Halb und Halb in der Innstraße

Durcheinander beim Berliner Fahrradroutennetz

Die aktuellen Maßnahmen zur Förderung des Fahrradverkehrs sind aus ökologischer Sicht sehr zu begrüßen. Neue Radfernstraßen, Asphaltierungen von Nebenstraßen, neue Radfahrstreifen an Hauptverkehrsadern machen es Radfahrern leichter. Es gibt ihnen mehr Sicherheit und erlaubt eine effektive Bewältigung auch gro­ßer Distanzen. Vielleicht steigen Autofahrer auf das Rad um, zum Nutzen ihrer Gesundheit und zur Reinhaltung der Berliner Luft.
Jedoch, wie immer läuft nicht alles rund. Neu asphaltierte Nebenstraßen ziehen neben Radfah­rern auch schleichwegsuchende Autofahrer an. Fahrradstreifen werden, wie in der mit viel Liebe frisch sanierten Karl-Marx-Straße, von Lieferverkehr und Kurzparkern zugestellt.

Es kommt immer auf die Richtung an.                                                                                                        Foto: wu

Mutige Radfahrer reihen sich wie ehedem in die Blechlawine ein. Unsichere Kantonisten weichen auf den Bürgersteig aus und schieben. Das ist auch gesund und schont das Fahrrad.
Ein wohl echtes Behördenversagen ist aber in der Innstraße zu bestaunen. Sie soll Teil des Berliner Fahrradroutennetzes werden. Es war angekündigt, das Kopfsteinpflaster für Radfahrer zu asphaltieren. Autos sollten weiterhin auf Kopfsteinpflaster parken. Alle hatten nun erwartet, dass die Straßenmitte mit Asphalt versehen würde. Das schien logisch. Aber dann gab es ein Durchein­ander mit zusätzlichen Arbeiten der Berliner Wasserwerke, und die Feuerwehr hatte auch noch etwas zu melden. Am Ende war eine Hälfte der Innstraße asphaltiert, vom Rand bis exakt zur Straßenmitte. Nun parken Autos holperfrei auf dem Asphalt der einen Seite. Das schont die Stoßdämpfer! Daneben können Radfahrer auf dem Asphalt radeln. Entgegenkommender Radverkehr muss jedoch das Kopfsteinpflaster der anderen Straßenhälfte nutzen.
Beschwerden des Beteiligungsgremiums, das wieder einmal nicht beteiligt worden war, beantwortete Bezirksbürgermeister Martin Hikel in rauem Ton. Fehler wurden nicht zugegeben. Zu Grunde lagen ausgefeilte und sachorientierte Planungen und Entscheidungen. Eine unerwartete Lösung hatte er im Hemdsärmel: Die Radfahrer sollen doch in der Mitte fahren, also der Straßenverkehrsordnung (StVO) zuwider. Der Haken: Die »StVO« ist ein Bundesgesetz. Sollen nun alle Radfahrer im Bundesgebiet in der Straßenmitte fahren? Vielleicht wird Neukölln ja seine Unabhängigkeit erklären und eine eigene »StVO« erlassen.
Bis es soweit ist, sollten Radfahrer, die die Inn­straße durchqueren, den Brief des Bürgermeisters zur Rechtfertigung bei sich führen. Ob der Bürgermeister die zu erwartenden Bußgelder aus seiner Tasche erstattet oder ob er die Berliner Verkehrspolizei mit Sonderzuwendungen gefügig machen wird, wird er wohl noch mitteilen.

wu