Das Gewissen ist stärker

Eine Frau, die sich nicht beugen will

Quelle: BVV-Nukölln

Marina Reichenbach ist eine zierliche, junge Frau. Vor zwei Jahren ist sie in die Linkspartei in Neukölln eingetreten, weil sie glaubte, dort ihre sozialen Anliegen am besten vertreten zu können. Bei der Wahl der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im vergangenen Jahr gewann sie ein Mandat für ihre Partei. Am 18. November erklärte sie den Wechsel von der Linken zur SPD. Da sie ihr Mandat behalten will, kann sich die SPD freuen, denn dadurch hat sie eine Stimme mehr in der BVV.
In einem offenen Brief erklärt Reichenbach die Gründe für ihren Austritt. Hier rechnet sie mit dem linken Bezirksverband Neukölln ab, der in ihren Augen gespalten ist. Insbesondere in der Flüchtlingsfrage sieht sie ein Abdriften der Linken nach rechts. »Dass gerade auch linke Parteien meinen, nach rechts rücken zu müssen, ist fatal. Insbesondere der linke Flügel ist es aber, der Wagenknecht, (Sahra Wagenknecht ist Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag [Anm. d. Red.]) bei aller geäußerter Kritik, stützt und hält. In Neukölln stellt dieser Flügel die Mehrheit im Bezirksverband.«
Auch bei der Friedenspolitik ist Reichenbach nicht auf dem Kurs der Neuköllner Linken. Während die militärischen Einsatz prinzipiell ablehnen, sieht sie ein internationales militärisches Eingreifen beispielsweise im Syrienkonflikt als unvermeidbar zur Herstellung des Friedens.
Die ehemalige Linke beklagt zudem, dass die Fraktion den Blick auf die wirklichen bezirklichen Probleme verloren habe. »Die Bemühungen des Bezirksamts darum, dass Schülerinnen und Schüler auch während des Ramadans zu schulischen Leistungen fähig sind, werden als unangemessene Einmischung in religiöse Angelegenheiten abqualifiziert, das Müllproblem in Neukölln bestenfalls als langweilig oder als Law- and-Order-Profilierung abgetan.«
Die Linke weist die Vorwürfe zurück und fordert Reichenbach auf, ihr Mandat niederzulegen. Ein solches Verhalten entspreche nicht dem Wählerwillen.

ro