Bibliothek stöhnt unter den Aufgaben

Zu wenig Personal für zu viele Besucher

Vom Schnupperbesuch für die Kleinen bis zu Suchstrategien im Informationsdschungel, die »Helene-Nathan-Bibliothek« bietet mehr als die Ausleihe von Büchern.
BibliothekMorgens vor der Öffnungszeit kommen bereits Schulklassen, die Projektarbeiten machen, oder Kitagruppen, die hier spielerisch erste Erfahrungen mit der Bibliothek sammeln. Schüler werden beim Erwerb von Sprach- und Lernkompetenz unterstützt, Hausaufgabenhilfe wird angeboten. Die Musik­abteilung ist eine der größten Berlins und wird von Musikern aus der gesamten Stadt genutzt. Daneben werden Ausstellungen organisiert und Leseabende angeboten.
Bis zu 2.000 Besucher kommen täglich. Viele Schüler lernen hier, weil ihnen zu Hause der Platz und die Ruhe fehlt. Besonders den Mädchen aus Migrantenfamilien, die sonst unter strenger Kontrolle gehalten werden, bietet die Bibliothek einen gewissen Freiraum. Es kommen aber auch Jugendliche, die es »cool« finden, im Einkaufszentrum »abzuhängen«, und die dabei auch mal einen Abstecher in die Bibliothek machen. Da der Platz aber beschränkt ist, kollidieren diese unterschiedlichen Interessen mitunter und es kommt zu Auseinandersetzungen. 40 Prozent ihrer Arbeitszeit wenden die Mitarbeiter dafür auf, für Ordnung zu sorgen. Dabei kommt es offenbar auch häufiger zu Pöbeleien seitens der Jugendlichen, die sich insbesondere vom weiblichen Personal nichts sagen lassen wollen.
Hinzu kommt die außerordentlich angespannte Personalsituation. Auf eine große Anfrage der Linken in der Bezirksverordnetenversammlung vom 25. Februar sagte Bildungsstadträtin Franziska Giffey, dass derzeit wegen Krankheit, Sonderurlaub oder Altersteilzeit mehrere Stellen längerfristig nicht besetzt seien. Für zwei Leitungspositionen, die seit dem letzten Jahr unbesetzt sind, werden derzeit aber Ausschreibungen vorbereitet.
An der Platzsituation werde sich vorläufig nichts ändern, sagte sie, da es dem Fachbereich Bibliotheken bislang nicht gelungen sei, weitere Räume in den »Neukölln Arcaden« anzumieten. Für die Jugendlichen, die nicht an der Bibliothek interessiert sind, stehe demnächst aber wieder das komplett sanierte »Jugendzentrum Lessinghöhe« zur Verfügung.
Nachdem die Bibliotheksmitarbeiter kürzlich in einem Brandbrief an die Stadträtin auf die schwierige Situation hingewiesen hatten, bekommt die Bibliothek jetzt erst einmal einen Wachschutz. Der soll dafür sorgen, dass die Hausordnung durchgesetzt wird, damit sich die Bibliothekare wieder ihrem Kerngeschäft widmen können.

mr