Bildung Schule und Kultur in Coronazeiten

Das komplette Gespräch mit der zuständigen Stadträtin Karin Korte

Welches ist Ihre Botschaft an Eltern und Schüler?
Zunächst einmal bin ich sehr froh, dass die Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie sonstiges Personal und auch unsere Hausmeister sehr eigenverantwortlich und flexibel mit der Corona-Krise umgehen und den Schulbetrieb an die Gegebenheiten angepasst haben. Es ist mir bewusst, dass es dabei viele schlaflose Nächte gegeben hat, die Lehrkräfte am Limit sind und sich trotzdem den Herausforderungen stellen. Ein großes Anliegen war mir, dass die Abiturprüfungen direkt nach den Osterferien unter Vorgabe der Hygieneanforderungen stattfinden konnten. Dafür wurden vom Schulamt und unserem Facility Management in Absprache mit den Schulen punktgenaue Pläne erstellt, in welchen Räumen, zu welchen Zeiten, an welchen Schulen Prüfungen stattfinden. Entsprechend wurden diese Räume besonders gereinigt.
Zum Schulstart der sechsten Klassen haben wir Rückmeldungen aus den Grundschulen bekommen, die mich sehr gefreut haben. Daraus ging hervor, dass die beschränke Wiederaufnahme des Schulbetriebes nach den Osterferien sehr gut vorbereitet war. Die Schülerinnen und Schüler haben sehr vernünftig reagiert und sich an die Hygieneregeln gehalten. Alles lief besonnen ab.
In dieser Zeit wird unser menschliches Miteinander auf den Prüfstein gestellt. Werte wie Solidarität, Aufmerksamkeit, Rücksichtnahme, Hilfe und Unterstützung stehen im Vordergrund. Ich möchte die Schülerinnen und Schüler in Neukölln dazu ermuntern, sich flexibel auf die ungewöhnlichen Lernbedingungen einzustellen, sich nicht hängen oder abhängen zu lassen, sondern sich bei Ihren Vertrauenslehrern oder Soziallarbeiter*innen der Schulstationen zu melden, wenn sie in Schwierigkeiten stecken. Trotz aller Widrigkeiten sollten alle Kinder und Jugendlichen ihre Zeit zum Lernen nutzen, in der Schule oder digital.

Wie weit ist das digitale Klassenzimmer?
Wie gestaltet sich das PC, Labtop, Tablet spenden für die Schüler*innen? -> (seit gestrigem BiSchuKu klar, BEA/LEA hat 100 Stück gesammelt)
Homeschooling ist derzeit das große Zauberwort, aber natürlich ist mir bewusst, dass nicht alle Schüler*innen über die technischen Voraussetzungen für den Fernunterricht verfügen. Das Bezirksamt hat deswegen den Bezirkselternausschuss bei seinem Aufruf unterstützt, nicht mehr benötigte Laptops zu spenden. Diese werden aufbereitet und an Schüler*innen ohne Endgerät vergeben. Das ist eine wunderbare Initiative und ich möchte hier einmal die guten Geister namentlich nennen, die als Bezirkselternvertreter unter der Führung der BEA-Vorsitzenden Daniela von Hoerschelmann, die Laptops in der Otto-Hahn-Schule entgegennehmen und an besonders bedürftige Schülerinnen und Schüler weitergeben: das sind Claudia Berger (Otto-Hahn-Schule) und Simone Retzow (Schliemann Schule). Um die IT-Aufbereitung kümmern sich Andre Gregor-Herrmann (Ernst-Abbe-Gymnasium), Sonja Kutscher (Schilling-Schule) und Abdulkarim Yilderim (Hermann-Sander-Grundschule). Alle Schulen wurden über die Regionale Schulaufsicht über das Angebot informiert. An Schülerinnen und Schüler aus der Fritz-Karsen-Schule, der Alfred-Nobel-Schule, der Walter-Gropius-Schule und der Clay-Schule, die keinen eigenen PC besitzen, konnten bereits die ersten der über 100 Geräte übergeben werden. Gerade eben erreichte mich die Nachricht, dass an die temporäre Lerngruppe der Alfred-Nobel-Schule ebenfalls 8 Laptops übergeben wurden.
Zusätzlich hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ein Leihsystem für digitale Endgeräte auf den Weg gebracht. Der Senat plant, in einem ersten Schritt, 9.500 mobile digitale Endgeräte an sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler zu verteilen. Zur Organisation der Verteilung wurden die Schul- und Klassenleitungen aufgefordert, in einem Stufenmodell die Schülerinnen und Schüler zu benennen, die besonders dringender Förderung bedürfen. Die Schülerinnen und Schüler, die zunächst die Tablets ausgehändigt bekommen, sind in der Lernförderung im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets. Das BuT ist aus meiner Sicht ein guter Indikator für eine möglichst zielgenaue Verteilung.
Darüber hinaus haben die Lehrer*innen an den Neuköllner Schulen viel Zeit und Energie darauf verwendet, um allen Neuköllner Schüler*innen das Lernen während der Schulschließung zu ermöglichen. Außerdem wurden Schüler*innen durch Schulsozialarbeiter*innen auch zuhause aufgesucht. Das engmaschige Netz der Schulsozialarbeit und die 19 Schulstationen insbesondere in Nordneukölln zahlen sich hier aus.

Nutzen Sie die Auszeit in den Schulen für Sanierungen und Reinigungen?
Die Sanierungen, die derzeit in den Schulen laufen, werden ungeachtet von Corona weitergeführt, es gibt keine zusätzlichen Arbeiten, denn alles ist ja geplant und die Baukapazitäten sind auch endlich. Da die Schülerinnen und Schüler nach den Osterferien schrittweise und umschichtig wieder in den Schulen lernen, können wir auch von keiner Auszeit mehr sprechen.
Im Zuge der Wiederöffnung wurden die Tagesreinigungen bereits ab dem 20. April, also zu Beginn der Abiturprüfungen, insbesondere von besonders beanspruchten Bereichen, intensiviert, etwa durch Zusatzreinigung von Türen, Klinken und sanitären Anlagen, auch als Zwischenreinigung. In Abstimmung mit dem Facility Management konnte sichergestellt werden, dass die Reinigung dementsprechend umgestellt wird.
Was passiert mit den Sportvereinen und privaten Sportinitiativen?
Am 4. Mai haben drei Sportanlagen Sportanlage (Maybachufer, Stadion Britz Süd und degewo-Stadion) wiedereröffnet, auf denen zunächst das kontaktlose Sporttreiben im Freien unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht wurde. Gestattet sind sportliche Aktivitäten allein, mit Angehörigen des eigenen Haushalts oder mit einer anderen Person unter Wahrung des Mindestabstands von 1,5 Metern.
Ziel der teilweisen Lockerungen ist es, Sport- und Bewegungsflächen für die Stadtgesellschaft zu erweitern und auf diese Weise einen weiteren Ort für die Berlinerinnen und Berliner zur sportlichen Aktivität bereitzustellen. Die Öffnung aller anderen Sportanlagen wird gegenwärtig vorbereitet. Ab 15.05. können die Sportanlagen im Freien unter Einhaltung von bestimmten Voraussetzungen geöffnet werden. Aufgrund von diversen Vorbereitungsmaßnahmen ist die Eröffnung der ungedeckten Sportanlagen im Bezirk Neukölln ab Montag, den 18.05.2020 vorgesehen.
Werden die ausgefallenen Konzerte nachgeholt?
Unser breites Konzertangebot in den Kultur- und Bildungseinrichtungen lebt ja von der Regelmäßigkeit. Wenn ein Termin verstrichen ist, wäre ja schon wieder ein nächster Programmpunkt an der Reihe. Insofern können wir viele Konzerte nicht einfach nachholen. Es ist ja noch nicht absehbar, wann Konzerte, Theateraufführungen und open-air-Veranstaltungen überhaupt wieder möglich sind. Es schmerzt, wenn etwa das Neuköllner Theatertreffen der Grundschulen, die neuköllner origialtöne (Festival der Neuen Musik), die Ballzeit in der Fritz-Karsen-Schule, die neue Sommeroper der Musikschule auf dem Gutshof, Sommer im (Körner-) Park oder der Blaue Mittwoch auf dem Bat-Yam-Platz ausfallen müssen.

Werden die Ausstellungen, die derzeit laufen, verlängert?
Zunächst freue ich mich, dass wir unsere Galerien und das Museum am 11. Mai wiedereröffnet haben. In der Galerie im Körnerpark wurde die Schließung mit einem digitalen Besucherrundgang durch die Ausstellung OTTTO überbrückt, im Museum gab es zusätzliche digitale Angebote, wie das Vorstellen vieler Objekte aus der ständigen Ausstellung. Jetzt wurde die überaus beeindruckende Ausstellung „Neuköllner Kriegskinder“ bis zum 5. Juli verlängert. Sie ist aber auch komplett online zu erleben.
Auch die Galerie im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt ist wieder zugänglich und zeigt bis zum 17. Juni die Ausstellung: »WANDLUNG – Künstlerische Werkstätten der Neuköllner Schulen«.

Was möchten Sie den Neuköllnern gerne noch sagen?
Ich möchte positiv gestimmt enden. Auch wenn wir momentan in schwierigen Zeiten leben, birgt jede Krise auch die Chance auf Veränderungen. Neue Ideen werden entwickelt und können schneller durchgesetzt werden als unter Normalbetrieb. Allen, die Ihre neuen Ideen für die ganze Gemeinschaft zur Verfügung stellen, möchte ich danken. Als Beispiel möchte ich die Organisatoren und alle beteiligten Künstlerinnen und Künstler nennen, die gegenwärtig mit Hochdruck das Festival 48 Stunden Neukölln vorbereiten, Berlins größtes freies Kunstfestival, welches im Juni erstmals als digitales Festival stattfindet. Es wird also nicht abgeblasen, wie so viele andere Großereignisse, sondern es werden Lösungen gefunden und Ideen entwickelt, um Kunst und Kultur 48 Stunden lang einmal anders erlebbar zu machen.