BVV wagt sich auf Youtube

Zuschauer chatten bei Livestreams mit

Großes Kino in der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Zum ersten Mal in ihrer Geschichte ist die BVV am 18. März live auf Youtube zu verfolgen. Das ist elf Jahre nachdem der heutige Stadtrat Jochen Biedermann (Grüne), damals noch Mitglied der BVV, den ersten Antrag stellte, die BVV als Livestream im Internet zu übertragen. Damals wurde dieses Ansinnen von den Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.
Der erste Tagesordnungspunkt betrifft die Nachbesetzung der Geschäftsführerstelle des Jobcenters Neukölln. Die CDU wirft dem Bezirksamt vor, die Stelle ohne Ausschreibung besetzt zu haben, ein Prozedere, das bisher offensichtlich üblich war, ohne dass jemand daran Anstoß genommen hätte. Der Grund dafür, dass sich die CDU jetzt aufrege, liege darin, dass eine Frau für den Posten vorgesehen sei, vermutet Mirjam Blumenthal (SPD). Der Antrag wird abgelehnt.
Die große Anfrage der CDU, die wissen will, warum der Betreiberin des »Atrium« im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt gekündigt wurde, wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt, weil die Frage so gestellt ist, dass die Beantwortung Persönlichkeitsrechte der Betreiberin verletzen würde. Das sorgt für Frust unter den Zuschauern, die ihrem Ärger im Chat Luft machen. »Nächste Woche geht‘s weiter«, tröstete der SPD-Bezirksverordnete Marko Preuß.
Die Sondersitzung, die die CDU-Fraktion beantragt hatte, hatte schon im Vorfeld für Ärger gesorgt. SPD, Grüne und Linke packten dabei gleich die ganz große Keule aus, indem sie der CDU in einer gemeinsamen Presseerklärung vorwarfen, den »demokratischen Konsens« zu verlassen. »Dies ist ein unverantwortlicher Versuch der CDU, mit eigenen Themen in den Wahlkampf zu starten, ohne Rücksicht darauf, dass dadurch innerhalb vier Wochen vier (!) Bezirksverordnetenversammlungen in Neukölln stattfinden.«
Am 24. März folgt dann schon die nächste Sitzung, die von den Zuschauern ebenfalls wieder mit lebhaften Chat-Kommentaren begleitet wird. Marko Preuß betätigt sich immer wieder als »Erklärbär«, wenn deutlich wird, dass die Zuschauer mit den Gepflogenheiten einer BVV so gar nicht vertraut sind.
Auf eine mündliche Anfrage der SPD, wie das Bezirksamt das Stadion im Werner-Seelenbinder-Sportpark regionalligatauglich machen will, versichert Sportstadträtin Karin Korte, dass beim Senat bereits finanzielle Unterstützung für die notwendigen Umbaumaßnahmen beantragt wurden. Das betreffe insbesondere den Bau der sofort erforderlichen Zäune und Barrieren sowie Tribünenarbeiten.
Auf die mündliche Anfrage der Grünen, ob nach dem tödlichen Unfall einer Radfahrerin in der Oderstraße die zwischen »Grüner Weg« und Emser Straße geplante Umgestaltung bis zur Silbersteinstraße ausgeweitet werden könne, antwortete Bezirksbürgermeister Martin Hikel, dass dieser Kreuzungsbereich für Radfahrer durch kurzfristige Maßnahmen wie Beschilderungs- und Markierungsarbeiten sicherer gestaltet werden solle. Längerfristige Maßnahmen könnten erst durchgeführt werden, wenn die Bauarbeiten der Wasserbetriebe beendet seien.
Die FDP versucht mit einer Entschließung die Umbenennung der Wissmann- in Lucy-Lameck-Straße noch zu verhindern. Sie nimmt den Welttag der Menschenrechte zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass Lamecks Wirken als Ministerin im tansanischen Einparteiensystem nicht mit der Wahrung der Menschenrechte in Einklang zu bringen sei. Der Antrag wird mit den Stimmen der SPD, Grünen und Linken abgelehnt.
Auch ein Antrag zur Geschäftsordnung, der die Redezeit bei Beratungen von Vorlagen zur Wahl und Vorlagen zur Kenntnisnahme begrenzen sollte, weil derartige Beratungen keine ausführlichen Debatten mehr erfordern, findet nicht die nötige Zwei­drittelmehrheit.

mr
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