Bezirksamt verhängt Zwangsgeld gegen Petruswerk
In der Gropiusstadt war 2010 noch jede dritte Wohnung sozialgebunden durch den »Wohnberechtigungsschein« WBS vermietet. Ende 2023 sind es nur noch 4,3 Prozent. Das berichtete der rbb Ende April. Der Beitrag ordnet das in eine Entwicklung für ganz Berlin ein.
Im Durchschnitt fallen demnach pro Tag zwölf Wohnungen aus der »Sozialbindung«. In kompletten Zahlen sieht es so aus: In 1990 gab es in Berlin Hunderttausende Sozialwohnungen, heute nur noch ein Viertel davon.
In Berlin sind derzeit 55.000 WBS ausgestellt. Anspruch haben nach Einkommen demgegenüber 1,1 Millionen Menschen. Die meisten bleiben auf der Strecke bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum.
Eine Sozialwohnung bedeutet, dass die Mieten gedeckelt sind. So lag dort die Miete 2023 bei rund sieben Euro pro Quadratmeter, auf dem freien Markt beim Doppelten. Diese Entwicklung ist praktisch ungebremst.
Dem rbb erläuterte Mathias Berndt, Direktor des »Leibnitz Instituts für Raumbezogene Sozialforschung« Leipzig, das Problem. Sozialwohnungsförderung finanziert der Staat mit Zuschüssen, die auch an private Hauseigentümer gehen. Dafür entsteht eine Bindung der Mieten für 20 bis 30 Jahre, danach reguliert der freie Markt.
Aufgrund der Berliner Finanzknappheit wurde vieles aus staatlichem Besitz verkauft. Die meisten Häuser sind im Besitz der Big Five »Deutsche Wohnen«, »Vonovia«, »ADO«, »Covivio« und »Grand City«. Bei ihnen ist ziemlich klar: Sie investieren möglichst wenig und ziehen die Mieten möglichst schnell hoch. Also man wohnt da teuer und schlecht.
Das erleben gerade bundesweit die Mietenden der »Vonovia« und der »Adler Group« in der Weißen Siedlung. »Adler« kommt dort allenfalls schleppend und auf Druck der Mieter und Mieterinnen der Instandhaltung nach. Die »Vonovia« gilt nach Angaben des »Handelsblatt« und des Magazins »Der Aktionär« derzeit noch als »hochverschuldet«, saniert sich aber über Verkäufe und versuchte Miet- und Nebenkostenerhöhungen und bleibt als DAX-Konzern für Investitionen gefragt.
Das gilt aber nicht nur für die »Big Five«. In Neukölln hat das Bezirksamt nach eingehender Prüfung ein Zwangsgeld gegen das Katholische Petruswerk verhängt, da im Hochhaus »Ruth« im neugebauten »Wohnpark St. Marien« Wohnungen seit längerem leerstehen.
Hilft der Bau von Sozialwohnungen gegen das drückende Fehlen von bezahlbarem Wohnraum?
Der Senat will jedes Jahr 5.000 Sozialwohnungen bauen. 2025 stehen dafür rund 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung.
Der Leipziger Wohnraumexperte Mathias Berndt empfiehlt, das Geld in Genossenschaften, Stiftungen und Landeseigene Wohnungsgesellschaften zu investieren statt in profitorientierte Konzerne. »Ansonsten ist nach ein paar Jahrzehnten der Fördereffekt verpufft und man fängt wieder von vorne an.« Er plädiert dafür, die »Vergesellschaftung« des privatisierten Wohnungssektors voranzutreiben.
th