Die Sache mit der Acht

Revolutionen vielleicht besser in anderen Jahren

Revolutionen in Deutsch­land haben die Tendenz, unvollendet zu sein, wenn sie nicht komplett scheitern und zwar in blutigem Gewehr- und Kanonenfeuer. Sie setzen allerdings dauerhafte Zeichen und verändern das Bewußtsein für eine demokratische Transformation der Gesellschaft.
Es beginnt 1848 mit der bis ins nächste Jahr anhaltenden Märzrevolution. Regionale Erhebungen quer durch den Deutschen Bund, Schwerpunkt ist Süddeutschland, münden in der Nationalversammung in der Frankfurter Pauls­kirche.

März-Revolution 1848.                                                                                                                      Foto: historisch

Vorübergehend entgleitet dem Adel unter Führung des preußischen Königs die politische Kontrolle. Nicht weit entfernt vom Schloss in Berlin sind Menschen in der Breiten Straße mit der Schwarz-Rot-Goldenen Trikolore auf den Barrikaden.
Doch die Zersplitterung beginnt. Im Liberalismus verschafft sich das erstarkte Bürgertum Ausdruck, die Bourgoisie übernimmt die ökonomische Macht. Entsprechend gehen die Positionen zur sozialen Frage auseinander. Das Proletariat ist auf den Plan getreten, anarchistische und sozialrevolutionäre Strömungen wirken überwiegend außerparlamentarisch. Preußische und österreichische Truppen beenden die Revolution gewaltsam.
Immerhin sind demokratische, liberale und sozialistische Ideen seitdem präsent und sickern in die kommenden Verfassungen. Der Begriff einer einheitlichen freien Nation nimmt große Bedeutung ein.
Eine schwarz-rot-goldene deutsche Republik ohne Kaiser entsteht in Deutschland erst mit dem Ende des Ersten Weltkriegs. 1918 be­ginnt eine neue Revolution. Arbeiter- und Soldatenräte bilden sich, es gibt als Regierung den Rat der Volkskommissare aus MSPD und USPD, der Sattler Friedrich Ebert steht ihm vor. Führend in dieser Übergangszeit ist die Arbeiterklasse und ihre roten Fahnen. Die Bewegung ist allerdings gespalten, seit die SPD im Reichstag Kriegskredite bewilligt hat. Der Spartakusbund unter Führung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg will eine rote sozialistische Räterepublik nach Lenins russischem Vorbild. Wieder endet es blutig.

November-Revolution 1918.                                                                                                           Foto: historisch

Die Arbeiterparteien können die faschistische Machtergreifung 1933 nicht verhindern, die meisten Aktiven kommen in KZs und werden ermordet. Gegen das antijüdische Pogromtoben am neunten November 1938 in der »Reichskristallnacht« sind sie bereits ohmächtig. Deutschland kann sich vom Faschismus nicht aus eigener Kraft befreien.
1968 mit der »Studentenrevolte« schließlich steht für eine demokratische Wende, die ein Aufarbeiten der NS-Zeit beinhaltet. Benno Ohnesorg wurde ein Jahr vorher erschossen, auf Rudi Dutschke wird ein Attentat verübt, das er überlebt. Ein Jahr später wird Willy Brandt Bundeskanzler einer sozialliberalen Koalition, die »mehr Demokratie« wagt. Diese Zeit prägt bis heute das Verlangen nach sozialer gesellschaftlicher Transformation – und sie wird wieder stark von rechts angefochten.
Für Kiez und Kneipe ist natürlich 1958 ein gutes Jahr. Unsere Chefredakteurin und Herausgeberin Petra Roß wurde geboren. Ohne sie gäbe es unser Magazin nicht.

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