenschaft aller Musizierenden und Beteiligten dem beseelten Publikum für den bevorstehenden Sommer ein. Eine heiße, fette Fete!
hlb