Das Fahrrad trägt ihn weiter

Vierte Folge: Von Vietnam nach Australien

»Vietnam erscheint mir wie eine süße Version von China, die Leute sind nett und haben nicht alles mit Wolkenkratzern und Autobahnen zugebaut. Und da sind Touristen! Zumindest am ersten Tag nach einem ziemlich steilen Anstieg nach Sa Pa. Danach habe ich keine Ausländer mehr gesehen«, erzählt Moritz Ecker, der seit fast einem Jahr mit seinem Fahrrad von Berlin nach Australien unterwegs ist.
Die Überquerung der Grenze zu Laos ruft in Erinnerung, dass dieses Land nicht ganz so frei ist.

Australien, der letzte Kontinent.                                                                                               Foto: Moritz Ecker

Moritz muss für alles mögliche bezahlen, unter anderem verlangen die Grenzbeamten Geld für einen Eintrittstempel nach Thailand, was offensichtlich Betrug ist. Doch es wird schon dunkel und er »will nicht auf einer nicht explodierten Munitionsdeponie in der Nähe der Grenze übernachten«, zahlt die zusätzlichen neun Dollar und sagt nicht auf Wiedersehen.
Der erste Eindruck von Thailand ist spektakulär unspektakulär. Es ist flach, heiß, und es gibt wenig Verkehr auf gepflegten Straßen – perfekte Radfahrbedingungen, und Moritz kehrt zu seinem alten Tempo zurück. Viel zu sehen gibt es allerdings auf den ersten 400 Kilometern nicht, eigentlich nur Zuckerplantagen. Das Schlafen im Zelt ist entspannt, abgesehen von einem Skorpion, der zwei Nächte mit Moritz in seinem Zelt wohnte, ehe er herausfand, dass dieser Mitbewohner doch nicht ganz so harmlos war. Weiter geht es Richtung Bangkok. Dass das Fahren durch die riesige Metropole mit rund acht Millionen Einwohnern kein Spaß werden würde, wusste er bereits. Als der Verkehr 60 Kilometer vor der Stadt dicht wird, beschließt er, »es schnell zu erledigen und 190 Kilometer an diesem Tag voll zu machen« und kommt spät abends »total zerstört, sonnenverbrannt und mit einem Hemd, das von all dem Salz steif« ist, an. Er erzählt, dass er neun Liter Wasser an diesem Tag getrunken hat. Er verbringt viel Zeit mit dem Warten an Ampeln, zwischen einer Menge Motorrädern und Abgasen. Auf den nächsten 500 Kilometern Richtung Süden nach Malaysia entscheidet »Mutter Natur sich für einen ordentlichen Gegenwind. In den Salzfeldern südlich von Bangkok, völlig dem Wind ausgesetzt und ohne einen Fleck Schatten«. Dieser Wind hat um die 30 Grad und ist überhaupt nicht erfrischend.
Nach all dem Stress fühlt sich das Radfahren entlang der Küste von Thailand an wie im Paradies, flache Straßen und ein einsamer Sandstrand nach dem anderen. Er campt viel am Strand und schreibt an neuen Songs. »Südostasien ist ziemlich entspannt, weil es Touristen gibt, und das macht vieles einfacher, aber auch ein bisschen weniger aufregend.«
In Malaysia ist Moritz etwas unter Zeitdruck, da der Zeitplan »für den restlichen Weg seltsam festgelegt« ist. Er überspringt Indonesien und fliegt von Singapur nach Darwin in Australien, will Mitte April in Melbourne sein. Ab 20. April hat er ein Studio in Wellington in Neuseeland gemietet, um sein neues Album aufzunehmen und am 30. fliegt er zurück nach Berlin. Er hat Lust, den letzten Artikel über seine Reise selbst zu schreiben, zu lesen in der Maiausgabe der Kiez und Kneipe.

rb