AfD erklärt BVV den Krieg

Füßchenstampfende Bezirksverordnete legen den Politikbetrieb lahm

Üblicherweise erfolgen Abstimmungen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) per Handzeichen. Viele Themen werden überdies bereits in den zuständigen Ausschüssen behandelt und beschlossen. Sie landen auf einer Konsensliste und werden in der BVV im Schnellverfahren abgestimmt.
In der BVV vom 24. Januar verweigerte sich die Fraktion der AfD diesem Procedere. Sie war sauer, weil ihr Fraktionsvorsitzender Andreas Lüdecke in der Dezembersitzung wegen ungebührlichen Benehmens des Saales verwiesen worden war. Er hatte Verordneten vorgeworfen, sie würden linke und islamistische Extremisten aktiv schützen, und sich damit einer »Mittäterschaft« schuldig machen. Mehrere Aufforderungen, sich in seiner Wortwahl zu mäßigen, ignorierte er, denn das hält er für »Meinungszensur«.Darüber hinaus behauptet er, »dass andere aufgrund von Fraktionszwängen sich daran gehindert sehen, so abzustimmen, wie sie das für richtig halten.«
Als »Gegenmaßnahme« beantragte die AfD daher für mehrere Abstimmungen jeweils eine geheime Abstimmung.
Diese Prozedur nimmt geraume Zeit in Anspruch, weil jedes BVV-Mitglied namentlich aufgerufen wird, einen Stimmzettel ausgehändigt bekommt und den dann in einer Wahlkabine ausfüllt. Anschließend wird ausgezählt. Was damit tatsächlich bezweckt wurde, verdeutlicht ein Tweet der Ex-AfD-Verordneten Anne Zielisch, heute fraktionslos: »Die Geschäftsordnung bietet zahlreiche Möglichkeiten, den Betrieb lahmzulegen, solange bei der AfD andere Maßstäbe angelegt werden als bei den Altparteien. Geheime Abstimmung in der bvvnk. Wer Krieg haben will, kann Krieg kriegen.«
Das hatte zur Folge, daß lediglich die mündlichen Anfragen aus der Vergangenheit abgearbeitet werden konnten. Erst kurz vor Sitzungsschluss gegen 22 Uhr war Zeit für die erste große Anfrage. Alles andere musste vertagt werden.
Auch ganze zwei Anträge konnten beschlossen werden. Einer kam von der AfD-Fraktion und forderte, den Halbmond auf dem Spielplatz an der Walterstraße zu entfernen, weil sich dadurch eine »schleichende Gewöhnung an islamische Symbole« einstelle. Der Antrag wurde – in geheimer Abstimmung – mit 33 Nein-Stimmen bei zehn Ja-Stimmen und neun Enthaltungen abgelehnt.
Beim zweiten Antrag handelte es sich um einen Einwohner-Antrag der Initiative »Netzwerk Fahrradfreundliches Neukölln«, in dem bessere Radwege besonders auf den Hauptverkehrsachsen, sichere Stellplätze und verkehrsberuhigende Maßnahmen gefordert werden. Außerdem soll sich der Bezirk für eine möglichst zügige Fertigstellung der Fahrradbrücke über den Britzer Zweigkanal einsetzen und die Einführung von Parkraumbewirtschaftung prüfen.
Bevor die BVV allerdings mit der Diskussion beginnen konnte, beantragte die AfD-Fraktion erst einmal eine Unterbrechung. Sie hatte den Antrag, der bereits im September übergeben und nach inhaltlicher Überarbeitung am 10. Januar mehrheitlich vom Ausschuss für Straßen, Grünflächen und Ordnung angenommen wurde, noch gar nicht gelesen und musste das während der Sitzung nachholen. Dabei sitzt in diesem Ausschuss auch ein Mitglied der AfD-Fraktion.
Der Antrag wurde – diesmal per Handzeichen – mit den Stimmen der SPD, Grünen und Linken angenommen. CDU, AfD und FDP votierten dagegen.

mr