Nachruf

Michael Anker

Alles was Michael Anker –1957-2020– anfing machte er leidenschaftlich und hingebungsvoll.
Michael Anker wollte die Rede für seine Trauerfeier an sich selbst verfassen, damit, O- Ton: »Nicht, dass so ein dahergelaufener Trauerredner irgendeinen Quatsch über mich erzählt.« Leider fehlte ihm dazu die Kraft.
Die Trauergäste wurden am 20. Oktober. beim Eintreten in »Kutschen-Schönes« Trauerhalle mit der »Internationale« empfangen, Michas letzter Gruß an seine Weggefährten.
Die einfühlsame Trauerrede, die Marion in Absprache mit Michas Frau Luzie und seiner Tochter Karla verfasst hatte, sei hier in Auszügen wiedergegeben.
»Schon als Jugendlicher hinterfragte Micha kritisch tradierte, gesellschaftliche Normen und Werte und begann, sich mit den Klassikern des Marxismus- Leninismus zu beschäftigen. Er wurde Kommunist und blieb es sein Leben lang.
Sein nie nachlassendes politisches Engagement begann bereits Anfang der 70er Jahre im Alter von nur 13 Jahren durch die Teilnahme an Demonstrationen gegen den US- amerikanischen Krieg in Vietnam, Laos und Kambodscha und als Unterstützer und Bewohner des ersten besetzten Hauses in Westberlin – dem Bethanien.
In der Vielschichtigkeit der politischen Auseinandersetzungen dieser Zeit fokussierte sich Michas Interesse zunehmend auf die Missstände in der Westberliner Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. Seitdem war er kontinuierlich in unzähligen Stadtteilinitiativen aktiv, aber auch in Gremien- und parteipolitischer Arbeit. Besonders hier, in seinem geliebten Rixdorf, wird er präsent bleiben.
Seit 2006 war er Mitglied und auch Sprecher des Quartiersrates Richardplatz- Süd, er war Mitbegründer des Neuköllner Mietenbündnisses wie auch des Kiezforums Rixdorf. Als Mitglied des »KoMed e.V.« und Unterstützer des »Café Linus« initiierte er unvergessene Beiträge im Rahmen von 48 Stunden Neukölln.
Unvergessen ebenfalls sein jahrelanger Kampf für ein verkehrsberuhigtes Rixdorf. Den Einbau der Schnalle am Karl-Marx-Platz begrüßte er als großen Erfolg, auch den Plan, zwei Rixdorfer Kissen am Richardplatz einzubauen. Den Beginn der Bauarbeiten dafür verfolgte er interessiert und erkundigte sich noch im Krankenhaus nach dem Fortschritt der Arbeiten.«
Micha war ein streitbarer Geist und hatte nicht nur Freunde.
Vor allem jedoch war er: »Liebevoller Familienvater, Lebensgefährte und Ehemann, Genussmensch Radfahrer, Sammler, U- Boot- Modellbauer, Modelleisenbahner und Fotograf. Es war ihm ein Bedürfnis, Luzie – nach langjähriger Verlobung – vor seinem Tod noch zu heiraten. Im Krankenhaus gaben sie sich das Ja- Wort.
Getreu dem 68er Motto: »Alles Private ist Politisch« lebte Micha seinen nicht unbedingt gesellschaftskonformen, eher provokanten Lebensentwurf.«
Auf seinen Wunsch hin wird Micha kremiert und anonym bestattet.
Wir trauern um Michael Anker und werden ihn vermissen.

bs