Sonntagsbraten mit Gesicht

Auf ein langes und zufriedenes Leben.Foto: Andreas Stecher

Glückliches Fleisch auf Bestellung

Wenn Kuh 58 schreiben könnte, hätte sie einen Roman über ihr schönes Leben publiziert. Siebeneinhalb Jahre hat sie friedlich auf der Weide verbringen dürfen, nun kann sie nicht mehr kalben. Von irgendetwas muss die Biobäuerin Kirsten Hänsel auf dem Biohof »Apfeltraum« ja leben. Kuh 58 wird geschlachtet. Die Bäuerin hat dazu eine Schlachterei ausgewählt, die sich unweit des Hofes befindet. Der Schlachter tötet Kuh 58 stressfrei.
In der Regel bietet der Handel junges Fleisch, von etwa zwei bis drei Jahre alten Tieren an. Der Kunde will es so, denn in Deutschland, im Gegensatz zu Frankreich oder Spanien, ist Altfleisch nahezu unbekannt. Doch richtig zubereitet, ist es ein wahrer Genuss.
Julia Eisenberg und Michael Nauruschat sind die Verbindung zwischen Kuh 58 in Neukölln und der großen weiten Welt eingegangen. Sie bieten in ihrem Online-Portal »Meine kleine Farm« eine Vielfalt von Biofleischprodukten an. Darüber können sie kompetent berichten. Aber schon ein Blick auf die Homepage genügt, um zu erkennen, dass hier die Tierindividualität gemeint ist. Der Kunde bestimmt, von welchem Tier er seinen Sonntagsbraten erhält und welche Geschichte hinter dem Tier steht. Julia und Michael geben dem Geschäft ein Gesicht.

Julia und Michael in ihrem Laden.   Foto: pm

Die Bauern, von denen sie das Fleisch beziehen, sind allesamt biozertifiziert. Auch wenn am Ende manchmal das Zertifikat nicht mehr vergeben werden darf, weil dem ausgewählten Schlachter, der zwar Bio schlachtet, das Zertifikat zu teuer ist, was zur Folge hat, dass sich das Fleisch nicht mehr Bio nennen darf. Die Biokette wurde ja unterbrochen.
Die beiden Onlinehändler kennen die Bauern, von denen sie ihre Produkte beziehen, persönlich und haben einen guten Kontakt zu ihnen. Sie empfehlen ihren Kunden, auch selbst einmal den Hof ihrer Bauern zu besichtigen. Das geht selbstverständlich nur dann, wenn der Bauer einen Tag der offenen Tür durchführt oder ein Fest stattfindet. Für Familien ist das ein schöner Wochenendausflug.
Biofleisch ist einfach leckerer als das industriell hergestellte und in den Supermärkten angebotene Fleisch, das in der Pfanne beim Zubereiten schrumpft. Vielleicht macht das auch den Preis­unterschied erträglicher, denn Biofleisch ist nicht gerade günstig. Wie aber auch: Mehr menschliche Arbeit, Bio­futter und große Weideflächen haben ihren Preis. Auf der anderen Seite kann der Kunde guten Gewissens behaupten, etwas für die Umwelt getan zu haben. Bei diesen Bauern entstehen aufgrund der schonenden Tierhaltung neue Biotope, in denen seltene Pflanzen und Kräuter ihren Lebensraum finden und sich Insektenarten wieder ansiedeln können. Vögel finden darin eine gute Futtergrundlage.
»Meine kleine Farm«steht auch für Kundennähe. Das Unternehmen sitzt in der Jonasstraße 25. Der Kunde kann sich seine Bestellung selbst abholen. Dabei kann er Julia und Michael persönlich kennenlernen. Julia ist Biologin, Michael Wirtschaftsingenieur. Mit dieser Vorbildung bringen sie gewisse Fachkenntnisse ein, auch wenn sie keine Fleischer­ausbildung haben. Sie stellen jedoch dieselben Fragen wie ihre Kunden und lernen aus den Fragen der Kunden. Ihr nächstes Projekt wird der Einstieg in die »Bioase44« sein. Dort können Kunden dann direkt ihre Produkte kaufen.

ro
www.MeinekleineFarm.org
Jonasstr. 25, 12053 Berlin
Wurstbüro:
Mo + Mi 9 – 17 Uhr, Di + Do 7-10:30
+49(0)30 6 8080595
Mobil: +49 176 21604 665