Euter auf Urlaub

Bergkäse aus dem Vorarlberg

Löcher mit Liebe.                                                                       Foto: hlb

Gerade ein »Käseblatt« wie die Kiez und Kneipe widmet sich gern schönen Sinneserlebnissen, insbesondere, wenn es um Käse geht. Besonders »echter«, würziger und unverwechselbarer Käse wird in Westösterreich hergestellt – Alpkäse, ein bis zu zwei Jahre gereifter Bergkäse. Wer im Sommer von Schetteregg im Bregenzerwald aus mit stabilem Schuhwerk die Alpe Obere Falz erwandert, wird die fast paradiesische Sennerei von Theresia Schneider finden. Mit langer Familienerfahrung produziert sie in ihrer Berghütte seit Jahrzehnten in der Hochsaison – neben Butter und Frischkäse – nicht nur mindestens einen Laib Alpkäse pro Tag, sondern verköstigt Gäste im Gastgarten auch mit Sennsuppe (heiße Molke mit ausgeflocktem Eiweiß), Speck von eigenen Schweinen und natürlich Bier und Schnaps – wie es sich gehört auf der Alp.
Grundlage für Theresias Produkte sind die herrlichen Alphänge mit ihrer Gras- und Kräuterfülle, die, als wären sie im Urlaub, entspann­ten, hungrigen Kühe verschiedener Bauern aus dem Tal, der nachhaltig traditionelle Umgang mit Milch und der Entwicklung von Labkulturen. Aus Kälbermägen stammt nicht nur im Vorarlberg das fürs Käsen unverzichtbare Lab, ein Enzym, das zum Ausfällen des Milcheiweißes benötigt wird. Diese Kulturen werden von Sennern wie Theresia Schneider Familiengeheimnissen folgend gezüchtet und kultiviert.
Wie wird der Alpkäse nun so fein nuanciert und doch gehaltvoll, wie er ist? Frisch gemolkene Milch, die Abendmilch, wird zum Auskühlen über Nacht in Gebsen gegeben, alte Holzschalen, die der Milch idealerweise schon erste Kulturen mitgeben. Versennt mit der Morgenmilch kommt sie in über Holzfeuer erhitzte Kupferkessel und wird mit Labferment als Starterkulturen erhitzt, bis nach Stunden der Käsebruch entsteht, der mit einem Harferechen immer wieder in Teile zerteilt wird, bis der Bruch in Formen gepresst werden kann. Ein bis drei Tage ins Salzbad, und weiteres Molkewasser entzieht sich. Dann geht es in den Reifekeller hinter der Sennstube. Eine erste Rinde bildet sich, die erst täglich, später seltener mit Salzlake abgebürstet werden will. Der Käse wird dunkler, monatelange gute Pflege bringt gute Reifung.
Das Ergebnis sind kräftige, kräuterige Aromen und echt tierische Noten – bei jedem Laib ein wenig anders. Dank rustikalem Handwerk und Verzicht auf übertriebene Aseptik entstehen köstliche Individuen, herrlich natürlich, was man auch an ihren unregelmäßigen Löchern sieht.
Lebendige Grundnahrungsmittel, die es zum Glück auch nach Neukölln, in »Peppis Käselager« und auf Peppis Marktstände, geschafft haben.

hlb