Bundesweite Bewegung für staatliches Gesundheitswesen

Streik für Pflegeschlüssel bei Vivantes war ein erster Erfolg

Mia arbeitet als Krankenpflegerin in der Psychia­trie, bis vor Kurzem im Krankenhaus Neukölln. Sie ist Mitglied in der Gewerkschaft Verdi. So bereitete sie die erfolgreichen Streiks im Pflegebereich bei Vivantes in diesem Sommer mit anderen Kollegen und Kolleginnen vor.

»Wir sind zufrieden mit den erzielten Pflegeschlüsseln für die Stationen, da ist ein beispielhafter Anfang gemacht. Außerdem ist es uns gelungen, für das Küchen- und Reinigungspersonal einen Tarifvertrag durchzusetzen. Diese Kolleginnen und Kollegen sind bei ausgegliederten Tochterunternehmen beschäftigt. Sie verdienen immer noch weniger als die Leute, die direkt bei Vivantes angestellt sind, haben aber mehr Sicherheit, da sie nun voll an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes angegliedert sind.«
Die Streiks waren seit dem Frühjahr Schritt für Schritt sehr gründlich vorbereitet und in den Belegschaften besprochen worden. Die Geschäftsführung und die Stationsleitungen ließen nichts unversucht, um solche Aktivitäten zu kontrollieren und möglichst zu unterbinden. »Es wurde Druck ausgeübt, der auch nach dem Streik anhält. Zuerst versuchte man es durch Einschränkungen der Kontakte der Verdivertreter mit dem Personal. Außerdem wurden die Verhandlungen über einen Notfallplan verzögert. Die Geschäftsleitung führte einen Gerichtsbeschluss herbei, der Warnstreiks untersagte. Das konnten wir kippen und die Streiks in Angriff nehmen. Ärgerlich bleibt weiterhin, dass die Landespolitik keine wirklichen Anstalten machte, über die Gesundheitssenatorin und den Finanzsenator Einfluss zu nehmen. Beide sitzen im Aufsichtsrat des Konzerns.«
Der Pflegenotstand sei allerdings bei Weitem nicht beendet, Corona habe die dramatische Lage lediglich für eine breite Öffentlichkeit offengelegt. »Es tut mir sehr weh zu sehen, wie viele aus dem Beruf aussteigen. Manche Auszubildenden wollen nach ihrem Abschluss gar nicht weiter machen. Es ist ein Beruf, den wir nur mit Herzlichkeit und unserem Interesse, Menschen zu helfen, ausüben können. Wenn wir am Ende des Monats auf das Gehalt schauen, klafft eine große Lücke zu dem, was wir tagtäglich leisten.«
In ihrem neuen Krankenhaus ist die Psychiatrie von der Somatik getrennt. »Vivantes verfolgt das im Prinzip richtige Konzept der offenen Türen. Doch leider durchmischen sich die Menschen mit unterschiedlichen Krankheitsbildern, es kann zu Aggressivität untereinander oder gegen das Personal kommen.«
»Das Gesundheitswesen gehört wieder vollständig in staatliche Hand. Derzeit werden im Rahmen der Privatisierung durch die Fallpauschalen riesige Profite gemacht, zu Lasten der Patienten und des Personals. Es ist notwendig, dass wir eine bundesweite Bewegung aufbauen, nach den guten Erfahrungen, die die gewerkschaftliche Vernetzung in Berlin gebracht hat.«

th