Hundertmal Kiez und Kneipe

Die Redaktion stellt sich vor

Anlässlich der hundertsten Ausgabe der Kiez und Kneipe sollen die Leser erfahren, wer ihnen als Redakteur begegnen kann:
Felix: Chef vom Dienst und somit Eintreiber der redaktionellen Beiträge. Da lacht dann keiner mehr. Als begnadeter Grabenkämpfer im Technikdschungel garantiert er die Vorlage für den Druck. Heiße Diskussionen finden regelmäßig über die Anzahl der Zeichen statt. Da kann es schon mal zu einem Handel kommen, und die Redaktion verwandelt sich in einen Basar.
Marianne: Das Rechtschreibtalent liest die Schlusskorrektur. Alle Fehler, die sich dann in der Zeitung finden lassen, sind ihre Schuld. Angefangen hat sie als Haus- und Hoffotografin und weigerte sich, Texte zu schreiben. Das hat sich geändert. Inzwischen schreibt sie die historische Seite, die meisten Texte, macht die meisten Fotos und verteilt die meisten Zeitungen. Hundertmal Kiez und Kneipe weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 28 – Sonntag, 2. Februar 1919
Die Haftung für die Revolutionsschäden. Unmittelbar nach den Spartakuswirren wurde die Frage aufgeworfen, wer für die durch die Schießereien entstandenen Schäden aufkommen müßte, die Regierung oder die Stadt Berlin. Der Magistrat hat jetzt zu dieser Frage Stellung genommen und eine Haftung für die Revolutionsschäden kategorisch abgelehnt.

Nr. 29 – Dienstag, 4. Februar 1919
Oeffentliche Meinung. Es wird zurzeit viel über die Erwerbslosenfürsorge und die dadurch hervorgerufene Arbeitsunlust geschrieben. Ich war 41 Monate lang ununterbrochen im Felde, d. h. an der Front. Am Tage meiner Rückkehr bewarb ich mich sogleich um Beschäftigung, überall vergeblich und genieße somit die Einrichtung der Erwerbslosenunterstützung noch heute. Jedoch damals schon und heute noch befinden sich bei der Post sowohl wie beim Magistrat (in sämtlichen Brotkommissionen und Fürsorgestellen) unzählige Frauen in Stellung. Den Monat mit 26 Tagen berechnet, beziehe ich für mich und meine Familie 312 Mark Unterstützung. Für diesen Betrag würde ich jederzeit bereit sein, irgend eine Stellung anzunehmen und glaube, den Posten irgendeiner der vorerwähnten Kommissionsdamen ausfüllen zu können. Dadurch wäre ich von der Straße und der Magistrat spart den Monatsgehalt für die freigewordene Dame, die, wenn sie selbst unterstützt werden müßte, doch nur 130 Mark bezöge. So, wie es mir geht, geht es hunderten Kameraden. Deshalb: Macht für die Verheirateten, die jahrelang draußen waren, Stellen frei! Der Magistrat spart erheblich dadurch. P. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Die kleine Kneipe in der Fuldastraße

Zeitlos nette Gastfreundschaft: »Zur Pinte«

Schön, dass es sie trotz aller hippen auf und wieder zu machenden Trendlokale noch und hoffentlich noch lange gibt – unsere alten Eckkneipen. Wo hinter Gardinen gemeinsam mit den Lieblingssportvereinen mitgefiebert, zu guter bewährter Mucke geschwelgt, handfest diskutiert und natürlich gepflegt gebechert wird. Wobei die Pinte »Zur Pinte« gar nicht an einer, dafür aber gleich um die Ecke der Neuköllner Arcaden liegt.

Klassische Gemütlichkeit.                                                                                                                                Foto: hlb

Die kleine gemütliche Kneipe hat die freundliche Wirtin Babsi vor vier Jahren als Stammgast von den vorherigen Betreibern übernommen, die hier 2002 aus einem ehemaligen Puff ein Lokal gemacht hatten. Nun serviert Bankkauffrau Babsi, die auch schon über 14 Jahre Imbisserfahrung hat, Kindl, Flens, helles und – sehr beliebt – dunkles böhmisches Fassbier zu sehr zivilen Preisen aus dem ziegelbedachten Tresenbereich. Die kleine Kneipe in der Fuldastraße weiterlesen

»endorphina« backt besser

Gutes Essen macht glücklich

Es ist nicht gerade einfach, die Backkünstler zu finden. Wer sie dann aber gefunden hat, ist in einer anderen Welt angekommen. Hinter der Einfahrt in den Hof an der Elsenstraße 52 erwartet den hungrigen Kunden ein Ort, der mit Berlin so gar nichts mehr zu tun hat. Wie auf dem Land findet sich hier das Hofcafé mit der gläsernen Backstube von »endorphina«.

Hände arbeiten.                                                                                                                                                      Foto: pr

Im Café gibt es die wunderbaren Brote, und gleichzeitig können die Kunden bei einem Kaffee die Bäcker in der Backstube bei ihrer Arbeit beobachten. Hier gibt es keine industriellen Treibmittel, der Brotteig hat die Zeit, die er braucht. Dabei wird Gluten so weit reduziert, dass es gut verträglich ist. »endorphina« backt besser weiterlesen

Immer wieder samstags

Regionalmarkt »Die Dicke Linda« ist der Dorfplatz des Kranoldkiezes

An einem eisigen Samstag im Januar stehen auf dem Kranoldplatz ein großer Käse-, Wurst- und Brotstand, ein langer Gemüsestand, vor dem zwei Reihen üppige Winterware liegen, sowie eine Händlerin in ihrem Wagen mit frischem Fisch. Außerdem werden aus einem französischen Bistrowagen dampfender Kaffee in verschiedenen Varianten sowie appetitliche Snacks angeboten. In der Mitte finden sich einladende Bänke, außerdem brennt ein Holzfeuer, an dem sich Händler und Kunden die Hände wärmen und von dem gelegentlich Rauch aufsteigt. Jeden Samstag belebt der Wochenmarkt »Die Dicke Linda» auf diese Weise den sonst leeren Kranoldplatz südlich des S-Bahnringes.

Käse im Winter auf der Dicken Linda.                                                                                                          Foto: th

In der warmen Jahreszeit ist der Platz voller Händler. Die Nachfrage nach den angebotenen Frischwaren ist groß. Auch an diesem kalten Samstag bilden sich bereits Schlangen vor den Ständen; die geduldig wartenden Kunden werden individuell und fachgerecht bedient und unterhalten sich rege. »Die Dicke Linda« verwandelt den während der anderen Tage kargen Ort in den Dorfplatz des Kiezes. Immer wieder samstags weiterlesen

Hummer in Aspik

Organische Stoffe in experimenteller Veränderung

»Kunst ist ein sinnlicher Prozess. Es sind alltägliche Dinge, die mich interessieren und an denen wir oft einfach vorübergehen, die aber in ihrer Kleinigkeit besonders sind.« Die Wahl ihrer Materialien entspricht dieser außergewöhnlichen Absicht. In ihrer bildenden Kunst arbeitet Josephine Raab momentan experimentell mit Aspik und einem Vakuumiergerät.

Josephine mit Igor.                                                                                                                             Foto: Anaïs Edely

»Ich stelle Dinge in einen Kontext, in den sie eigentlich nicht gehören.« Ein Hummer scheint in einem Block aus Aspik zu schwimmen. Eine Qualle, getrocknet auf einem Papier, wirkt wie eine Kornblume. Ein Stockfisch aus einer Kneipe in Kiew schwebt vakuumiert in Plastik. Lebende Tiere verwendet sie nie, sondern sammelt nur das schon Verblichene auf. Das Spektrum reicht von Lampen, Haaren und Pflanzen bis hin zu Blattgold und Tomaten. Hummer in Aspik weiterlesen

Salonmusik startet in die neue Saison

Modern Jazz, klassische Musik des 20. Jahrhunderts, Tango und feinster Flamenco

Nach einer kurzen Winterpause startet die Salonmusik im Zitronencafé im Körnerpark am 3. Februar in die neue Saison.

Out of Print.Foto:                                                                                                                                   Katharina Poos

Zur Eröffnung konzertiert das Jazztrio »Out of Print«. Die drei hochkarätigen Berliner Jazzmusiker Volker Kottenhahn am Klavier, Dirk Strakhof am Kontrabass und Johannes Bockholt am Schlagzeug formierten ihr Trio bereits vor zwanzig Jahren. Seither arbeiten sie konsequent an der steten Weiterentwicklung ihres ganz eigenen Klangkosmos‘. In ihrem Schaffen sind sie stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen und setzen auf Eigenständigkeit und Reife, wo andere kurzfristigen modischen Trends nachjagen.

Avlos Trio.                   Fotograf: Stephan Klonk

Die musikalische Vielfalt der Salonmusik zeigt sich im Kontrast zum Konzert des »Avlos Trio d‘Anches« eine Woche später: Einem Jazztrio folgt ein rein klassisches Bläsertrio mit einem Programm konzertanter klassischer Musik des 20. Jahrhunderts, darunter Werke von Darius Milhaud, Jacques Ibert und Eugène Bozza. Salonmusik startet in die neue Saison weiterlesen

Revolten und Revolutionen

»Are you satisfied?« in der Galerie im Körnerpark

Bilder von Straßenkämpfern und Demonstrationen, Aufrufe, Transparente: Die Galerie im Körnerpark widmet sich in der aktuellen Ausstellung »Are you satisfied?« den Bedingungen und Mechanismen revolutionären Handelns und seiner Folgen.
Die Ausstellung wurde bereits in Kiel aus Anlass des hundertsten Jahrestages des Kieler Matrosenaufstandes, dem Auslöser der deutschen Novemberrevolution, gezeigt. Sie thematisiert Formen des Widerstands, des Protests und revolutionären Handelns, die ein Jahrhundert später die mediale Realität der globalisierten Welt der Gegenwart prägen.

Demo als Kunst.                                                                                                                                                    Foto: mr

Die Künstler befassen sich mit den Potenzialen des Aufruhrs, den Grenzen der Partizipation, mit aktuellen Spielarten staatlicher Regulierung, Spuren und Mechanismen von Unterdrückung in den Demokratien und den modernen Konsumgesellschaften. »Die jüngsten Unruhen auf den Straßen Frank­reichs während der Proteste der Gelbwesten haben gezeigt, wie schnell und vehement heutzutage eine aufständische Bewegung die Grundfeste eines Staates in Frage stellen kann«, heißt es in der Ausstellungsbeschreibung des Kulturamtes. Revolten und Revolutionen weiterlesen

Zerbrechliche Schönheit

Ausstellung von Martina M. Thies im Museum Neukölln

Porzellan, seine zerbrechliche Schönheit ist das Thema der Rauminstallation »Die Blaue Blume«, die am 17. Januar im Museum Neukölln eröffnet wurde.
Martina M. Thies beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Vielfalt des Porzellans. »Seit 35 Jahren bin ich auf keramischer Entdeckungsreise und bewege mich in den Bereichen der angewandten und bildenden Kunst sowie der räumlichen Gestaltung mit Kunst am Bau«, beschreibt sie sich und ihre Arbeit. Mit ihren künstlerischen Arbeiten ist sie in zahlreichen Sammlungen im In- und Ausland vertreten.

Neue Kreationen.                                                                                                                                                  Foto: mr

In der von ihr gestalteten Rauminstallation stellt sie ihre verformten, applizierten und bemalten Porzellanarbeiten historischen Objekten aus der Keramik-Sammlung des Museums Neukölln gegenüber. Hier trifft Kunst auf Alltagsgegenstände. Häufig wiederkehrendes Motiv bei ihren ausgestellten Arbeiten ist das Muster der »blauen Blume«, ein zentrales Motiv der Romantik. Es findet sich als Applikation auf Vasen oder gemalt auf Schalen und Kacheln. Zerbrechliche Schönheit weiterlesen

Colossaler Schimmel

Der cremige Schmelz der Büffelmilch

Die Niederlande, das sind nicht nur Tulpen, Frittiertes und Frau Antje aus Gouda. Sie sind auch nach wie vor ein spannendes Käseland, voll mit saftigen Weiden. Hier lassen es sich inzwischen auch Wasserbüffel entspannt gutgehen. Und geben uns ihre fette Milch für gehaltvollen Käse.

blauer Schimmel.                                                                                                                                       Foto: Internet

In unserer Käsereihe soll es heute um Blauschimmel gehen. Als Roquefort, Stilton oder Gorgonzola eine weithin bekannte Delikatesse, doch was die Out­wijker Käserei mit ihrem »Colosso« präsentiert, ist ein ganz besonderer, sanfter Genuss.
Um ein Blauschimmelkäse zu werden, werden die Laibe mit Nadeln pikiert, um sie mit (oft auf Brot gezüchteten) Penicillium-Edelpilzschimmelkulturen zu impfen und mit wachstumsförderndem Sauerstoff zu versorgen.
Die Käserei in Outwijk, einem Stadtteil von Utrecht, unweit Amsterdams im Herzen Hollands, hat sich vor Jahren von einer italienischen Käsemanufaktur beraten und ausbilden lassen, um aus der reichhaltigen Milch holländischer Viecher einzigartige handgemachte Käse mit Liebe zum regional geprägtem Geschmack zu produzieren. Colossaler Schimmel weiterlesen

Basteln mit Rolf

Katzenlesezeichen

Ist es draußen kalt und dazu auch noch richtiges Katzenwetter, verziehen sich einige gern mit einem Buch in eine warme Ecke. Kann die Lektüre nicht beendet werden, ist ein Lesezeichen schon praktisch. Benötigt wird ein Stück Draht, ein Seitenschneider, eine passende Zange, Papier zum Abzeichnen der Vorlage, ein Stift und, natürlich wie immer, Lust zum Pfrie­meln.
Meine Katze hat einen aufgerichteten Schwanz, weil der das Auffinden des ungelesenen Teils deutlich erleichtert. Das Lesezeichen ist prinzipiell eine Büroklammer in Katzenform. Jedes Motiv ist möglich, so das Büroklammergrundprinzip gewahrt bleibt.
Auf dem Bild unten links ist die Lesezeichenklammer vollständig zu sehen. In gewünschter Größe kann die auf ein Blatt Papier übertragen und dann nachgebogen werden. Gestartet wird mit der Öse und dem senkrecht nach unten zeigenden Klammerteil, geendet mit dem Schwanz. Dort bleibt das Lesezeichen offen. Dem Bastler steht es frei, sein Werk selbst zu nutzen oder als Geschenk weiterzugeben.

rr

Petras Tagebuch

Aus 100 Neuköllner Erlebnissen

Zum hundertstenmal erscheint diesmal »Petras Tagebuch«. Das überraschte mich, denn irgendwie ist mir wohl jeden Monat etwas passiert, das auch zeitungstauglich erschien. Ein beliebtes Thema war immer wieder die Post. Auch diesmal könnte ich über den Spannungsbogen, den Paketlieferanten verursachen, berichten.
Auch das Fahrrad, mein bevorzugtes Verkehrsmittel, war immer wieder Thema. Die Erlebnisse mit dem Drahtesel in Neukölln nehmen kein Ende und rufen immer wieder interessante Diskussionen mit Lesern hervor. Nicht alle können meine Meinung teilen, aber das ist auch gut so. Auf jeden Fall wird das Fahrrad, solange ich damit fahre, immer mal wieder auf der Agenda stehen. Sollte ich auf das Fahrrad verzichten müssen, werde ich sicherlich auch umgehend meine Meinung ändern und mich über diese Verkehrsrowdies beschweren. Petras Tagebuch weiterlesen

Geister der Mieter

Weiße Gestalten sitzen im Kiez.                                                                                                                    Foto: mr

Kunstaktion im Schillerkiez gegen Verdrängung

Geisterhaft bleiche Gestalten sitzen auf dem Gehweg. Sie haben Utensilien ihres Alltagslebens dabei, eine Zeitung, einen Kaffeebecher, ein Buch, so als seien sie gerade aus ihrer Wohnung vertrieben worden und wüssten nicht, wohin.
Es sind lebensgroße und – obwohl komplett weiß angestrichen – sehr lebensecht wirkende Puppen, die das Künstlerkollektiv »Reflektor Neukölln« am 15. Dezember einen Tag lang auf der Herrfurthstraße ausgesetzt hat. Jeder Puppe haben die Künstler einen Namen und eine Biographie gegeben, die Passanten mit Hilfe eines Smartphones über einen QR-Code hören oder in einer Sprechblase neben der Puppe lesen können. So werden konkrete Einzelschicksale erfahrbar, Geschichten von jungen und alten Menschen, Frauen und Männern, mit oder ohne Migrationshintergrund. Allen gemeinsam ist der Verlust ihres Lebensumfeldes. Inspiration für diese Geschichten waren die Kiezbewohner und die Situation im Schillerkiez. Geister der Mieter weiterlesen

Liecke diskrimimiert Kriminelle!

Der Jugendstadtrat Falko Liecke will kriminellen arabischen Großfamilien mit speziellem Interesse an großen Goldmünzen die Kinder wegnehmen, damit diese nicht auch kriminell werden. Den Kindern soll so das schlechte Vorbild genommen werden. An sich eine vorbildliche Sache, aber er vergisst dabei, dass sich noch viele weitere organisierte kriminelle Gruppen im Bezirk tummeln, von türkischen und bulgarischen bis zu russischen Banden; und alle haben Kinder!
Die alle werden von Liecke nicht berücksichtigt; Liecke missachtet deren Recht auf Gleichbehandlung! Auch nichtarabische Bandenkriminelle haben das Recht, dass ihnen die Kinder entzogen werden, ebenso wie deren Kinder das Recht haben, vor dem schlechten Beispiel ihrer Eltern geschützt zu werden. Gerechterweise sollte Liecke also seine Forderungen wesentlich ausweiten!

Harald Schauenburg

Über Kindeswohlgefährdung

BVV streitet

Weil die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) immer noch eine Fülle unbearbeiteter Drucksachen vor sich her schob, gab es im Dezember zusätzlich zur regulären BVV eine Sondersitzung.
Zentrales Thema dieser Sitzung war die große Anfrage der SPD an Falko Liecke, in der es um den »Schutz von Minderjährigen in einem kriminellen familiären Umfeld« geht, das derzeitige Lieblingsthema des Jugendstadtrats. »Ich bin überzeugt: Wir kriegen die Clans über zwei Mittel: Die Kohle und die Kinder. Wir müssen denen die Autos wegnehmen, die Immobilien und am Ende auch die Kinder, wenn sie drohen, ebenfalls kriminell zu werden«, schreibt er dazu auf seiner Facebookseite. Über eine Stunde wurde darüber gestritten, ob das Kindeswohl durch die Herausnahme möglicherweise viel stärker gefährdet würde als durch kriminelle Eltern. »Es geht darum, ob das Kind psychische oder physische Verletzungen erleidet, das muss aber nicht zwangsläufig so sein, wenn der Vater mit gestohlenen Autos handelt, meinte Christian Posselt (Die Linke). Mirjam Blumenthal, SPD warf Liecke »gefährlichen, rassistischen Populismus« vor und Thomas Licher (Die Linke) empfahl ihm, »hören Sie auf, den Neuköllner Horst Seehofer zu spielen!« Über Kindeswohlgefährdung weiterlesen

Gewalt gegen Menschen

» Wir sind hier, wir sind queer, wir lassen uns nicht verjagen«

Es kann jeden und jede treffen. Die Gewalt gegen homosexuelle Menschen nimmt in Neukölln wie in ganz Berlin erschreckend zu. Mainzer Straße, Hermannplatz, Sonnenallee, an einer Bushaltestelle: Das sind die Orte, an denen zuletzt Homosexuelle und Transsexuelle aus Hass angegriffen und verletzt wurden. Die Übergriffe sind brutal: Schläge ins Gesicht, Zu-Boden-Werfen, In- den-Kehlkopf-treten, Messerstich in das Bein. Auch Beschimpfungen und Beleidigungen gibt es öfter.


Das Anti-Gewaltprojekt »Maneo« veröffentlicht jährlich zum 17. Mai, dem Internationalen Tag gegen Homophobie, einen Bericht über Straftaten. 2017 waren es in Berlin 324 Angriffe, 14 Prozent mit Raubüberfall. Die Polizei vermutet eine Dunkelziffer von 80 Prozent, da vieles nicht angezeigt werde, obwohl auch Beleidigungen und Beschimpfungen strafbar seien. Neukölln liegt mit 18 erfassten Übergriffen auf dem erschreckenden Platz drei der Bezirke. Ein weiterer Anstieg wird befürchtet. Gewalt gegen Menschen weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 2 – Freitag, 3. Januar 1919
Die Silvesternacht verlief diesmal in Neukölln weit lärmender als sonst. Die ganze Nacht hindurch waren die Hauptstraßen von Menschen, namentlich aber von halbwüchsiger Jugend belebt, die durch Abbrennen von Kanonenschlägen und Feuerwerkskörpern aller Art Unfug verübten oder sich sonstwie bemerkbar machten. Vor dem Rathause spielte sogar mitten in der Nacht ein Leierkasten, nach dessen Klängen auf dem Straßendamm flott getanzt wurde. Auch die Lokale waren gut besucht. Hier waren es meist die Stammgäste der Gastwirte oder Vereine, die das neue Jahr als Friedensjahr fröhlich begrüßten, und bei Eintritt der Polizeistunde um 1 Uhr ruhig nach Hause gingen. In den Kirchen fanden abends Jahresschlußandachten statt, die sämtlich zahlreiche Teilnehmer aufzuweisen hatten. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Trinken, das Wissen schafft

Swingen, bilden und berauschen in der »Göttin der Weisheit«

»Trinke Denke Gedeihe« – so der hehre Dreisatz der neuen Eventbar in den stuckverzierten Räumen des ehemaligen Weinlokals »Galatea«, die sich wünscht, dass der Gast hier in entspannter Umgebung seinen Horizont erweitere. »Göttin der Weisheit« ist ihr nicht minder erhabener Name, doch nicht Pallas Athene oder Minerva, nein, Jana und Svenja Rühland sind hier die Geschäftsführerinnen, die aus München nach Neukölln gefunden haben.

Göttinnen hinter der Theke.                                                                                                                      Foto: privat

Seit Oktober lädt ihre Bar mit dem Eulen-Logo zu Konzerten mit Jazz, Swing, Singer-Songwritern, lateinamerikanischer Folklore und anderen internationalen Musikprojekten. Jeden Mittwoch ist Open Stage für jedermann, und an jeden zweiten und vierten Montag im Monat ist »Monday Free Jam« mit DJ Seraphim zum Mitswingen und -singen. Die Nichtraucherbar mit Klavier ist nicht nur deswegen für viele Kiezler bereits zum zweiten Lieblingswohnzimmer geworden. Relaxt und kunstbeflissen, aber unprätentiös geht es hier zu. Auf dem Klo lädt ein Edding explizit zum kreativen Ausdruck ein. Trinken, das Wissen schafft weiterlesen

Kunstwerke besichtigen!

Einladung IM GRÜNEN BEREICH

Ein typischer Eckhäuserblock in Neukölln: Ein schöner Haupteingang und dann diverse Türen, von denen keiner so recht weiß, was sich dahinter verbirgt. Es könnte ein Kohlenkeller sein. Anders ist es in der Weserstraße 180. Die Stahltür führt in ein Appartement mit einem einzelnen Raum, einem kleinen Flur und einer Toilette. Eine weitere Tür öffnet den Blick in einen weiteren Wohnbereich. Hier sind die zum Lager umfunktionierte Küche und zwei Ateliers zu sehen.

Amy und Frédéric.         Foto: pr

Amy J. Klement und Frédéric Krauke arbeiten hier und stellen ihre Werke aus. Amy J. Klements Atelier ist voll mit ihren Häkelarbeiten. Die lebendige rothaarige Frau erzählt mit Begeisterung und Hingabe von ihren Häkelprojekten, die sie auch gerne im öffentlichen Raum ausübt. Inspiriert von einer Kombination aus Mythen, Mathematik, Handarbeit und ausgeführt mit Humor und Ironie, umhäkelte sie beispielsweise die Trümmerfrau in der Hasenheide. Dieses Projekt, und das ist auch ihr zentrales Thema, ist Geduld. Als Gründerin des Anarchic Crochet »Kraft durch Häkeln« ist sie die Initiatorin von großformatigen kooperativen häkelbasierten sozialen Skulpturen im öffentlichen Raum. Kunstwerke besichtigen! weiterlesen

Die Sache mit der Acht

Revolutionen vielleicht besser in anderen Jahren

Revolutionen in Deutsch­land haben die Tendenz, unvollendet zu sein, wenn sie nicht komplett scheitern und zwar in blutigem Gewehr- und Kanonenfeuer. Sie setzen allerdings dauerhafte Zeichen und verändern das Bewußtsein für eine demokratische Transformation der Gesellschaft.
Es beginnt 1848 mit der bis ins nächste Jahr anhaltenden Märzrevolution. Regionale Erhebungen quer durch den Deutschen Bund, Schwerpunkt ist Süddeutschland, münden in der Nationalversammung in der Frankfurter Pauls­kirche.

März-Revolution 1848.                                                                                                                      Foto: historisch

Vorübergehend entgleitet dem Adel unter Führung des preußischen Königs die politische Kontrolle. Nicht weit entfernt vom Schloss in Berlin sind Menschen in der Breiten Straße mit der Schwarz-Rot-Goldenen Trikolore auf den Barrikaden. Die Sache mit der Acht weiterlesen

Einfühlsamer Käse, der anficht

Harmonisch dezente Ziege

In unserer Lieblingskäse(rei)reihe geht es wieder einmal in die schöne Schweiz, diesmal zu Willi Schmid nach Lichtensteig. Der kernige Fünfziger ist auf dem väterlichen Hof im Herzen vom Toggenburg aufgewachsen und kennt seine Heimat samt ihrer fruchtbarsten Böden, Alp- und Feldflecken für Gräser und Blumen, Klee, Kräuter und was die Milch noch besonders aromatisch macht, wie seine Westentasche.

GEISS is geil.                                                                                                                                                             Foto: pr

All die Blätter und Kräuter, die die nachbarschaftlichen Kühe wie auch die jungen Gitzi, also Ziegen, fressen, hat er auch selbst gekostet; diese Aromen-Erfahrung und Sensorik kam ihm schon in seiner Käserlehre zugute. Seit 2006 führt er seine eigene Käserei, die »Städtlichäsi«, wo er mit perfekten Rohprodukten, bäuerlichem Wissen um die Naturkreisläufe, Sorgfalt, Fleiß und viel Emotion schon über zwei Dutzend Käseideen, viele davon weltweit mehrfach prämiert und von Sterneköchen geschätzt, realisierte. Gut 3.000 Laibe lagern in seinem Keller. Einfühlsamer Käse, der anficht weiterlesen

Statistik für Fortgeschrittene

Tasmania und Rudow zufreiden mit der Hinrunde

Jahresrückblicke ergeben beim Fußball ja nicht allzu viel Sinn. Die Spielzeit richtet sich schließlich nicht nach dem Kalender, sondern läuft von August bis Mai. So eine streng chronologische Betrachtung müsste also die Rückrunde der vergangenen und die Hinrunde der neuen Saison umfassen – also: Ganz schöner Unsinn. Da dieser einem Fan aber durchaus ein vertrauter Begleiter ist und die beiden besten Vertreter des Neuköllner Fußballs dazu im Jahr 2018 erstaunliche Parallelen aufzuweisen haben, sollen die 12 Monate des »SV Tasmania« und des »TSV Rudow« hier nochmal kurz zusammengefasst werden.

Die Winterpause ist erst am 10. Februar vorbei.                                                           Foto: Hagen Nickelé

Schaut man dabei nur mal auf das zweite Halbjahr (vulgo: die Hinrunde der aktuellen Saison), kann das Urteil nur lauten: Alles prima. Okay, beide Vereine mussten früh im Pokal die Segel streichen – in der Liga aber sind Rang zwei (Tasmania, fünf Punkte hinter Herbstmeister »Sparta Lichtenberg«) und sieben (Rudow) ausgezeichnete Platzierungen. Mit der Punktausbeute aus dem ersten »Semester« 2018 (also: der Rückrunde 2017/18) würde Tasmania aber in der aktuellen Tabelle nur den 12. Platz bekleiden – und die Rudower gar nur den vorletzten. Statistik für Fortgeschrittene weiterlesen

Basteln mit Rolf

Herr mit Nuss und Hund

Die Figurengruppe Herr und Hund entstand aus Erdnussschalen. Dafür brauchen wir zwei ungeknackte Erdnüsse, Draht, einen Seitenschneider, eine Zange, einen Bohrer oder eine Ahle, ein Messer, eine Schere, eine Klebepistole, ein Stück Schnur, einen schwarzen Filzstift und, wie immer, Lust zum Pfriemeln!


Erdnüsse haben eine »Mittelnaht«, an der, mit vorsichtigem Druck darauf, die Schale sich sauber in zwei Hälften teilen lässt. Oft sind sie da auch schon etwas offen. Wer sich das nicht zutraut, kann mit dem Messer dort vorsichtig einstechen und die Schale damit öffnen. Den Inhalt legen wir erst einmal beiseite. Basteln mit Rolf weiterlesen

Petras Tagebuch

Weihnachtliches Geschick

Wie jedes Jahr war der Dezember ein Monat, der mit Missgeschicken gespickt war. Die Anzahl der Missgeschicke verdichtete sich in beängstigender Weise mit der Nähe zum 24. Dezember. Am Interessantesten waren tatsächlich die letzten drei Tage vor Weihnachten.
Am Sonnabend morgen ging es los. Gerade erreichte ich noch um kurz nach sechs mein Flugzeug von Stuttgart nach Berlin. Ich war die letzte, die den Flieger bestieg. Das hing damit zusammen, dass die Sicherheitskontrollen ewig dauerten. In Berlin angekommen, stellte ich fest, dass ich es mit der BVG nicht pünktlich zur Arbeit schaffen würde. Also nahm ich ein Taxi, das mich mal eben 40 Euro kostete.
Auf dem Kranoldplatz angekommen, hatte ich den Plan, mich auf dem Wall-Klo umzuziehen um für den Markt­tag warm genug gekleidet zu sein. Das Klo schluckte das Geld und ließ die Tür verschlossen. Dank der lieben Kollegen auf dem Markt konnte ich mich jedoch in einem Wagen umziehen.

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Alte Apfelsorte macht Schule

Schüler pflanzen einen Baum.                                                                                                                          Foto: fh

Bäume im allgemeinen sind wichtig zur Bremsung des Klimawandels, gegen Feinstaub und für eine bessere Luft. Obstbäume tragen außerdem auch noch leckere Früchte.
Am 26. November pflanzte Christian Hoffmann, Bezirksverordneter von »Bündnis 90/Die Grünen Neukölln« im Hof der Evangelischen Schule in der Mainzer Straße gemeinsam mit den Schülern der vierten Klasse einen jungen Apfelbaum der alten Apfelsorte »Freiherr von Berlepsch«. Ziel der Aktion ist neben der Umweltbildung auch der Erhalt alter Obstbaum­sorten. Alte Apfelsorte macht Schule weiterlesen

Es weihnachtet nicht überall

Der Run auf die Angebote für Weihnachtsgeschenke setzt ebenso ein wie die Weihnachtsfeiern im Vorfeld des Familienfestes. Die Hektik bekommt zuerst das Verkaufspersonal im Handel zu spüren, schließlich wird dort auch noch am Heiligen Abend gearbeitet. Wer Glück hat, gehört zu den behaupteten 80 Prozent Erwerbstätigen, die von ihrem Einkommen noch leben können.
Mindestens 20 Prozent verdienen allerdings nicht genug und sind auf Transferleistungen angewiesen. Das trifft vor allem die Kinder. Zu Weihnachten wird das besonders hart. Die soziale Schere, die kalte Spaltung der Gesellschaft, kann durch caritative Hilfe nicht kompensiert werden. Deutlich mehr Maßnahmen für soziale Gerechtigkeit sind erforderlich. Sonst haben wir Verhältnisse, wie Charles Dickens sie in seinen »Christmas Carols« beschrieben hat.

Thomas Hinrichsen

»Damit es jedes Kind packt!«

Franziska Giffey stellt das »Gute-Kita-Gesetz« vor

Franziska Giffey freute sich sichtlich. »Guten Abend, Neukölln, is dit schön, mal wieder hier zu sein!«, rief sie den zahlreich erschienen Aktiven aus dem Neuköllner Sozialbereich und der Kommunalpolitik zu. Die Familienministerin war auf Einladung des Neuköllner Bundestags­abgeordneten Fritz Felgentreu und seines Pankower Kollegen Klaus Mindrup (beide SPD) am 15. November in die Otto-Hahn-Schule gekommen, um das »Gute-Kita-Gesetz« vorzustellen, das am 1. Januar 2019 in Kraft treten soll.

Mit Herz und Engagement für die Kleinsten. v.l. Franziska Giffey, Micaela Daschek, Fritz Felgentreu,Klaus Mindrup.                                                                                                                               Foto: mr

»80 Prozent der Kinder geht es hierzulande in ihrem Wohlstandsnest gut, 20 Prozent aber nicht«, beschrieb sie die Lage. Ihr Gesetz soll die frühkindliche Betreuung verbessern, damit jedes Kind eine Vielfalt von Chancen hat. »Es geht um mehr Qualität, und es geht um weniger Gebühren.« 5,5 Milliarden Euro will der Bund dafür in den kommenden vier Jahren zur Verfügung stellen, davon sind 300 Millionen Euro für Berlin vorgesehen. »Damit es jedes Kind packt!« weiterlesen

»Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit«

Ausstellung zur Revolution vor 100 Jahren im mobilen Museum

Pünktlich zum hundertsten Jahrestag der Revolution eröffnete am 9. November das »Mobile Museum Neukölln« im Rathaus die Ausstellung »Revolution! Neukölln 1918/19«, die im Rahmen des Themenjahres »100 Jahre Revolution – Berlin 1918/19« stattfindet.

Übersichten.                                                                                                                                                            Foto: mr

Bezirksbürgermeister Martin Hikel dankte dem Leiter des Museums, Udo Gößwald, für die Hartnäckigkeit, mit der er um den Ausstellungsplatz vor dem Bürgermeisterbüro gestritten habe. »Somit bietet mir diese Ausstellung auch persönlich die Möglichkeit der täglichen Vergewisserung über die Grundlagen unserer politischen Arbeit, die in der Demokratie von Weimar gelegt wurden«, sagte er in seinem Grußwort. »Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit«, sie müsse verteidigt werden gegen die, die sie abschaffen wollen, sagte er weiter und rief dazu auf, sich in politische Prozesse einzumischen, sich zu informieren, sich zu beteiligen.
Kulturstadträtin Karin Korte machte darauf aufmerksam, das es eine bemerkenswerte Anzahl von Frauen gab, die im Kampf für demokratische Rechte eine Rolle spielten. So war die erste Frauenvertreterin der Rixdorfer SPD, Marie Juchacz, die erste Frau, die eine Rede in einem deutschen Parlament hielt. »Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit« weiterlesen

Neues aus dem Rathaus

In der BVV wird viel verquert

Überraschenderweise gab es in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom 14. November wieder eine Konsensliste, so dass eine ganze Reihe von Anträgen umstandslos in die dafür zuständigen Fachausschüsse überwiesen werden konnten.
Ein Thema der folgenden mündlichen Anfragen war die Schließung des Gemeinschaftshauses »Morus 14«. Das sei »kein Beispiel für Verdrängung«, sondern die Entscheidung des Trägervereins, der dieses Konzept so nicht weiterführen wolle, sagte Bezirksbürgermeister Martin Hikel. Auch wenn das Bezirks­amt die Entwicklung höchst bedauerlich finde, habe es keine Handhabe, dagegen zu intervenieren. Er äußerte sich aber vorsichtig optimistisch, dass sich die »Stadt und Land« als Eigentümerin eine »dem Gemeinwohl dienende Lösung vorstellen kann«.

Häuser stehen, QM muss gehen.                                                                                                                   Foto: mr

Weniger Positives konnte dagegen Baustadtrat Jochen Biedermann auf die Frage der SPD nach der Weiterführung des Quartiersmanagements (QM) in der Gropiusstadt berichten. Der Berliner Senat will das QM bis 2020 verstetigen, das heißt im Klartext, auslaufen lassen. Neues aus dem Rathaus weiterlesen

Frische überparteiliche Bewegung

»#aufstehen« hat eine Basisgruppe in Neukölln

»Liebe Aufständische«, so begrüßen sich die Menschen, die sich jeden zweiten Montag im Monat im Plenum der Neuköllner Basisgruppe der bundesweiten linken Sammelbewegung »#aufstehen« treffen, deren Kernanliegen Frieden und soziale Gerechtkeit sind.


In diesem Sinne soll ein Politikwandel herbei geführt werden. Es nehmen in der Regel 35 bis 50 Menschen teil, allerdings nicht immer dieselben. Jüngere »Aufständische« treten neu ein in die Politik, viele stehen bereits auf der Bühne, politisch wie gewerkschaftlich und in sozialen Bewegungen. Auf Basisdemokratie wird großer Wert gelegt.

Frische überparteiliche Bewegung weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 286 – Donnerstag, 5. Dezember 1918
Oeffentliche Meinung. Eine Bitte an Eltern und Lehrer. Der Fahnen= und Girlandenschmuck zu Ehren unserer heimkehrenden Krieger wird vielfach von der Jugend in rücksichtsloser Weise geplündert und beschädigt. Schule und Haus sollten der Jugend dies strengstens verbieten und sie auf die Bedeutung des Schmuckes hinweisen. Sch.,Weserstraße

Nr. 294 – Sonnabend, 14. Dezember 1918
Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. Das Reichsamt für Demobilisation hat eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, von denen eine Abnahme der großstädtischen Arbeitslosigkeit erwartet werden kann. Unter anderem wird die notwendige Herausziehung der Arbeiterinnen aus den Fabriken betrieben, damit an ihre Stelle die arbeitslosen männlichen Personen treten können. Die Arbeiterinnen sollen auf dem Lande und in den Kleinstädten untergebracht werden, ein Programm, dessen Durchführung großzügig in die Wege geleitet worden ist. Auch sonst sind Maßnahmen eingeleitet, um die Verteilung der in den Großstädten zusammengeballten Massen von Arbeitslosen aufs Land herbeizuführen. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Rinderherz und Wein? Aber natürlich!

Savoir boire et manger in der Flughafenstraße

Naturwein hat Konjunktur in Neukölln. Neben dem »Jaja« in der Weser- und dem »Motif Wein« in der Weser- nun dank Pierre Lejeune auch in der Flughafenstraße. Der aus Marseille stammende Koch importiert nicht nur Weine für die hiesige Gastronomie, seit Juli hat er auch selber eine: das »La Malo«. Der Wein- und Foodliebhaber machte vor zehn Jahren seinen Abschluss an der »Culinary School of Ferrandi« in Paris und wurde direkt Chefkoch eines vegetarischen Pariser Restaurants. 2011 kam er nach Berlin und widmete sich in den Kreuzberger »Prinzessinengärten« der gesunden saisonalen Naturküche.

VENI, vidi: vin.                                                                                                                                                       Foto: hlb

Sein »La Malo« ist Café, Restaurant und Weingeschäft in einem. Lejeune versteht das helle, karg, aber mit Holzmöbeln und Pflanzen freundlich eingerichtete Lokal als »Néo-Bistrot«-– weltläufig, innovativ und durch gutes Essen und Trinken überzeugend. Rinderherz und Wein? Aber natürlich! weiterlesen

Chapeau, Jurassica Parka

Hauptberuflich Frau

Jurassica Parka.                                                       Foto: M.Olszinksi

Mario Olszinski wurde 1979 in Neukölln geboren und ist dort auch aufgewachsen. Er studierte Kommunikationsdesign und war in Werbeagenturen als »Art Director« erfolgreich. Ab 2003 trat er nebenberuflich so lange als Travestiekünstler auf, bis er merkte, dass ein Bürojob unter der Woche und die Bühnenarbeit am Wochenende nicht befriedigend zu stemmen waren. Deshalb tauschte er 2008 mutig den »ordentlichen Beruf« gegen seine Berufung Travestie ein.
Seitdem ist Mario Olszinski hauptberuflich: Frau. Das ist seine erfüllte, gelebte und inzwischen auch einträgliche Leidenschaft. Seine gegengeschlechtliche Kunstfigur heißt Jurassica Parka, eine Verballhornung aus Jurassic Park und Sarah Jessica Parker, deren beider Fan er ist. Chapeau, Jurassica Parka weiterlesen

Unstable Fakers of Change in Self

Die inspirierende Kraft von 20 Cent

Auf den ersten Blick: Im Maschinenraum M0 auf dem Kindl Gelände sieht es aus, als wenn morgen wieder der Bautrupp kommt. Gerüste stehen im Raum verteilt, dazu stoßen Videos mechanische Klänge aus, in der Endlosschleife steckend. Auf den zweiten Blick zeigen sich in dieser konstruktiven Eckigkeit Feinheiten, eine elegante Akribie ist zu entdecken.

Stabile Unstabilität.Foto: pr

Die Skulpturistin und Videokünstlerin Sofia Hultén hat in der großen Halle M0 neun Installationen aufgestellt, die auf Gerüsten ruhen. Ausgangspunkt ist eine italienische 20-Cent-Münze, auf der Umberto Boccionis 1913 entstandene Bronzeplastik »Unique Forms of Continuity in Space« zu sehen ist. Dieses futuristische Werk wollte die Bewegung eines Körpers und dessen Dynamik im Raum sichtbar machen. Sofia Hultén hat die Anfangsbuchstaben U-F-o-C- i-S genommen und ihrer Installation den Titel »Unstable Fakers of Change in Self« gegeben. Auf den Grundgerüsten finden sich Gegenstände zunächst alltäglicher Art: Baunetz, Rundschlinge, Blecheimer, Holzplatte, Kabelbinder, Plastilinkugel und italienische 20-Cent-Münzen. Die Spuren, die die Künstlerin dabei hinzufügt, lassen sich durch Videosequenzen nachvollziehen. Unstable Fakers of Change in Self weiterlesen

Ötzi auf der Durchreise in Britz

Der Mann aus dem Eis ist da

Ötzi in voller Montur.                                                                                                                                          Foto: mr

Es war eine archäologische Sensation, als 1991 Wanderer in den Ötztaler Alpen die mumifizierte Leiche eines Mannes fanden, der vor rund 5.300 Jahren gelebt hatte. Einen so gut erhaltenen Menschenkörper aus der Jungsteinzeit hatte die Welt noch nicht gesehen.
Unter dem Titel »Ötzi – Der Mann aus dem Eis« präsentiert Schloss Britz bis zum 17. Februar 2019 die Wanderausstellung des Neanderthal Museums und des Magazins GEO, die über die letzten Stunden der legendären Gletscherleiche erzählt, die unter ihrem Spitznamen Ötzi weltberühmt wurde. Wer war Ötzi? Wie lebte er, warum begab er sich auf den gefährlichen Weg in die Berge, und warum musste er inmitten von Schnee und Eis sterben?
Viele Indizien sprechen für einen prähistorischen Kriminalfall. »Ein Pfeilschuss von hinten durchstieß das linke Schulterblatt und drang bis kurz vor die Lunge vor: »Ein Blattschuss«, beschrieb Carina Bammesberger, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Neanderthal Museums, den Tathergang bei der Ausstellungseröffnung am 19. November. »Mit Ötzi tritt ein Einzelschicksal aus dem Dunkel der Geschichte. Ein Mensch, über dessen Leben und dramatisches Sterben wir immer mehr Details erforschen und erfahren und der uns somit nahe wird«, sagte sie. Ötzi auf der Durchreise in Britz weiterlesen

Schlagzeug und Fagott treffen Bücher

Ein spannendes Konzert fand am Donnerstag, den 29. November in der »Helene-Nathan-Bibliothek« statt. Die Kombination Fagott-Schlagzeug ist äußerst selten.

Heiko Löchel und Philippe Carnoy.                                                                                 Foto: Kathrin Schrader

Zudem kommen beide Musiker aus ganz unterschiedlichen musikalischen Bereichen, der Fagottist Heiko Löchel aus der zeitgenössischen Musik, der Schlagzeuger Philippe Carnoy vom Jazz. Die Improvisationsmusik bietet ihnen die Möglichkeit, ihre verschiedenen musikalischen Wurzeln miteinander in Einklang zu bringen und zu verschmelzen.
Heiko Löchel erklärte dem Publikum in kurzen Redebeiträgen zwischen den Stücken das Wesen der Improvisationsmusik. Teils bilden musikalische Skizzen die Grundlage, teils werden Geschichten vertont. Manchmal wird aber auch ohne Vorgaben völlig frei gespielt.
Als Gast war der Pianist und Komponist Detlof Drees geladen. Dessen Solostück wurde von Löchel gekonnt interpretiert und im zweiten Teil vom Pianisten und Komponisten Drees am Klavier begleitet.
Die nachfolgende Improvisation von Drees, Löchel und Carnoy bildete einen gelungenen Abschluss eines ungewöhnlichen Konzert­abends.

pschl

Alabaster, Papier und ein Schwarm

Künstlerportrait über Line Claudius

Als Kind besuchte Line Claudius eine Malerin in ihrem Atelier, sie war fasziniert und sagte sich, das mache ich, wenn ich alt bin. Malerin ist sie nicht geworden, Künstlerin aber doch. Sie wuchs in Hamburg auf und lebt seit mehr als dreißig Jahren in Berlin. Anfangs stand sie Modell bei Bildhauer- und Aktzeichenkursen, bis sie selbst ihre Liebe zu den Steinen und zum Zeichnen entdeckte. Sie arbeitet vor allem mit Marmor und Alabaster.

Alabasterkörper.                                                                                                          Foto: pr

Ihre feinsinnigen, schmiegsamen Skulpturen aus Alabaster haben eine lichtdurchscheinende Leichtigkeit. Für Claudius trägt das Material zugleich Stabilität, Weichheit und Dehnbarkeit inne. Sie sucht sich einen Stein aus, hat eine schlummernde Idee, schleicht manchmal wochenlang um ihn herum und fängt dann an, ihn zu bearbeiten, steigt in den Stein ein, und er gibt zurück. Steine zu hauen: »Das Schönste ever, es gibt fast nichts Schöneres«, erzählt sie. Alabaster, Papier und ein Schwarm weiterlesen

Intime Klänge im Dezember

Von Melbourne nach Berlin in der Salonmusik

Die Musikerin Anna Morley wurde im australischen Melbourne geboren und wuchs in Ballarat auf, 120 km entfernt von Melbourne. Bereits in der Grundschule hatte sie großes Interesse an Musik. Zuerst lernte sie Geige, dann Vibraphon und Perkussion. Nach ihrem High School Abschluß begann sie ein Studium der Orchesterperkussion am »Melbourne Conservatorium of Music«. Am »Victorian College of Arts« machte sie dann ihren Bachelorabschluss. Es hielt sie aber nicht in Australien. Sie zog nach Barcelona, wo sie sieben Jahre lang lebte und, inspiriert durch das mediterrane Flair der Stadt, ihre erste EP »Character« und ihr erstes Album »Red Balance« herausbrachte. Die nächste Station war Berlin, wo sie noch heute lebt. Dort veröffentlichte sie mehrere Alben und gab Konzerte in Klubs und auf diversen Bühnen. Bei ihren Auftritten spielt sie zusätzlich zum Vibraphon auch Keyboard, singt und setzt in ihren außergewöhnlichen Kompositionen auch elektronische Beats und Samples ein. Am 2. Dezember war sie mit dem Cellisten Nikolaus Herdieckerhoff zu hören. Dieses Duo mit dem programmatischen Namen »Reise« entführte das Publikum auf eine faszinierende sphärische Schall-Reise.

Nos Envolées.                                                                                                                             Foto: Benjamin Riehm

Ganz anders verlief das Leben des Saarländers Benjamin Riehm. Nachdem er mehrere Jahre als Jugend- und Heimerzieher gearbeitet hatte, wandte er sich 2005 von seinem ursprünglichen Beruf ab, um sich auf seine Leidenschaften Musik und Film zu konzentrieren. Intime Klänge im Dezember weiterlesen

von Neuköllnern für Neuköllner