Morddrohungen und Mietendeckel

Im Gespräch mit Anne Helm, der Vorsitzenden der Linksfraktion

Anne Helm.   Foto: mr

Ihr wurde Mord angedroht. Anne Helm, Abgeordnete aus Neukölln, Vorsitzende der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, engagiert sich mit Verve und strategischem Denken gegen Rechtsextremismus. Neukölln erlebt seit 2011 eine wachsende Serie von neonazistischen Drohungen und Brandanschlägen, die Mordversuchen gleichen. Die Opfer dieser rechtsextremen Praktiken sind Menschen, die sich rot-rot-grün und parteipolitisch unabhängig einmischen. Die polizeilichen Ermittlungsbehörden konnten bislang keine Straftat aufklären. »Jetzt wird eine externe Ermittlungskommission tätig. Wenn keine Ergebnisse erzielt werden, setzen wir einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein«, bekräftigt Anne Helm.
Wie geht sie mit bedrohenden Anschlägen auf ihr Leben um? »Wir haben hier ein goldwertes System unserer Vernetzung. Der Austausch und Kontakt ist uns Betroffenen wichtig. Während bisher die Polizei nicht in der Lage war, rechtsextreme Zusammenhänge aufzuklären, sind unsere unabhängigen Recherchen sehr viel weiter. Die Neonazis versuchen in Neukölln eine Machtprobe. Sie wollen in das Herz eines internationalen Bezirks stoßen«, stellt sie energisch fest.
Im Mittelpunkt der laufenden Arbeit der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus steht weiterhin eine lebenswerte Stadt mit bezahlbarem Wohnraum. »Mit dem Mietendeckel haben wir einen wichtigen Schritt gemacht. In Neukölln stehen die Mieten, der bezahlbare Wohnraum im Mittelpunkt. Dieser sogenannte Hipsterbezirk ist ja auch immer noch Arbeiterviertel. Hier gibt es viele Menschen, die sich Geld zurücklegen, falls der Mietendeckel hochrichterlich gekippt werden sollte. Wir Linke halten am Mietendeckel fest.«
Auf mögliche Perspektiven für zukünftige linke und emanzipatorische Politik angesprochen, sagt Anne Helm: »Ich kann mir vorstellen, dass wir die Vergesellschaftung von Immobilien und Grundstücken stärker betonen. Das Grundgesetz erlaubt die Vergesellschaftung von Privateigentum.« Sie beruft sich auf Artikel 14 der Verfassung. Dort heißt es in den Paragrafen 2 und 3: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.«
Mit dieser Intention schöpft Anne Helm aus ihrer überparteilichen Vernetzung mit Bürgerinitiativen, so der »Deutsche Wohnen Enteignen«-Initiative, die einen Bürgerentscheid anstrebt. »Die Deutsche Wohnen versucht es seither mit Schmeichelkurs.« Ist derzeit bereits Vorwahlkampf? »Wir haben uns als Koalition mit der SPD und den Grünen noch Weiteres vorgenommen und arbeiten gemeinsam an der Umsetzung.«
Anne Helm ist von Beruf Schauspielerin und Synchronsprecherin. Wie erlebt sie mit dieser Erfahrung ihre politische Arbeit? »Ein zwölfstündiger Sitzungstag ist schon etwas anderes. Aus meinem Beruf als Schauspielerin bringe ich wohl Menschenkenntnis und Einfühlsamkeit mit.«
th
Anne Helm (33) ist seit Juni 2020 Fraktionsvorsitzende der Partei »Die Linke« im Berliner Abgeordnetenhaus. Ihr männlicher Kollege als Vorsitzender ist Carsten Schatz (50). Anne Helm vertritt im Abgeordnetenhaus für »Die Linke« den Bezirk Neukölln, zusammen mit Niklas Schrader. Deren Büro für Bürger und Bürgerinnen in der Schierker Straße 26 heißt »RigoRosa«. www.rigo-rosa.de. kontakt@rigo-rosa.de. Telefon (030) 40 74 67 37.