Die Stadt der Zukunft denken

Ausblick auf Neukölln in 30 Jahren

Wie sich Neukölln in den letzten 100 Jahren verändert hat, zeigt das Museum Neukölln in seiner aktuellen Ausstellung »Großstadt Neukölln. 1920-2020«. Wie es in 30 Jahren aussehen könnte, darüber sprach Museumsleiter Udo Gößwald mit der Stadtplanerin Cordelia Polinna und dem Neuköllner Stadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste, Jochen Biedermann (Grüne).
Gentrifizierung, Mietenexplosion, Klimawandel, demografischer Wandel seien die Probleme, für die in Zukunft kreative Lösungen gefunden werden müssten, um die Stadt attraktiv und lebenswert zu erhalten. Aber bisher sei nur wenig Enthusiasmus zu verspüren, die Stadt von morgen zu denken, kritisierte Udo Gößwald in seiner Begrüßungsrede.
»Wenn wir nichts tun, werden unsere Städte unbewohnbar«, stimmte ihm Biedermann zu. Es brauche ein neues Verständnis von Stadtentwicklung – mehr Grün, weniger Autos. Es könne nicht sein, dass zwei Millionen Euro für Straßenbau ausgegeben werden, aber keine 50.000 für das Straßenbegleitgrün übrig seien.
Wohnortnahes Grün sei immens wichtig für die Lebensqualität, pflichtete ihm Cordelia Polinna bei. Der Wunsch danach kollidiere aber immer wieder – besonders im dicht bebauten Nordneukölln – mit anderen Bedürfnissen wie dem Bau von Sportplätzen oder dem Wohnungsbau. Sie richtet ihr Augenmerk daher verstärkt auf die Bereiche südlich des S-Bahn-Ringes. Hier gebe es eine »spannende Mischung aus Wohnung und Gewerbe.« Zudem bieten Fachmärkte mit riesigen Parkplätzen Möglichkeiten der Nachverdichtung. Stadtplaner müssten Lösungen finden, wie hier trotz Wohnungsbau die ansässigen Gewerbe- und Handwerksbetriebe erhalten bleiben können. Wichtig dafür sei eine gute Anbindung durch den öffentlichen Nahverkehr. Ein Ausbau der Tram sowie der Weiterbau der U7 Richtung Schönefeld sei zügig in Angriff zu nehmen, forderte sie.
Auch der Bereich der Rudower Spinne als Eingangstor nach Berlin müsse angemessen städteplanerisch gestaltet werden. Hier könnte ein urbanes Stadtzentrum mit öffentlichen Einrichtungen und Wohnungen entstehen.
Biedermann wünscht sich für den Wohnungsmarkt mehr gemeinwohlorientierte Entwickler, die im Interesse der Stadt bauen. Vieles was gebaut werde, trage nicht zur Lösung des Wohnungsproblems bei. Der Bezirk habe dabei wenig Eingriffsmöglichkeiten, denn wo es Baurecht gebe, müsse der Bezirk genehmigen, ob es ihm nun passe oder nicht. Es brauche daher Regelungen für dauerhaft preisgebundenes Bauen. »Vorkaufsrecht und Abwendungsvereinbarungen sind Notwehrmaßnahmen, um Einfluss auf einen aus den Fugen geratenen Wohnungsmarkt zu nehmen«.

mr