Ein Busfahrer macht Kneipenzirkus

Die »Bergklause« hält die Nachbarschaft zusammen

Otto und das Palastorchester. Foto: th

Otto, der Inhaber der »Bergklause« in der Boddinstraße, raucht entspannt eine Zigarette und erzählt, wie er als Busfahrer dazu kam, seine vorherige Stammkneipe vor fünf Jahren zu übernehmen. »Es gab keinen Nachfolger. Damit es hier weitergeht, bin ich eingesprungen.« Dieser Schritt wird ihm gedankt. Tags­über kommen die älteren Gäste, einer ist bereits neunzig Jahre »jung«, andere etwas »jünger«, alle sind Neuköllner Urgesteine aus der Nachbarschaft. Abends kommen die »jungen hippen Leute«, die die urige »Zirkus­atmosphäre« lieben.
Zuvor hat Otto als Busfahrer auf Tourneen für prominente Musiker gearbeitet. Anfang Februar überreichten ihm zwei Musiker des »Max Raabe und sein Palastorchester« ein anerkennendes Foto mit Widmung des Orchesterchefs. Er ist auch mit »Modern Talking« und Gitte Haenning bekannt, um nur einige weitere zu nennen. Wenn er sechs Tage mit ihnen auf Tournee war, hatte er einen Zugang als Backstagegast und lernte auch die Familien kennen. Als erfahrener Busfahrer hat er »die Ruhe weg«. »Das ist eine sehr gute Schule. In der Kneipe müssen wir natürlich auf den Alkoholkonsum achten. Rauswerfen mussten wir bislang noch niemanden.« Die Wirtin Karin, schon im Rentenalter, gut bekannt bei den Stammgästen, beschäftigt er weiter. Abends kellnert eine Frau, »die auch mal etwas resolut werden kann«. Die günstigen Bierpreise wird er zum März leicht anheben, »doch der Korn bleibt bei einem Euro. Der wird hier gern getrunken und ich bin es meinen Stammgästen schuldig«. Zwischen 18 und 21 Uhr entsteht ein »Besucherloch«, die älteren gehen, bevor die jüngeren Gäste kommen. Alle sind davon begeistert, dass Otto eine »Erinnerungsecke« mit Fotos pflegt. Es zeigt Motive des Zirkusdompteurs Heppner. Der hat mit Raubtieren und Elefanten gearbeitet, während seine Frau die »Bergklause« betrieb und Otto als Stammgast zur Entspannung vom Busfahren kam.
Die Sorgen seiner Gäste bekommt er mit: »Sie haben alle Angst um ihre Wohnung. Es wird viel in Eigentum umgewandelt. Sonstige Mieten können sich hier oft nur Wohngemeinschaften leisten.« Zum Jahresende steht für ihn eine Neuverhandlung des Mietpreises für die »Bergklause« an. Der Ausgang ist offen.

th
Bergklause am Rathaus, Boddinstraße 64. Neukölln, U7 Rathaus Neukölln