Die letzte Mohikanerin auf der Sonnenallee

Krystyna und ihre Kunst- und Musik-Bar »Café Warschau«

Kristina Näslund – eigentlich Krystyna, doch die Ypsilons fielen einst deutschen Ausweisausstellern zum Opfer – ist eine markante Persönlichkeit. Ihre Bar »Café Warschau« hat eine ebensolche, für manche allerdings auch gewöhnungsbedürftige. Die stets elegant gekleidete Gastgeberin ist Kiez-Urgestein, hat den Wandel hautnah miterlebt und ist dementsprechend stresserprobt und mit allen Wässerchen gewaschen. Ihr Lokal führt sie mit strengem Regiment, aber auch polnisch gewitztem Charme und Akzent.

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Die mittlerweile naturerblondete Kristina hat, nicht nur in ihren Jahren als Erzieherin in Schweden, reichlich Menschenkenntnis, Geduld und Durchsetzungsvermögen gesammelt, was ihr hilft, den Laden auf der Sonnenallee unter Kontrolle zu halten.
Seit 1990 bastelt Kristina an ihrem zweiten Wohnzimmer und hat ihr Konzept immer wieder mal leicht an das sich wandelnde Publikum angepasst. Das »Cafe Warschau« kann intime Bar, wilde Partylocation, aber auch Galerie sein. Den Keller hat sie zu Ausstellungsräumen umgebaut. Für Künstler, die die große Öffentlichkeit scheuen oder nicht brauchen, eine durchaus attraktive Option. Für zwei Euro ist der Keller derzeit mit einer Zwischen-/Dauerausstellung mit Kristinas eigenen Bildern zu besichtigen.
Das selbst gestaltete und inszenierte Ambiente der »Kunst-Bar« hat keine Angst vor Kitsch und verzückt auch queeres Publikum: Viele Spiegel, Lichterketten, Wandlampen und opulente goldene Rahmen mit filmdivaartigen Kristina-Portraits bilden das perfekte Umfeld für die vorherrschenden 80er- und 90er-Elektropop-Songs aus den Boxen. Auf dem Flachbildfernseher laufen Sport- und andere TV-Events wie Casting­shows. Die Nichtraucherin Kristina serviert in ihrem Raucherlokal gängige Flaschenbiere wie die polnischen Topmarken Lech, Zywiec oder Tyskie und natürlich Alkoholika aller Art. Hält der Gast sich an die Regeln der humorvoll resoluten Chefin (Nicht an der Bar rauchen! Sofort zahlen! Keine halbvollen Flaschen mitnehmen!), kann er hier sehr unterhaltsame Stunden verbringen.
Das ein wenig aus der (heutigen Service-)Zeit gefallene Lokal bietet sich jedenfalls sehr für originelle Partys an. DJs mit Eigeninitiative, die besser als Kristina selbst Musik auflegen können, dürfen sich gern melden. Das »Warschau«: fast 30 Jahre Kneipenkult(ur). hlb
Café Warschau, Sonnenallee 27, tgl. ab 19 Uhr, www.warschau-bar-berlin.de, Anfragen unter cafewarschau@yahoo.de oder 030 / 624 80 66