Fieberhaftes Impfen gegen die Misere

Niedergelassene Ärzte und Ärztinnen legen sich ins Zeug

Schlange stehen mit Abstand, das findet auch vor den Türen von Ärztinnen- und Arztpraxen statt. Anti-Corona-Impfungen müssen mit den anderen Patientenversorgungen kombiniert werden. Doch es geht zügig. Das Team der Gemeinschaftspraxis von Dr. Christine Bonitz und Dr. Isabella Binnewies-Sawin in der Anzengruberstraße ist durch die lange Dauer der Pandemie eingespielt auf diese stressigen Situationen.

Eine zusätzliche Ärztin kümmert sich als Impfbeauftragte ausschließlich um Impfungen, sie hat dafür ihren Ruhestand unterbrochen. Die allermeisten Arztpraxen beteiligen sich an der Impfkam­pagne.
Dazu nennt die Kassen­ärztliche Vereinigung Berlin beachtliche Zahlen. Von den 3.000 niedergelassenen Ärzten beteiligten sich 2.703 Praxen und 3.315 Ärztinnen und Ärzte im Zeitraum vom 17. März bis 30. Dezember 2021 an Impfungen. Durch dieses Engagement wurden insgesamt mehr als drei Millionen Menschen geimpft, davon entfallen mehr als jeweils eine Million auf Erst- und Zweitimpfungen, sowie derzeit etwas weniger als neunhunderttausend auf das Boostern. Sobald mehr Impfstoff vorhanden sein wird, steigt auch die Zahl der Komplett-Geimpften. Aufgrund der aktuellen Viermonatsregelung hängen viele Menschen noch in der Warteschleife für Auffrischungen.
Währenddessen wächst die Infektionsgefahr durch Omikron stark an. Entsprechend finden neue Wortschöpfungen statt, durchaus mit großer Berechtigung. Es gilt »eine Wand zu errichten«, nicht mehr nur darum, »Wellen zu brechen«. Professor Christian Drosten von der virologischen Abteilung der Charité, der jetzt auch Berater der neuen Bundesregierung ist, hat ins Gespräch gebracht, dass statt der bislang gut laufenden 2G- und 2Gplus Regelung 1G praktiziert werden könnte.
In den Krankenhäusern sind nicht nur die Intensivbetten knapp, auch die Triage ist nicht mehr nur theoretisch. Die Mediziner und Medizinerinnen müssen abwägende Entscheidungen treffen, welche Menschen prioritär behandelt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem jüngsten Urteil entschieden, dass insbesondere die Rechte von Behinderten geschützt werden müssten, wozu ein neues Gesetz erforderlich sei. Unabhängig davon stellt Christian Drosten pointiert fest, die Misere »liegt auf den Gesichtern der Patienten, ihrer Kinder und Lebenspartner. Und sie spiegelt sich in den Augen des medizinischen Personals wider.«

th