Flugmodus hilft gegen Handysucht
Selten gibt es heute noch ein Treffen, bei dem nicht mindestens ein Anwesender kurz oder auch länger sein Smartphone zückt. Die beiden Studenten, Benno und Wenzel aus Neukölln, verweigern bewusst diesen Trend. Sie sind sich sicher, dass sie sich gerade deshalb im Hörsaal kennen lernten, weil sie sich sonst vermutlich übersehen hätten.
WhatsApp, Twitter oder Facebook sind fast überall empfangbar. Wie von einer Seuche ergriffen, checken viele ständig und überall immer wieder ihr Smartphone. Die Sucht nach »likes« oder einer ultimativen »Message« verändert fast unumkehrbar jedes Zusammensein.
Laut einer Studie der Universität Bonn schaltet ein Smartphone-User im Schnitt 88 Mal am Tag sein Gerät ein. 35 Mal nur, um die Uhrzeit oder den Nachrichtenstand zu prüfen. Dagegen 53 Mal, um dann auch zu surfen, zu chatten oder Apps zu nutzen. Alle 18 Minuten der wachen Zeit wird auf so ein Gerät geschaut, was sich letztlich pro Tag auf zweieinhalb Stunden addiert, von denen nur sieben Minuten telefoniert werden.
Tatenlos wollten die Beiden diesen Trend nicht hinnehmen und gründeten 2015 die RASF, die »Radikale-Anti-Smartphone-Front« www.rasf.eu. Radikal, abgeleitet vom lateinsichen Radix (Wurzel), weil sie versuchen, das offensichtliche »Übel« des allgegenwärtigen Handygebrauchs an der Wurzel zu packen. Um nicht nur den Beelzebub mit dem Teufel auszutreiben, also allein digital, intervenieren sie regelmäßig auch analog, per Flyer und Gespräch. Dazu tauchen sie an belebten Orten auf, um vorm Suchtpotential zu warnen, das offensichtlich in diesem Gerät steckt. Und das, lange bevor unsere Bundesdrogenbeauftrage darauf reagierte.
Beide Initiatoren versuchen, Smartphone-User anzuregen und dafür zu gewinnen, gelegentlich den Flugmodus zu aktivieren, damit ein Hier und Jetzt auch mit den gerade Anwesenden wahrgenommen werden kann. Wem ihr »Manifesto« der Homepage zu lang ist, kann mit »4 Thesen der RASF« http://rasf.eu/?p=340&lang=de eine schlüssige Kurzfassung dazu lesen.
Ihre postkartengroßen Slogans, wie »Lieben statt Liken!«, oder »Kinder statt Tinder« kommen an. Ob auch dauerhaft und nachhaltig, wird die Zukunft zeigen.
rr