Das Café »Hoven« in der Pflügerstraße ist von queerfeindlichen Angriffen betroffen
Danjel Zarte sieht müde aus, als er mich zum Gespräch empfängt. Er hat heute morgen erneut drei Strafanzeigen verfassen müssen. Unter anderem ist das kleine Lokal mal wieder mit rohen Eiern attackiert worden. Vorm Öffnen am Morgen mussten die Fenster geputzt werden.
»Die Attacken fingen an in dem Moment, als ich während der Renovierung vor zwei Jahren hier die Leuchtschrift QUEER AND FRIENDS hinterm Tresen angebracht habe.«

Seitdem gibt es immer wieder Angriffe auf sein Lokal, das offen für Vielfalt eintritt.
»Hier reißen öfter junge Männer die Tür auf und spucken in den Raum oder brüllen Schimpfworte. Es gab Drohungen. Angestellte sind verprügelt worden. Deshalb will hier niemand allein am Tresen stehen – vor allem abends nicht. Da steigen meine Personalkosten. Die vielen Vandalismus-Attacken zahlt auch keine Versicherung«, erzählt Daniel Zarte. Es gab auch schon Überfälle. »Deshalb gibt es bei uns jetzt nur noch Kartenzahlung, damit wir kein Bargeld mehr dahaben müssen.«
Danjel Zarte hätte nicht erwartet, dass solche Probleme so massiv hier im eigentlich als weltoffen bekannten Reuterkiez auf ihn zukommen. In seinem anderen Lokal »Große Freiheit« in Friedrichshain ist die Lage deutlich entspannter.
Die Angriffe kommen vor allem von »migrantisch gelesenen« Teenagern, die – so vermutet Zarte – zu wenig andere Angebote für Jugendliche in Nord-Neukölln haben. Aber auch Rentnergruppen pöbeln gelegentlich vor seinem Lokal und brüllen Beleidigungen. Die Anzeigen beim Ordnungsamt von Nachbarn auf der anderen Straßenseite, die sich etwa über zu weit herausragende Flaggen oder Ruhestörung beschweren, haben inzwischen nachgelassen.
Nachdem sich im Dezember Angriffe mit Feuerlöschern und brennenden Mülltonnen gehäuft hatten, schaut immerhin regelmäßig eine Polizeistreife vorbei. Aber der wirtschaftliche Schaden durch die abgesagten Weihnachtsfeiern ist noch spürbar.
Helfen würde, wenn der Bezirk endlich Kellerräume des Lokals für Veranstaltungen baurechtlich abnehmen würde. Denn Veranstaltungen wären wichtig, um das Lokal rentabel zu machen. Das »Hoven« will kein exklusiver Ort für queere Yuppies sein, sondern bemüht sich um ein friedliches Zusammenleben aller im Reuterkiez. »Alle Menschen sind willkommen!« – das ist Danjel Zarte wichtig. Deshalb sollen die Preise bezahlbar bleiben. Ein hehrer Anspruch angesichts der vielen Schwierigkeiten.
Aber Danjel Zarte erfährt auch immer wieder Zuspruch, Unterstützung von Nachbarn, positives Feedback. Das ermutigt ihn. So schnell gibt er nicht auf. Wegen der Nutzung seiner Veranstaltungsräume ruft er gleich wieder im Bezirksamt an. »Ich hoffe, jemand nimmt das Telefon ab.«
Katja Neppert,
Das Hoven, Pflügerstr. 19
Aktueller Termin:
14. Juni, 12:00-22:00, 15. Juni, 12:00-20:00
Queer & Friends – Fest der Liebe, Straßenfest mit Bühnenprogramm, Infoständen, Eröffnungsrede von Bezirksbürgermeister Martin Hikel