Einweg ist kein Weg

Gastronomie diskutiert über Konzepte zur Müllvermeidung

Mit der Kampagne »Schön wie wir« versucht das Bezirksamt Neukölln seit zwei Jahren, die Probleme mit verdreckten Straßen und illegal entsorgtem Müll in den Griff zu bekommen und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Bevölkerung zu stärken. Gleichzeitig wird durch »Müllsheriffs« der Druck auf Umweltrowdys verstärkt.
Seit März 2018 gibt es mit der »Mehrwegberatung« nun einen weiteren Kampagnen-Baustein, mit dem kleine und mittlere Unternehmen der Gastronomiebranche angesprochen werden sollen. Die Mehrwegberaterinnen arbeiten mit Geschäftsleuten und Kreativen zusammen, um innovative Mehrwegprodukte zu entwickeln, die Abfall von vorn herein vermeiden sollen.

Der Bürgermeister ist von der Idee begeistert.                                                                                        Foto: mr

Bezirksbürgermeister Martin Hikel präsentierte am 9. Mai diese neue Projektsäule bei einem Pressefrühstück im »Klunkerkranich«, dem Dachgarten auf den Neukölln Arcaden, der Öffentlichkeit. »Der öffentliche Raum gehört uns allen. Also tragen wir auch alle gemeinsam Verantwortung für unseren Bezirk«, redete er den Anwesenden ins Gewissen.
Die Umstellung eines Gastrobetriebes auf Mehrweg geht natürlich nicht ohne Investitionen. Michael Knieß, Referatsleiter für die Regionale Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, informierte über die Fördermöglichkeiten. In den kommenden Jahren werde das Projekt mit 135.000 Euro aus Landesmitteln und mit 100.000 Euro aus dem Neuköllner Bezirkshaushalt unterstützt. Dieses Projekt könne Vorbild für ganz Berlin sein, um unnötige Müllberge zu vermeiden, die durch Einwegverpackungen entstünden.
Wie komplex das Thema ist und dass es keine einfachen Lösungen gibt, erläuterten anschließend Vertreter der örtlichen Gastronomie.
Domenico Richichi vom Eiscafé »Erste Sahne« nutzt kompostierbare Eisbecher, doch auch die landen häufig wieder im Müll oder irgendwo am Straßenrand.
Jana Schallau vom »Café Lux« plädierte für ein kiezweites Pfandsystem. »Der Kunde zahlt einen Euro mehr und kann den Becher dann in einem anderen Laden wieder abgeben.« Das sei aber nur erfolgreich, wenn dabei möglichst viele Geschäfte mitmachen.
Robin Schellenberg, Gründer und Geschäftsführer des Klunkerkranich, benutzt kein Einweggeschirr mehr. »Kaffee aus Pappbechern schmeckt nicht«, findet er. Er beklagte allerdings, dass Gastro­nomiebetriebe, die Pappbecher im Außerhausverkauf verwenden, steuerlich begünstigt werden. Hier sei der Gesetzgeber am Zug, forderte er.
Ein weiteres Problem sind die Trinkhalme. Da die meisten Gäste sie nur zum Umrühren benutzen, bietet er jetzt überwiegend Holzstäbe an. Trinkhalme lässt er aus einem Biokunststoff aus Mais herstellen, der kompostierbar ist, und zwar auf einem eigenen Komposthaufen, auf dem dann später wieder Blumen wachsen können. Allerdings, stellte er fest, sei Mais ein Lebensmittel, und der massenhafte Anbau fördere die Monokultur. Es gibt also noch viel zu tun für kreative Köpfe.

mr
Gastronomen, die sich für das Thema interessieren und bei der Aktion mitmachen möchten, erfahren Näheres auf www.schoen-wie-wir.de.