Am Ende einer langen Reise

Gegenwind, Sprühregen und löchrige Klamotten

Der schwierigste Teil auf dem Weg von Berlin nach Melbourne mit dem Fahrrad ist das Out­back. Nicht nur, weil das Zentrum Australiens weitgehend menschenleer und äußerst trocken ist, sondern weil dort giftige Schlangen wohnen und weil Sonne und Hitze gnadenlos sind. Das größte Problem ist der Wind, der im Herbst von Süd nach Nord weht und naive Radfahrer wie mich, die hier normalen Gegenwind erwartet haben, komplett fertig macht.

Die Weiten des Outbacks.                                                                                                                        Foto: Moritz

Wie ein überdimensionales Stück Brandenburg, in dem es nie regnet, Kängurus herumspringen und mittelmäßiges Essen astronomisch teuer ist, erstreckt sich das Outback über 3000 Kilometer von Darwin im Norden bis Port Augusta im Süden. Und um alles noch anstrengender zu machen, gibt es eine besonders lästige Sorte Fliegen, deren Lebens­inhalt darin besteht, in Augen, Nase und Mund hinein zu krabbeln.Aber der australische Busch ist auch ein beeindruckender Ort in totaler Abgeschiedenheit. Im Northern Territory leben viele Aborigines, und dass hier gesellschaftlich etwas aufeinanderprallt, ist eigentlich nicht zu übersehen. In den wenigen Städten zwischen Darwin und Port Augusta sind die Betrunkenen auf der Straße fast alle Aborigines, die von den »weißen« Australiern pikiert beäugt werden, aber über die sich niemand offen beschweren würde. Ein Mann am Uluru hat es so formuliert: »They (the aborigines) don‘t like us because they see us as invaders.« Und ich fühle mich wie ein Eindringling.
Ab der Südküste Australiens führt der Weg in dichter besiedelte Gebiete und durch kleine Städtchen und vorbei an vielen Schafsweiden. Auf dem letzten Stück von Adelaide bis Melbourne fahre ich entlang der Küste durch diverse Nationalparks, sehe Pelikane und höre nachts das schreckliche Grunzen der Koalas. Die Great Ocean Road ist spektakulär, aber ich bin so erschöpft, dass ich davon nur noch die Hälfte mitbekomme. Nach zwei Tagen Sprühregen komme ich völlig durchnässt in Melbourne an. Mein Gepäckträger hält nur noch dank einer Notfallkonstruktion, meine Gitarre hat diverse Risse und meine Klamotten sind völlig durchlöchert.
Jetzt geht es nach Neuseeland, wo ich all die Songs aufnehme, die ich auf dieser endlosen Tour geschrieben habe, und dann zurück nach Berlin. Dort soll schon Frühling sein, und ich freu mich drauf.

Moritz Eckert