Zehn Jahre »Pappelreihe«

Leckeres und gemeinwohlorientierte Ökonomie für den Schillerkiez

In bester Kaffeehaus-Tradition eröffnete Tami im September vor genau zehn Jahren die »Pappelreihe« in der Kie­nitzer Straße 109.
Vorher betrieben seine Eltern in diesen Räumlichkeiten ein Zeitungs- und Zigarettengeschäft, das sich nebenbei zum Kieztreffpunkt mauserte, und in dem immer Zeit für einen Klönschnack war. »Wie der Kiez tickt, hab ich damals gelernt«, erzählt Tami, »und wie er begann sich zu verändern auch. Etliche meiner dam­aligen Stammkunden mussten wegziehen, weil sie die ständig steigenden Mieten nicht mehr zahlen konnten. Sie haben die Pappelreihe zu dem lebendigen Kiez-Treffpunkt gemacht, der er glücklicherweise immer noch ist.«

AUF mindestens einen Kaffee in Tamis »Pappelreihe«.   Foto: bs

Inzwischen sind viele der Gäste Studenten, die das Café als erweitertes Arbeitszimmer benutzen, zwei bis drei Jahre in einer Wohngemeinschaft wohnen und dann zurück nach Süddeutschland oder ihre Heimatländer verschwinden. Tami bemängelt, dass sie sich kaum mit dem Kiez identifizieren.
In den Sommermonaten sind ein Großteil seiner Gäste Touristen, die das täglich frische und vielseitige Angebot an Speisen und Getränken sehr schätzen. Ob Kuchen, Omeletts, frisch gerösteten Kaffee oder Tee aus dem Teeladen in der Schillerpromenade, alles hat Bio-Qualität. Der absolute Knaller des reichhaltigen Angebots sind und bleiben jedoch »Mama Baby‘s Masala Dosa«, Reis-Linsen-Pfannkuchen nach bester tamilischer Tradition des Sri-Lanka-Streetfoods.
Die Zufriedenheit der Gäste drückt sich zumindest manchmal auch in großzügigem Trinkgeld aus. Das ermöglicht Tami, einigen finanziell weniger gut ausgestatteten Gästen auch mal einen Kaffee oder Saft für einen Euro oder kostenfrei zu überlassen.
Das passt bestens zu Tamis Lebenseinstellung, die er und seine Familie auch leben. »Ich möchte gerne eine Kiezökonomie befördern, dass das Geld, das im Kiez eingenommen wird, weitestgehend auch im Kiez wieder ausgegeben wird. Eine gemeinwohlorientierte Ökonomie ist für uns alle von Vorteil.«
Wohl auch aus diesem Grund sind einige seiner langjährigen Gäste aus dem Kiez, kommen täglich ihren Kaffee trinken, tauschen Informationen aus, unterstützen sich und sind beständiger Teil der Kiezstruktur, die in der »Pappelreihe« beheimatet ist.
Wichtig ist Tami und seinem Team auch die Pflege der Baumscheibe vor dem Café. Diese wird gehegt und gepflegt, zusäztlich entstanden kleine Hochbeete, in denen ausprobiert wird, was alles so wachsen kann. Seitdem der Coronavirus grassiert, sitzen seine Gäste noch lieber um die Baumscheibe herum. Dadurch kommen ebenfalls neue Kontakte zustande mit Besuchern, die das To-go-Angebot aus frischem Obst, Kuchen und natürlich Kaffee zu schätzen wissen. Ebenso nutzen viele Anwohner den To-go-Kaffe aus reiner Solidarität, damit Tami seine fünf Angestellten, die sich in Kurzarbeit befinden, durch die virusschwangere Zeit retten kann.

bs
www.pappelreihe.de