Bruch mit den Regeln des Kunstmarkts

Anonyme Zeichner in der Galerie im Körnerpark

Stammt das Bild von einem bekannten Künstler oder einem talentierten Laien? Oder ist es die Zeichnung eines Kindes? Dieses Geheimnis wird bei der Aktion »Anonyme Zeichner« erst beim Kauf des Bildes gelüftet. Erst dann erfährt der neue Besitzer den Namen des Urhebers und den Titel des Werkes. Und vielleicht ist dann ja auch die eine oder andere Überraschung mit dabei.

Alles für nur 200 Euro.                                                                                                                                       Foto: mr

Die in Berlin lebende Künstlerin Anke Becker hat das Ausstellungsprojekt, das ganz bewusst mit den Regeln des Kunstmarktes brechen will, erstmals 2006 in Prenzlauer Berg umgesetzt. Seitdem war es in mehreren europäischen und deutschen Städten sowie in einigen Berliner Bezirken zu sehen. Bis zum 19. September ist die Ausstellung zu Gast in der Galerie im Körnerpark.
Aus über 2.000 Einsendungen aus allen Teilen der Welt wählte Anke Becker rund 600 Zeichnungen für die Ausstellung aus. Biografie, Alter oder Geschlecht der Einsender spielten dabei keine Rolle. Es gab nur eine einzige formale Regel: Ausgestellt werden ausschließlich Arbeiten bis zu einem Format von A 3.
Bei der Hängung ließ sie sich von inhaltlichen oder formalen Analogien leiten, jede Wand bildet einen Zusammenklang, in dem es keine Hierarchien geben soll.
Die gibt es auch nicht beim Preis. Jedes Bild kostet 200 Euro. 120 Euro gehen an den Künstler, der Rest wird zur Finanzierung des Projekts verwendet. Erst wenn der Preis bezahlt ist, wird das Rätsel der Urheberschaft gelüftet. So soll der Kunstkauf nur über das Gefallen funktionieren, nicht über den Namen als Marke. Verkaufte Werke werden direkt von der Ausstellungswand genommen, und der Name des jeweiligen Künstlers wird an die entstehende Leerstelle auf die Wand geschrieben.
»Hier zählt nicht die Marke, die Kunst selbst muss die Zuschauer überzeugen«, sagte Bezirksbürgermeister Martin Hikel bei der Eröffnung am 13. Juli.
Das scheint zu gelingen. Bereits am Eröffnungs­abend fanden die ersten Werke ihre Liebhaber.

mr

Begleitprogramm:
14./15. August
von 10–15 Uhr
Zeichenraum Gemeinschaftszeichnung: Sommerworkshop.
Am Zeichnen und Experimentieren interessierte Menschen sind eingeladen, an einer aus vielen Einzelteilen bestehenden Gemeinschaftszeichnung mitzuwirken.

25. August, 17 Uhr
Zeichnungen einer Ausstellung: Chorperformance und Publikation.
Die an der Ausstellung beteiligten Zeichner haben – ebenfalls anonym – jeweils eine der ausgestellten Arbeiten kurz beschrieben: exakt, assoziativ, lyrisch, mäandernd oder knapp. Daraus entstand ein Libretto, das von der »Singkompanie Mayröcker« als Chorperformance uraufgeführt wird. Ergänzend wird eine Textedition mit allen Bildbeschreibungen vorgestellt.