Archiv der Kategorie: Gastronomie

Gefüllte Taschen für leere Mägen

»No Name«, aber leckere türkische Küche

Lange standen sie leer, die Räume des irgendwie schon legendären »Salon Petra«, an dessen wunderbare Jazzkonzerte, Sessions, Lesungen und Partys sich die Stammgäste noch immer wehmütig erinnern. Nun bereichert seit Ende Oktober ein Bistro-Café namens »No Name»– direkt neben der kultigen Musikeckkneipe »Oase« – das kulinarische Angebot auf der Hobrechtstraße nahe des Maybachufers.

Die türkische Familie, die seit 14 Jahren die Bäckerei Mert schräg gegenüber betreibt, hat viel Geld in Umbau und Dämmung des Ladens investiert und ein luftig-lichtes und durch die braun-beigen Polster und die gemusterte Tapete links im Raum angenehm modernes Lokal geschaffen, in dem auf selbstgemachte Leckereien aller Art – mit orientalischem Einschlag – gesetzt wird. »Unser Anliegen ist es, dass jeder etwas für sich bei uns findet«, so der Chef.

NO Name nötig.Foto: hlb
NO Name nötig.                                                    Foto: hlb

Und so sind neben französischen, türkischen und vegetarischen Frühstücken im Angebot (Hungrige mögen jetzt besser weglesen – oder hingehen): Linsen-, Joghurt-, Hühner-, Nudel- und Gemüsesuppe, Köfte, Sucuk, Hühnerschnitzel, Geflügelfrikadellen, Rindswurst und Backfisch im Brot oder mit Pommes, Kartoffeln, Reis oder Salat, Böreks, Pizzen, gefüllte Gözleme-Taschen mit Käse, Spinat, Hackfleisch oder Kartoffeln, Auberginensalat, gefüllte Paprika und Weinblätter sowie für den Zuckerkick hausgemachte Kuchen, Muffins, Brownies oder Tiramisu. Alles natürlich auch zum Mitnehmen. Kaffee und Tee gibt es auch »in Bio« und auf Wunsch mit Soja- oder laktosefreier Milch, und da gleich fünf Getränkekühlschränke – mehr als mancher Späti hat – gut gefüllt sind, lässt sich im »No Name« auch einfach ein Bierchen trinken.
Bei dem Überfluss ist ein Name dann wohl auch verzichtbar.
hlb

Trinken auf die deutsch-russische Freundschaft

Die »Vater Bar« in der Reuterstraße

»Open Cosmos« – das bezeichnet nicht den weiten Blick auf die Kreuzung Sonnenallee/Reuterstraße, den man aus den großen Fenstern der vor einem halben Jahr eröffneten »Vater Bar« hat, sondern einen der etlichen dort feilgebotenen Cocktails. »Sehr viel Wodka, sehr viel Rum« verspricht die Karte, dazu der in vielen russischen Drinks beliebte spanische 43er-Vanillelikör und etwas Zitronensaft – und schon wird der Gast zum Kosmonauten.

Chef der »Vater Bar« ist der in Sibirien geborene Artem, der mit acht Jahren nach Deutschland kam, in Münster Politikwissenschaften studierte und nun in einem ehemaligen Airbrush-Laden seine Vision einer gemütlichen Bar verwirklicht, die die Atmosphäre einer typisch russischen Familienwohnung aus den 90ern ausstrahlen soll. Und so hängte er einen Teppich an die Wand, besorgte sich bei eBay ein buntes Sammelsurium an Sofas, Stühlen und Tischen und baute alte Wohnzimmerschränke zu Barregal und Tresen um.

WO der Wodka wärmt. Foto: hlb
WO der Wodka wärmt.                                      Foto: hlb

Die Gäste mögen diese unkonventionelle Neuentdeckung im Reuterkiez, die russische Trinkgewohnheiten hochleben lässt. Acht Wodkas, insbesondere aus Sibirien und Weißrussland teils mit dem Aroma von Zedernnüssen, Birke oder Honig-Pfeffer versehen, bietet Artem an. Dazu viele Gin und Whiskey Specials wie das »Rostige Wasser« (Whiskey mit 7up), vor allem aber eigene Wodkakreationen: »Bojarski«, einen Wodkashot mit Erdbeer und Tabasco, »Eingelegter Russe« mit Gurkensaft oder »A Girl Called Lenka« – »eher was für die Damen« – mit Wodka, 43 und russischer Limo. Cocktailklassiker wie Moscow Mule oder Cuba Libre, lieblicher sowjetischer Sekt, Flaschenbiere und für die Abstinenzler selbstgemachte »Vater-Limo« runden das Getränkeangebot ab.

Plattenbauwohnungsfan Artem ist froh, dass er den Zugang zur westlichen wie auch zur russischen Kultur hat und so einen originellen Mix aus coolen Pop- und authentischen russischen Songs durchs »Vater« schallen lassen kann – am besten »bis die Leute auf den Tischen tanzen«. Aber auch, wer nur chillen oder mit der Spielesammlung am Eingang die Zeit vertreiben möchte, ist natürlich willkommen.
Das »Vater« – eine wärmendes Refugium gerade zu Zeiten von Väterchen Frost.
hlb

Spiel mit mir

Zielwasser .Foto: fh
Zielwasser.Foto: fh

Pfeile werfen im »Filou«

Über dem »Filou« in der Okerstraße 15 ziert das Bild eines rauchenden Mannes mit Baskenmütze den Eingang. Die Gaststätte hat allerdings nichts mit der spanisch-französischen Grenzregion gemein. Das Logo steht vielmehr für den Filou, der mit Chuzpe und Geschicklichkeit durchs Leben geht. Und wer geschickt beim Billard einlochen kann, die Dartpfeile zielsicher im Bullseye zu versenken weiß und auch beim Kickern eine schnelle Hand hat, ist hier genau richtig. Der große Thekenraum lädt bei Live-Fußball an der Großbildleinwand zum Verweilen ein, gespielt wird in den Nebenzimmern. Billardfans brauchen keine Angst zu haben, dass sie mit dem Queue an die Wand stoßen, die Dartfreaks haben genug Raum, um auch Turniere mit mehreren Teilnehmern auszutragen. Das »Zielwasser« ist hier zudem unschlagbar günstig, das 0,4- Hausmarke-Bier gibt es ebenso für 1,10 Euro wie die Weinbrand-Cola Mixtur »Futschi«.

 

Jeden ersten und dritten Samstag im Monat lädt das »Filou« zu einer großen Tanzparty ein.

Geöffnet hat das Lokal Montag bis Donnerstag von 12:00 bis 1:00, von Freitag 12:00 bis Sonntag 24:00 kann man hier durchgehend verweilen, frei nach Voltaires Sinnspruch: »Spielen ist keine Kunst, aber aufhören zu spielen.«    Cal

Honda und Peter Fonda

Trinken auf Rädern im »Raum 6«

Erwähnenswert ist der »Raum 6«  in der Ganghofer Straße 1 allein schon wegen seines Frühstücks-Special-Price-Angebotes. Für lediglich 2,90 Euro bekommt man hier ein gekochtes Ei, zwei Schrippen, Wurst und Käse und einen Kaffee kredenzt.

Theken Gemütlichkeit.Foto: fh
Theken Gemütlichkeit.                                        Foto: fh

Frisch gestärkt kann man sich hier anschließend beim Billard vergnügen oder sich beim Dartspiel messen.

Ein absoluter Eyecatcher sind die zahlreichen Wandcollagen, die sich meist rund ums Motorrad drehen. Natürlich sind hier auch die »Easy Rider« Dennis Hopper und Peter Fonda verewigt. Eine echte Honda ist zudem über einer Sitz­ecke dekorativ platziert. Dennoch ist der »Raum 6« keine Bikerkneipe.

Hier wird Billard zum Vergnügen.Foto: fh
Hier wird Billard zum Vergnügen.                   Foto: fh

Wem nach Feiern zumute ist, der sollte sich den »Crazy Saturday« nicht entgehen lassen, denn samstags kosten fast alle Getränke nur die Hälfte. Lediglich die Whiskys und Whiskeys sind nicht in diesem Angebot enthalten. Wer mehr über das »Lebenswasser« Whisk(e)y  und andere Spirituosen wissen will, kann sich auch in der angekoppelten »Getränkezentrale« in der Altenbraker Straße 15 informieren.       Cal

Noch´n Schnaps und ´n Bier

Die »Lange Nacht« feiert Geburtstag

So voll war die »Lange Nacht« wohl das letzte Mal bei einem wichtigen Fußballspiel. Diesmal, am 2. Oktober, war der Anlass das achtjährige Bestehen des Lokals in der Weisestraße Ecke Selchower Straße. Der Strom der Gratulanten nahm sichtlich kein Ende. Stefan Lange, der Wirt, wusste das sehr wohl zu schätzen. Es war sein Abend und er kann mit Stolz auf sein Lokal schauen, an dem fußballinteressierte Schillerkiezbewohner nicht vorbeikommen.

FRANK und stefan.Foto: fh
Frank und Stefan.                                                 Foto: fh

Es ist aber nicht nur so, dass der Fußball seine Gäste anzieht. Viele kommen wegen Stefan Lange, der durch seinen Humor selbst finsterste Mienen aufhellen lässt. Was hier auch nicht fehlen darf, ist das gute Rollbergbier aus der Neuköllner Rollbergbrauerei. Neben der Tatsache, dass es ausgesprochen gut schmeckt, will Lange damit die Neuköllner Wirtschaft unterstützen.       ro

Kaffee, Kunst und Down-under-Cookies

»Tischendorf« – Kekse für die kreative Neuneuköllner Szene

Man spricht englisch. Die obere Friedelstraße zwischen Pflügerstraße und Maybachufer ist seit Jahren schon eine der Speerspitzen des sich gentrifizierenden Nordneuköllns. Touristen wie aus aller Herren Länder Zugezogene schätzen das internationale, immer noch leicht ungeschliffene Flair dieser Meile.

»We are open« – so steht es vor dem Ende Juni eröffneten Café »Tischen-dorf« von Jutta Tischen-dorf, einer 36jährigen gelernten Architektin, die vier Jahre in Australien lebte. Sie verliebte sich dabei in die dortige Kaffeekultur, die sie nun in ihrem entspannt-atmosphärischen Laden in den ehemaligen Räumen des Dessouslabels »fishbelly« zelebriert.

FLAT white and banana bread, please …Foto: Tischendorf
FLAT white and banana bread, please …
Foto: Tischendorf

Mit ihrem »Ruby Rabbit«-Stand auf dem Neuköllner Stoffmarkt am Maybachufer kann sie seit 2010 schon mit ihren Backkünsten und Kaffeekreationen, hergestellt aus Bio-Fairtrade-Bohnen der Friedrichshainer Rösterei »Blaue Bohnen«, überzeugen. Vor allem der samtige »Flat white« mit feinem Mikromilchschaum zieht besonders Mitglieder der im Kiez rasant wachsenden australischen Community an.

In ihrem Café, dessen Schaufenster das Tischendorf’sche Familienwappen ziert und das sie mit teils ebenfalls australischen Mitarbeitern betreibt, demonstriert sie zudem ihr Händchen für »Interiors« und geschmackvolle, detailverliebte Einrichtung. In dem schönen Stuckraum mit seinen knarzigen Dielen, seinem Mobiliarsammelsurium, den auch käuflich zu erwerbenden Bildern zehn befreundeter Künstler und der Fernweh erzeugenden Landschaftsfototapete hat sie einen gemütlichen »Hang-out« zwischen Omas Wohnzimmer und Privatgalerie geschaffen, der so auch in den Szenegegenden Londons oder Melbournes sein könnte.

In der alten Kuchenvitrine werden  selbst gebackene Carrot, Cheese oder Banana Cakes, Brownies, Chocolate Biscuits oder Anzac Cookies, uraustralische »Soldatenkekse« mit Kokos und Haferflocken, feilgeboten.                 Deftigeres lässt sich etwa mit Zwiebelkuchen, Rührei mit Lachs oder pochierten Eiern mit Röstgemüse zum Latte, Cappuccino, Bier oder Wein bestellen. Dazu klingen Indierock und Popklassiker aus den Boxen, sodass viele Gäste gern die Zeit über ihren Wi-Fi-befeuerten Notebooks vergessen.

Auch wenn manch nicht so polyglotter Kiezbewohner sich hier etwas fremd vorkommen mag – this is today’s Neukölln, too!       hlb

Kickern, schlucken und einfach mal gucken

Die Rockkneipe »SUX« – trendunabhängiges Trinken in der Weserstraße

»No Poetry Slam – No Hot Spot – No To Go’s«. So steht’s am Eingang im Fenster. Diese Bar legt keinen Wert auf zeitgeistigen Schnickschnack. Das »SUX« residiert nun seit dreieinhalb Jahren auf der unteren Weserstraße, noch hinter »Ä« und »TiER«, und hält die Fahne der ehrlichen, undogmatischen Kneipenkultur hoch. Im Mai 2009 sagten sich die Inhaber Toni Hartstock und Andreas Moch: »Is zwar `n bisschen ab vom Schuss, aber probier’n wer’t mal.« Und eröffeneten das »SUX«, das in seinen zwei rustikalen Hinterstuben mit weichen Polstern und hartem Holz – und vor allem einem Kicker – eine kieztypische Wohnzimmerkneipe ist, im vorderen Schankraum aber mit seiner Ziegelwand und der von einem Kumpel mit einem cool-chaotischen Comicmotiv bemalten Schallsc­hutzwand auch internationales Bar­ambiente ausstrahlt.

This bar sucks - not.Foto: hlb
This bar sucks – not.                Foto: hlb

Hier wird geraucht, Flaschenbier von Astra über Erdinger bis zu Eichhofener Hellem getrunken und bis in die Morgenstunden deftiger Rock gehört. Stolz ist man auf die gepflegte Schnapsauswahl – allein acht verschiedene Wodkas sind im Programm. Und so begegnen sich am Tresen durchtrainierte junge Herren in Unterhemd und Basecap, durstige Studenten, alteingesessene Kieznachbarn, Zugezogene und Heimatsucher und freuen sich über die entspannte Wohlfühlatmosphäre und die souverän-freundliche Bedienung. Hier sind alle willkommen, »vom Araber bis zur Transe – Hauptsache, sie benehmen sich.« Die SUX-Chefs bleiben locker und beobachtend, an großer Öffentlichkeit haben sie keinen Bedarf. Die Gäste finden auch so her. Und wer hier einmal am Tresen versackt ist, wird nicht nur die hypnotisierenden Frontscheinwerferlampen des überlebensgroßen Crashauto-Comicbilds nicht mehr vergessen. So geht Kneipe.         hlb
SUX, Weserstr. 55,  Mo. – Sa. ab 19:30 Uhr, www.sux-bar.de

Tortenschlacht bei »Ole«

Kuchengenuss in der Boddinstaße

Ein Café, das ist ein Traum, den viele heimlich hegen. Bei Sezer Yigitoglu war es ein Freund, der den gelernten Bäcker auf die Idee brachte hat. »Mach doch ein Café auf«, riet dieser dem jungen Mann, der nach seiner Lehre keine Stelle fand.
Eigentlich war das als Scherz gemeint, nur so nebenher gesagt, doch aus dieser Scherzidee wurde Ernst und Sezer fing an, sich in der Boddinstraße niederzulassen. In seinem Kiez, in dem er sich auskennt, wollte er bleiben. Hier ist er großgeworden. Anfang Juli, fast pünktlich zu seinem Geburtstag, eröffnete er das »Café Ole«.

Ole mit HerrchenFoto: cr
Ole mit Herrchen.                          Foto: cr

Es gab Zweifel, ob Sezer der Aufgabe gewachsen sei, ein Café zu führen. Denn Sezer ist gehörlos. Anfangs hatte er Angst, denn in einem Café ist die Kommunikation einer der Dreh-und Angelpunkte. Umso erstaunlicher war es, dass vor allem Touristen es als selbstverständlich nahmen, dass Sezer sie nicht immer gleich verstand. Für die Torten und Quiches, die er selbst macht, hat er eine Vitrine und an der Wand hängt eine große Tafel mit den Angeboten, auf die die Leute einfach zeigen können. Mittlerweile geht der junge Mann lockerer an die Sache ran, fragt ab und zu einfach noch mal nach. Doch manchmal ist er auf Hilfe angewiesen. Denn was viele nicht wissen ist, dass Gehörlose auch Probleme mit der Schriftsprache haben. Dabei hilft ihm sein Assistent, Spunk Seipel, der die Gebärdensprache gelernt hat.

Mittlerweile sind das »Café Ole« und sein Besitzer bekannt wie ein bunter Hund. Nicht zuletzt ist das auch Sezers Hund Ole zu verdanken, dem Namensgeber des Cafés. Ein Hund, das war ein großer Wunsch, der dem gehörlosen als Kind nicht erfüllt wurde. Jetzt, da er auf eigenen Beinen steht, hat er sich seinen Wunsch selbst erfüllt. Schwarz und weiß wie die Einrichtung ist der Vierbeiner. »Alles purer Zufall«, erklärt Spunk und lächelt. Von überall her kommen Gehörlose, aber auch Hörende, um sich dieses einzigartige Café einmal selbst anzusehen. Sezer ist froh über die Mischung, denn sein Café soll kein Treffpunkt sein, der ausschließlich für Gehörlose bestimmt ist. Er freut sich, wenn er sieht, dass Gehörlose und Hörende am gleichen Tisch sitzen, als gäbe es keinen Unterschied.

Im Rahmen von »Nachtundnebel« treten hier am 3. November »Jeff Özdemir & Yerr & Juliane« um 22 Uhr auf. Veranstaltungen wie solche und Ausstellungen sind und sollen auch in Zukunft ein wesentlicher  Bestandteil des Cafés bleiben.      cr
Café Ole, Boddinstraße 57, Di-Sa 10-20 Uhr

Eine Zeitreise

Neues Wohnzimmer aus den Fünfzigerjahren im Schillerkiez

Schallplatten statt CDs, gewöhnungsbedürftige Muster. Eine Zeitreise in die 50er-Jahre. Das ist das »Café Jule«, das seit Anfang Juni in der Kienitzer Straße zu Kaffee und Kuchen einlädt. Es gibt Cup­cakes, Bagels und andere Leckereien, alles selbst gemacht. Aber auch die deutsche Küche ist vertreten. Jetzt, in der kälteren Jahreszeit, bietet sie Suppen, Eintöpfe und Stullen an. »Es ist ein bisschen amerikanisch angehaucht«, bemerkt Jule Eisendick, die Besitzerin. Sie selbst hat fünf Jahre in der Gastronomie gearbeitet, bis sie ihren Wunsch, selbstständig ein Café zu betreiben, umgesetzt hat.

Eine feste Zielgruppe hat das »Café Jule« nicht. Es kommen bunt gemischte Menschengruppen jedes Alters. Die bekennende 50er-Jahre-Liebhaberin mit Freunden aus der Rockabilly-Szene freut sich jedes Mal, wenn einer der Älteren schwärmt: »Ach, das ist ja wie früher!« Auch Backpacker und Touristen kommen in dem Alternativwohnzimmer vorbei, um sich ihre Bagels und Cupcakes schmecken zu lassen. Viele fühlen sich in ihrem Café wie zu Hause, sodass es auch mal vorkommt, dass die Gäste den Tisch abräumen und alles bis fast in die Küche bringen.

Gemütliches Ambiente.Foto: cr
Gemütliches Ambiente.                                      Foto: cr

Überall finden sich dekorative Fundstücke, wie zum Beispiel Teile eines alten Teeservices, alte Pfeffermühlen und ein Plattenspieler. Auch die Möbel sind aus den 50ern. Bunt zusammengewürfelt, so dass sich jeder, der das Café betritt,  erst einmal umsieht – nicht, ob ein Platz frei ist, sondern, ob er sich lieber auf das einladende Sofa oder auf einen der Holzstühle setzt.

An den Wänden hängen Schwarzweiß-Fotografien von Berlin, die Jule selbst gemacht hat. Geplant sind Vernissagen und andere Veranstaltungen. Außerdem spielt Musik eine wichtige Rolle für Jule, die auch gerne mal aufsteht, um die Schallplatte auf dem Plattenspieler umzudrehen, damit sie weiterspielt. So vertieft sich das Gefühl, wie David und Jennifer durch den Fernseher in die Welt von »Pleasantville« geschickt worden zu sein.cr
Café Jule, Kienitzer Straße 93
Di-Fr 9-18Uhr, Sa 11-18 Uhr, So 11-17 Uhr

Sattel an der Wand

Line Dance im Mittelbuschweg

Die Tänze haben so klangvolle Namen wie »Poor Boy Blues«, »Cowgirls Dreams« oder »Hanging out in Florida«. Die Tänzer stehen in Reihen neben- und hintereinander und bewegen sich in komplizierten Schrittfolgen. Bei »Angie‘s Country Line« wird Line Dance getanzt. »Das ist viel besser als Aerobic«, meint eine der Tänzerinnen. »Es macht Spaß, ist sportlich und trainiert außerdem das Gedächtnis.« Je nach Schwierigkeitsgrad gibt es zwischen 16 und 72 unterschiedliche Schrittfolgen pro Tanz, die sich die Tänzer merken müssen. Und von diesen Tänzen gibt es mehrere Tausend. Getanzt wird meistens zu Countrymusik, inzwischen auch häufiger zu Popmusik, aber da scheiden sich die Geister.

Vor ungefähr einem Jahr ist Angela Gärtner, von ihren Schülern und Gästen liebevoll Angie genannt, von der Ganghoferstraße in den Mittelbuschweg 15 gezogen, wo sie einen Teil des alten Aldi-Marktes zu einem gemütlichen Lokal mit großer Tanzfläche umgebaut hat. Ausgestattet ist der Raum im rustikalen Westernstil. Die Wände sind mit indianischen Masken und Traumfängern dekoriert, daneben hängen Cowboyhüte und Pferdesättel. Hier gibt sie mehrmals in der Woche Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene. An den Wochenenenden können die Schüler das Gelernte dann bei den Tanzpartys umsetzen.

Line Dance wird ohne Partner getanzt, aber trotzdem in einer Gemeinschaft. Perfekt für Leute, die gerne tanzen, aber keinen Partner haben, der mitmachen will. Die Gäste bei Angie kennen sich zum Teil schon jahrelang, sie kommen regelmäßig zu ihren Tanzkursen und den Partys. Es ist ein gemischtes Publikum aus allen Altersgruppen und aus allen Stadtteilen. »Für manche ist es wie eine zweite Familie«, meint Angie dazu.        mr
Angie‘s Country Line, Mittelbuschweg 15
Tel. ( 030 ) 395 08 243
www.angies-country-line.com