Kreative knüpfen Kontakte

»Kulturnetzwerk Neukölln Kreativkongress 2014«

Neukölln verändert sich rasant – was können die Kreativen tun, um diesen Prozess aktiv mitzugestalten? In welcher Position befinden sich dabei die Kreativen? Wie können sie auf die Verhältnisse und den Wandel im Bezirk reagieren, sich zusammenschließen und kollektiv agieren?
Das waren die Kernfragen, die auf dem »KNNK Kreativkongress 2014«, der am 17. Oktober im »Prachtwerk« in der Ganghofer Straße stattfand, in lebhaften Diskussionen und Panels eingehend besprochen wurden. Geladen hatte das »Kreativnetz Neukölln e.V.« (KNNK), ein Zusammenschluss von circa 100 Neuköllner Kreativunternehmen.
Franziska Giffey, Stadträtin für Bildung, Schule, Kultur und Sport, beschrieb in ihrem Grußwort das Spannungsfeld, in dem sich die Kreativwirtschaft in Neukölln bewegt. 80 Prozent der Schüler sind lernmittelbefreit. Das bedeutet, die Familie lebt von Transferleistungen des Staates. Auf der anderen Seite schießen die Clubs und Szenekneipen in Nord-Neukölln aus dem Boden. Die Neu-Neuköllner verdrängen die Alteingesessenen, die Mieten, auch die Gewerbemieten, steigen rasant. Diesen grundverschiedenen Lebenswelten gelte es gerecht zu werden, so Giffey. Die Kreativwirtschaft stehe dabei auch in der Verantwortung.

Stefanie Raab, Geschäftsführerin von »coopolis«, ein Neuköllner Planungsbüro für Stadtentwicklung, stellte die vom »Kreativnetz Neukölln e.V.« in Auftrag gegebene »Studie zur Neuköllner Kreativwirtschaft« vor. Die Studie soll den aktuellen Stand der Kreativen beschreiben und eine Bestandsaufnahme der Neuköllner Kreativ­unternehmen leisten. Die Ergebnisse bestätigten eher die Einschätzungen der Bezirkspolitiker und der Kreativnetzwerker. Demnach ist Neukölln nach wie vor noch ein attraktiver Standort mit bezahlbarem Arbeits- und Lebensumfeld.
Doch viele Kreative leben in prekären Verhältnissen, können von ihrer Arbeit nicht leben. Sie finanzieren sich privat (Familie), über Transferleistungen (JobCenter) oder in einzelnen Fällen auch über klassisches Mäzenatentum. Über 50 Prozent der Kreativunternehmen arbeiten in ihrer eigenen Wohnung, viele von ihnen würden aber gerne einen separaten Arbeitsraum mieten.
In den Panels wurde deutlich, wie wichtig es ist, sich zu vernetzen und sich mit Gleichgesinnten zusammenzufinden. Gerade beim Thema »Raum und Gewerbe in Neukölln – Suche und Bezahlbarkeit von Büro‑, Werkstatt-, Probe- und Atelierräumen« wurde deutlich, was möglich ist, wenn Menschen Objekte zusammen mieten oder gar kaufen. Das Beispiel »Holzmarkt Genossenschaft« zeigt, dass es viel privates Geld gibt, dass nach einer sinnvollen Anlagemöglichkeit sucht. Mit Mut und Phantasie können sich die Kreativen langfristig die Nutzung von größeren Gewerbeobjekten sichern und sich von kurzfristigen Marktentwicklungen unabhängig machen.
Im Panel »Matching – Kreativwirtschaft und andere Branchen – Wie kommen unterschiedliche Branchen zusammen, was sind gegenseitige Erwartungen?« lud Armin Seitz, Vorstand des »Unternehmensnetzwerk Neukölln-Südring e.V.«, die Interessenvertretung von Neuköllner Unternehmen aller Branchen und Größen und die Kreativwirtschaft zur Kooperation ein. Er forderte die Unternehmen auf, aktiver nach außen zu treten und sich bekannt zu machen. Da sei es hilfreich, wenn das Kreativunternehmen bei seinen Kunden bereits »im Hinterkopf herumschwirre.« Und: »Die konservativen Unternehmen ziehen oft noch den persönlichen Kontakt einer E-Mail vor.«
Es ist zu hoffen, dass dieser Kongress keine Eintagsfliege war, sondern der Startschuss für ein aktives Kreativ- und Kulturnetzwerk in Neukölln ist.

rb