Ein Versuch, Antirassimus auf eine marxistische Basis zu stellen
Sehr fundiert und gewagt zugleich gehen acht Autorinnen und Autoren daran, Karl Marx und seine Kapitalismuskritik zu aktualisieren. Dabei setzen sie sich kritisch mit bestehenden wissenschaftlichen und politischen Ansätzen auseinander, die dem aus ihrer Sicht vorherrschenden Strömungen des Antirassismus zu Grunde liegen.
Diese Aktualisierung der Theorie und Methodik von Karl Marx geht weiterhin davon aus, dass der Kapitalismus als Warengesellschaft auf der Produktion von Mehrwert durch die Arbeiterklasse basiert, und damit auf Ausbeutung. Durchgängig wird ebenso der Begriff der Überausbeutung verwendet. Nur auf dieser Basis sei es möglich, gemeinsame Kämpfe der Arbeiterklasse gegen die Vorherrschaft des Kapitalismus zu organisieren. Der Klassenbegriff wird weiter gefasst als im neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert, die arbeitende Bevölkerung hat sich um Intellektuelle erweitert, die der Kapitalproduktion und -verwertung unterliegen.In Deutschland wie weltweit gibt es natürlich Unterschiede nach Herkünften, Hautfarben und Geschlechtern. Ein großer Teil der Erwerbstätigen unterliegt in diesem Rahmen der Überausbeutung, die sich in der schlechteren Entlohnung von Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund zeigt, ebenso wie bei den Arbeitsbedingungen in vielen afrikanischen und asiatischen Ländern.
Die Autorinnen und Autoren, welche wissenschaftlich, politisch theoretisch und publizistisch tätig sind, geben einen Überblick über im Antirassimus gängige Ansätze wie »Diversität«, »Intersektionalität« und »Gender«. Die lesenswerte Analyse reichert die antirassistische und antikapitalistische Debatte an. Dennoch müssen sich die engagierten Verfasser und Verfasserinnen die Kritik gefallen lassen, dass ein klassenspezifischer Ansatz allein nicht reicht. Die aktuellen heftigen gewerkschaftlichen Kämpfe derzeit auch in der Bundesrepublik drehen sich vollkommen berechtigt um ökonomische Fragen und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Der linke politische Protest gegen die Politik der Bundesregierung findet sehr richtig auf der Straße statt. Doch in Deutschland fehlt noch das Recht auf einen politischen Streik, um die Kämpfe auf der Straße und die Tarifkämpfe effektiv zu verknüpfen.
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Eleonora Roldán Mendívil, Bafta Sarbo (Hrsg.), Die Diversität der Ausbeutung. Zur Kritik des herrschenden Antirassimus. Dietz Berlin 2022, 18,- Euro.