Bernward Eberenz berichtet über seine Arbeit

Natur und Umwelt-Stadtrat im Gespräch mit Kiez und Kneipe

Der Neuköllner Stadtrat Bernward Eberenz ist zuständig für die Abteilung Umwelt und Natur im Bezirk und hat den kleinsten Verantwortungsbereich aller Stadträte. Das ehemalige AfD-Mitglied ist am 25. Januar 2017 in das Amt gewählt worden und während des Bundestagswahlkampfes im September letzten Jahres aus der Partei ausgetreten. Er ist der einzige parteilose Stadtrat im Bezirksamt.
Seinen Aufgabenbereich nimmt Eberenz sehr ernst. »Auf den ersten Blick widersprechen sich Natur und Kultur«, so der Stadtrat. Bei genauer Betrachtung jedoch müssten sie sich ergänzen. Tatsächlich verlören die Menschen aber den Blick für die Natur und würden sich so ihre eigene Lebensgrundlage entziehen. Es ginge nicht, dass Natur nur für landwirtschaftliche Zwecke ausgenutzt würde. Der Mensch habe auch die Aufgabe, die Natur zu pflegen, damit Mensch und Natur im Einklang stehen können. Ein simples Beispiel dafür ist die jahrtausendealte Gartenkultur, bei der Menschen Natur kultivieren.
Grundsätzlich hält er die Umsetzung des Berliner Naturschutzgesetzes für ausreichend.
Im Artenschutz begrüßt er die Entwicklung der Biber, die inzwischen Neukölln erreicht haben. Um den Baumbestand nicht zu gefährden, hält er es für möglich, die Tiere mit Holzstücken zu füttern und ihnen notfalls auch künstliche Bruthöhlen in den Gewässern anzubieten. Damit habe man bereits in anderen Teilen Deutschlands gute Erfahrungen gemacht.
Für die Spatzen, denen durch Fassadensanierung und Dachgeschoss­ausbau die Brutplätze entzogen werden, liegt die Lösung auf der Hand: Hier sind die Verursacher, nämlich die Bauherren, gefragt. Sie müssen den beliebten Berliner Vögeln Ersatznistplätze schaffen. Das kann der Anbau von Hecken oder Vogelnistkästen sein.
Eberenz zeigt sich als Anhänger der Bepflanzung von Baumscheiben. Dass bei der Pflege der Pflanzen nachbarschaftliche Beziehungen und Freundschaften entstehen, findet sein Wohlwollen. Mit Freude berichtet er darüber, was Geschäftsleute und Nachbarn bereits heute für ein grüneres Neukölln tun.
Zum Thema der Bebauung der Neuköllner Friedhöfe hat er eine vom Main­stream abwei chende Meinung und ist insbesondere, was den Jerusalemfriedhof betrifft, klar dagegen. Er sieht diesen Friedhof als Kaltluftschneise, die Nordneukölln belüftet. Dagegen hält er eine durchdachte Randbebauung des Tempelhofer Feldes für denkbar, wenn Kaltluftschneisen erhalten bleiben.
Bei der Frage nach dem Sperrmüll setzt Eberenz auf Privatinitiativen. »Nachbarschaftshilfe und auch die Quartiersmanagements könnten hier in den problematischen Kiezen koordinierende Funktion übernehmen«, so Eberenz. »Die Pflege einer sozialen Kultur, das ist das Thema, das uns in weiten Zügen abhandengekommen ist. Man ist gewohnt, dass durch Behörden alles geregelt wird, und das hat leider als negativen Seiteneffekt, dass man sich weniger verantwortlich fühlt.« Er selbst pflege seine nachbarschaftlichen Kontakte sehr gut.
Das Amt für Natur und Umwelt nimmt Stellung, wenn wegen eines Bauvorhabens zum Beispiel Bäume gefällt werden müssen. Dann wird angeordnet, dass Ersatzpflanzungen vorzunehmen sind oder, falls dies nicht möglich ist, Ausgleichszahlungen getätigt werden. »Schöner sind natürlich die Ersatzpflanzung oder die Bäume direkt zu erhalten.« Es ist Gegenstand der Zählgemeinschaftsvereinbarung, dass für einen verlorenen Baum drei neue Bäume gepflanzt werden.
In Zu­sammen­arbeit mit dem »Freilandlabor Britz e.V.« entwickelte er die Ausstellung »Stadt und Natur«. Das Freilandlabor führt pädagogische Projekte durch, für Eberenz ein »ganz wichtiger Bestandteil der Arbeit, denn es genügt nicht nur, die Natur in der Stadt als Erfahrungsmöglichkeit zu haben, sondern dies muss auch pädagogisch geführt sein, genauso wie es auch politisch als Aufgabenfeld grundsätzlich installiert sein muss.«
In der BVV fühlt er sich ernstgenommen und mit dem parteilosen Status »im Moment eigentlich sehr gut, er gewährt Freiheiten, die man als Parteigebundener so gar nicht hat.«
Neben seiner Tätigkeit als Stadtrat findet er manchmal Zeit, sich ans Klavier zu setzen, er ist ja auch Musiker, und ihm ist Tätigkeitsvielfalt genauso wichtig wie Artenvielfalt.
ro
Zeichnungen: jr