Friedhofsfriede, Frühstücksfreude, Flammkuchen

Genussvoller Ruhepol an der Hermannstraße: das »21 gramm«

Was wiegt die menschliche Seele? 21 Gramm, meinte ein Arzt einst herausgefunden zu haben. Nach diesem Seelengewicht hat sich stil- und pietätvollerweise ein neues Restaurantcafé auf dem St. Thomas-Friedhof benannt. Das »21 gramm« ist seit Mitte Juni eine echte gastronomische Attraktion an der Ecke Hermann- und Thomasstraße. Aus der lange nur als Lager genutzten zweiten Friedhofskapelle des Gottesackers im Körnerkiez ist eine bemerkenswert schöne Frühstückskapelle geworden, die auch als Weinlokal samt Biergarten fungiert.

LEBENSFREUDE statt letzter Ruhe.                                                                                                           Foto: hlb

Drei junge Männer haben sich zusammengetan, um aus dem unbeachteten Backstein­ensemble eine Kiezoase zu machen, in der sich Omi und Hipster, junge Familien wie arabische Nachbarn gleichermaßen gern zur entspannenden wie inspirierenden Einkehr einfinden. Mit Unterstützung des Besitzers, des Evangelischen Friedhofsverbandes, und unter der strengen, aber wohlwollenden Aufsicht des Denkmalamtes wurde das Kapelleninnere, inklusive wieder freigelegter Bibelzitate, sorgfältig und professionell restauriert und zu einem einnehmend stimmungsvollen Gastraum gestaltet. Die Kuppeln, ornamentverzierten Säulen und bunten Fenster schaffen in Verbindung mit den begrünten Deckenlampen eine sakral beruhigende und doch anregend freundliche Caféhaus-Atmosphäre.
Mit viel Fleiß, Holz und Pflanzendekoration wurde die Terrasse (mit eigener Bar und dezenter Musikbeschallung) zu einem gemütlichen, mauergeschützten Sonnenfleckchen mit Blick auf die hübsche Kapellenfassade mit ihren Arkaden. Den »Switch« hinzubekommen, Treff- und Ankerpunkt im wilden Mix zwischen »Hermannstraßenterror«, Friedhofsfrieden und sich rasant fortentwickelndem Kiez zu sein, ist Ziel und Antrieb der sympathischen, motivierten Betreiber um Geschäftsführer Daniel Kalthoff. Der Keller mit seinen diversen Gewölberäumen feierte zu »48h Neukölln« bereits seinen Einstand als Kulturstätte. Und das Toilettenhäuschen direkt am Eingang soll auch noch ausgebaut werden – als Büdchen für Snacks oder Eis zum Mitnehmen.
Die »21 gramm«-Küche hält ab morgens mehrere feine Frühstücksplatten (vegetarisch, käsig, fleischig – mit hausgemachtem Roastbeef und Parmaschinken – oder gemischt), Lachs, Müsli oder Buttermilchpancakes und frische Kuchenkreationen bereit. Abends werden Flammkuchen aus Dinkelmehl angeboten. Die Weinkarte besticht mit wenigen, aber geschmackvoll ausgewählten Tropfen.
Ästhetisch, freundlich und ideenreich – das »21 gramm« setzt als Vorreiter einer kulturell offenen, Gutes bewahrenden Kiezentwicklung tolle Akzente.

hlb
21 gramm,
Hermannstr. 179
Do/So 10 – 22,
Fr/Sa 10 – 0 Uhr, www.21gramm.berlin, Facebook/Instagram: 21gramm_berlin