Petras Tagebuch

Ohne Routine

Es gibt Tage, die ich gerne aus meinem Leben streichen würde. Das sind solche Ereignisse wie Unfälle, das Erfahren von unangenehmen Wahrheiten, die alles wieder in ein neues Licht rücken und das Leben drastisch verändern. Und trotz allem: diese Tage sind unvermeidbar, zwingen zur Veränderung, und das wiederum öffnet Türen, gibt neue Impulse.
Vor Kurzem hatte ich ein solches Erlebnis. Als ich morgens vom Wecker wach wurde, fragte ich mich, was ich mit diesem Tag machen sollte. Wie war der Plan? Er fiel mir nicht ein. Naja, ich stand dann erst mal auf und begann mit der Routine. Unterdessen wurde klar, dass ich arbeiten gehen wollte, danach noch nach Kreuzberg fahren wollte, noch einen Interviewtermin hatte und unbedingt die nicht beantwortete Post erledigen musste. Hinzu kamen noch diverse Abrechnungen und das Bedienen des Finanzamts, mit dem bekanntermaßen nicht zu spaßen ist. Außerdem wurde es Zeit, ein Fest zu organisieren, und die Wäsche musste auch mal wieder gewaschen werden.Da passierte es: Die Routine war weg. Ich goss kaltes Wasser in die Teekanne, füllte den Teefilter ein und ließ ihn ziehen, vergaß jedoch, den Filter herauzunehmen. Nach etwa 20 Minuten fiel mir die Vergesslichkeit auf. Ich probierte dieses Getränk und kann es nicht empfehlen. Ich kochte einen neuen.
Dann wollte ich die Blumen gießen, lief ins Bad, fragte mich, was ich eigentlich wollte und kämmte mir die Haare. Auf dem Weg ins Schlafzimmer fiel mir ein, dass ich die Blumen gießen wollte, sah mein Telefon und stellte es im Wohnzimmer auf die Ladestation. In der Küche angekommen ist mir eingefallen, dass ich die Blumen gießen wollte und trank erst mal einen Schluck leckeren Tee.
Das Wetter war schön, also nahm ich den Tee mit auf den Balkon und trank ihn dort weiter. Ich sah, dass ich vergessen hatte, die Blumen zu gießen. Also nahm ich die Gießkanne und füllte sie mit Wasser. Dabei fiel mir auf, dass ich unterschiedliche Socken anhatte. Die wechselte ich. Inzwischen war so viel Zeit vergangen, und ich war so durcheinander, dass ich die Arbeit absagte und erst mal gut frühstückte. Danach ging es besser, und ich goss die Blumen. Ich entschied mich für eine kleine Fahrradtour und musste mir eingestehen, dass ich manchmal vergesse, wie alt ich bin und es doch etwas ruhiger angehen lassen sollte.